Mission; ein Zögling Franckes, Ziegenbalg (s. Mission), ging 1706 nach Ostindien. In die Fußstapfen Speners und seiner nächsten
Schüler traten später als Häupter des Pietismus: Ch. B. Michaelis, der jüngere Francke, Freylinghausen (s. d.), Rambach u. a. Aber
die Einseitigkeit und das Schiefe der ganzen Richtung traten doch trotz persönlicher Ehrenhaftigkeit ihrer
Anhänger immer mehr hervor, und bald war der Pietismus wirklich das, was die Gegner schon lange ihm schuld gegeben,
eine krankhaft überspannte, in Bekehrungsunternehmungen und Bußkrämpfen schwebende, nicht selten auch zum hochmütigen
Absprechen über die »Welt«, ja zur schnöden Heuchelei herabsinkende Richtung.
Während der Herrschaft des Nationalismus und des Indifferentismus zog er sich in engere Kreise zurück
und schien ganz erstorben zu sein, bis er in unserm Jahrhundert, durch die gewaltigen Zeitbewegungen gefördert, sich nochmals
als moderner Pietismus erhob. Eine begeisterte Vertreterin und Verbreiterin fand derselbe an der Frau v. Krüdener. Es entstanden
die frommen Konventikel, Kassen zur Verbreitung von Traktätchen und Vereine für Belebung der innern und
äußern Mission, welche in Opferfreudigkeit, aber auch in Vielgeschäftigkeit wetteiferten, sich hin und wieder, wie in Königsberg 1835 (s.
Ebel 2), mit schwärmerischer Mystik verbinden oder, wie im Elberfelder Waisenhaus 1861, in eine Erweckungsepidemie ausarteten.
Berlin, Halle, das Mulde- und Wupperthal, dann Württemberg waren die Plätze, wo dieser moderne Pietismus die zahlreichsten
Anhänger fand. Durch seine Vorliebe für die alten Formen des Kirchenglaubens und seine Opposition gegen den Rationalismus wurde
der Pietismus ein natürlicher Verbündeter der wieder auflebenden Rechtgläubigkeit, und beide Richtungen, die sich früher bekämpft
hatten, söhnten sich nunmehr aus, um infolge der politischen und sozialen Stürme der Jahre 1848 und 1849 das
Übergewicht in der evangelischen Kirche Deutschlands zu erringen.
Verwandt sind den deutschen Pietisten die Mômiers (s. d.) in der Schweiz und die Methodisten (s. d.) in England.
Vgl. Märklin,
Darstellung und Kritik des modernen Pietismus (Stuttg. 1839);
Hüffell, Der Pietismus geschichtlich und kirchlich beleuchtet
(Heidelb. 1846);
Schmid, Geschichte des Pietismus (Nördling. 1863);
Heppe, Geschichte des Pietismus und der Mystik in der reformierten Kirche
(Leid. 1879);
Ritschl, Geschichte des Pietismus (Bonn 1880-86, 3 Bde.);
Sachsse, Ursprung und Wesen des Pietismus (Wiesbad. 1884);
Renner, Lebensbilder
aus der Pietistenzeit (Brem. 1886).
Bergflecken in der ital. Provinz Florenz, Gemeinde Firenzuola, an der Straße von Bologna nach Florenz, unter
dem auch nach Pietramala benannten Paß Futa (s. d.), mit brennender Naphthaquelle.
Stadt in der ital. Provinz Caltanissetta (Sizilien), Kreis Piazza Armerina, mit normännischem Kastell, Handel
mit Schwefel, Gips, Getreide und Südfrüchten und (1881) 10, 836 Einw.
Stadt in der ital. Provinz Lucca, an der Bahnlinie Pisa-Spezia, unweit des Golfs von Genua, liegt teils auf
einem Hügel, mit Mauern umgeben, teils in der mit Oliven und
Wein bebauten Strandfläche, hat eine schöne Hauptkirche, San Martino,
aus dem 14. Jahrh., mit bemerkenswerten Chorstühlen, einem Tabernakel vonL. Stagi sowie einer Taufkapelle
mit Bronzen von Donatello, einen alten Glockenturm, ein Rathaus (von 1346) und (1881) 3951 Einw. Dabei Marmorbrüche.
