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der Aristarcheer wird sein Standpunkt noch über drei
Jahrhunderte gewährt.
Didymos (geb. 63
v. Chr.) sammelte mit eisernem
Fleiß (daher Chalkenteros, der Mann »mit den ehernen
Eingeweiden«, genannt) ihr
Wissen, dadurch eine unversiegbare
Quelle
[* 2] für
die
Schollen und lexikalischen Zusammenstellungen der spätern
Byzantiner bildend; die
Grammatik fand sogar durch
Dionysios Thrax
(um 100
v. Chr.), besonders aber durch
Apollonios Dyskolos (um 130
n. Chr.) und dessen Sohn Älios
Herodianos (um 160) ihre systematische
Ausbildung. Doch beweist anderseits das unselbständige, wenn auch für uns wertvolle Anlegen lexikalischer Sammlungen,
namentlich von Attizismen und Barbarismen, wie es im 2. Jahrh.
n. Chr. in den
Vordergrund tritt
(Harpokration,
Möris,
Phrynichos,
Pollux u.
a.), das
Absterben dieser Philologie
, welches denn auch im folgenden
Jahrhundert eintritt.
Unter den
Römern zeigte sich philologische Thätigkeit gleich in den Anfängen ihrer Litteratur, indem die Muttersprache
von vornherein künstlicher
Pflege bedurfte, nicht bloß bei den Schriftstellern, sondern bei den Gebildeten überhaupt, wie
bei den Scipionen, Gracchen u.
a. Das
Objekt dieser Thätigkeit wird durch den Zutritt des römischen
Altertums bedeutend erweitert; doch tritt im allgemeinen der theoretische
Charakter derselben zurück. Die Philologie
wird edukatorisch,
sie soll vor allem dem praktischen
Leben dienen u.
wird damit vorherrschend grammatisch-rhetorisch oder, aus allen Gebieten
das Nötigste auswählend, encyklopädisch.
Der erste, welcher philologische
Fragen im Zusammenhang litterarisch behandelte, war L. Älius
Stilo aus
Lanuvium (geb. um 154
v. Chr.); er war auch der erste der in lateinischer Litteratur und
Redekunst unterrichtete.
Gleich sein
Schüler M.
Terentius Varro (116-27
v. Chr.) ist der bedeutendste Vertreter der römischen Philologie
überhaupt; von seinen fast alle
Gebiete derselben umfassenden Forschungen zehren die folgenden
Jahrhunderte. Wir heben aus denselben hervor:
Hyginus (64
v. Chr.
bis 17
n. Chr.),
Verrius Flaccus (unter
Augustus),
Asconius Pedianus (3-88
n. Chr.),
Valerius
Probus (unter
Nero und den
Flaviern),
den ältern
Plinius (23-79),
Suetonius (um 75-160),
Terentius
Scaurus (unter
Hadrian),
Gellius (um 115-165). Allmählich kommt
man immer mehr von eigner Forschung zurück und begnügt sich, die Leistungen der Vorgänger behufs Zusammenstellung von
Lehrbüchern (sogen. artes) zu exzerpieren. Hierher gehören aus dem 4. Jahrh.
noch
Charisius,
Marius
Victorinus, Älius
Donatus,
Servius, aus dem 5. Jahrh.
Martianus Capella, aus dem 6. Jahrh.
Priscianus, endlich
Isidorus (570-640).
Während des
Mittelalters ist die Philologie
als
Wissenschaft so gut wie erloschen. Zwar wird im byzantinischen
Reich unter der makedonischen (867-1056), komnenischen (1057-1185) und paläologischen Dynastie (von 1261 an) die
griechische Litteratur
begünstigt und als notwendige Vorbereitung für den öffentlichen
Dienst betrieben; aber die großen Sammlungen von
Auszügen
und Wörterbüchern (Photius, gest. 891, Konstantinos Kephalas, um 950,
Suidas, um 970,
Zonaras, um 1070), grammatischen
Arbeiten
(Gregor von
Korinth,
[* 3] um 1150, Moschopulos, um 1270,
Thomas
Magister, um
1320), weitschichtigen kompilierten
Kommentaren (Eustathius,
Tzetzes, um 1190) bringen der
Wissenschaft nicht den geringsten
Fortschritt.
