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Gegensatz zwischen positiver und negativer Elektrizität; [* 2]
Kleist in Köslin [* 3] und Cunäus in Leiden [* 4] erfanden fast gleichzeitig (der erstere der letztere Anfang 1746) die Leidener Flasche; [* 5]
Franklin wies 1752 die Identität des Blitzes mit dem elektrischen Funken nach und gab den Blitzableiter an, den vor ihm schon Prokop Divisch erfunden hatte;
Volta erfand 1775 den Elektrophor [* 6] und 1783 den Kondensator; [* 7]
Lichtenberg entdeckte 1777 die nach ihm benannten elektrischen Staubfiguren, und Coulomb erforschte 1784 mit seiner Drehwage die Gesetze der elektrischen und magnetischen Anziehung und Abstoßung.
Auch Peter van Musschenbroek (gest. 1761) erwarb sich sowohl um die Elektrizitätslehre als um die Physik überhaupt, deren universellster Bearbeiter er zu jener Zeit war, große Verdienste. Black entdeckte 1764 die latente Wärme [* 8] des Wassers und des Dampfes, und in demselben Jahr konstruierte Watt die erste doppelt wirkende Dampfmaschine. [* 9] Deluc (1772) und Saussure (Hygrometer, 1783) machten sich um die Meteorologie verdient, Montgolfier u. Charles erfanden 1783 den Luftballon, und Chladni (Klangfiguren, [* 10] 1787) begründete die moderne Akustik.
Die Wiederbelebung des chemischen Studiums, namentlich aber die Umwälzung der Anschauungen, welche Lavoisier (guillotiniert 1794) in dieser Wissenschaft hervorbrachte, mußten notwendig auch auf die Entwickelung der Physik einen tiefgreifenden Einfluß üben. Das Ende des Jahrhunderts wurde durch eine epochemachende Entdeckung bezeichnet, welche den Physikern ein neues Feld erfolgreicher Forschung eröffnete. Nachdem Galvani 1791 den Galvanismus [* 11] entdeckt und Volta bald darauf die elektrische Natur dieser Erscheinungen erkannt hatte, konstruierte der letztere 1799 die nach ihm benannte Säule.
Mittels derselben zerlegten Nicholson und Carlisle 1800 das Wasser, Davy 1807 die Alkalien und Erden und entdeckte letzterer die leichten Metalle. Dalton (1801), Gay-Lussac (1802), Leslie (1804), de la Roche und Bérard (1813), Dulong und Petit (1819) bereicherten die Wärmelehre durch ihre wertvollen Untersuchungen; W. Herschel entdeckte 1800 die schwach brechbaren dunkeln Wärmestrahlen des Sonnenspektrums. Auf dem Gebiet der Optik entbrannte der Kampf der Undulationstheorie gegen die Emissionstheorie, welcher, durch Young 1802 entfacht, von Fresnel (Diffraktion, 1815) siegreich entschieden wurde.
Mittlerweile hatte Malus 1808 die Polarisation [* 12] durch Reflexion [* 13] entdeckt, während Wollaston, Brewster und Biot, obgleich Anhänger der Emissionshypothese, durch zahlreiche experimentelle Untersuchungen die Kenntnis der Thatsachen förderten. Von deutschen Forschern ist aus dieser Zeit nur der Optiker Fraunhofer zu nennen. In Deutschland [* 14] nämlich wurde der ruhige Gang [* 15] fleißiger Forschung auf einige Zeit unterbrochen durch die an Schelling sich anschließende Schule der sogen. Naturphilosophen, welche, den eindringlichsten Lehren [* 16] der Geschichte zum Trotz, die Naturgesetze durch bloße Spekulation zu ergründen suchten. Die abenteuerlichen Phantasmen, zu welchen sie auf diesem Irrweg gelangten, führten jedoch baldige Ernüchterung herbei und fielen rasch verdienter Vergessenheit anheim.
Eine neue Epoche begann 1820 mit Örsteds Entdeckung der Ablenkung der Magnetnadel durch den galvanischen Strom, auf welche noch in demselben Jahr die Herstellung von Elektromagneten durch Arago folgte. Ebenfalls noch 1820 konstruierte Schweigger den Multiplikator, mit dessen Hilfe Seebeck 1821 die Thermoelektrizität [* 17] entdeckte. Ampère wies 1826 die gegenseitige Einwirkung elektrischer Ströme nach (Elektrodynamik), [* 18] und Ohm machte 1827 das seinen Namen tragende Gesetz der Stromstärke bekannt.
