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schönen Privatwohnungen besetzt, Third Street (dritte Straße) Sitz der Bankgeschäfte und Chestnut Street beliebter Spaziergang mit glänzenden Läden. Hauptanziehungspunkte sind die in jedem Stadtviertel gelegenen Squares, wie der Logan, Independence, Washington [* 2] (mit Arboretum), Franklin und Rittenhouse Square, letztere Sitz der fashionabeln Welt. Die ältern Häuser sind aus Backsteinen erbaut, mit Marmortreppen und weiß angestrichenen Fensterläden; aber Philadelphia besitzt wohl mehr großartige Gebäude aus Marmor, Granit und Sandstein als jede andre Stadt der Union. An öffentlichen Denkmälern hingegen fehlt es fast gänzlich, und die langen, teilweise auch engen Straßen ermüden auf die Dauer. Im Fairmount Park (1110 Hektar), auf beiden Ufern des Schuylkill gelegen, besitzt Philadelphia einen der herrlichsten Spaziergänge der Welt.
Hier fand 1876 die »Centennial Exhibition« statt, deren Bauten 19,7 Hektar bedeckten und 15 Mill. Mk. kosteten. Hier stehen eine Kunstgalerie (Memorial Hall), [* 3] 111 m lang, mit 46 m hoher Kuppel, u. ein 118 m langes Palmenhaus, die einzigen Reste der Ausstellungsgebäude, [* 4] u. der Park enthält außerdem ein Standbild Lincolns, einen zoologischen Garten, [* 5] eine Sternwarte [* 6] u. großartige Reservoirs d. Schuylkill-Wasserwerke. Auch die Friedhöfe, namentlich die von Laurel Hill und Woodlands, bilden angenehme Spaziergänge.
Für den Verkehr ist durch Pferdebahnen u. Eisenbahnen in ausgiebiger Weise gesorgt. Den Schuylkill (622 m br.) überspannen 14 Brücken, [* 7] den Delaware (1245 m br.) kreuzen 6 Dampffähren. Zwei Wasserwerke versehen die Stadt täglich mit 835 Mill. Lit. Wasser. Die Straßen werden (1887) beleuchtet von 15,800 Gaslampen, 4850 Öllampen und 352 elektr. Brennern. Es durchschneiden dieselben 552 km Pferdebahnen u. 6140 km Drahtleitung. Der Erholung dienen 7 größere Theater [* 8] (darunter die Academy of Music, das größte Opernhaus in den Vereinigten Staaten) [* 9] und mehrere Konzert- und Musikhallen.
Glänzende Klubhäuser sind zahlreich. Die Freimaurer besitzen in ihrem »Tempel« [* 10] mit 70 m hohem Turm [* 11] einen würdigen Versammlungsort, und auch der Christliche Jünglingsverein besitzt schöne Räumlichkeiten. Von den 610 gottesdienstlichen Gebäuden gehören 123 den Presbyterianern, 114 den bischöflichen Methodisten, 97 der bischöflichen protestantischen Kirche, 85 den Baptisten, 46 den Römisch-Katholischen, 12 den Lutheranern etc., aber nur 23 den Quäkern. Die größte unter allen Kirchen ist die katholische Kathedrale von St. Peter und Paul, ein Sandsteinbau mit 64 m hoher Kuppel (1864 vollendet); die ältesten Kirchen aber sind die 1677 gegründete, 1700 neu aufgebaute »Schwedenkirche« und die 1727 erbaute Christkirche mit 59 m hohem Turm und dem ältesten Geläute in den Vereinigten Staaten.
Unter den öffentlichen Gebäuden sind zu erwähnen: die 1729-39 erbaute Independence Hall, in welcher 1776 die Unabhängigkeit der Vereinigten Kolonien proklamiert wurde;
das neue Stadthaus, im Mittelpunkt der Stadt, ein Marmorbau, 148 m breit, 140 m tief, mit 137 m hohem Turm, in welchem sich die städtischen Gerichtshöfe und Ämter befinden;
das städtische Gefängnis, ein schwerfälliger Granitbau.
