Titel
Planeten
[* 2] (v. griech. planetes, umherwandelnd; Wandel- oder Irrsterne), diejenigen Himmelskörper, welche in nahezu kreisförmigen Bahnen um die Sonne [* 3] laufen und, an sich dunkel, von dieser beleuchtet werden. Ihren Namen verdanken sie dem Umstand, daß sie, von der Erde aus gesehen, unter den in ihren relativen Stellungen verharrenden Fixsternen verhältnismäßig rasche und ziemlich verwickelte Bewegungen zu machen scheinen. An Helligkeit lassen sich die dem bloßen Auge [* 4] sichtbaren Planeten nur den hellsten Fixsternen vergleichen; nach Zöllner erreicht Venus die 18fache Helligkeit des Sirius, Jupiter die dreifache und Mars [* 5] in mittlerer Opposition die 2⅓fache; selbst Merkur [* 6] kann unter günstigen Umständen fast ebenso hell erscheinen wie dieser hellste Fixstern, während das bleiche Licht [* 7] des Saturn nur etwa ein Achtel der Intensität des Sirius erreicht.
Mit Ausnahme von Merkur und Venus zeigen die Planeten nicht den funkelnden Glanz der Fixsterne, [* 8] sondern ein ruhiges Licht. Dasselbe ist polarisiert infolge der Reflexion. [* 9] Im Spektroskop [* 10] zeigt das Licht der Planeten die charakteristischen dunkeln Linien des Sonnenspektrums; außerdem aber treten in den Spektren des Mars, Jupiter und Saturn, besonders aber in denen des Uranus und Neptun, noch andre dunkle Streifen auf, welche für die Anwesenheit einer Atmosphäre auf diesen Himmelskörper sprechen.
Auch auf der Venus wird durch Refraktionserscheinungen eine Atmosphäre nachgewiesen. Im Fernrohr [* 11] erscheinen die größern Planeten nicht, wie die Fixsterne, als bloße Lichtpunkte, sondern als bestimmt begrenzte kreisförmige Scheiben mit meßbaren Durchmessern, deren scheinbare Größe mit ihrer Entfernung von uns zum Teil innerhalb ziemlich weiter Grenzen [* 12] schwankt (beim Merkur zwischen 4,4 und 12''; bei Venus von 9,5 bis 62'', beim Mars von 3,3 bis 23'', beim Jupiter von 30 bis 46'', beim Saturn von 15 bis 20''). Auf einigen derselben nimmt man Flecke oder Streifen wahr, aus deren regelmäßiger Bewegung man die Rotation dieser Körper um bestimmte Achsen erkennt; zum Teil wird diese Rotation auch durch eine Abplattung an den Polen angedeutet.
Ferner bemerkt man bei Merkur und Venus und in geringerm Grad auch beim Mars einen Wechsel der Lichtgestalt, ähnlich wie beim Mond [* 13] (s. Phasen). Mehrere Planeten werden auch von kleinern Weltkörpern umkreist, welche man Nebenplaneten im Gegensatz zu den Hauptplaneten, auch Monde, Trabanten oder Satelliten nennt. Es haben nämlich Erde und Neptun je 1, Mars 2, Jupiter und Uranus je 4, Saturn 8 Monde; der letztgenannte wird außerdem noch von einem Ringsystem umgeben.
Vgl. beifolgende Karte »Planetensystem«. [* 14]
Die Alten kannten nur die fünf dem bloßen Auge sichtbaren Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn; außer diesen sternartigen Körpern findet man vereinzelt auch Sonne und Mond als Planeten bezeichnet, die mit jenen die scheinbare Bewegung am Fixsternhimmel gemein haben. Die planetarische Natur der Erde war noch unbekannt. Erst Kopernikus ordnete sie der Reihe der Planeten ein. Die Erfindung des Fernrohrs führte zunächst auf die Entdeckung der Jupitermonde durch Simon Marius in Ansbach [* 15] und Galilei in Padua [* 16] 7.-10. Jan. 1610. Galilei erblickte auch im November 1610 den Saturn »dreifach«, aber erst Huygens erkannte die wahre Gestalt des Saturnrings.