Faraday entdeckte 1831 die Induktion, [* 19] die Magnetelektrizität, [* 20] durch welche sich der schon 1825 von Arago entdeckte sogen. Rotationsmagnetismus erklärte, ferner die magnetische Drehung der Polarisationsebene und den Diamagnetismus. [* 21] 1833 legten Gauß und Weber den ersten elektromagnetischen Nadeltelegraph zwischen der Sternwarte [* 22] und dem physikalischen Kabinett zu Göttingen [* 23] an; verbesserte Nadeltelegraphen wurden bald von Wheatstone und Steinheil ausgeführt, wobei letzterer 1838 die wichtige Entdeckung der Bodenleitung machte; Morse erfand 1835 den Schreib-, Wheatstone 1840 den Zeiger-, Hughes 1859 den Typendrucktelegraph.
Die Galvanoplastik [* 24] wurde 1838 fast gleichzeitig von Jacobi in Petersburg [* 25] und von dem Engländer Spencer erfunden. Von großer Wichtigkeit für das ganze Gebiet des Galvanismus und Elektromagnetismus [* 26] war die Erfindung der konstanten Batterien durch Becquerel und Daniell (1836), Grove (1839) und Bunsen (1842). Als hervorragende Forscher auf diesem Feld sind noch Ritter, Fechner, Poggendorff, Lenz, Plücker, Kohlrausch, de la Rive, Tyndall und Wiedemann zu nennen. Um die Theorie machten sich besonders F. Neumann und W. Weber verdient, der letztere durch die Aufstellung des nach ihm benannten umfassenden Grundgesetzes (1846). Auch das Gebiet der Reibungselektrizität gewann in Armstrongs Dampfelektrisiermaschine (1840) einen wertvollen neuen Apparat und erfuhr durch Rieß in seinem 1853 erschienenen Werk eine wesentliche theoretische Umgestaltung.
Die Lehre [* 27] vom Erdmagnetismus wurde durch Hansteen (1819), Gauß (1833) und Alexander v. Humboldt, die Meteorologie durch Kämtz (1831), Dove (1852) und Buys-Ballot gefördert und letztere durch wertvolle Instrumente, Daniells Hygrometer (1820) und Augusts Psychrometer (1828), bereichern als bemerkenswerte Erfindung ist das zuerst 1847 von dem Italiener Vidi konstruierte Aneroidbarometer zu erwähnen, welches abgeändert und verbessert wurde durch Bourdon (Metallbarometer und -Manometer, 1853), Naudet (Holosterikbarometer, 1864), und die Züricher Mechaniker Becker und Goldschmid (1866), so daß es sogar zu barometrischen Höhenmessungen dienen kann.
Wurde hiermit dem Torricellischen Barometer [* 28] ein Instrument ohne Quecksilber an die Seite gesetzt, so kam man anderseits auf die bereits von Gelehrten der Florentiner [* 29] Akademie del Cimento im 17. Jahrh., noch bevor Guericke die Kolbenluftpumpe (1650) erfunden hatte, angewendete Quecksilberluftpumpe [* 30] zurück, welche zuerst von dem Franzosen Gairaud (1859), dann von Geißler in Bonn [* 31] und Jolly in München [* 32] zu einem sicher und effektvoll arbeitenden Apparat ausgebildet wurde.
Auf die 1822 von Dutrochet entdeckte und 1849 von Jolly weiter untersucht Diosmose gründete 1861 Graham sein »Dialyse« genanntes Verfahren zur Trennung gelöster kristallisierbarer Körper (»Kristalloide«) von beigemengten schleimigen Substanzen (»Kolloide«). An die ebenfalls von Graham untersucht Diffusion [* 33] der Gase [* 34] durch poröse Scheidewände schloß sich 1863 der von Sainte-Claire Deville gelieferte Nachweis der Durchdringlichkeit erhitzter Metalle durch Gase. Um die Akustik machten sich Cagniard de la Tour (1819), Savart, Scheibler (1833) verdient.
