Die Landseen sind zahlreich; die größten derselben (der
Goplo-, Skorzenciner und Powidzer
See) liegen an der obern
Netze,
von hier hinüber zur
Scheide gegen die
Warthe und an der polnischen
Grenze in der
Abdachung zu dieser selbst.
Die mittlere Jahrestemperatur beträgt in Posen
[* 3] 8 und in
Bromberg
[* 4] 7,7° C.; der
Winter ist rauh, die Regenmenge nicht sehr
beträchtlich (jährlich 50-52
cm). Die Zahl der Einwohner belief sich 1885 auf 1,715,618
Seelen (59 auf 1 qkm, darunter 531,722
Evangelische, 1,131,869 Katholiken, 1143 sonstige
Christen und 50,866
Juden).
Die
Evangelischen sind überwiegend in den nördlichen und westlichen Grenzkreisen, am wenigsten zahlreich in den
Kreisen an der
obern
Warthe. Nach der
Sprache
[* 5] gibt es etwa 725,000 Deutsche
[* 6] und 880,000
Polen. Über 80 Proz. beträgt die polnische
Bevölkerung
[* 7] in den
KreisenWreschen, Pleschen,
Adelnau und
Schildberg, unter 20 Proz. in den
KreisenMeseritz und
Czarnikau.
Die größern
Städte haben eine überwiegend deutsche
Bevölkerung
(Gnesen selbst noch 55 Proz.). Um das deutsche
Element auf
dem Land zu mehren, ist durch
Gesetz vom eine Ansiedelungskommission in der Stadt Posen errichtet, welche die
Aufgabe hat,
Güter von polnischen Besitzern anzukaufen, zu parzellieren und an deutsche
Kolonisten zu veräußern.
Von der Gesamtfläche entfallen auf Ackerland und
Gärten 61,8, auf
Wiesen 8,0, auf
Weiden 5,2 und auf Waldungen 20,2 Proz.
Der Großgrundbesitz ist hier fast so stark wie in
Pommern
[* 8] vertreten. Auf ihn kommen, wenn man ihm die
Besitzungen von mehr als 100
HektarGröße zurechnet, 55,3 Proz., auf den eigentlichen Bauernstand
mit
Grundstücken von 10-100
Hektar nur 32,5 Proz. vom Grundbesitz überhaupt. Außer dem Anbau
von
Getreide,
[* 9]
Hülsenfrüchten und
Kartoffeln ist der des
Hopfens von hervorragender Wichtigkeit (1883 auf 2094
Hektar), welchem
in weitem
Kreis
[* 10] um
Neutomischel herum große Landstriche gewidmet sind; Weinbau wird in der südwestlichen
Ecke bei
Bomst betrieben.
[* 3] (poln. Poznań), Hauptstadt des gleichnamigen preuß.
Regierungsbezirks und der gleichnamigen
Provinz und
Festung
[* 29] ersten
Ranges, liegt an der Mündung der Zybina in dieWarthe,
über welche vier Hauptbrücken führen, 58 m ü. M., ist
Knotenpunkt der
Linien Posen-Stargard, Posen-Kreuzburg,
Breslau-Posen, Posen-Neustettin,
Posen-Wreschen,
Frankfurt-Posen und
Posen-Thorn der Preußischen Staatsbahn und besteht aus der von der Podlinka durchflossenen eigentlichen
Stadt
(Altstadt) und der eleganten, unter preußischer Herrschaft erst entstandenen
Neustadt
[* 30] auf dem linken und den Vorstädten
Wallischei (Chwaliszewo), Schrodka, Ostrowek, Zawade und St.
Roch auf dem rechten Wartheufer. Von 1827 bis 1853 ward
Posen zu einer
Festung ersten
Ranges umgeschaffen und diese seit 1876 noch durch einen
Kreis von Außenforts verstärkt. Die
Trace
um die Stadt besteht aus sechs regelmäßigen
Bastionen und sechs
Kavalieren. Das
Fort Winiary bildet gleichsam die Citadelle; auf dem rechten Ufer liegt die sogen. Dombefestigung. Posen hat meist schöne breite
Straßen, worunter die mit einer Kastanienallee bepflanzte Wilhelmsstraße mit dem Raczynskischen Brunnen,
[* 32] die große Gerberstraße,
Friedrichsstraße, NeueStraße, Mühlenstraße, Berliner
[* 33] Straße, Bismarckstraße, die Große und Kleine Ritterstraße u. a. die
ansehnlichsten sind. Unter den vielen Plätzen sind hervorzuheben: der AlteMarkt, der Wilhelmsplatz mit
dem vom 5. Armeekorps seinen im österreichischen KriegeGefallenen errichteten Löwendenkmal (1870 enthüllt), der Sapiehaplatz,
der Königsplatz, der Kanonenplatz.