Der letztere entdeckte auch den 6. Saturnmond (Titan); Dom. Cassini fand nachher den äußersten (Japetus) im Oktober 1671, den 5. (Rhea) [* 17] den 3. und 4. (Tethys und Dione) Ende März 1684. Fast ein Jahrhundert verging noch bis zur Auffindung eines neuen Hauptplaneten; erst entdeckte Wilh. Herschel in Bath den Uranus. Ihm verdanken wir auch die Auffindung der beiden äußersten Uranusmonde (Titania und Oberon) sowie des 1. und 2. Saturntrabanten (Mimas und Enceladus) 28. Aug. und während der 7. Saturnmond (Hyperion) erst im September 1848 von W. Lassell zu Starfield bei Liverpool [* 18] und Bond in Cambridge (Vereinigte Staaten) entdeckt wurde.
Lassell hat auch durch die 1851 mit seinem großen Reflektor auf Malta angestellten Beobachtungen die Zahl der Uranusmonde auf vier festgestellt, während W. Herschel außer den zwei bereits oben erwähnten in den Jahren 1790-94 noch vier beobachtet zu haben glaubte, deren Umlaufszeit er aber nicht bestimmen konnte. Auch mit dem großen Refraktor der Sternwarte [* 19] in Washington [* 20] haben Newcomb und Holden nur vier Uranusmonde gesehen. Eine neue Periode planetarischer Entdeckungen beginnt mit der Auffindung der Ceres durch Piazzi in Palermo; [* 21] es folgte dann die Entdeckung der Pallas durch Olbers in Bremen [* 22] der Juno durch Harding in Lilienthal und der Vesta durch Olbers Damit waren die ersten Glieder [* 23] aus der Gruppe der kleinen Planeten, Planetoiden oder Asteroiden, zwischen Mars und Jupiter gefunden; aber erst fand Hencke in Driesen einen neuen Planetoiden, die Asträa.
Seitdem hat sich die Zahl dieser Himmelskörper bis Mitte 1888 auf 279 vergrößert. Aus den Unregelmäßigkeiten der Uranusbewegung hatten die Astronomen schon längere Zeit auf die Existenz eines noch unbekannten Planeten jenseit des Uranus geschlossen; durch eine umgekehrte Störungsrechnung (s. Störungen) gelang es Leverrier in Paris, [* 24] den Ort desselben zu bestimmen, und auf Grund dieser Angabe fand Galle in Berlin [* 25] den äußersten Planeten, Neptun. Lassell hat im November 1846 und August 1850 zwei Monde desselben beobachtet, von denen aber nur der eine konstatiert worden ist.
Durch das Studium der Merkurbewegung ist Leverrier auch auf die Vermutung gekommen, daß es innerhalb der Merkurbahn noch einen oder mehrere Planeten gibt. Doch konnte bis jetzt die Existenz eines intermerkurialen Planeten noch nicht nachgewiesen werden. Dagegen wurden 11. und durch Hall [* 26] in Washington zwei Marsmonde entdeckt. Es betrug hiernach Mitte 1888 die Zahl der Hauptplaneten nebst den Planetoiden 287, die der Nebenplaneten 20. Über die herkömmlichen Bezeichnungen dieser Himmelskörper vgl. unten (S. 110).
Übersicht des Planetensystems.
In umstehender Tabelle ist die mittlere Entfernung der Planeten von der Sonne in Erdbahnhalbmessern angegeben; will man diese Entfernung in Millionen geographische Meilen oder in Millionen Kilometer wissen, so hat man die gegebenen Zahlen mit der mittlern Entfernung der Erde von der Sonne zu multipliziert. Nimmt man die Parallaxe [* 27] (s. d.) der Sonne zu 8,85 Sekunden an, so ist diese Entfernung = 20,036 Mill. geogr. Meilen oder 148,67 Mill. km. Für die größern Planeten ergeben sich also folgende mittlere Abstände von der Sonne:
Mill. geogr. M. | Mill. Kilom. | |
Merkur | 7.7 | 57.5 |
Venus | 14.5 | 107.5 |
Erde | 20.0 | 148.7 |
Mars | 30.5 | 226.5 |
Jupiter | 104.0 | 778.5 |
Saturn | 190.7 | 1418.1 |
Uranus | 383.6 | 2851.8 |
Neptun | 600.1 | 4468.3 |
¶
Wahre Grösse der Planeten im Verhältnis zur Sonne.
(Die Sonnenscheibe [* 29] gleich 1 Fuss Durchmesser angenommen).
