2) Philon aus Byzanz,
Mathematiker, um 150
v. Chr., schrieb ein größeres Werk über
Mechanik, welches unter anderm die Anfertigung
von
Geschützen, die
Anlage von
Mauern und
Türmen und den Belagerungskrieg behandelt. Diese Teile sind erhalten
und von Thevenot in den »Mathematici Veteres« (Par.
1693) und von
Köchly und
Rüstow in den
»Griechischen Kriegsschriftstellern« (Bd. 1, Leipz.
1853) herausgegeben. Ein andrer Philon schrieb ein Werk über »Die
sieben Wunder der
Welt«, welches nach
Stil und
Darstellung dem 5. oder 6. Jahrh.
n. Chr. angehört (hrsg. von
Orelli, Leipz. 1816, und
Hercher, Par. 1858).
4) Philon Judäos, jüdisch-hellen.
Philosoph, geboren um 20
v. Chr., begleitete 42
n. Chr. eine
Mission der alexandrinischen
Juden
an den
KaiserCaligula, um gegen die Bedrückungen Abhilfe zu erbitten, denen dieselben ausgesetzt waren,
weil sie das
Bild des
Imperators in ihren
Synagogen auszufüllen sich weigerten. Als die Gesandtschaft vom
Kaiser schnöde abgewiesen
worden, verfaßte eine Rechtfertigungsschrift der
Juden, die nach
CaligulasTod im
Senat vorgelesen wurde. Er starb gegen 54. Seine
auf allegorischer Deutung des Alten
Testaments ruhende
Philosophie fördert wesentlich stoische und
PlatonischeGedanken ans
Licht
[* 5] und betrachtet als Endzweck des
Lebens, das
SchauenGottes durch asketische
Kontemplation zu erreichen.
Zwischen dem rein geistigen Gott und der irdischen
Welt fungieren Mittelwesen, welche ebensosehr den
PlatonischenIdeen als
den jüdischen
Engeln entsprechen. Als ihre Zusammenfassung gilt der
Logos, durch dessen Einführung Philons
Lehre
[* 6] die Grundlage der
Theologie der alexandrinischen
Schule wurde. Philons in
griechische Sprache geschriebene Werke sind zuletzt
von
Tauchnitz (Leipz. 1851-54, 8 Bde), einige neu aufgefundene von
Tischendorf (»Philonea inedita«, das. 1868)
herausgegeben worden. Über seine
Philosophie schrieben:
Großmann (Leipz. 1830),
5) Philon aus
Byblos
(Phönikien),
Grammatiker, geb. 47
n. Chr., lebte noch zur Zeit des
KaisersHadrian (117-138) in
Rom und schrieb
außer einigen historischen und rhetorischen Werken eine phönikische Geschichte, angeblich Übersetzung
des
Sanchuniathon (s. d.), von der sich einiges in der »Praeparatio
evangelica« des
Eusebios erhalten hat. Die Veröffentlichung einer vollständigen
Handschrift derselben aus dem
KlosterSanta Maria
de Merinhão in
Portugal
[* 9] durch Wagenfeld
(Brem. 1837) war ein litterarischer
Betrug.
Auch besiegte er 202 den
TyrannenNabis von
Sparta. Mißmutig über Zurücksetzungen verweilte er von 200 bis 195 auf
Kreta. 192 zum drittenmal an die
Spitze des Achäischen
Bundes gestellt, bekämpfte er wieder
Nabis, drang in
Lakonien ein und
bewog nach Ermordung des
NabisSparta, sich dem
Bunde der
Achäer anzuschließen. Nachdem er infolge der Verwirrung in
Lakonien
(188) wieder die
Strategie erhalten, beseitigte er die Lykurgische
Verfassung und verfuhr mit blutiger
Strenge gegen alle diejenigen, welche sich dem Achäischen
Bund widersetzte. Den römischen
Umtrieben gegenüber wahrte er
auch in den folgenden
Jahren nach
Kräften die Selbständigkeit des
Bundes. Als 183 die Messenier, von den
Römern angestachelt,
vom
Bund abgefallen waren, rückte der 70jährige
Feldherr nochmals ins
Feld, fiel aber in der
Nähe von
Messene in feindliche Gefangenschaft und mußte den Giftbecher trinken. In seiner Vaterstadt ward er als
Heros geehrt.
SeinLeben beschrieb Plutarch.
vonSanssouci, Beiname
Friedrichs d. Gr., von ihm selbst auf dem
Titel der ersten 1752 erschienenen Sammlung
seiner Werke gebraucht
(»Œuvres du Philosophe de
Sanssouci«).
(Ziegelöl,
Oleum lateritium s.philosophorum), veraltetes
Heilmittel, welches durch
Destillation
[* 10] einer Mischung von Ziegelmehl mit
Fett bereitet und zu
Einreibungen benutzt wurde. Wo es jetzt noch von Landleuten
verlangt wird, ersetzt
man es durch eine Mischung aus 120 Teilen
Rüböl, 4 Teilen
Steinöl und 2 Teilen stinkendem
Tieröl.
