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gung von SE gedreht und trifft in ihrer Verlängerung [* 2] weiter rückwärts gelegene Punkte des Himmels; Jupiter ist also rückläufig. Diese rückläufige Bewegung wird langsamer und verschwindet endlich ganz, wenn die Verbindungslinie der Erde E2 und des Jupiter J2 die Erdbahn gerade berührt; die Erde bewegt sich dann gerade vom Jupiter fort, letzterer ist stationär. Von da an wird Jupiter rechtläufig, bis er in der Lage J5 wieder stationär wird; denn die Linien E3J3, E4J4, E5J5 sind gegen E2J2 in demselben Sinn gedreht, wie ES sich dreht. Am schnellsten ist die rechtläufige Bewegung, wenn Jupiter bei J4 in Konjunktion zur Erde steht, so wie die retrograde Bewegung in der Opposition (bei J und J6) am raschesten erfolgt.
Die
Abweichungen in der
Breite
[* 3] und die daraus entstehenden
Schleifen und
Schlingen der Planeten
bahnen endlich finden darin ihre
Erklärung, daß die verschiedenen Planeten
[* 4] sich nicht in der
Ebene der Erdbahn
(Ekliptik), sondern in
Bahnen bewegen,
welche kleine
Winkel
[* 5] mit dieser
Ebene einschließen. Übrigens behielt
Kopernikus die exzentrischen
Kreise
[* 6] und
Epicykeln, letztere
aber nur in geringer Zahl, zur
Erklärung der Planeten
bewegung bei.
Diesen letzten Rest des
Ptolemäischen
Systems beseitigte
erst
Johannes
Kepler (s. d.) durch
Aufstellung der drei nach ihm benannten
Gesetze, von denen die ersten
beiden 1609 in der »Astronomia nova« veröffentlicht wurden, während sich
das dritte erst in der zehn Jahre später erschienenen
Schrift
»Harmonices mundi libri V« findet.
Diese drei Keplerschen Gesetze lauten:
1) die Planeten
bewegen sich in
Ellipsen, in deren einem
Brennpunkt die
Sonne
[* 7] steht;
2) die vom Radius Vector (Leitstrahl, d. h. von der Verbindungslinie zwischen Sonne und Planet) überstrichene Fläche ist der Zeit proportional;
3) die
Quadrate der Umlaufszeiten zweier Planeten
verhalten sich wie die dritten
Potenzen ihrer mittlern
Entfernungen von der
Sonne
(der großen Halbachsen ihrer
Bahnen). Diese drei
Gesetze sind von
Kepler zunächst am Planeten
Mars
[* 8] erprobt worden.
Aus dem zweiten
Gesetz ergibt sich sofort, daß die
Geschwindigkeit eines Planeten
in seiner
Bahn am größten ist in der Sonnennähe
(im Perihel), und daß sie von da an beständig abnimmt, bis sie im Aphel am kleinsten wird. Deshalb ist unser Winterhalbjahr,
in welchem die
Erde durch das Perihel geht, kürzer als das Sommerhalbjahr.
Über ein halbes
Jahrhundert nach
Keplers
Tod wies
Newton in dem Werk »Philosophiae naturalis principia mathematica« die
eigentliche
Ursache dieser
Gesetze in der
Anziehung, welche alle
Körper aufeinander ausüben und mithin auch die
Sonne auf die
Planeten
ausübt, nach. Das zweite der
Keplerschen Gesetze ist eigentlich das allgemeinste; es gilt für jede
Zentralbewegung,
[* 9] d. h. für jede
Bewegung eines
Körpers, die stattfindet infolge einer stetig wirkenden angehenden oder abstoßenden
Kraft,
[* 10] die von einem
Punkt ausgeht.
Umgekehrt ergibt sich aus der Gültigkeit des zweiten
Gesetzes, daß die Planeten
bewegung erfolgt unter dem Einfluß einer
von der
Sonne ausgehenden
Kraft. Die
Größe dieser
Kraft läßt sich leicht berechnen. Aus der Gestalt der
Bahn und aus dem zweiten
Gesetz ergibt sich nämlich die
Geschwindigkeit in der
Bahn, und aus dieser kann man wieder die
Zentrifugalkraft
[* 11] finden, welche den Planeten
aus der
Bahn zu treiben sucht. Da nun der
Planet in der
Bahn bleibt, so muß eine
der
Zentrifugalkraft gleiche, aber entgegengesetzt wirkende
Zentripetalkraft der erstern das
Gleichgewicht
[* 12] halten.
