eines Weltreichs kam in den italienischen Händeln am Ende des 15. Jahrh. auf. Namentlich in der ersten Hälfte des 17. Jahrh.
bildeten sich Koalitionen der europäischen Mächte gegen die Übermacht des Hauses Habsburg, wie in der zweiten Hälfte gegen
die Frankreichs unter Ludwig XIV. Frankreichs Kriegsstärke nach der französischen Revolution warf zwar
die bisherigen Kombinationen über den Haufen; Napoleons I. Sturz aber gab die Leitung der Angelegenheiten Europas in die Hände
der damaligen fünf Großmächte zurück, und das Prinzip des Gleichgewichts wurde auf dem Wiener Kongreß von neuem die Grundlage
der politischen Verhältnisse.
Die neuern Ereignisse haben es nicht erschüttert, sondern nur die Machtverhältnisse zu gunsten Italiens
und Deutschlands nicht unwesentlich verschoben. Das frühere System der entscheidenden Großmächte ist allerdings nicht mehr
maßgebend, vielmehr nehmen jetzt auch kleinere Staaten an dem sogen. europäischen Konzert teil, wie denn z. B. auf der 1884 in
Berlin abgehaltenen Congokonferenz folgende Staaten vertreten waren: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich,
Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich-Ungarn, Portugal, Rußland, Schweden und Norwegen, Spanien, die Türkei und
überdies auch die Vereinigten Staaten von Nordamerika.
(tschech. Polička), »königliche
Leibgedingstadt« im östlichen Böhmen, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat zwei Vorstädte, 2 Kirchen
(darunter die nach dem großen Brand 1845 neuerbaute gotische St. Jakobskirche), eine Webschule, Bierbrauerei,
Zündhölzchen- und Teerproduktenfabrik, ansehnliche Leinweberei und (1880) 4632 Einw.
Südöstlich von Politschka Bad Goldbrunn mit kohlensäurehaltiger Quelle (7,5° C.).
Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Braunau, in einem malerischen Thalkessel der
Sudeten, an der Chotzen-Braunauer Eisenbahn gelegen, hat ein ehemaliges Benediktinerkloster aus dem 13. Jahrh., eine dazu
gehörige Kirche mit schönem Portal, ein Bezirksgericht, Leinen- und Baumwollweberei und (1880) 2436 Einw. Östlich von
Politz der vielbesuchte schöne Aussichtspunkt Stern mit Kapelle.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Stettin, Kreis Randow, an der Larpe, welche sich nicht
weit von hier mit einem Oderarm, der Pölitzer Fahrt, vereinigt, hat eine evang. Pfarrkirche, ein Schullehrerseminar, ein Amtsgericht,
Töpferei, Bierbrauerei, Hopfenbau, Schiffahrt und (1885) 3905 fast nur evang. Einwohner. Pölitz erhielt 1260 Stadtrecht.
Karl Heinrich Ludwig, deutscher Schriftsteller, geb. 17. Aug. 1772 zu Ernstthal im Schönburgischen,
studierte in Leipzig, habilitierte sich 1794 hier als Privatdozent der Philosophie und wurde 1795 als Professor der Moral und
Geschichte an die Kadettenanstalt in Dresden berufen. 1803 ward er Professor zu Wittenberg, 1815 zu Leipzig und starb 27. Febr. 1838. Seine
fast 30,000 Bände zählende Bibliothek vermachte er der Stadt Leipzig. Unter seinen geschichtlichen und
staatswissenschaftlichen Werken sind hervorzuheben: »Handbuch der Weltgeschichte« (Leipz. 1805, 3 Bde.; 7. Aufl.
von Bülau und Zimmer 1851-53);
»Geschichte, Statistik und Erdbeschreibung des Königreichs Sachsen und des Herzogtums Warschau«
(das. 1808-10, 3 Bde.);
»Geschichte des Königreichs Sachsen« (das. 1817);
»Die Staatswissenschaften im
Licht unsrer Zeit« (neue Aufl., das. 1827-28, 5 Bde.);
»Die europäischen Verfassungen seit 1789« (das. 1817-25, 4 Bde.; 2. Aufl.
