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nach Twickenham über, wo er ein Landhaus gekauft hatte. Hier starb er Selten ist ein Dichter von seinen Zeitgenossen so gefeiert worden wie Pope. Er entsprach aber auch ihrem Geschmack in jeder Beziehung: unbedingt Anhänger des französischen Klassizismus, ein durchaus gelehrter Dichter, beschäftigte er, phantastischen Aufschwungs unfähig, ihren verwöhnten Verstand mit vornehmem Witz und fehlerfreien Versen. Bei seinen Studien leiteten ihn neben französischen und italienischen Dichtern besonders die Alten; noch ein Knabe, übersetzte er das erste Buch von Statius' »Thebais« und eine Heroide des Ovid. So unternahm er auch später eine Übertragung des Homer, eine Arbeit, die, von seinen Landsleuten übermäßig bewundert, ihm ein Vermögen einbrachte.
Die gereimten Verse fließen glatt und zierlich dahin, doch vermögen sie nicht annähernd die Frische und Natürlichkeit des alten Homer zu ersetzen, der hier, wie Schlosser sagt, als vornehmer Engländer erscheint und zwar nach der neuesten Mode geputzt. Die »Ilias« kam 1715-20 heraus, die »Odyssee«, von der er nur die zwölf ersten Gesänge lieferte, während Fenton und Broome die andern verfaßten, 1725. Die Eigenschaften, welche die Homer-Übersetzung den Engländern so wert machen, finden sich auch in Popes selbständigen Dichtungen. In seinem 16. Jahr errang er durch die »Pastorals« (Hirtengedichte) Beifall wegen des Wohlklanges der Verse und der Zierlichkeit des Stils; ebenso ist »Windsor forest« (1710) vortrefflich und stellt besonders durch gelungene geschichtliche Schilderungen sein Vorbild, Denhams »Cooper's hill«, weit in den Schatten. [* 2]
Das Lehrgedicht »Essay on criticism« (1711) zeigt außer technischer Sicherheit Schärfe des Urteils, und nicht nur Addison empfahl es warm im »Spectator«, sondern auch heute noch erklären es die Engländer für eins der besten Beispiele ihrer didaktischen Poesie. Doch verwickelte dies Werk den Dichter in einen litterarischen Streit, da seinen heftigen Angriffen gleich heftig geantwortet wurde. Ebenso erging es ihm, als er 1721 eine Ausgabe der Werke Shakespeares unternahm. Er war der Aufgabe nicht gewachsen und erfuhr starken Tadel von dem ungleich bessern Herausgeber Theobald.
So an Gegnern reich, begründete er mit Swift und Arbuthnot eine satirische Zeitschrift, »Miscellanies« (1727-1732, 3 Bde.),
in der viele zeitgenössische Schriftsteller schonungslos gegeißelt wurden. Da diese nicht schwiegen, so schrieb Pope die »Dunciade« (Buch 1-3, 1728; das vierte 1742), eine groß angelegte, doch schwache Satire, zu der Swift unter dem Namen Scriblerus Anmerkungen lieferte. Zu Popes didaktischen Gedichten gehört ferner der angeblich von Lord Bolingbroke angeregte, 1733 anonym veröffentlichte »Essay on man« (neu hrsg. von Hunter, 1880; deutsch von Hohlfeldt, Dresd. 1822; vgl. Lessing, Pope ein Metaphysiker!, 1755). In vier Briefen behandelt Pope hier die Frage nach dem Ursprung des Übels, spricht dabei aber so bedenkliche Ansichten über Moral aus, predigt einen so krassen Egoismus, daß er auf lebhaften Widerspruch stößt.
Ebensowenig glücklich war er mit einigen satirischen Episteln gewesen, deren eine, »Upon taste«, besonders Mißbilligung fand, da man sie auf den seiner Menschenfreundlichkeit wegen beliebten Herzog von Chandos bezog. Die »Imitations of Horace« (1740) verfolgen mit beißendem Spotte die Lady Montague und den Lord Harvey, obgleich Pope früher mit beiden freundschaftlich verkehrt hatte. Auch der Allegorie zollte Pope seinen Tribut im »Temple of Fame« (1712),
einer Nachahmung Petrarcas. Angenehmer berühren die tief empfundene »Elegy to the memory of an unfortunate lady« (1712) und »Epistle from Eloïsa to Abelard« (1716). Ein an sich unbedeutendes Motiv gab Anlaß zu Popes berühmtestem Gedicht, dem komischen Epos »The rape of the lock« (1712; deutsch von Duttenhofer, Pforzh. 1841),
das, Boileaus »Lutrin« nachgeahmt, eine feine, witzige Parodie des heroischen Epos bildet. Des Dichters Briefwechsel mit seinen Freunden wurde 1737 veröffentlicht und fand wegen des interessanten Inhalts und der angehenden Form viele Leser. Die besten Ausgaben der Werke Popes sind die meist wiederholt aufgelegten von Warburton (Lond. 1751, 9 Bde.), Warton (das. 1797, 9 Bde.), Bowles (das. 1806, 10 Bde.), Johnson (das. 1812, 10 Bde.), Roscoe (das. 1846, 8 Bde., mit Biographie) und Elwin (das. 1871-86, 10 Bde.). Die tüchtigste Ausgabe der »Poetical works« ist die von Ward (Lond. 1869). Eine »Concordance of the original poetical works of A. Pope« lieferte Edwin Abbot (Lond. 1876); Übersetzungen ins Deutsche: [* 3] Dusch (Altona [* 4] 1758-64, 5 Bde.), Böttger und Ölckers (Leipz. 1842, 4 Bde.).
Vgl. Warton, Essay on the writings and genius of A. Pope (Lond. 1756; 2. Aufl. 1782, 2 Bde.);
Dyce, Memoir of A. Pope (das. 1851, 3 Bde.);
Carruthers, Life of A. Pope (1857); Deetz, Alexander Pope (Leipz. 1876);
Stephens, Alex. Pope (Lond. 1880);
Williams, English letterwriters of the 18th century, Bd. 1: Swift and Pope (das. 1886).