mehr
von 2 Mill. Pfd. Sterl. von Portugal [* 2] übernahm und dafür als selbständig anerkannt wurde. Portugal war um so weniger im stande gewesen, eine Unterwerfung Brasiliens zu versuchen, als es durch innere Wirren zerrüttet war. Dom Miguel, Johanns zweiter Sohn, und seine Mutter Carlotta, eine Schwester König Ferdinands VII. von Spanien, hatten Johann VI. schon 1821 von der Beschwörung der radikalen Septemberverfassung, freilich vergeblich, abhalten wollen. Als nun 1823 in Spanien durch die Franzosen das absolute Königtum hergestellt wurde, erklärte sich Dom Miguel zu Villafranca gegen die Konstitution von 1820, gewann die Truppen für sich, bemächtigte sich der Person des Königs und ließ durch diesen die Cortes auflösen Damit nicht zufrieden, versuchte Dom Miguel im Mai 1824 einen Staatsstreich zur Errichtung eines absoluten Königtums, den aber der englische Gesandte vereitelte, indem er König Johann bewog, sich auf ein englisches Schiff [* 3] zu begeben, von hier aus das Unternehmen seines Sohns zu verurteilen und ihn zu verbannen.
König Johann VI. starb und da sein ältester Sohn, Pedro I. von Brasilien, [* 4] nicht zugleich König von Portugal sein konnte, übertrug er die portugiesische Krone auf seine erst siebenjährige Tochter Maria II. da Gloria unter der Bedingung, daß sie sich mit Dom Miguel vermähle und das Land nach einer von ihm gegebenen freisinnigen Verfassung regiere. Diese neue Verfassung, welche eine Menge alter Gewohnheiten und Interessen verletzte, ohne einen dem Volk verständlichen Vorteil zu bieten, stieß nicht bloß bei den Absolutisten auf Widerstand, und eine Erhebung derselben unter dem Marquis von Chaves (1826) konnte nur mit Hilfe englischer Truppen, welche Ende 1826 unter General Clinton in Lissabon [* 5] landeten, 1827 niedergeschlagen werden.
Als die englischen Truppen im Frühjahr 1828 wieder abgezogen waren, berief Dom Miguel, der inzwischen nach Portugal zurückgekehrt war und den Eid auf die Verfassung geleistet hatte, die alten Cortes von Lamego zusammen sagte sich von jeder Verpflichtung gegen Dom Pedro und dessen Tochter Maria los und ließ sich zum König ausrufen (14. Juli). Die Konstitutionellen, die sich in Porto für die Verfassung erhoben, wurden geschlagen und zur Flucht ins Ausland genötigt und mit Hilfe der Truppen und einer starken Polizei eine unumschränkte Herrschaft errichtet: eine große Zahl Liberaler wurde hingerichtet, andre endeten in den überfüllten schrecklichen Gefängnissen, den Entflohenen wurde ihr Vermögen entrissen.
Zahlreiche verfassungstreue Flüchtlinge sammelten sich auf der Azoreninsel Terceira und errichteten unter Palmella und Villaflor eine Regentschaft. Hierher kam im Februar 1832 auch Dom Pedro, der 1831 auf den Thron [* 6] von Brasilien verzichtet hatte und für die Rechte seiner Tochter und die liberale Sache einzutreten entschlossen war; in Paris [* 7] und London [* 8] hatte er Unterstützung gefunden und ein kleines Heer geworben. Unter seiner Führung landeten die Liberalen mit einer 12,000 Mann starken Armee bei Porto, das schon am nächsten Tag in ihre Hände fiel, wo sie aber bis zum Juli 1833 von Dom Miguel eingeschlossen und belagert wurden.
Endlich schifften sich der englische Kapitän Napier und der zum Herzog von Terceira erhobene General Villaflor nach Algarve ein, wo sie unerwarteten Beistand fanden. Während darauf Terceira zu Land auf Lissabon marschierte, segelte Napier mit einer Flotte dahin, besiegte diejenige Miguels beim Kap St. Vincent und erzwang 24. Juli mit Terceira den Einzug in Lissabon. Dennoch würde die vom französischen Marschall Bourmont befehligte und durch französische und spanische Legitimisten verstärkte Armee Dom Miguels noch länger haben Widerstand leisten können, wenn nicht der Thronwechsel in Spanien eingetreten wäre Dom Miguel erkannte den Bruder Ferdinands VII., Don Karlos, als König an und gewährte ihm Aufnahme und Beistand.
Deswegen schlossen England und Frankreich mit Isabella von Spanien und Maria von Portugal die Quadrupelallianz vom und leisteten gegen die Kronprätendenten wirksamen Beistand. Nachdem Dom Miguel von der spanisch-portugiesischen Armee unter Rodil und Dom Pedro bei Thomar besiegt worden war, verzichtete er in dem Vertrag von Evora (26. Mai) gegen einen Jahrgehalt von 375,000 Frank auf die Krone und begab sich in das Ausland, wo er 1866 starb.
Neueste Zeit.
Dom Pedro starb schon und seine Tochter Maria, die für diesen Fall volljährig erklärt worden war, übernahm nun selbst die Regierung; sie vermählte sich mit dem Prinzen von Leuchtenberg und nach dessen frühem Tod mit dem Prinzen Ferdinand von Sachsen-Koburg, der den Titel König, aber keine Machtbefugnisse, nicht einmal den Oberbefehl über das Heer erhielt. 1836 wurde sie durch einen Volksauflauf gezwungen, ein aus »Septembristen«, d. h. Anhängern der Verfassung von 1820, bestehendes Ministerium zu berufen und einer konstituierenden Cortesversammlung die Konstitution von 1820 vorzulegen, welche, gemäßigt durch die Einführung des Zweikammersystems und des absoluten Vetos der Krone, zum Staatsgrundgesetz erhoben wurde.