1832-33, 3 Bde.; Bd. 4 von
Bülau 1847);
»Die Regierung Friedrich Augusts, Königs von Sachsen« (das. 1830, 2 Bde.);
»Vermischte Schriften aus den Kreisen der Geschichte, der Staatskunst etc.« (das. 1831, 2 Bde.);
»Staatswissenschaftliche Vorlesungen für die gebildeten Leser in konstitutionellen Staaten« (das. 1831-33, 3 Bde.);
»Österreichische Geschichte« (neu hrsg.
von O. Lorenz, 3. Aufl., Wien 1877).
Adam, Mediziner, geb. 1835 zu Alberti in Ungarn, studierte 1859 in Wien, widmete sich speziell der Ohrenheilkunde,
arbeitete in Ludwigs Laboratorium, stellte in Würzburg Forschungen an über den Mechanismus der Ohrtrompete,
in Paris über die Schwingungen des Trommelfells und der Gehörknöchelchen und in London über die pathologische Anatomie des
Ohrs. Nach Wien zurückgekehrt, habilitierte er sich an der dortigen Universität und wurde 1871 zum Professor der Ohrenheilkunde
ernannt. 1863 veröffentlichte er ein neues Heilverfahren gegen Schwerhörigkeit infolge von Unwegsamkeit
der Eustachischen Ohrtrompete und von Katarrh des Mittelohrs und erzielte mit demselben (Eintreibung von Luft in die Eustachische
Röhre) die glänzendsten Erfolge. Er begründete in Wien eine sehr bedeutende Sammlung anatomischer und pathologisch-anatomischer
Präparate des Gehörorgans und lieferte höchst instruktive »Plastische Darstellungen der Krankheiten des
Trommelfells«. Politzer schrieb: »Beleuchtungsbilder des Trommelfells im gesunden und kranken Zustand« (Wien 1865),
»Lehrbuch der
Ohrenheilkunde« (Stuttg. 1878-82, 2 Bde.)
und gab »Zehn Wandtafeln zur Anatomie des Gehörorgans« (Wien 1873) heraus.
(griech., v. politeia, Staatsverwaltung), im weitesten Sinn die gesamte staatliche Thätigkeit, welche im innern
Staatsleben zur Sicherung und Förderung der Wohlfahrt des Staats und seiner Angehörigen entwickelt wird,
also s. v. w. innere Staatsverwaltung mit Ausschluß der Rechtspflege;
Polizeihoheit (Polizeigewalt, jus politiae), die der
Staatsgewalt auf diesem Gebiet zustehende Machtvollkommenheit;
Polizeiwissenschaft, die wissenschaftliche Lehre und Kenntnis
von den Grundsätzen, nach welchen sich jene Thätigkeit richten soll;
Polizeirecht, der Inbegriff der
Normen des positiven Rechts, welche hierfür die maßgebenden sind.
Regelmäßig werden zwar diese Begriffe enger gefaßt, doch
besteht in dieser Hinsicht keine Übereinstimmung. Manche stellen den staatlichen Zwang in den Vordergrund und verstehen unter
Polizei die zwangsweise Förderung der öffentlichen Sicherheit und Wohlfahrt. Andre wollen die Thätigkeit
der Polizei auf die Verhütung drohender Rechtsverletzungen (Sicherheitspolizei) beschränkt wissen, weshalb z. B.
Mohl die Polizei Präventivjustiz nennt. Diejenigen dagegen, welche den Begriff Polizei in jenem weiten Umfang nehmen, pflegen dieselbe
in Sicherheitspolizei und Wohlfahrtspolizei einzuteilen.
Andre, wie z. B. Bluntschli, wollen diese letztere Regierungsthätigkeit nur teilweise dem Gebiet der Polizei zugeteilt
wissen, indem sie neben die eine sogen. Pflege (Kultur- und Wirtschaftspflege) stellen. Eine zu weit gehende Wohlfahrtspolizei
führt zu einem Zuvielregieren, zu einem polizeilichen Bevormundungssystem, welches man als Polizeistaat zu charakterisieren
pflegt. Ihm steht gegenüber das Streben nach der Verwirklichung des Rechtsstaats, welches freilich zu weit geht, wenn die
gesamte Thätigkeit
mehr
des Staats und seiner Organe ausschließlich auf den Rechtsschutz beschränkt werden soll, aber insofern ein berechtigtes ist,
als das Recht die Grundlage des Staats sein und das gesamte staatliche Leben in den Angeln des Rechts sich bewegen soll.
