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nur gezwungen, seine Zustimmung zu dieser zweiten Teilung Polens.
Die Häupter der nationalen Partei, Kosciuszko, H. Kolontaj, Ignaz Potocki u. a., waren vor den Russen nach Dresden [* 2] entflohen, bereiteten aber von hier einen Aufstand vor. Der Widerstand des Generals Madalinski gegen die vom russischen General Igelström befohlene Entwaffnung der polnischen Armee brachte denselben im März 1794 zum Ausbruch. Kosciuszko übernahm als Diktator die Regierung Polens, bewaffnete das Volk, dem die Aufhebung der Leibeigenschaft versprochen wurde, siegte 4. April bei Raclawice und befreite Warschau [* 3] und Wilna [* 4] von den Russen.
Aber nun brach unter den Polen selbst ein Zwist aus zwischen den Radikalen unter Kolontaj und der Adelspartei, welche die Aufhebung der Leibeigenschaft verhinderte. Infolgedessen erkaltete die Teilnahme des Bauernstandes, und Kosciuszko war nicht mehr im stande, der Übermacht der Preußen [* 5] und Russen, denen sich schließlich auch die Österreicher zugesellten, die Spitze zu bieten. Bei Szczekociny wurde er 6. Juni von den Preußen, bei Zajonczek 8. Juni von den Russen geschlagen; Krakau [* 6] fiel in preußische, Wilna 12. Aug. in russische Hände.
In der Schlacht bei Maciejowice (10. Okt.) gegen den russischen General Fersen wurde Kosciuszko der Sieg durch das rechtzeitige Erscheinen Suworows entrissen und Kosciuszko selbst gefangen genommen. Während die Preußen das eigentliche Warschau links der Weichsel belagerten, erstürmte Suworow 4. Nov. das jenseitige Praga und hielt nach einem furchtbaren Gemetzel unter der Bevölkerung [* 7] 8. Nov. seinen Einzug in Warschau. Der Rest der polnischen Armee streckte 10. Nov. bei Radoszyce die Waffen. [* 8] Die Mächte verständigen sich über eine völlige dritte Teilung, welche im Januar 1796 ausgeführt wurde. Preußen erhielt Podlachien und Masovien mit Warschau (38,500 qkm), Österreich [* 9] Kleinpolen mit Krakau (46,000 qkm), Rußland Litauen (120,000 qkm). Der König Stanislaus August wurde nach Grodno verwiesen, wo er mit russischem Gnadengehalt bis zu seinem Tod verblieb. Das polnische Reich hatte aufgehört zu bestehen.
Wiederherstellungsversuche und Aufstände.
Die Führer der Erhebung von 1794 waren in das Ausland, namentlich nach Frankreich, geflohen, und ihnen folgten zahlreiche Polen, welche 1797 unter Dombrowskis Führung in Italien [* 10] die polnische Legion bildeten, die in demselben Jahr in den Diensten der Cisalpinischen Republik gegen die Österreicher kämpfte; im Krieg der zweiten Koalition 1798-1801 gesellte sich eine zweite Legion unter Kniaziewicz hinzu, und beide leisteten den Franzosen nützliche Dienste. [* 11] Aber in jedem Friedensschluß wurden die Interessen Polens von Frankreich rücksichtslos preisgegeben und ein Teil der Legionen schließlich nach Haïti [* 12] geschickt, wo sie sich in der Bekämpfung des Negeraufstandes aufrieben.
Dennoch setzten die Polen auf Frankreich und Napoleon ihre Hoffnungen, und obwohl die preußische Herrschaft trotz ihrer kurzen Dauer und verschiedener Mißgriffe sich als durchaus segensreich, besonders für die niedern Stände, gezeigt hatte, wurde 1806 nach dem Sturz Preußens [* 13] Napoleon bei seinem Einzug in Warschau (19. Dez.) als Befreier begrüßt. Nach dem Frieden von Tilsit [* 14] wurde aus dem Preußen abgenommenen Teil Polens ein Großherzogtum Warschau gebildet, welches den König von Sachsen [* 15] zum Oberhaupt erhielt und 1809 durch das von Österreich abgetretene Westgalizien mit Krakau vergrößert wurde. Doch konnte das neue Staatswesen bei den unaufhörlichen Wirren und Kriegen, in welche es sein Schöpfer verwickelte, nicht gedeihen, und nachdem beim Ausbruch des Entscheidungskriegs mit Rußland 1812 der Landtag eine »Konföderation« gebildet und die völlige Wiederherstellung Polens verkündet hatte, brach das Großherzogtum mit der Vernichtung der großen Armee wieder zusammen.