(griech.). Dies
Wort hat so viele
Auslegungen erfahren, daß es schwer fällt, für
alles, was unter diesem
Namen auftritt, gemeinsame
Züge aufzufinden. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß damit die
Frucht
des durch reine
Liebe zur
Sache angeregten, bis zu den äußersten
Grenzen
[* 11] des Erreichbare fortgesetzten Nachdenkens über die
wichtigsten, das
Sein, den Ursprung,
Zweck und
Wert derDinge betreffenden
Probleme sowie des durch reine
Liebe zum
Guten belebten und in allen wie immer gearteten
Lagen des
Lebens festgehaltene sittlichen
Wollens verstanden wird, daher
die
Philosophen vorzugsweise
»Denker« und
»Weise« genannt werden.
Die Philosophie nimmt daher ihrer
»Idee« (allerdings nicht immer ihrer Verwirklichung) nach den ersten
Rang unter
den menschlichen Bestrebungen ein, insofern in derselben das (theoretische)
Ideal eines vollkommenen
Wissens sowie das (praktische)
Ideal eines vollkommenen Betragens verwirklicht erscheint. Im
Bewußtsein der ihrer Verwirklichung entgegenstehenden Schwierigkeiten
wird erzählt, daß
Pythagoras auf die Bezeichnung der
»Weisheit«
(Sophia) für die Philosophie verzichtet und mit der bescheidenern
der
»Liebe zur
Weisheit« (Philo-Sophia) sich begnügt habe. Auch diese erscheint noch
¶
mehr
zu weit, wenn man bedenkt, daß mit dem vollkommensten Wissen (theoretische Weisheit) das vollkommenste Betragen (praktische
Weisheit) nicht immer (wie es z. B. bei Sokrates wirklich der Fall war) notwendig verbunden sein muß. Die neuere Zeit insbesondere
hat sich gewöhnt, bei dem Namen Philosophie sich an die erstere Bedeutung zu halten. Als Liebe zum Wissen umfaßt
die Philosophie (im Gegensatz zur einseitig auf das Wissen von der Natur, vom Geist etc. gerichteten Natur-, Geistes- etc. Forschung) alles
Wissen, im Gegensatz zu Scheinwissen und Afterweisheit (Sophistik) nur echtes Wissen.
Infolge des erstern Umstandes macht sie nicht nur alles von andern Wissenschaften »Gewußte«, sondern
auch das von keiner andern Gewußte, das »Wissen«, zum Gegenstand; infolge des letztern stellt sie nicht nur das Ideal echten
Wissens und ebensolcher Wissenschaft auf, sondern gestaltet sich selbst diesem Ideal gemäß. Als alles umfassendes Wissen ist
die Philosophie Universal-, als dem Ideal des Wissens entsprechendes Wissen zugleich Normalwissenschaft. Da nun das
Wissensall nur eins, das Wissensideal aber ein mannigfach verschiedenes ist, so kann es in ersterer Hinsicht nur eine Philosophie, in
letzterer dagegen mancherlei Philosophie geben.
Die übliche Unterscheidung zwischen Vernunft- (rationalem) und Erfahrungs- (empirischem) Wissen wirkt daher zurück auf den
Charakter der beiden entsprechenden Philosophien. Wird das rationale Wissen als echtes Wissen angesehen,
so entsteht eine rationalistische, wird das Erfahrungswissen als Wissen betrachtet, eine empiristische Philosophie (Rationalismus, Empirismus).
Es kann aber auch eine Philosophie geben, die beide Gattungen des Wissens als Wissen gelten läßt und daher einen gemischten Charakter
trägt. Zu den ungemischten Philosophien gehört der reine (positive) Rationalismus, der die Erfahrung,
und der reine Empirismus, der die Vernunft anschließt.
Der reine Sensualismus (Positivismus, sinnliche Anschauungsphilosophie) schließt die innere, die reine Spekulation (Mystizismus,
übersinnliche Anschauungsphilosophie) schließt die äußere Erfahrung aus. Die gemischte (rational-empirische)
Philosophie erkennt sowohl rationales als empirisches Wissen als Wissen an, sucht aber zwischen beiden Übereinstimmung herzustellen,
indem entweder die Vernunft durch die Erfahrung bestätigt (empirischer Rationalismus) oder die Erfahrung durch die Vernunft (von
den ihr anhaftenden Mängeln: Widersprüche, Lücken etc.) gereinigt wird (rationalisierte Empirie).