♆ Neptun
♅ Uranus
♄ Saturn
♃ Jupiter
^ Ceres
^ Pallas
^ Juno
^ Vesta
♂ Mars
♀ Venus
☿ Merkur
Innere Planetengruppe.
(Sonnennähe)
(Sonneferne)
☊ aufsteigender Knoten und ☋ absteigender Knoten.
Verhältnissmässige Grösse und Entfernung der Erde zum Mond.
Erde 1720 Meil. Durchm. 51822 Meilen mittl. Entfernung. Apogäum (Erdferne) Mond 454 Meil. Durchm. Perigäum (Erdnähe) ^[Berichtigung: Apo- und Perigäum sind vertauscht]
Die mittlere Entfernung der Planeten von der Sonne und ihre Banhstrecke in 88 Tagen oder einem Merkurumlaufe.
☿ Merkur, 360°
♀ Venus, 141° 22'
♁ Erde, 86° 44'
♂ Mars, 46° 7'
^ Vesta, 23° 55'
^ Juno, 19° 54'
^ Pallas, 18° 52'
^ Ceres, 18° 50'
♃ Jupiter, 7° 19'
♄ Saturn, 2° 57'
♅ Uranus, 1° 8'
♆ Neptun, 31'
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Übersicht des Planetensystems.
Name und Zeichen des Planeten | Mittlere Entfernung von der Sonne | Siderische Umlaufszeit Tage | Exzentrizität der Bahn | Neigung der Bahn | Äquatordurchmesser Kilometer | Abplattung | Rotationsdauer St. | Min. | Verhältnis zur Sonnenmasse | Mittlere Dichte (Wasser = 1) |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
I. Innere Planeten. | ||||||||||
Merkur ☿ | 0.38710 | 87.96926 | 0.20560 | 7° 0,1' | 4900 | - | 24 | 5 | 1:4348000 | 7.9 |
Venus ♀ | 0.72333 | 224.70079 | 0.00684 | 3° 23,6' | - | - | 23 | 21 | 1:412150 | 5.4 |
Erde ♁ | 1.00000 | 365.25636 | 0.01677 | - | - | 1/299 | 23 | 56 | 1:319455 | 5.6 |
Mars ♂ | 1.52369 | 686.97979 | 0.09326 | 1° 51,0' | - | - | 24 | 37 | 1:2994800 | 4.2 |
II. Äußere Planeten. | ||||||||||
Jupiter ♃ | 5.20280 | 4332.5848 | 0.04825 | 1° 18,7' | 143800 | 1/17.1 | 9 | 55 | 1:1047.8 | 1.32 |
Saturn ♄ | 9.53885 | 10759.2198 | 0.05600 | 2° 29,5' | 118700 | 1/9 | 10 | 14 | 1:3501.6 | 0.66 |
Uranus ♅ | 19.19209 | 30688,510 | 0.04636 | 0° 46,3' | 60000 | 1/10 | - | - | 1:12000 | 0.98 |
Neptun ♆ | 30.05508 | 60181,113 | 0.00850 | 1° 47,0' | 55000 | - | - | - | 1:19700 | 1.12 |