Das Schicksal Polens bildete eine der schwierigsten Fragen des Wiener Kongresses, um so mehr, da sie sich mit der sächsischen verquickte, indem Preußen nur Westpreußen [* 16] behalten, dafür aber ganz Sachsen erwerben wollte, wogegen Österreich, England und Frankreich sich erklärten. Schließlich wurde 1815 eine vierte Teilung vorgenommen, indem Preußen Westpreußen und Posen, [* 17] Österreich Galizien außer Krakau, welches als Freistaat belassen wurde, Rußland den Rest Polens, das »Königreich Polen« oder »Kongreßpolen«, erhielt.
Zum Schutz der polnischen Nationalität wurden in die Wiener Schlußakte einige unklare und undurchführbare Bürgschaften aufgenommen, welche bald in Vergessenheit gerieten. Doch gab Kaiser Alexander dem russischen Polen eine der französischen Charte von 1814 nachgebildet höchst freisinnige Verfassung, welche den Polen auch unter der Statthalterschaft eines russischen Vizekönigs, wie des Großfürsten Konstantin, ein selbständiges nationales Leben ermöglichte und namentlich in wirtschaftlicher Beziehung einen bedeutenden Aufschwung wirklich zur Folge hatte.
Aber die radikalen Doktrinen der polnischen Demokraten (der »Roten«),
der nationale Dünkel besonders des Adels (der »Weißen«),
der den Verlust des im Grund gar nicht polnischen Litauen nicht verschmerzen konnte, endlich die Wühlereien der polnischen Emigranten ließen das Land nicht zur Ruhe kommen und veranlaßten schon seit dem Tod Alexanders I. (1825) Empörungsversuche. Die Julirevolution von 1830 gab das Signal zu einem allgemeinen Aufstand. Am überfiel eine Rotte junger Militärs das Schloß des Großfürsten Konstantin, der nur mit knapper Not dem Meuchelmord entging, während einige seiner Generale niedergestochen wurden.
Die völlig überraschten russischen Truppen verließen das Land, während die polnische Aristokratie unter Lubecki und Fürst Czartoryiski, nachdem sie sich durch einige Vertreter der Roten, Ostrowski und Lelewel, verstärkt hatte, den General Joseph Chlopicki zum Diktator ausrief, aber zunächst Verhandlungen mit dem Petersburger Hof [* 18] begann. Der Zar Nikolaus schlug aber jede Unterhandlung aus und forderte Unterwerfung auf Gnade u. Ungnade, worauf der am zusammengetretene Reichstag 25. Jan. das russische Kaiserhaus des Throns für verlustig erklärte und eine Nationalregierung unter dem Vorsitz des Fürsten Adam Czartoryiski einsetzte.