Die in die
Richtung des
Radius
Vector fallende
Komponente dieser
Kraft ist die gesuchte Zentralkraft. Man findet für dieselbe
den
Ausdruck ^ (2πa3)/(u2r2), wo π = 3,1416 (s.
Kreis),
[* 13] a die große Halbachse der
Bahn, u die
Umlaufszeit und r der
Radius
Vector ist.
Für r = 1 ergibt sich (2πa3)/(u2), die
Größe der
Anziehung in der
Entfernung 1. Dem
dritten
Keplerschen
Gesetz zufolge hat aber a3/u2 für alle Planeten
denselben Wert; folglich ist die
Kraft, welche die Planeten bewegt,
für alle eine und dieselbe, die
Anziehung durch die
Sonne.
Diese von der Sonne ausgehende Anziehung ist nur ein spezieller Fall der durch das ganze Weltall geltenden allgemeinen Massenanziehung oder Gravitation (s. d.). Zufolge dieser Kraft bewegen sich auch die Monde um ihre Hauptplaneten, wie Newton zuerst beim Monde der Erde nachwies, indem er zeigte, daß die Kraft, welche den Mond [* 14] in seiner Bahn erhält, identisch ist mit der Schwerkraft, welche wir auf der Erde durch den Fall der Körper wahrnehmen. Vermöge dieser Kraft ziehen sich aber auch die Planeten gegenseitig an, so daß ihre Bewegungen nicht genau nach den Keplerschen Gesetzen von statten gehen. Diese Gesetze würden in aller Strenge nur dann bestehen, wenn bloß ein einziger Planet um die Sonne liefe. Die Abweichungen (s. Störungen) sind indessen verhältnismäßig nicht zu beträchtlich, weil die Planeten im Vergleich zur Sonne nur wenig Masse besitzen, so daß die Anziehung seitens der Sonne bei weitem die vorherrschende Kraft bleibt.
Elemente der Planetenbahnen.
Von den Elementen der Planetenbahnen (vgl. Elemente, S. 546) sind in unsrer »Übersicht des Planetensystems« vier angegeben: die mittlere Entfernung von der Sonne, die siderische Umlaufszeit, die Exzentrizität und die Neigung der Bahn, welche am interessantesten erscheinen, wenn es sich nicht um wirkliche Berechnung der Planetenörter handelt. Letztere findet man für die einzelnen Tage des Jahrs in den astronomischen und nautischen Jahrbüchern angegeben. Übrigens sind die Elemente der Planeten, namentlich der kleinen, infolge der Störungen langsamen Veränderungen unterworfen.
Man hat sich früher vielfach bemüht, ein bestimmtes Gesetz in den Abständen der Planeten von der Sonne zu finden. Schon Kepler hat ein solches vermutet und kam bei seinen Nachforschungen auf sein drittes Gesetz. Ihm fiel auch der große Zwischenraum zwischen den Bahnen des Mars und Jupiter auf, und er scheute sich nicht, in seinem »Mysterium cosmographicum« 1596 die Worte zu schreiben: »Inter Jovem et Martem planetam interposui« (zwischen Jupiter und Mars habe ich einen Planeten gesetzt), eine Ahnung, die erst nach länger als 200 Jahren Bestätigung fand.