Sodann haben die Araber auf dem Gebiet der
Philosophie,
Medizin,
Naturwissenschaften,
Mathematik,
Astronomie,
[* 4] Geographie die
Schriften der Griechen benutzt, aber nur nach Übersetzungen, so daß auch durch sie die Philologie
keine
Bereicherung
erfahren hat. Im christlichen Westeuropa endlich bleibt zwar die
lateinische Sprache im
Dienste
[* 5] der
Kirche und
Höfe bestehen,
auch werden noch neben den
Schriften der
Kirchenväter und den Kompendien aus dem 5. und 6. Jahrh., auf
welchen der
Unterricht in den sogen. freien
Künsten beruht, einige wenige Erzeugnisse der klassischen lateinischen Litteratur
gelesen, doch die
Wissenschaft war ausschließlich philosophisch-theologisch, und man muß es den
Klöstern Dank wissen, daß
die Hauptwerke der lateinischen Litteratur uns überhaupt erhalten sind. Die wenigen Kenner des
Griechischen
wurden als ein
Wunder angestaunt.
Die Möglichkeit eines Wiederauflebens der Philologie
wurde erst dann erreicht, als außer den
Geistlichen auch die
Laien sich dem
Studium des
Altertums zuwandten, zunächst im
Interesse der
Medizin und des
Rechts, sodann auch der
Philosophie,
Poesie und
Beredsamkeit.
Dem Land, welches in ununterbrochener
Tradition die
Spuren des römischen
Altertums in
Sprache
[* 6] und
Sitten
bewahrt hatte,
Italien,
[* 7] fiel die Aufgabe zu, die klassischen
Studien neu zu beleben, als ein lebhaftes
Interesse dafür nicht
bloß an den neuentstandenen
Universitäten, sondern auch unter den höhern
Ständen überhaupt im 14. Jahrh. erwacht war.
Den ersten Anstoß zu diesem Wiederaufblühen der Wissenschaften (Renaissance) gaben Francesco Petrarca (1304-74) und Giovanni Boccaccio (1313-75), welche sich zunächst nur der römischen Litteratur zuwendeten (die Anfänge des Griechischen durch Baarlamo und Leonzio Pilato sind geringfügig) und ihre Freude in dem Sammeln von Handschriften, ihren Stolz in der Nachahmung der schriftlichen Darstellung fanden. Die Schätze der alten Litteratur sollten zur Grundlage einer neuen Bildung gemacht werden, und schon Giovanni da Ravenna (gest. 1420) verwertete sie für den Unterricht.
Weil aber diese neue, von dem Christentum und der Kirche unabhängige, nur aus dem Altertum geschöpfte Anschauung der Lebensaufgaben sich als die allgemein menschliche erkannte, gab sie sich den Namen Humanismus, und ihre Vertreter hießen Humanisten. Allgemeiner noch ist bei den scholastischen Gegnern dieser neuen Bildung für ihre Vertreter der Name Poeten, weil sie in der Ausübung lateinischer Poesie ihren Ruhm suchten und fanden. Petrarcas glanzvolle Dichterkrönung erfolgte nur als Anerkennung seiner lateinischen Dichtungen. Es im Lateinisch-Reden und -Schreiben den Alten gleichzuthun, galt als die höchste Aufgabe, der selbst die Diplomaten, welche damals noch nicht schrieben, sondern sprachen (oratores), die Staatssekretär der Fürsten und Republiken, die apostolischen Schreiber der römischen Kurie zu genügen eifrigst bemüht waren.
Die Beschäftigung mit der römischen Litteratur mußte die Aufmerksamkeit auf die griechische lenken. Petrarca ermangelte dieser Kenntnis, bei Boccaccio war sie dürftig; aber zu den wenigen Griechen aus Unteritalien kamen bald andre aus Griechenland [* 8] selbst, oder strebsame Italiener (Guarino und Filelfo) holten von dort ihre Kenntnisse und außerdem griechische Handschriften. Es ist herkömmlich, diese Pflege griechischer Litteratur mit der Eroberung Konstantinopels (1453) in Verbindung zu setzen, durch welche eine Anzahl griechische Gelehrten gezwungen wurde, in Italien eine Zuflucht zu suchen und als Lehrer und Abschreiber zu wirken. Allein schon vorher hatten Griechen in Italien gelehrt, wie seit 1396 Chrysoloras, Gemistos Plethon, Th. Gaza, und das Konzil von Ferrara [* 9] (1438) hatte besonders Geistliche ¶
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dorthin geführt, welche für die alte Philosophie begeisterten und den leidenschaftlichen Streit über die Vorzüge des Platon oder des Aristoteles hervorriefen. Florenz [* 11] und die Mediceer wurden der Mittelpunkt der humanistische Bewegung, daneben Neapel [* 12] und der Hof [* 13] des Königs Alfons, Mailand [* 14] und die Visconti und Sforza. Mantua [* 15] und die Gonzaga, Ferrara und die Este, sogar die Kurie unter Papst Nikolaus V. (1447-55) und besonders unter Leo X. traten thätig hinzu, während die Republik Venedig [* 16] mit ihren reichen Mitteln und Genua [* 17] weniger thaten.