Vom Staat werden unterhalten das schloßartige Zellengefängnis (Eastern Penitentiary, die 1829 eröffnete Musteranstalt für das sogen. pennsylvanische Gefängnissystem) und ein Zuchthaus in der Vorstadt Holmesburg. Der Union gehören: das neue Postamt, ein Granitbau in Renaissance, mit 56 m hoher Kuppel;
das Zollhaus, eine Nachbildung des Parthenons;
die 1833 vollendete Münze, im ionischen Stil in Marmor aufgeführt;
das Invalidenhaus für Matrosen (Naval Asylum), ein marmorner Prachtbau in großem Garten;
zwei Arsenale, wovon das eine, in der Vorstadt Frankford, für die Herstellung von Munition, das andre, in der Stadt, für Anfertigung von Ausrüstungsgegenständen bestimmt ist, und eine Schiffswerfte (Navy Yard) mit Kasernen, Zeughaus etc. auf League Island, [* 12] am Zusammenfluß von Delaware und Schuylkill, 7 km vom Mittelpunkt der Stadt gelegen. Philadelphia hatte 1860: 565,529, 1880: 847,170 Einw., worunter 101,800 Iren, 55,769 Deutsche [* 13] und 47,808 andre im Ausland geborne Personen (1887: 1,043,698).
Auf 1000 Lebende kommen (1887) 22,2 Geburten und 20,6 Todesfälle. Philadelphia ist nach New York die bedeutendste Fabrikstadt der Vereinigten Staaten. Im J. 1880 zählte man 8567 gewerbliche Anstalten mit 185,527 Arbeitern, wobei allerdings die zahlreichen von Hand [* 14] zu Mund arbeitenden Bäckereien etc. eingeschlossen sind. Der Wert der hergestellten Waren (324 Mill. Dollar) war 125 Mill. Doll. größer als derjenige der verbrauchten Rohstoffe, so daß also auf den Arbeiter 674 Doll. pro Kopf kämen.
Dem Wert nach nehmen den vornehmsten Rang ein: raffinierter Zucker [* 15] (24,3 Mill. Doll.), wollene Waren (21,3 Mill. Doll.), Männerkleider (18,5 Mill. Doll.), halbwollene Stoffe (15 Mill. Doll.), baumwollene Waren (14,3 Mill. Doll.), Teppiche (14 Mill. Doll.), Waren aus Eisenguß und Maschinen, Chemikalien, Stiefel, Strumpfwaren, Fleischwaren, Leder, Bücher und Zeitungen, Brot. [* 16] In der That gibt es kaum einen einzigen Industriezweig, welcher hier nicht in höherm oder geringerm Grad vertreten wäre. Unter diesen Verhältnissen ist der Handelsverkehr selbstverständlich von großem Belang. Die größten Kauffahrteischiffe können vom
[* 1] ^[Abb.: Situationsplan von Philadelphia.] ¶
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154 km entfernten Ozean in den Delaware einlaufen und an den Kais der Stadt anlegen, wo alle für das Ein- und Ausladen der Schiffe [* 18] erforderlichen Vorrichtungen vorhanden sind. Im Winter wird das Fahrwasser durch drei mit Dampfkraft versehene »Eisboote« offen gehalten. Philadelphia besaß 1886: 869 Seeschiffe von 231,121 Ton. Gehalt; 1348 Schiffe von 1,155,066 T. liefen vom Ausland ein, und die Einfuhr betrug 36,561,313 Doll., die Ausfuhr aber 33,753,317 Doll. Hauptartikel der Ausfuhr waren: Petroleum (704 Mill. Lit., 12½ Mill. Doll.), Weizen und Weizenmehl (4,3 Mill. Doll.), Baumwolle [* 19] (12,973 metr. T.) und Tabak [* 20] (8620 metr. T.).
Dagegen betrug 1886-1887 die Einfuhr 40 Mill., die Ausfuhr 35,4 Mill. Doll. Der Küsten- und Landhandel ist ebenfalls von Bedeutung, namentlich mit New York und Baltimore. [* 21] Eisenbahnen und Kanäle verbinden die Stadt mit allen Teilen der Union. Unter den dem Handel gewidmeten Anstalten sind zwei Börsen (Merchants und Commercial Exchange), zahlreiche Banken und Versicherungsanstalten. Die Verwaltung der Stadt ruht in den Händen eines auf drei Jahre gewählten Bürgermeisters (mayor), eines Magistrats (select council) von 31 Mitgliedern (je eins für jeden der 31 Stadtteile) und einer Stadtverordnetenversammlung, in welcher je 1200 Steuerzahler durch ein Mitglied vertreten sind.