Die Gattungen können durch nähere Bestimmungen weitere Arten der Philosophie bilden, woraus die bekannte Mannigfaltigkeit der historisch
angetretenen Philosophie sich erklärt. Als universale Wissenschaft ist die Philosophie Encyklopädie, als normale Wissenschaft Musterbild
der besondern Wissenschaften. In jener Eigenschaft vertritt, in dieser kritisiert sie die übrigen Wissenschaften. Infolge
der erstern muß jede wirkliche Wissenschaft im System der Philosophie ihren gebührenden Platz (auf dem globus intellectualis [Bacon]
ihren geographischen Ort) finden.
Infolge der letztern muß jede Wissenschaft, wenn sie denNamen verdienen will, den Forderungen der
Philosophie, welche das Wissenschaftsideal
aufstellt, sich anbequemen. In beiden Hinsichten ist Philosophie die »Wissenschaft der Wissenschaften«. Die Philosophie kritisiert
aber nicht bloß die nicht in ihren Umfang gehörigen (nichtphilosophischen) so gut wie die ihren eignen Umfang ausmachenden
(philosophischen) Wissenschaften, sondern auch sich selbst als »Liebe zum Wissen«. Dieselbe ist ursprünglich (wie jede Liebe)
blinder Drang, der das Gelingen (die Erreichung des Wissens) stillschweigend voraussetzt.
Wie die Liebe durch Gewahrwerden der »Täuschung«, wird die Philosophie durch
Gewahrwerden des »Irrtums« aus ihrem Wahn geweckt (»sehend« gemacht), das Vertrauen in Mißtrauen, der Glaube in Zweifel an der
Möglichkeit des Wissens (transcendentale Skepsis) verwandelt. Vor demselben herrscht Ruhe, während desselben Unruhe, welche
entweder nach Erkenntnis der Unmöglichkeit des Wissens zur Resignation (Verzichtleistung auf Wissen) oder
nach Erkenntnis der (unbeschränkten oder beschränkten) Möglichkeit zur Affirmation (Befestigung desselben) führt.
Die erste dieser Stufen, welche (wie obige Gattungen nebeneinander) nacheinander in der Geschichte der (einzelnen wie der ganzen)
Philosophie auftreten, ist naiver Dogmatismus; die zweite, durch die (transcendentale) Skepsis eingeleitete (Sokrates
ist durch die Sophisten, Kant durch Hume aus dem »dogmatischen Schlummer« geweckt worden) Skeptizismus oder (nach Kant) Kritizismus;
die dritte, je nach ihrem das Wissen total verneinenden oder (total oder teilweise) bejahenden Charakter, entweder Nihilismus
oder kritischer (transcendentaler) Dogmatismus.
Jene stellt (gleichsam) das Kindes-, die zweite das Jugend- (Übergangs-), die dritte das (arm oder reich
gewordene) Reifealter der Philosophie dar. Da die obere Stufe die untere, der Skeptizismus den (naiven) Dogmatismus, die oberste die
obere negiert, während die beiden auf dieser letztern befindlichen Philosophie sich untereinander ausschließen, so geht
die Entwickelung der Philosophie durch einen beständigen Streit nicht nur der einzelnen Stufen derselben Philosophie, sondern
durch ebensolchen der einzelnen Gattungen der Philosophie untereinander und der Philosophie überhaupt mit den übrigen Wissenschaften vor sich.
Nicht nur der naive Dogmatismus wird durch den Skeptizismus negiert und letzterer sowohl durch den Nihilismus als durch den
diesen ausschließenden kritischen Dogmatismus beseitigt, sondern auch die ungemischte Philosophie schließt die
gemischte, der reine Rationalismus den reinen Empirismus, der Positivismus den Mystizismus und die wissenschaftliche Philosophie die
unphilosophische Wissenschaft aus; die letztere hört eben dort auf, wo die Philosophie anfängt. Während die Aufgabe der (besondern)
Wissenschaften darin besteht, sich von den Gegenständen Begriffe zu machen, macht die Philosophie als kritische
Normalwissenschaft sich deren Begriffe zum Gegenstand.
Ihr Unterschied von der (unkritischen) Wissenschaft liegt nicht darin, daß sie andres, sondern darin, daß sie anders weiß.
Dieselbe gleicht einem Läuterungsfeuer, durch das alle (vermeintliche) Wissenschaft hindurchgehen muß, um das edle Metall
von der Schlacke zu sondern. Darum hat es zwar eine Philosophie erst gegeben, als Wissenschaft vorhanden war; aber
solange es diese gibt, wird es auch Philosophie geben. Weder die Katastrophe, welche die Philosophie am Ausgang des Altertums, als sie durch das
Christentum, noch diejenige, welche dieselbe in unsern Tagen traf, als sie durch die Beschäftigung mit den
positiven Wissenschaften verdrängt wurde, hat die Philosophie erstickt; vielmehr ist aus der erstern eine »christliche«,
aus der letztern die »positive« Philosophie neu hervorgegangen.
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