Charakteristisch für diese Humanisten des 15. Jahrh. ist, daß sie lehrend von Ort zu Ort ziehen und einer für längere Zeit festen Anstellung entbehren, daß sie sich trotz mancher verwerflicher Eigenschaften der höchsten Verehrung bei ihren Zeitgenossen erfreuen, und daß sie selbst im Besitz kirchlicher Ämter Gleichgültigkeit gegen das Christentum zeigen. Mit der Erfindung der Buchdruckerkunst, die sich in Italien seit 1464 rasch verbreitete, wurden die klassischen Schriftsteller leichter zugänglich (die Griechen zunächst nur in lateinischen Übersetzungen); ja, als die gelehrten Buchdrucker, die Manutius (bis 1597) in Venedig und die Giunta, seit 1480 daselbst, nachher in Florenz und Lyon, [* 18] sogar ein handlicheres Oktavformat und saubere Lettern für ihre Ausgaben wählten, war die Benutzung derselben auch in den Schulen erleichtert, zumal die Preise keineswegs hoch waren.
Mit der Herausgabe der alten Klassiker war die Notwendigkeit der Kritik des Textes, die Sammlung und Würdigung des handschriftlichen Apparats, die methodische Handhabung bei der Herstellung geboten; aber darin haben die Humanisten wenig geleistet, weil ihnen der Besitz der alten Schätze, gleichviel in welcher Gestalt, viel höher stand und die Bemühungen um die Reinheit und Eleganz lateinischer Darstellung überwogen. Auch fehlte es nicht an solchen, welche bereits auf Inschriften, Münzen, [* 19] Gemmen, [* 20] auf die erhaltenen Reste der Baukunst [* 21] ihre Aufmerksamkeit richteten, wie Ciriaco aus Ancona [* 22] (gestorben vor 1457) und Fra Giocondo aus Verona [* 23] (geb. 1435), Franc. Poggio (1380-1459) und zahlreiche Dilettanten. Am meisten Beachtung verdienen: Leon.
Bruni aus Arezzo (1369-1444), der Kamaldulenser Ambrogio Traversari (1386-1439), Franc. Filelfo (1398 bis 1481), Lorenzo della Valle (1407-57), der bereits Kritik nicht bloß bei der lateinischen Grammatik, sondern auch an dem Neuen Testament und an der Schenkungsurkunde Konstantins anwandte; als Lehrer Guarino von Verona (1370-1460), Vittorino von Feltre (um 1379-1447) und Pomponio Leto in Rom [* 24] (1425-98) und als pädagogische Schriftsteller Pier Paolo Vergerio (1349-1428) und Maffeo Vegio (1406-58). Die Anfänge einer wirklich philologischen Thätigkeit bieten die »Miscellanea« des Angelus Politianus (Angiolo de' Ambrosini aus Montepulciano, 1454-94); er fand auch unter seinen Landsleuten eifrige Nachfolger, wie Pietro Vettori (1499-1584) für Kritik und Erklärung, Carlo Sigonio (1524 bis 1584) für antiquarische und geschichtliche Forschungen, sowie an den nach Rom übergesiedelten Ausländern, dem Franzosen Marc Antoine Muret (1526-1585), den Spaniern Don Antonio Agustin (1517-1586) und Pedro Chacon (Ciacconius, 1525-81) und dem Portugiesen Achille Estaço (Statius, 1524-81).