Joachim, franz. Polizeipräfekt, geb. 1820 zu Sartène in Corsica, machte seine Studien in der Rechtsschule zu
Paris, ließ sich dann in seiner Vaterstadt als Advokat nieder und ward 1848 Präfekt, 1866 Polizeipräfekt
von Paris. In dieser Stellung entwickelte er eine große Thätigkeit und brachte namentlich das geheime Polizeiwesen in großen
Aufschwung. 1879-85 war er Senator.
Ludwig, Schriftsteller und Zeichner, geb. zu Danzig, bezog 1841 die Berliner
Kunstakademie, trat 1843 in das Atelier des Porträtmalers Otto ein und verschaffte sich bald als einer der fruchtbarsten und
talentvollsten Illustrationszeichner allgemeine Anerkennung. In der Folge widmete er sich mehr der litterarischen Thätigkeit,
besonders seit seinem Engagement als Feuilletonist der »Vossischen Zeitung« (1864). Aus der Menge seiner Reisefeuilletons sammelte
er das Beste in den Bänden: »Aus Welt und Kunst« (Jena 1866, 2 Bde.);
»Orientfahrten« (Berl. 1870);
»Kriegsbilder
von Berlin bis Paris« (das. 1871);
»Marokkobriefe von der deutschen Gesandtschaftsreise« (Leipz.
1879);
diCadore (d. h. Kirchspiel von Cadore), Distriktshauptort in der ital. Provinz Belluno (Venetien),
malerisch im Alpenthal des Piave gelegen, mit einem Kastell, Holzhandel und (1881) 664, als Gemeinde 3384 Einw., berühmt als
Tizians Geburtsort.
Hier 1797 Sieg der Franzosen über die Österreicher.
Nach Pieve di Cadore werden auch die das Thal des Piave und des Tagliamento
umgebenden Friauler Alpen Cadorische Alpen genannt (Antelao 3253 m, Cridola 2583 m, Premaggiore 2471 m).
(Örstedscher Kompressionsapparat, auch Sympiëzometer, griech., »Druckmesser«),
physikal. Apparat, mit welchem man die Zusammendrückbarkeit der Flüssigkeiten prüfen kann. Ein birnförmiges Gefäß a (s.
Figur), welches in eine feine Thermometerröhre ausläuft, wird mit der zu untersuchenden Flüssigkeit, z. B. mit reinem ausgekochtem
Wasser, gefüllt. Man stellt das Gefäß mit der Röhre nach unten und läßt durch Erwärmen und Abkühlen
etwas Quecksilber in die Röhre treten. Nun hat man in dem Gefäß ein bestimmtes Volumen Wasser, dessen Verhalten an einer auf
dem Thermometerrohr angebrachten Skala abgelesen wird.
Vorher war genau festgestellt worden, wie sich der Rauminhalt eines zwischen zwei Teilstrichen der Skala
befindlichen Röhrenstückes zum Rauminhalt des ganzen Gefäßes verhält. Das Gefäß stellt man nun nebst einem ebenfalls
in das Quecksilber b eintauchenden Luftmanometer in einen starken Glascylinder ce, füllt diesen mit Wasser, welches gleiche
Temperatur mit dem im kleinen Gefäß enthaltenen haben muß, und komprimiert es mittels einer auf dem
fest schließenden Deckel befindlichen Druckpumpe d. Hierbei steigt das Quecksilber im Ther-
mometerrohr und gibt so die Volumverminderung der eingeschlossenen Flüssigkeit an. Am Manometer liest man den Druck ab. Hebt
man letztern wieder auf, so sinkt auch das Quecksilber wieder auf seinen ursprünglichen Stand und beweist so, daß das Wasser
gegen Kompression vollkommen elastisch ist. Genaue Untersuchungen ergaben, daß auch bei gleichem Druck
von außen und innen das Volumen des kleinen Gefäßes nicht ganz unveränderlich ist; Regnault hat das Piëzometer verbessert und diese
Fehlerquelle zu eliminieren gesucht.
Die Beobachtungen am Piëzometer lehren, daß z. B. beim Schwefeläther und Alkohol die Zusammendrückbarkeit mit wachsendem Druck abnimmt.
Schwefeläther ist bei 11° stärker zusammendrückbar als bei 0°. Nach Grassi beträgt die Zusammendrückbarkeit
durch den Druck einer Atmosphäre bei Quecksilber von 0° 3 Millionteile, bei Wasser von 0° 50, bei Wasser von 53° 44, bei Äther
von 0° 111, bei Äther von 14° 140, bei Alkohol von 7° 84, bei Alkohol von 13° 95 und bei Chloroform
von 12° 65 Millionteile des ursprünglichen Volumens.