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im Tod vorangegangen waren, sein dreijähriger Enkel Sebastian (1557-78), zunächst (bis 1568) unter Vormundschaft seines Großoheims, des Kardinal-Infanten Heinrich. Dieser übertrug die Erziehung des jungen Königs den Jesuiten, welche ihm den Kampf gegen die Ungläubigen als erste Pflicht einprägten. Als ihn daher ein aus Marokko [* 2] vertriebener Fürst um Hilfe anging, unternahm er einen Feldzug gegen die Mauren, der aber mit der furchtbaren Niederlage bei Alkazar endete: 12,000 christliche Streiter, unter ihnen der König und die Blüte [* 3] des portugiesischen Adels, deckten das Schlachtfeld. Der einzige legitime Sproß des Königshauses, Kardinal Heinrich, der nun als König Heinrich den Thron [* 4] bestieg, starb schon
Die Herrschaft Spaniens.
Ein natürlicher Sohn des Herzogs von Beja, Bruders von Johann III., der Malteserprior Antonio von Crato, erhob nun Anspruch auf die Krone. Gegen ihn trat König Philipp II. von Spanien, [* 5] Sohn der ältesten Schwester und Gemahl der ältesten Tochter Johanns III., mit Thronansprüchen auf, die bereits von einer durch König Heinrich eingesetzten Kommission als die bestbegründeten anerkannt worden waren, und für welche Philipp einen großen Teil des Adels und des Klerus gewonnen hatte.
Als Antonio im Mai 1580 von mehreren Städten zum König ausgerufen wurde, schickte Philipp den Herzog von Alba [* 6] mit einem Heer nach Portugal, der Antonio mit leichter Mühe besiegte (August 1580) und zur Flucht nach Frankreich zwang. Von den Azoren aus versuchte derselbe Portugal wieder zu erobern, wurde aber in einer Seeschlacht besiegt und starb 1595 in Frankreich. Inzwischen hatte Philipp, nachdem er von den nach Thomar einberufenen Cortes als König anerkannt worden, in Lissabon [* 7] seinen Einzug gehalten und den Kardinal Albrecht, Erzherzog von Österreich, [* 8] zu seinem Statthalter in Portugal ernannt.
Trotz des Versprechens, das Philipp II. in Thomar gegeben, die Rechte u. Institutionen des Landes zu schonen, arbeiteten die spanischen Könige darauf hin, Portugal zu einer spanischen Provinz zu machen. Besonders verderblich wurde aber die spanische Herrschaft für den portugiesischen Kolonialbesitz. [* 9] Die Korruption der spanischen Beamten und die Einführung der Inquisition entfremdeten die eingeborne Bevölkerung. [* 10] Als daher Philipp II. den Niederländern den Handel mit den Kolonien verbot, 50 niederländische Kauffahrer an der Mündung des Tejo wegnehmen ließ und die Niederländer darauf mit kriegerischen Maßregeln in Indien antworteten, gerieten die Molukken und die Sundainseln sowie Malakka bald in ihre Gewalt und gingen Portugal für immer verloren; ja, auch den größten Teil Brasiliens hatten die Holländer längere Zeit im Besitz.
Diese Verluste sowie der harte Druck, der auf dem Land lastete, erweckten beim Volk den sehnlichsten Wunsch nach der frühern Selbständigkeit und bewirkten, daß die vier falschen Sebastiane, namentlich der letzte, für echt gehalten wurden, obwohl Philipp II. die Leiche des echten Sebastian von Ceuta [* 11] nach Portugal hatte bringen und in vaterländischer Erde hatte beisetzen lassen. Schließlich richteten sich die nationalen Hoffnungen auf den Herzog Johann von Braganza, den Enkel Katharinas von Braganza, Tochter des jüngsten Bruders Johanns III., den einzigen Abkömmling des alten Königshauses.