Was die Ausübung der Polizeigewalt im einzelnen anlangt, so heben wir zunächst diejenige Thätigkeit
hervor, welche dem innern Schutz des Staatsganzen, der Erhaltung der Staatseinheit und der Staatsordnung, gewidmet ist (Staatspolizei,
hohe, politische Polizei). Dahin gehören namentlich Vorkehrungen gegen politische Umtriebe, ferner die Kontrolle des Vereins- und
Versammlungswesens, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der öffentlichen Rechtssicherheit.
Dieser Staatspolizei steht die sogen. Individualpolizei gegenüber, welche
sich mit der Wohlfahrt der einzelnen Staatsbürger beschäftigt und zwar mit deren persönlichem Wohlergehen in sittlicher
wie in physischer Beziehung. Zu der polizeilichen Thätigkeit der erstern Art (Kulturpolizei) gehört insbesondere die Sittlichkeitspolizei,
welche sich bemüht, die für Sittlichkeit und öffentlichen Anstand schädlichen Einflüsse einzudämmen und fern zu
halten, z. B. durch die Überwachung öffentlicher Schaustellungen und Aufführungen, öffentlicher
Vergnügungen, Aufzüge und Festlichkeiten (Theater-, Gesellschaftspolizei), durch die Kontrolle über öffentliche Badeanstalten
u. dgl. Auch die Beaufsichtigung öffentlicher
Leihbibliotheken gehört hierher, dann das Verbot gewisser Hasardspiele, die Handhabung der Sonntags- und der Schulpolizei (Schulzwang),
der Polizeistunde sowie der Gesinde-, Fabrik- und Gewerbepolizei und der Preßpolizei.
Außerdem ist die Gesundheitspolizei (Medizinal-, Sanitätspolizei) hervorzuheben, die besonders durch die Beaufsichtigung
der Ärzte, Hebammen, öffentlichen und privaten Heil- und Irrenanstalten, der Spitäler, des Apothekerwesens und des Handels mit
Giften und Geheimmitteln thätig wird. Aber auch der polizeilichen Vorkehrungen gegen den Verkauf verfälschter und verdorbener
Nahrungsmittel und der polizeilichen Untersuchung gewisser Nahrungsmittel vor deren Verkauf ist zu gedenken; dann der Beaufsichtigung
des Begräbniswesens, der polizeilichen Leichenschau und der Vorkehrungen gegen die Verbreitung ansteckender Krankheiten, der
Durchführung und Beaufsichtigung des Kloakensystems, der Reinigung der Straßen etc. Ferner ist die eigentliche Nahrungspolizei
anzuführen, die namentlich in Zeiten der Teurung (Teurungspolizei) geeignete Vorkehrungen für den Transport
und Verkauf von Lebensmitteln zu treffen hat, wohin auch die Marktpolizei und die Maß- und Gewichtspolizei gehören.
Dazu kommt das weite Feld der Armenpolizei mit den Vorkehrungen gegen das Bettelwesen und gegen die Landstreicherei, mit der
Beaufsichtigung der öffentlichen Entbindungsanstalten, der Findelhäuser u. dgl. Für den Schutz der Person
sorgt endlich auch die eigentliche Sicherheitspolizei, namentlich durch den öffentlichen Wachtdienst, durch Überwachung
verdächtiger Individuen und Lokalitäten, durch das Institut der Polizeiaufsicht (s. d.), kurz, durch alle Maßregeln, welche
die Verhütung verbrecherischer Handlungen bezwecken; aber auch diejenige polizeiliche Thätigkeit, welche der Entdeckung verübter
Verbrechen (Entdeckungspolizei, gerichtliche Polizei) gewidmet ist, gehört hierher.