Während nicht bloß die Jugend, sondern auch gereifte Männer aus allen Ländern nach Italien zogen, um an der Quelle die neue Wissenschaft zu schöpfen, nahm dieselbe doch in den verschiedenen Ländern eine verschiedene Gestalt an; nur in dem einen stimmte sie überein, daß die heutige Sonderung zwischen Philologen einerseits und Theologen, Juristen, Medizinern, Philosophen, Historikern anderseits an den bedeutendsten Männern sich nicht durchführen läßt, und daß alle einen scharfen Gegensatz gegen die alte scholastische Latinität bilden.
Daraus entwickelt sich für die Philologie
der Begriff der Polyhistorie, die anfangs auf dem Grunde der klassischen Litteratur alle
Wissenschaften umfaßt, weil man sie zur gründlichen Verbesserung u.
Erklärung der Schriftsteller brauchte,
dann als ein Teil der Polymathie etwa nur die mathematischen Disziplinen ausschließt; daneben geht im engsten Umfang die Sprachwissenschaft,
welche in ihrer Anwendung auf die biblischen Schriften die philologia sacra ausmacht. Die Richtung auf Polyhistorie zeigt sich
zunächst in Frankreich, wo bis zu der Zeit Ludwigs XIV.
Männer aus den verschiedensten Berufskreisen sich an den philologischen Studien beteiligten, fast alle ausgezeichnet durch große Gelehrsamkeit. Zunächst sind es die Juristen, welche durch die Anwendung philologischer Exegese und durch Benutzung der erweiterten Kenntnis des römischen Altertums das römische Recht aus den Quellen herstellten und damit auch dem Verständnis der Schriftsteller großen Gewinn brachten, wie Guillaume Budé (1467-1540), Jacq. Cujas (1522-90), Franç.
Hotman (1524-90), Barnabé Brisson (1531-91), Pierre Daniel (1530-1603), Pierre Pithou (1539-1596). Die enge Verbindung der Philologie
mit
der Jurisprudenz wurde die Grundlage der wahren Methode für beide Disziplinen; sie wurde in der Kritik und
Erklärung sicher und scharf gehandhabt von Adrien Turnébe (1512-65), Denis Lambin (1520-72) und dem gelehrtesten Sprößling
einer gelehrten Buchdruckerfamilie, Henri Estienne (Stephanus, 1528-1598), dem neben der Ausgabe zahlreicher Schriftsteller sein
»Thesaurus graecae linguae« ein dauerndes Andenken sichert.
Auch fehlte es außerdem nicht an guten Kritikern, gründlichen Historikern und fleißigen Antiquaren; unter den Jesuiten sind Sirmond (1559-1651) und Petau (1583-1652) nicht zu vergessen. Aber die religiösen Streitigkeiten und Verfolgungen haben die ausgezeichneten Hugenotten veranlaßt, das Land zu verlassen, und die philologischen Studien schwer geschädigt. Isaac Casaubon (1559-1614) ging nach England, Jos. Just. Scaliger (1540-1609), der bedeutendste von allen, 1593 nach Leiden, [* 25] ebendahin Claude de Saumaise (Salmasius, 1588-1653).
Was in den Niederlanden für diese Wissenschaft bis zu dem Ende des 16. Jahrh. geschehen ist, gehört Deutschland
[* 26] an. Erst als
in der kleinen Republik Holland die Stadt Leiden als Lohn für ihre Tapferkeit 1575 eine Universität erhalten hatte
und Scaliger 1593 dahin berufen worden war, begann von dort aus eine neue Blüte
[* 27] der Philologie
, die auch an den Universitäten zu Franeker,
Groningen, Utrecht,
[* 28] Harderwijk und an einigen Athenäen sowie durch tüchtige Schulmänner und Buchdrucker (Plantin, die Elzevire,
Wetstein) eifrige Pflege fand.
Scaliger beherrschte alle Gebiete dieser Wissenschaft und eröffnete ihr neue Bahnen, wie für die Chronologie, für die geschichtliche Auffassung der lateinischen Sprache; er wußte mit Schärfe und Klarheit das Altertum, in genialster Weise nachschaffend, in seiner Totalität wiederzugewinnen. Nach seinem Plan sammelte Jan Gruytere den »Thesaurus inscriptionum latinarum« (1601). Auch hier fehlt es nicht an Sammlerfleiß, wie bei Jan de Meurs (1579-1639), Gerh. Joh. Vossius (1577-1649), ebensowenig an der Pflege ¶