Als die Spanier nach der Unterdrückung eines Aufstandsversuchs in Evora (1638) sich der Person Johanns von Braganza zu bemächtigen drohten, sah sich dieser zum Handeln gedrängt. Nachdem er von einer Adelspartei als König anerkannt worden, überfiel er 1. Dez. die Regentin, Herzogin Margareta von Mantua, [* 12] in ihrem Palast in Lissabon und nahm sie gefangen. Auch das Kastell von San Juliano, der Schlüssel von Lissabon, fiel durch Verrat in die Hände der Aufständischen, und 15. Dez. fanden die Huldigung und Krönung Johanns IV. aus dem Haus Braganza statt. 1644 rückte ein spanisches Heer in Portugal ein, um Johann zu vertreiben, wurde aber 26. Mai von Matthias von Albuquerque geschlagen.
Die Eroberung von Villa Viçosa, dem Stammsitz der Braganza, und andre Erfolge konnten die Spanier wegen ihres gleichzeitigen Kriegs mit Frankreich nicht ausbeuten, erlitten bei Elvas eine neue Niederlage und schlossen endlich, nachdem sie von dem in portugiesische Dienste [* 13] getretenen französischen Marschall Schomberg bei Amerial und bei Montesclaros besiegt worden waren, den Vertrag von Lissabon, in welchem die Unabhängigkeit Portugals anerkannt, Ceuta an Spanien, Tanger an England überlassen wurde.
Die Herrschaft der Braganza bis zur französischen Okkupation.
Unter Johann IV. (1640-56) gelang es, Brasilien [* 14] den Holländern wieder zu entreißen, während der größte Teil der ostindischen Besitzungen denselben verblieb. Dies bestätigte der Friede zwischen Portugal und den Niederlanden vom Johanns IV. ältester Sohn, Alfons VI. (1656-67), der erst von 1660 an selbst regierte, war wegen seiner an Blödsinn grenzenden Schwachheit zur Herrschaft unfähig und machte sich überdies durch sein unsittliches Leben verhaßt. Daher wurde er von seiner Gemahlin Marie Françoise Elisabeth von Savoyen-Nemours und seinem jüngern Bruder, Dom Pedro, zum Verzicht gezwungen. Dom Pedro II., mit der geschiedenen Königin vermählt führte darauf mit Zustimmung der Cortes als Regent und nach dem Tod seines Bruders als König die Regierung (1683-1705). Die während der Wirren im königlichen Haus und während des Kriegs mit Spanien zu großem Einfluß gelangten Cortes wurden nun allmählich zurückgedrängt und immer seltener, unter Johann V. (1705-50) endlich gar nicht mehr einberufen. Im Innern herrschten die Könige absolut und stützten sich auf den Klerus, den sie durch den kostspieligen Bau von Kirchen und Klöstern, so des kolossalen Klosters Mafra, das 45 Mill. Cruzados verschlang, für sich gewannen; dafür erhielten sie vom Papste den Titel »allergetreuester König« (Rex fidelissimus), und der Bischof von Lissabon wurde zum Patriarchen erhoben.
Nach außen hin stellte sich Portugal ganz unter den Einfluß Englands, gewährte im Methuen-Vertrag (1703) den englischen Wollwaren freie Einfuhr, wodurch der portugiesischen Industrie großer Schade zugefügt wurde, überließ den Engländern ganz den Handel mit seinen Kolonien und ließ sich sogar zur Teilnahme am spanischen Erbfolgekrieg gegen Frankreich bewegen. Joseph I. (1750-77) überließ die Regierung ganz seinem Minister Sebastian Joseph von Carvalho, Marquis von Pombal, und führte dadurch eine völlige Änderung des bisher herrschenden Systems herbei. Pombal, ein Vertreter des im 18. Jahrh. so mächtigen aufgeklärten Despotismus, suchte durch eine Flut von Verordnungen die Mißbräuche in der Verwaltung zu beseitigen, die zerrütteten Finanzen zu regeln und den Wohlstand des Landes zu heben, welcher durch das Erdbeben [* 15] von Lissabon ¶
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empfindlich geschädigt worden war. Bei dem Wiederaufbau der Stadt sorgte er für breite Straßen und für die Verschönerung durch prächtige öffentliche Gebäude, wie Börse, Kaufhaus und Arsenal. Dem Handel und Gewerbfleiß half er durch Aus- und Einfuhrverbote auf und förderte den Ackerbau durch Einführung neuer Kulturen; doch verfuhr er gleich andern Staatsmännern seiner Richtung hierbei vielfach übereilt und gewaltthätig, wie er denn eine Menge Weinberge zerstören ließ, um den Getreidebau zu vermehren.