Auch die mechanische Physik blieb hinter den Fortschritten der übrigen Zweige nicht zurück. Poinsot (1804), Poisson (1811), Gauß, Hamilton vervollkommten die ¶
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Theorie; Kater erfand 1818 das Reversionspendel, und Foucault lieferte 1851 durch seinen berühmten Pendelversuch den direkten Beweis für die Achsendrehung der Erde. Die Wärmelehre hat ebenfalls in dem betrachteten Zeitraum sowohl in theoretischer als experimentelle Hinsicht bedeutende Fortschritte aufzuweisen. In ersterer Beziehung sind die noch auf dem Begriff des Wärmestoffs fußenden mathematischen Bearbeitungen von Fourier (1822) und Poisson (1835) zu erwähnen; in letzterer Hinsicht ragen hervor die Untersuchungen über strahlende Wärme, welche Melloni (1831) mittels des von Nobili erfundenen Thermomultiplikators anstellte.
Außerdem sind noch zu erwähnen die Arbeiten von Péclet, Forbes, Regnault, Magnus, Favre und Silbermann, Thomsen u. a. Die Undulationstheorie des Lichts wurde weiter ausgebildet durch Fraunhofer (1821), J. Herschel (1828), Schwerd (1835), Cauchy (1863), von denen der erste die Wellenlängen für die dunkeln Linien des Sonnenspektrums bestimmte, der letzte die Dispersion [* 36] aus der Wellenlehre erklärte. Dem französischen Physiker Fizeau gelang es 1849, die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts terrestrischer Lichtquellen zu messen, und Foucault krönte 1853 den bereits entschiedenen Sieg der Wellenlehre durch den Nachweis, daß sich das Licht [* 37] im Wasser langsamer fortpflanzt als in der Luft.
Stokes bearbeitete erfolgreich die Fluoreszenz, [* 38] Becquerel die Phosphoreszenz. [* 39] Die Polarisationsapparate [* 40] erlangten durch die Erfindung des Nicolschen Prismas (1828) eine größere Vollkommenheit. Die physiologische Optik wurde bereichert durch das Stereoskop [* 41] (Wheatstone 1838) und durch das Phänakistoskop, [* 42] welches Stampfer und Plateau 1832 fast gleichzeitig erfanden. Eine durchgreifende Umarbeitung erfuhr dieser Teil der Optik durch Helmholtz, den Erfinder des Augenspiegels (1851). Die Photographie verdankte ihre Entstehung der schon länger bekannten Thatsache, daß das Licht gewisse Substanzen, z. B. die Silbersalze, chemisch zu verändern vermöge.
Nachdem schon Wedgewood und Davy 1802 Bilder von flachen Gegenständen, welche unmittelbar auf Chlorsilberpapier gelegt wurden, dargestellt hatten, gelang es zuerst Nicéphore Niepce 1827, das Bild der Camera obscura [* 43] auf einer Asphaltschicht zu fixieren. Daguerre lehrte 1839 die Herstellung von Lichtbildern auf jodierten Silberplatten (Daguerreotypie), und Talbot veröffentlichte 1842 sein ihm zu Ehren »Talbotypie« genanntes Verfahren, Bilder auf Jodsilberpapier herzustellen, welche der Vervielfältigung fähig waren. Nachdem der jüngere Niepce das Talbotsche Papiernegativ durch eine auf Glas [* 44] ausgebreitete Eiweißschicht und Legray 1850 das Eiweiß durch Kollodium ersetzt hatten, war die Photographie in ihrer heutigen Gestalt dem Wesen nach vollendet.
Eine neue Epoche in der Entwickelung der Physik wurde durch die Entdeckung des Satzes von der »Erhaltung der Energie« (»Erhaltung der Kraft«) [* 45] heraufgeführt. Dieses Prinzip, von Julius Robert Mayer 1842 zuerst verkündet und von Helmholtz 1847 den Prinzipien der Mechanik gemäß wissenschaftlich ausgestattet, bildet die Grundlage einer neuen physikalischen Weltanschauung, welche nicht nur die bis dahin unvermittelt nebeneinander stehenden Einzelgebiete der Physik unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zusammenfaßt, sondern auch auf das Gesamtgebiet der übrigen Naturwissenschaften ihre erhellenden Strahlen wirft.