Gegen die russische Armee unter Diebitsch errangen die Polen 14. Febr. unter Dwernicki bei Soczek ^[richtig: Stoczek] und unter Skrzynecki bei Dobre einige Vorteile und siegten 19. Febr. bei Grochow; doch unterlagen sie bei letzterm Ort 25. Febr., und als sie nach den siegreichen Gefechten bei Wawre, Dembewilki, Iganie (10. April) und Boreml (16. April) den Aufstand nach Podolien und Wolhynien verbreiten wollten, um die Russen im Rücken zu fassen, wurde General Dwernicki mit 25,000 Mann auf österreichisches Gebiet gedrängt und entwaffnet. Nach der entschiedenen Niederlage der Polen unter Skrzynecki bei Ostrolenka (26. Mai) verzögerte nur der Ausbruch der Cholera im russischen Heer, der auch ¶
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Diebitsch erlag (10. Juni), den völligen Sieg der Russen. Der Aufstand in Litauen wurde 18. Juni niedergeschlagen, und der neue russische Oberbefehlshaber, Paskewitsch, rückte von Kujavien her auf Warschau, wo der Reichstag in Parteien zerrissen war und der Pöbel sich gegen die Behörden empörte. Nach längerm Widerstand ergab sich Warschau 8. Sept. Acht Tage später trat General Ramorino mit 10,000 Mann auf österreichisches und 5. Okt. Rybinski mit 21,000 Mann auf preußisches Gebiet über; damit war die Revolution zu Ende. An Stelle der Verfassung von 1815 trat das »organische Statut« vom und an Stelle der Selbstverwaltung die russische Büreaukratie, welche alles geistige und wirtschaftliche Leben erstickte.
Die in ihren Wühlereien unermüdlichen Emigranten faßten nun Galizien und Posen für ihre Aufstandspläne ins Auge. [* 20] 1836 aus Krakau durch österreichische Truppen vertrieben, ließen sie sich in Paris [* 21] und Brüssel [* 22] nieder, auch im Ausland in zwei Parteien gespalten, die Weißen oder Aristokraten unter dem 1838 zum »König« erwählten Fürsten Adam Czartoryiski und die Roten oder Demokraten. Im Frühjahr 1846 schien der günstige Augenblick für die Erhebung gekommen.
Aber in Posen kam ihr die preußische Regierung zuvor, ließ die Rädelsführer, unter ihnen den zum Anführer erkornen Mieroslawski, verhaften und durch einen Staatsgerichtshof aburteilen (Polenprozeß 1847). In Galizien aber wendeten sich die Bauern und die Ruthenen, statt sich von den Edelleuten und Priestern gegen die Regierung aufreizen zu lassen, wider sie selbst, und über 2000 Edelleute und Priester wurden von dem rohen Volk ermordet. Der unglückliche Aufstand hatte die Aufhebung des Freistaats Krakau und seine Vereinigung mit Österreich zur Folge.
An den nach der französischen Februarrevolution ausbrechenden Unruhen hatten polnische Emissäre überall lebhaften Anteil, besonders an der Märzrevolution in Berlin, [* 23] wo die 1847 verurteilten Polen unter dem Jubel der Menge befreit wurden. Der schwärmerischen Unklarheit des Volkes und der Schwäche der Regierung war es auch nur zuzuschreiben, daß 1848 Mieroslawski in Posen vorübergehenden Erfolg hatte. General Willisen gestand den Polen durch die Konvention von Jaroslawiez (11. April) sogar eine »nationale Reorganisation« zu, die auf heftigen Einspruch der deutschen Bevölkerung in eine »Demarkation« der polnischen Kreise [* 24] umgewandelt wurde. Als die Polen, hiermit nicht zufrieden, die Waffen erhoben, wurden sie in mehreren Gefechten im April und Mai 1848 besiegt und der Rest ihrer Truppen bei Bardo zur Kapitulation gezwungen. Seit 1867 ist Posen ein untrennbarer Teil des Norddeutschen Bundes und seit 1871 des Deutschen Reichs. Der deutschfeindliche Einfluß der römischen Geistlichkeit sowie die starke polnische Einwanderung aus Russisch-Polen bewogen die preußische Regierung 1885 zu zahlreichen Ausweisungen, zu energischen Maßregeln für den deutschen Unterricht und 1886 auch zu dem Entschluß, durch Ankauf polnischer Güter eine umfangreiche deutsche Kolonisation zu ermöglichen.
Weder in Galizien noch in Russisch-Polen war es 1848 zu Aufständen gekommen. Auch während des Krimkriegs blieb das letztere ruhig. Erst als Kaiser Alexander II. auch in Polen Reformen anordnete, zunächst 1859 die Umwandlung der bäuerlichen Fronen in unablösbaren Erbzins, gerieten die öffentlichen Zustände wieder in Bewegung. Die gleichzeitige Erhebung und Einigung der italienischen Nation belebten die nationalen Hoffnungen. Alexander kam denselben weit entgegen, indem er durch den Marquis Wielopolski, einen aristokratischen Patrioten, einen Reformplan ausarbeiten ließ, der eine weitgehende Autonomie und besonders die Errichtung nationaler Lehr- und Bildungsanstalten zum Inhalt hatte.