Durch Schriften, Verbesserung der Volksschulen und des höhern Unterrichtswesens, durch Herbeiziehung fremder Lehrer, Errichtung einer Akademie etc. wollte Pombal das Volk aus dem geistigen Schlaf aufrütteln und aufklären, rief aber dadurch den heftigsten Widerstand des bisher allmächtigen Klerus, besonders aber der Jesuiten, hervor. Nachdem in mehreren Vorstellungen an den Papst und in öffentlichen Aktenstücken auf die Entartung und Verweltlichung des Ordens, der sich mit Wucher und Sklavenhandel abgab und in Indien große Handelsunternehmungen betrieb, hingewiesen worden war, gab ein Mordversuch auf den König der von dem Herzog von Aveiro und dem Marquis von Tavora ausging, an dem die Jesuiten aber beteiligt waren, Veranlassung, den Orden [* 17] aufzuheben und aus dem Land zu verweisen (1759). Die zahlreichen von Johann V. der Kirche verliehenen Güter wurden zurückgefordert und die Gewalt des Papstes beschränkt.
Als während des Siebenjährigen Kriegs das mit England verbündete Portugal von Spanien bedroht wurde und beim Einrücken eines spanischen Heers (Mai 1762) der erbärmliche Zustand des Heerwesens sich herausstellte, ernannte Pombal den Grafen Wilhelm zur Lippe [* 18] zum portugiesischen Oberfeldherrn, der die Armee in kurzer Zeit reformierte und das Land gegen Spanien erfolgreich verteidigte. Trotz aller Aufwendungen für das öffentliche Wohl sammelte Pombal infolge seiner trefflichen Finanzverwaltung einen Barschatz von 78 Mill. Cruzados.
Josephs Tochter Maria (1777-1816) stand wieder ganz unter dem Einfluß der Geistlichkeit, entließ Pombal und hob die meisten Einrichtungen desselben wieder auf; nur die Verbannung der Jesuiten wurde nicht zurückgenommen. Da die schwache, abergläubische Königin 1792 in Wahnsinn verfiel, übernahm ihr Sohn Johann VI. die Regierung zuerst als Regent, erst nach Marias Tod (1816) als König (1816-26). Unter ihm wurde Portugal auch von den Stürmen berührt, welche nach der französischen Revolution Europa [* 19] erschütterten. 1801 stellte Bonaparte durch Spanien an Portugal die Forderung, dem Bund mit England zu entsagen und den englischen.
Schiffen die Häfen des Landes zu verschließen. Die Weigerung, diesem Verlangen nachzukommen, hatte das Einrücken eines spanischen Heers unter Godoy, dem allmächtigen Günstling des spanischen Königspaars, zur Folge (Pomeranzenkrieg), worauf Portugal im Frieden von Badajoz die Ausschließung der englischen Schiffe, [* 20] die Abtretung von Olivenza an Spanien und die Zahlung von 25 Mill. Frank an Frankreich versprach. Als der Regent das weitere Ansinnen, der Kontinentalsperre beizutreten, alle Engländer in Portugal zu verhaften und alle englischen Güter und Waren einzuziehen, ablehnte, schickte Napoleon 1807 den Marschall Junot mit einem Heer durch Spanien nach Portugal, mit der Aufgabe, dasselbe zu besetzen und gemäß dem mit Spanien abgeschlossenen Vertrag von Fontainebleau so zu teilen, daß Godoy Algarve, der König Karl Ludwig von Etrurien den Norden [* 21] erhalten, der mittlere Teil zur Verfügung Napoleons bleiben sollte. Der Hof [* 22] wartete jedoch die Ankunft der Franzosen nicht ab, sondern verließ das Land und begab sich unter englischem Geleit nach Brasilien, worauf Junot sich der Hauptstadt und des ganzen Landes bemächtigte und im Namen Napoleons erklärte, »das Haus Braganza habe durch seine Flucht der Herrschaft entsagt und zu regieren aufgehört«.