III. Nebenplaneten.
Name der Monde | Mittlere Entfernung vom Hauptplaneten | Siderische Umlaufszeit | Exzentrizität der Bahn | Durchmesser | Masse in Teilen der Masse des Hauptplaneten | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
in Halbmessern des Hauptplaneten | in Kilometern | Tage | St. | Min | Sek. | Kilometer | |||
Mond der Erde | 60,273 | 384420 | 27 | 7 | 43 | 11.5 | 0.05491 | 3465 | 1/81 |
Mars: 1) Deimos | 5,830 | 23420 | 1 | 6 | 18 | - | - | - | - |
2) Phobos | 2,334 | 9370 | - | 7 | 19 | - | - | - | - |
Jupiter: I. | 6,049 | 419250 | 1 | 18 | 27 | 30 | 0.00000 | 3799 | 0.0000169 |
II. | 9,623 | 666360 | 3 | 13 | 13 | 42 | 0.00000 | 3405 | 0.0000232 |
III. | 15,350 | 1063320 | 7 | 3 | 42 | 30 | 0.00135 | 5557 | 0.0000884 |
IV. | 26,998 | 1870690 | 16 | 16 | 32 | 12 | 0.00724 | 4748 | 0.0000425 |
Saturn: 1) Mimas | 3.35 | 184000 | 0 | 22 | 37 | - | - | - | - |
2) Enceladus | 4.30 | 236700 | 1 | 8 | 53 | - | - | - | - |
3) Thetis | 5.28 | 293100 | 1 | 21 | 18 | - | 0.01086 | - | - |
4) Dione | 6.82 | 377700 | 2 | 17 | 41 | - | 0.00310 | - | - |
5) Rhea | 9.52 | 522900 | 4 | 12 | 25 | - | 0.00080 | - | - |
6) Titan | 22.08 | 1214700 | 15 | 22 | 41 | - | 0.02922 | - | - |
7) Hyperion | 26.78 | 1470700 | 21 | 6 | 49 | - | 0.1150 | - | - |
8) Japetus | 64.36 | 3464600 | 79 | 7 | 54 | - | 0.02844 | - | - |
Uranus: 1) Ariel | 7,134 | 205500 | 2 | 12 | 29 | - | - | - | - |
2) Umbriel | 9,938 | 285700 | 4 | 3 | 28 | - | - | - | - |
3) Titania | 16,301 | 468200 | 8 | 16 | 56 | - | - | - | - |
4) Oberon | 21,797 | 624100 | 13 | 11 | 7 | - | - | - | - |
Mond des Neptun | 12.45 | 352500 | 5 | 21 | 4 | - | - | - | - |
Von den kleinen Planeten hat den kleinsten Abstand von der Sonne Medusa (149), nämlich 42,7 Mill. Meilen oder 316,7 Mill. km, den größten aber Hilda (153), nämlich 79 Mill. Meilen oder 586 Mill. km.
Gruppierung der Hauptplaneten. Man teilt von alters her die Planeten in zwei Gruppen: untere oder innere, welche der Sonne näher stehen als die Erde, und obere oder äußere, welche von der Sonne entfernter sind. Zur ersten Gruppe gehören Merkur und Venus, zur zweiten alle vom Mars bis Neptun, von denen im Altertum nur Mars, Jupiter und Saturn bekannt waren. Zweckmäßiger erscheint die von Mädler empfohlene Scheidung in drei Gruppen: innere, mittlere und äußere Planeten. Zur innern Gruppe, deren Verhältnisse die beifolgende Tafel veranschaulicht, gehören Merkur, Venus, Erde, Mars, alle mittelgroß, von beträchtlicher Dichte, wenig abgeplattet, in beiläufig 24 Stunden um ihre Achse rotierend, mit Ausnahme der Erde und des Mars mondlos. Die mittlere Gruppe bilden die Planetoiden; zur äußern Gruppe endlich zählen Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, alle sehr groß, wenig dicht, rasch (in 10-11) Stunden um ihre Achse rotierend, stark abgeplattet, mondreich (bis auf Neptun). Diese Gruppe enthält 17 Monde, während in der erstern in deutlichem Gegensatz deren nur drei vorhanden sind.
Scheinbare Bewegung der Planeten.
Hinsichtlich der scheinbaren Bewegung besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen den untern Planeten, Merkur und Venus, und den obern. Während nämlich erstere sich nie weit von der Sonne entfernen und daher nur bald nach Sonnenuntergang am Westhimmel als Abendstern oder kurz vor Sonnenaufgang am Osthimmel als Morgenstern, [* 31] aber nie durch die ganze Nacht sichtbar sind, kann man die obern Planeten zu verschiedenen Zeiten in den verschiedensten Stunden der Nacht, in allen möglichen scheinbaren Abständen von der Sonne auch in der der Sonne gerade entgegengesetzten Gegend des Himmels oder, wie man sagt, in Opposition zur Sonne beobachten.
Betrachten wir zunächst die Erscheinungen, welche uns die untern Planeten in ihrer scheinbaren Bewegung darbieten, so finden wir, daß Venus höchstens 3-4 Stunden vor der Sonne auf- und ebenso lange nach derselben untergeht; ihre Elongation, d. h. ihr größter Abstand von der Sonne nach O. oder W., beträgt 46½°. Wenn sie zur Zeit ihrer östlichen Elongation als Abendstern am Westhimmel steht, so erscheint sie im Fernrohr als halbe Kreisscheibe, die beleuchtet Seite rechts. Von da an nähert sie sich der Sonne, sie geht immer früher nach Sonnenuntergang unter, die Lichtgestalt ¶