Eine wenigstens näherungsweise zutreffende Regel für die Planetenabstände hat zuerst der Wittenberger Professor Titius in seiner deutschen Ausgabe von Bonnets »Betrachtung der Natur« 1772 angegeben; dieselbe ist nachher besonders durch den Berliner [* 15] Astronomen Bode weiter verbreitet worden und daher als das Bodesche Gesetz bekannt. Titius faßt seine Regel in die Worte: »Gebt der Distanz von der Sonne bis zum Saturn 100 Teile, so ist Mercurius 4 solcher Teile von der Sonne entfernt, Venus 4+3=7 derselben, die Erde 1+6=10, Mars 4+12=16. Vom Mars folgt ein Raum von 4+24=28 solcher Teile, worin weder ein Haupt- noch ein Nebenplanet zur Zeit gesehen wird. Von diesem uns unbekannten Raum erhebt sich Jupiters Wirkungskreis in 4+48=52 und der Saturns in 4+96=100 solcher Teile.« ¶
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In der That, setzt man den Abstand des Saturn von der Sonne 190 Mill. geogr. Meilen, so bekommt man für Merkur [* 17] 7,6, für Venus 13,3, Erde 19, Mars 30,4, Jupiter 99 Mill. Meilen. Die Zahlen 3, 6, 12 etc., welche man der Regel nach zu 4 addieren muß, wachsen immer auf das Doppelte an; setzt man daher die von Titius gegebene Reihe weiter fort, so sind die nächsten Glieder [* 18] 4+192=196 und 4+384=388, entsprechend 372 und 738 Mill. Meilen. Die Entdeckung des Uranus war daher eine Bestätigung der Regel, da der Abstand desselben von der Sonne ungefähr mit der erstern der beiden Zahlen übereinstimmt, und ebenso wurde die auch von Titius geteilte Vermutung, daß in der Entfernung von 28 Teilen oder 56 Mill. Meilen sich ein Planet befinden müsse, durch die Entdeckung der Ceres bestätigt; der Abstand des Neptun von der Sonne ist aber um 138 Mill. Meilen kleiner, als das Bodesche Gesetz angibt.
[Planetenzeichen.]
Für die größern Planeten hat man gewisse in der »Übersicht des Planetensystems« (S. 106) angegebene Zeichen, deren Entstehung nicht ganz sicher ist. Dieselben stammen indessen nicht aus dem Altertum; nach Letronne reicht ihr Ursprung nicht über das 10. Jahrh. unsrer Zeitrechnung zurück, und die gegenwärtigen Formen findet man kaum vor dem 15. Jahrh. Auch für eine Anzahl kleiner Planeten hat man derartige Zeichen; seitdem aber die Zahl der uns bekannten Weltkörper aus dieser Gruppe so ungemein gewachsen ist, bezeichnet man sie nach Goulds Vorschlag durch in Kreise geschriebene Nummern z. B. ⑤, welche die Reihenfolge der Entdeckung angeben.
Bei den Neuplatonikern wurde es am Ausgang des Mittelalters Sitte, gewisse Metalle den Planeten zu weihen, nämlich das Quecksilber dem Merkur, das Kupfer [* 19] der Venus, das Eisen [* 20] dem Mars, das Zinn dem Jupiter, das Blei [* 21] dem Saturn. Im Mittelalter hat man daher die genannten Metalle mit den Zeichen der zugehörigen Planeten bezeichnet, also ☿ = Quecksilber, ♀ = Kupfer etc. Außerdem wurde noch das Silber dem Monde, das Gold [* 22] der Sonne gewidmet, und es war deshalb ☾ = Silber, ☉ = Gold. In der spätern Römerzeit war es ferner Gebrauch, die sieben Tage der Woche nach der Sonne, dem Mond und den Planeten zu benennen, nämlich, mit dem Sonntag beginnend, Dies Solis, Lunae, Martis, Mercurii, Jovis, Veneris, Saturni.
Dem entsprechend findet man noch jetzt die Bezeichnungen ☉ = Sonntag, ☾ = Montag, ♂ = Dienstag, ☿ = Mittwoch, ♃ = Donnerstag, ♀ = Freitag, ♄ = Sonnabend in den Kalendern. Über die Planeten als Regenten des Jahrs vgl. Astrologie. [* 23] Über die Bewohnbarkeit der Planeten vgl. Flammarion, Die Mehrheit bewohnter Welten (deutsch von Drechsler, Leipz. 1865);
Miller, The heavenly bodies, their nature and habitability (Lond. 1883);
über die Berechnung der Planetenbahnen vgl. Gauß, Theoria motus corporum coelestium in sectionibus conicis solem ambientium (Hamb. 1809; deutsch von Haase, Hannov. 1865);
Oppolzer, Lehrbuch zur Bahnbestimmung der Kometen [* 24] und Planeten (Leipz. 1870 bis 1879, 2 Bde.; 2. Aufl., Bd. 1, 1882);
Herz, Geschichte der Bahnbestimmung der Planeten und Kometen (das. 1887).