Thron- und Verfassungsstreitigkeiten.
Nach der Erhebung Spaniens 1808 schickten die Engländer Wellington mit Truppen, Geld und Waffen [* 23] nach Portugal, um die Franzosen zu vertreiben. Derselbe schlug, verstärkt durch portugiesische Freiwillige, Junot bei Vimeiro (21. Aug.) und zwang ihn zur Kapitulation von Cintra (30. Aug.), in der er sich zur Räumung Portugals verpflichtete. Anfang 1809 drangen die Franzosen unter Soult von neuem in Portugal ein, besiegten die Portugiesen bei Braga und Porto, mußten sich aber aus Mangel an Munition und Lebensmitteln im Mai nach Galicien zurückziehen. Ein dritter Einfall Massénas 1810 scheiterte an dem Widerstand Wellingtons in den Linien von Torres-Vedras. Unter fortwährenden Gefechten mit der ihm folgenden englisch-portugiesischen Armee ging Masséna nach Spanien zurück, und Portugal war seitdem von den Franzosen befreit. Da jedoch Johann in Brasilien blieb, auch nachdem er durch den Tod seiner Mutter Maria 1816 König geworden war, so stand Portugal fortan ganz unter der Gewalt der Engländer. An die Spitze der Regentschaft trat dem Namen nach der Patriarch von Lissabon, in Wirklichkeit der englische General Lord Beresford, der zugleich Oberbefehlshaber des portugiesischen Heers war. Ein Drittel der Offizierstellen war mit Engländern besetzt, englische Beamte wurden ins Land gezogen, der Handel befand sich ganz in englischen Händen und wurde nur zum Vorteil Englands ausgebeutet. Dagegen geschah nichts, um das Land zu heben sowie das Bedürfnis nach Freiheit und politischen Rechten zu befriedigen. Eine Verschwörung gegen die englische Herrschaft, an deren Spitze der General Dom Gomez Freyre und angesehene Edelleute standen, wurde rechtzeitig entdeckt und die Häupter derselben auf schimpfliche Weise hingerichtet Während Beresford nach Brasilien abgereist war, ermutigte die Revolution in Spanien 1820 die Portugiesen zu einer Erhebung, und 24. Aug. brach der Aufstand in Porto aus; andre Städte, auch Lissabon, schlossen sich an, die Soldaten verweigerten den englischen Offizieren den Gehorsam, und die Landung des aus Rio de Janeiro [* 24] zurückgekehrten Beresford wurde verhindert. In Lissabon wurde Mitte September eine der spanischen nachgebildete radikale Konstitution ausgerufen und eine Generaljunta eingesetzt, welche sofort für Anfang 1821 die Cortes einberief; diese genehmigten die Septemberkonstitution
Im April 1821 schiffte sich König Johann in Rio de Janeiro zur Rückkehr nach Portugal ein, wo er im Juli landete. Dieser Schritt des Königs hatte die Losreißung Brasiliens zur Folge, indem die Brasilier, welche sich Portugal nicht wieder unterordnen wollten, den als Regenten zurückgelassenen Sohn Johanns, Dom Pedro, zum konstitutionellen Kaiser von Brasilien ausriefen. Mit leichter Mühe wurden die portugiesischen Garnisonen und Schiffe aus Brasilien vertrieben, und kam unter englischer Vermittelung zwischen Portugal und Brasilien ein Vertrag zu stande, kraft dessen letzteres eine Schuld ¶