Die Gegner derselben, die Moderados oder Chartisten, d. h. die Anhänger der Charte Dom Pedros, der gemäßigt liberalen Verfassung, erlangten 1842 unter Führung Costa Cabrals, Grafen von Thomas, die Oberhand und setzten ein Ministerium unter Terceira ein, das nach der Verfassung Dom Pedros regierte. Durch einen Aufstand im Norden [* 9] wurde Terceira 1846 gestürzt und durch den volkstümlichen Palmella ersetzt, der aber schon 1847 durch eine Palastrevolution beseitigt wurde. Erst 1857 erlangten die Septembristen unter Saldanha wieder die Oberhand und behaupteten sich auch nach Maria da Glorias Tod unter der Regierung ihres ältesten Sohns, Pedros V. (1853-61), der bis 1855 unter der Vormundschaft seines Vaters, des Königs Ferdinand, stand. 1857 endlich bildete der Marquis Loulé ein die verschiedenen Parteien vertretendes Kabinett, welches die Parteileidenschaften für einige Zeit beschwichtigte. Überdies nahm das schwere Unglück, welches die Königsfamilie betraf, die öffentliche Aufmerksamkeit in Anspruch, indem erst die junge Gemahlin des Königs, Stephanie von Hohenzollern, [* 10] dann er selbst und noch zwei seiner Brüder von einem hitzigen Fieber hinweggerafft wurden. König wurde Pedros zweiter Bruder, Ludwig I.
Die Krone hatte infolge der Ereignisse seit Beginn des Jahrhunderts an Macht und Ansehen sehr verloren und war ganz von den Cortes abhängig. In diesen waltete ein gemäßigt freisinniger Geist, so daß manche den Zeitverhältnissen entsprechende Gesetze erlassen, religiöse Toleranz proklamiert, die Majorate und die Erblichkeit der Pairswürde abgeschafft wurde u. dgl. m. Doch gründliche Reformen wurden nicht unternommen, wie sich auch das Volk selbst nicht aus einem Zustand von Erschlaffung herauszureißen ¶
mehr
vermochte. 1870 erzwang Saldanha durch eine Militärrevolte die Entlassung des Ministeriums Loulé (19. Mai), konnte sich aber selbst nur bis zum Herbst 1871 behaupten, worauf das Haupt der Gemäßigten (Regeneradores), Fontes Pereira de Mello, ein Kabinett bildete, das mit kurzen Unterbrechungen (1877 und 1879-81) die Mehrheit in den Cortes besaß und sich bis 1886 behauptete. Fontes Pereira führte 1885 eine Verfassungsreform durch, welche das Wahlrecht für die Zweite Kammer erweiterte und die Pairskammer in der Weise umgestaltete, daß sie fortan aus teils vom König ernannten, teils vom Volk gewählten Mitgliedern bestand.
Bekämpft wurde Fontes Pereira von den radikalen Reformisten und den Progressisten, deren Führer de Castro 1886 an die Spitze der Regierung trat. Vor allem die Zerrüttung der Finanzen, das fortwährende Defizit und die stark angewachsene Staatsschuld machen eine energische Umgestaltung der Staatsverwaltung und der Besteuerung notwendig. Auch der Handel bedarf eines Aufschwungs. Um diesen zu ermöglichen, wahrte Portugal seit der Ausbreitung andrer Nationen in Afrika [* 12] seine dortigen Besitzanrechte mit Eifersucht, schickte Reisende zur Erforschung und Aufschließung des Innern aus und schloß einen Vertrag mit England, der den untern Congo in seine und Englands Hände bringen sollte. Doch mußte es sich 1885 den Beschlüssen der Congokonferenz (s. d.) fügen.
Vgl. Serra, Colleçao de livros ineditos de historia portugueza (Lissab. 1790-93, 3 Bde.);
Sousa, Bibliotheca historica (das. 1801);
Derselbe, Documentos arabicos para a hist. port. (das. 1790);
da Costa, Historia de Portugal (Lond. 1809, 3 Bde.);
Schäfer, Geschichte von Portugal (Hamb. u. Gotha [* 13] 1836-54, 5 Bde.);
Herculano, Historia de Portugal (Lissab. 1845-52, 4 Bde.);
Barbosa de Pinho Leal, Portugal antigo e moderno (das. 1873-77, 7 Bde.);
Latino Coelho, Historia politica e militar de Portugal (das. 1874 ff.);
Pepper, Le [* 14] Portugal, ses origines, son histoire etc. (Par. 1879);
Mc. Murdo, History of Portugal bis zur Regierung Alfon's III. (Lond. 1888);
Rebello da Silva, Historia de Portugal nos seculos 17 e 18 (Lissab. 1860-71, 5 Bde.);
Schepeler, Geschichte der Revolutionen Spaniens und Portugals (Berl. 1826-27, 3 Bde.);
Bollaert, Wars of succession of Portugal and Spain (Lond. 1870, 2 Bde.);
da Suz Soriano, Historia da guerra civil (Lissab. 1870-76, 5 Bde.);