Das Reformgesetz wurde veröffentlicht und Wielopolski mit der Durchführung desselben betraut. Aber selbst bei den gemäßigten Polen rief die Nachgiebigkeit Rußlands die Meinung hervor, sie entstamme der Schwäche, und es wurde die Forderung der Verfassung von 1815, ja der bloßen Personalunion laut. Im geheimen hetzten die Emigranten und die radikalen Verschwörer, ganz offen der römische Klerus. Trotz Adressen und Straßenaufläufen, Mordanschlägen auf die Statthalter und Meuchelmorden ernannte Alexander II. im Juni 1862 seinen Bruder, den Großfürsten Konstantin, zum Statthalter.
Aber eine geheime Nationalregierung, welche durch Terrorismus und Meuchelmord sich Gehorsam zu verschaffen wußte, lähmte jeden wohlgemeinten Schritt des Kaisers und machte den Ausbruch des Bürgerkriegs unvermeidlich. Beschleunigt wurde derselbe durch die im Januar 1863 befohlene Rekrutierung. Es sammelten sich revolutionäre Banden in den Wäldern und begannen unter Führung von Langiewicz einen kleinen Krieg, in dem sie hier und dort über vereinzelte russische Truppenabteilungen Vorteile errangen, aber nichts Wesentliches erreichten, zumal die Landbevölkerung sich der Insurrektion selten anschloß.
Der in Rußland erwachte nationale Geist spornte die Regierung zu energischen Maßregeln an; Preußen sperrte seine Grenzen [* 25] gemäß der Konvention vom für die Insurgenten aufs strengste ab, und so konnte auch die Intervention der drei Mächte Frankreich, England und Österreich (April 1863) den Polen nichts helfen, da sie Krieg nicht zu führen beabsichtigten und sich mit der entschiedenen Zurückweisung ihrer Ratschläge durch Gortschakow (13. Juli) zufrieden gaben. Daher wurde noch 1863 der Aufstand im wesentlichen unterdrückt. Daraus wurden die Bauern emanzipiert und mit dem Grundbesitz der nach Sibirien verschickten Edelleute ausgestattet, die Klöster 8. Nov. aufgehoben, die römische Kirche unter ein katholisches Kollegium in Petersburg [* 26] gestellt, alle besondern polnischen Behörden aufgehoben und Polen in zehn Gubernien eingeteilt; offiziell hieß es fortan »Weichselland«. Die russische Sprache wurde die Amtssprache und Hauptlehrgegenstand in den Schulen, die Universität in Warschau russifiziert, das russische Zivil- und Strafgesetzbuch eingeführt. In den ehemals polnischen Teilen Litauens und Weißrußlands wurden seit 1875 auch die griechisch-unierten Gemeinden teils durch Überredung, teils durch brutale Gewalt zur Rückkehr zu der orthodoxen Kirche gezwungen.
Nur in Galizien behauptete sich das nationale Polentum, ja es gewann seit der Dezentralisation Österreichs durch die Einführung einer konstitutionellen Verfassung (1861) neue Kraft. [* 27] Die polnische Sprache wurde zur amtlichen Sprache [* 28] erhoben, ein nationaler Landtag und eine nationale Verwaltung eingeführt und zwei polnische Universitäten, eine Akademie und eine große Zahl von Mittel- und Volksschulen errichtet. Die politischen Verhältnisse gaben sogar den Polen im Reichsrat, in welchem die Mehrheit von ihrer Entscheidung abhing, einen überwiegenden Einfluß in Österreich und verschaffen Galizien außergewöhnliche Begünstigungen in Bezug auf die Besteuerung, den Bau von Eisenbahnen u. dgl. Auch gestattete die österreichische Regierung den ¶