Von den 15 katholischen und 5 evang. Kirchen Posens verdienen Erwähnung: der 1775 in gotischem Stil erbaute katholische Dom
auf der Dominsel der Vorstadt Wallischei, mit zahlreichen Grabmonumenten und der sogen. goldenen
Kapelle, welche 1842 GrafRaczynski in byzantinischem Stil errichten und mit vielen Kostbarkeiten und Kunstwerken, namentlich
mit den vergoldeten Erzstandbildern der ersten polnischen Könige, Mieczyslaw und Boleslaw (von Rauch), ausstatten ließ; ferner
die katholische Stadtpfarrkirche, ehemals den Jesuiten gehörig, ein Meisterwerk der italienischen Baukunst;
[* 34] die alte Marienkirche (1859 restauriert), die evangelische Petrikirche (von 1841) und die evangelische Paulikirche (1867
eingeweiht).
Die griechischen Christen haben einen Betsaal, die Juden mehrere Synagogen. Die bemerkenswertesten Gebäude sind: das Rathaus
(seit 1508 in slawisch-romanischem Stil erbaut) mit einem ansehnlichen Turm
[* 35] (von 1730) und einem an alten
Urkunden reichen Archiv;
das Dzialynskische
Palais mit reicher Sammlung polnischer Urkunden, der erzbischöfliche Palast, der Bazar, die Kavalleriekaserne,
das Militärlazarettgebäude, das von dem StadtratBerger seiner Vaterstadt gestiftete monumentale Realschulgebäude, das Polizeipräsidium,
die Post, der Justizpalast;
das Stadttheater, das polnische Theater,
[* 37] das Diakonissenhaus und (vor der Stadt) die prächtigen, 1874 vollendeten
Gebäude des 1875 aufgehobenen Klosters der Damen vom Herzen Jesu, welches jetzt zu einem Hospital eingerichtet
ist.
Die Stadt hat doppelte Wasserleitung.
[* 38] Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1885) mit der Garnison (1 Grenadierreg. Nr.
6, 1 Infanteriereg. Nr. 46, 2 Infanteriebat. Nr. 47, 1 Husarenreg.
Nr. 2, 1 Feldartilleriereg. Nr. 20, 1 Fußartilleriereg.
Nr. 5 und 1 Trainbat. Nr. 5) auf
68,315 Seelen, darunter 23,498 Evangelische, 37,960 Katholiken und 6719 Juden, der Nationalität nach etwa zur Hälfte Polen,
im übrigen Deutsche. Unter den Industrieanlagen nehmen diejenigen, welche sich mit der Verarbeitung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse befassen, ein hervorragenden Platz ein.
Während des 16. Jahrh., namentlich unter den letzten Jagellonen, blühte Posen empor, besonders im Handel und Gewerbe; die Einwohnerzahl
stieg bis über 30,000. Im J. 1571 erfolgte die Einführung der Jesuiten in es kamen die religiösen Wirren,
die nordischen Kriege, die Bürgerkriege und mit ihnen Verheerungen der Stadt durch Brand, Plünderung und Epidemien, so daß
im 18. Jahrh., kurz vor der ersten Besitznahme durch Preußen, die Einwohnerzahl bis gegen 10,000 gesunken
war.
Unter preußischer Herrschaft, zuerst als die zweite Stadt der ProvinzSüdpreußen (1793-1806), dann als Hauptstadt der Provinz
Posen seit 1816, ist Posen in stetem, nur durch die Beschränkungen als Festung und durch die Ungunst der östlichen Grenzverkehrsverhältnisse
etwas gehemmtem Wachstum begriffen. In Posen wurde der Friede zwischen Napoleon I. und dem KurfürstenFriedrichAugust von Sachsen
[* 45] geschlossen.
Vgl. Lukaszewicz, Geschichtlich-statistische Beschreibung der Stadt Posen in ältern Zeiten
(deutsch, 2. Aufl., Pos. 1881, 2 Bde.);