Die Polizei ist 3174 Mann stark, die Feuerwehr besitzt 34 Spritzen. Die städtischen Ausgaben beliefen sich 1886-87 auf 16 Mill. Doll., und die städtische Schuld betrug 60 Mill. Doll. Philadelphia ist Sitz eines deutschen Konsuls. Unter den zahlreichen Wohlthätigkeitsanstalten (man zählt an 40 Kranken- und Versorgungshäuser) sind hervorzuheben: die Blockley's Alms-Houses (Versorgungshaus) in West-Philadelphia (mit 3500 Pfleglingen);
das 1755 gegründete Pennsylvania Hospital (mit anatomischem Museum), ein Zufluchtshaus (600 Pfleglinge), eine Blindenschule (1833 gegründet), eine Taubstummenanstalt (1821 gegründet) und 2 Irrenhäuser.
Die Stadt besitzt zahlreiche wissenschaftliche und Bildungsanstalten. Obenan steht die 1749 gegründete Universität von Pennsylvanien (in einem neuen, 1872 eingeweihten Gebäude aus Serpentinmarmor mit 2 hohen Türmen, in West-Philadelphia) mit 56 Professoren, 800 Studenten, einer Bibliothek von 18,000 Bänden und wertvollen wissenschaftlichen Sammlungen. Daneben bestehen noch 5 medizinische Schulen (darunter eine für Frauen), 2 Schulen für Zahnärzte, eine Apothekerschule, eine polytechnische Schule (1853 gegründet), das von Professor Wagner gegründete technologische Institut und 3 theologische Seminare.
Das großartige Girard College, eine von einem Schweizer, Etienne Girard, 1833 durch Vermächtnis von 2 Mill. Doll. gegründete und 1848 eröffnete Erziehungsanstalt für 550 Waisenknaben aller Konfessionen, [* 22] darf nach einer dem Vermächtnis beigefügten Klausel niemals von einem Geistlichen betreten werden. Es steht inmitten eines 17 Hektar großen Gartens, und sein Hauptbau ist Nachbildung eines griechischen Tempels. Die 500 städtischen Schulen (darunter eine Zentralhochschule für Knaben und eine Normalschule für Mädchen) mit 2500 Lehrern wurden 1886 von 107,981 Schülern besucht.
Die wichtigste unter den 19 größern Bibliotheken ist das 1731 von Franklin gestiftete Philadelphia Library (jetzt 150,000 Bände), doch wird es an Bändezahl von dem Mercantile Library (152,000 Bände) übertroffen; außerdem sind vorhanden die Bibliothek des Athenäums (25,000 Bände), die Bibliothek für Lehrlinge (21,000 Bände), die deutsche Bibliothek (15,000 Bände), eine Freibibliothek (Ridgway Library). Unter den wissenschaftlichen Vereinen verdienen Beachtung: die 1740 gegründete Amerikanische Philosophische Gesellschaft (Bibliothek von 50,000 Bänden), die Historische Gesellschaft von Pennsylvanien, die Akademie der Naturwissenschaften (1817 gegründet, mit bedeutendem Museum und Bibliothek von 40,000 Bänden), das Franklin Institute, ein Verein zur Beförderung von Kunst und Gewerbe und ein Gartenbauverein mit Ausstellungshalle. Die Kunstakademie (1805 gegründet) hat eine Sammlung von Gemälden. 1885 erschienen in Philadelphia 79 Zeitungen, wovon 16 (3 deutsche) täglich. - Philadelphia wurde 1682 von William Penn (s. d.) gegründet und zwar auf einem Grund, welchen er von den Indianern käuflich erworben hatte. Am versammelte sich hier der erste Kongreß der Staaten, welcher über Maßregeln gegen die Willkür Englands beriet, und wurde hier die Unabhängigkeit der amerikanischen Kolonien proklamiert. Am ward Philadelphia von den Engländern unter Howe eingenommen und blieb bis in deren Besitz. Am versammelte sich hier die Konvention, welche sich 17. Sept. über die jetzige Konstitution der Vereinigten Staaten einigte.
Bis 1800 war die Stadt der Sitz der Regierung des Staats Pennsylvanien, die jetzt in Harrisburg residiert, 1790-1810 auch Bundesstadt. Vom 10. bis fand hier ein Aufruhr gegen die irischen Katholiken statt, wobei die meisten irischen Wohnungen, katholischen Kirchen etc. zerstört und viele Irländer getötet und verjagt wurden, bis die Nationalmiliz einschritt. 1876 war Philadelphia Schauplatz einer Weltausstellung, zur Erinnerung an das 100jährige Bestehen der Republik.
Vgl. »Philadelphia und seine Umgebung« (engl. und deutsch, Philad. 1876);
Frank, Das heutige Philadelphia (Philad. 1885);
Allinson, Philadelphia 1681-1887 (Baltim. 1887);
Woolsey, History of the city of Philadelphia (Boston [* 23] 1887).