Wie für den Schutz der Person, so tritt die Sicherheitspolizei auch für den des Eigentums und des Vermögens überhaupt in
Wirksamkeit. Wir heben
hier insbesondere die Fürsorge für die Herstellung, Erhaltung und Überwachung der öffentlichen Verkehrsanstalten,
der Land- und Wasserstraßen (Wege- und Straßen-, Wasserpolizei), die Hafen- und Schiffahrtspolizei hervor.
Ferner ist der Feuer- und der Baupolizei zu gedenken, dann der Vorkehrungen gegen die Verbreitung von Viehseuchen (Veterinärpolizei),
der Berg-, Feld-, Forst-, Jagd- und Fischereipolizei und der landwirtschaftlichen Polizei überhaupt.
Mit Rücksicht auf die mit der Ausübung der Polizei betrauten Behörden pflegt man zwischen Landes- (Staats-)
Polizei und Kommunal- (Gemeinde-, Orts-, Lokal-) Polizei zu unterscheiden, indem der Ausdruck Polizei alsdann nicht selten auch zur Bezeichnung
des mit polizeilichen Funktionen beauftragte Beamtenkörpers gebraucht wird. In den meisten Staaten ist nämlich die Ausübung
der niedern Polizei den Gemeindebehörden übertragen, welchen dann das nötige Vollzugspersonal beigegeben ist
(Polizeiagenten, -Inspektoren, -Kommissare, -Offizianten, -Diener, Gendarmerie, Schutzleute; in Frankreich agents de police, sergents
de ville, gardiens de la paix, gardes de ville; in England police-men). In Preußen hat sich die Staatsregierung für die Städte,
namentlich für die Residenzen und größern Städte, das Recht vorbehalten, die Polizei unmittelbar durch Staatsbehörden (Polizeipräsidium,
Polizeidirektion) auszuüben.
Mit besonderer Vorsicht hat sich die Polizeiverwaltung der wenigstens in großen Städten nicht entbehrlichen geheimen Polizei zu
bedienen. In Frankreich ist damit wiederholt das System der Agents provocateurs, der zur Begehung verbrecherischer Handlungen
aufreizenden Polizeispione, in Verbindung getreten, und die Regierung, welche sich mit solchen verdächtigen Individuen eingelassen,
sah sich alsdann wiederum zu deren Beaufsichtigung durch die Einrichtung von einer Art »Gegenpolizei«
(contre-police) genötigt.
Selbstverständlich können die Polizeibehörden die durch ihre gesetzlichen Befugnisse gerechtfertigten Anordnungen mittels
Anwendung der gesetzlichen Zwangsmittel durchführen. Um jedoch Willkürlichkeiten vorzubeugen, ist auch in Polizeisachen
für einen gehörigen Beschwerde- und Instanzenzug gesorgt; z. B. in Preußen kann gegen Verfügungen des
Amtsvorstehers an den Kreisausschuß, gegen die Verfügungen des letztern und diejenigen des Landrats an das Verwaltungsgericht
Berufung stattfinden.
Die Oberaufsicht über das gesamte Polizeiwesen steht dem Ministerium des Innern zu; früher fungierten in manchen Staaten
besondere Polizeiminister. In vielen Staaten ist aber den Polizeibehörden auch eine eigentliche Strafgewalt
(Polizeigerichtsbarkeit) übertragen, indem sie bei sogen. Polizeivergehen (richtiger »Polizeiübertretungen«),
d. h. beim
Zuwiderhandeln gegen polizeiliche Strafvorschriften (Polizeistrafrecht), die Jurisdiktion an Stelle der Gerichte ausüben. Die
deutsche Strafprozeßordnung (§ 453-458) statuiert eine solche aber nur für eigentliche Übertretungen und gesteht der Polizeibehörde
nur das Recht zu, auf Haft bis zu 14 Tagen oder entsprechende Geldstrafe sowie auf eine etwa verwirkte Einziehung
zu erkennen. Abgesehen von der nach der Landesgesetzgebung etwa zulässigen Beschwerde an die höhere Polizeibehörde, kann
der Beschuldigte unter allen Umständen gegen die Strafverfügung binnen einer Woche nach der Bekanntmachung bei der Polizeibehörde,
welche diese Verfügung erlassen hat, oder bei dem zuständigen Amtsgericht auf gerichtliche Entscheidung
antragen. Die nähern