Die durchgreifendste Umgestaltung erfuhr die Wärmelehre durch die neue Anschauung. Mayer berechnete das »mechanische Äquivalent der Wärme« aus der Arbeit, welche die erwärmte Luft bei der Ausdehnung [* 46] leistet, fand aber eine zu kleine Zahl, da die richtigen Werte für die spezifische Wärme der Gase bei konstantem Druck und konstantem Volumen, welche erst in den 50er Jahren von Regnault ermittelt wurden, damals noch nicht bekannt waren. Ebenso erging es Holtzmann und Colding, und erst Joule gelangte 1843-49 zu dem richtigen Werte.
Der Satz von der Äquivalenz zwischen Wärme und Arbeit gewährte den sichern Boden, auf welchem sich eine mechanische Theorie der Wärme aufbauen ließ. Dieser Bau wurde auch alsbald von Clausius, Thomson und Rankine in Angriff genommen. Clausius fügte zu jenem ersten Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie von der Äquivalenz von Wärme und Arbeit den zweiten Hauptsatz von der Äquivalenz der Verwandlungen hinzu (1850), indem er denselben auf den Grundsatz stützte, daß die Wärme nicht von selbst (ohne Kompensation) aus einem kältern in einen wärmern Körper übergehen könne.
Hiermit war einem berühmten Satz über Arbeitsleistung durch Wärme, welchen Sadi Carnot bereits 1824 aufgestellt hatte, sein richtiger Ausdruck gegeben. Die neue Theorie verknüpfte bekannte Erscheinungen durch ein einziges umfassendes Prinzip und brachte viele bisher wenig begriffene Vorgänge und Thatsachen zum Verständnis. Ja, sie vermochte bisher nicht bekannte Erscheinungen und Beziehungen, welche später durch Versuche bestätigt wurden, vorauszusagen; so z. B. die Änderung des Schmelzpunktes mit wachsendem Druck und das Verhalten der gesättigten Dämpfe, welches wegen der darauf sich gründenden Beurteilung der Arbeitsleistung der Dampfmaschinen [* 47] auch technisch von Wichtigkeit ist.
Sie gab den Anstoß, daß die Versuche zur Flüssigmachung der sogen. permanenten Gase wieder aufgenommen wurden, indem sie zeigte, daß es für jedes Gas eine »kritische Temperatur« (Andrews 1874) geben müsse, oberhalb welcher es auch durch den stärksten Druck nicht verflüssigt werden könne, unterhalb welcher aber bei genügender Drucksteigerung und Wärmeentziehung die Verflüssigung möglich sei. In der That gelang es Cailletet und Pictet fast gleichzeitig (1877) Stickstoff, Sauerstoff und Wasserstoff zu Flüssigkeiten zu verdichten.
Die Physik der Gase ist überhaupt das Gebiet, auf welchem die Wärmemechanik besonders große Erfolge errungen hat. Namentlich wurde eine bereits von Daniel Bernoulli (1738) aufgestellt Hypothese über das Wesen des gasförmigen Zustandes von Krönig (1856) und Clausius (1857) von neuem ausgesprochen und aus ihr durch die Arbeiten von Clausius und Maxwell die kinetische Theorie der Gase (s. d.) entwickelt. Die alten Gesetze von Boyle-Mariotte und Gay-Lussac ergaben sich als notwendige Folgerungen aus der neuen Theorie, welche auch die übrigen physikalischen Eigenschaften der Gase in ungezwungener Weise zu erklären vermag und für mehrere fundamentale Gesetze der theoretischen Chemie die Begründung lieferte. Sie hat ferner die Energie der bewegten Moleküle und ihre Weglänge zwischen zwei aufeinander folgenden Zusammenstößen in absolutem Maß bestimmt und sogar auf diese Daten kühne Schlüsse hinsichtlich der absoluten Größe und des Gewichts der Moleküle und Atome gebaut (Loschmidt 1865, Thomson 1870, Maxwell 1873).
Vom Gesichtspunkt des Prinzips der Erhaltung der Energie aus erscheinen alle Vorgänge in der Natur bloß als Verwandlungen einer Art Energie in eine andre Art Energie, und sämtliche Energien der Natur (Wärme, Licht, Schall, [* 48] gespannte und bewegte Elektrizität, chemische Trennung und mechanische Arbeit) ¶