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englischen Vollblutverzeichnis (stud-book) eingetragen stehen. Durch fortwährende Häufung der Eigenschaften, welche die Schnelligkeit begünstigen, und durch eine besondere Erziehung (training) hat sich die Form des englischen Rennpferdes insofern verändert, als es größer, höher und gestreckter geworden ist, als es ursprünglich gewesen war. Zu Veredelungszuchten wird jetzt dieses Pferd [* 2] nach allen Ländern hin exportiert, und für berühmte Hengste werden enorme Preise bezahlt. Das Jagdpferd (hunter), das auf den Fuchsjagden geritten wird, ist entweder Vollblut oder sogen. Halbblut (Tafel I, [* 1] Fig. 3), d. h. es ist aus einer Mischung von Vollblut einerseits und nicht als Vollblut geltenden Tieren anderseits hervorgegangen. Das englische Kutschpferd, das seinen Hauptrepräsentanten in dem Cleveland-Braunen hatte, ist ebenso wie das Yorkshire-Pferd und der Norfolk-Trotter (Tafel I, [* 1] Fig. 5) im Verschwinden, und man züchtet die für den Equipagendienst nötigen Pferde [* 3] jetzt größtenteils durch Paarung von Vollbluthengsten mit starken, knochigen Stuten der Karrenschläge, von denen England außer dem kolossalen Brauerpferd besonders zwei von vorzüglichen Eigenschaften besitzt, den Suffolk und den Clydesdaler.
Der Suffolk, vorzugsweise in der gleichnamigen Grafschaft gezüchtet, ist Fuchs, [* 4] der Clydesdaler (Tafel II, [* 1] Fig. 11), dessen Heimat das südliche Schottland ist, gewöhnlich braun mit vielen Abzeichen; beide Schläge besitzen bei bedeutender Körperschwere hübsche Formen und verhältnismäßig raschen und leichten Gang. [* 5] Die kleinen Pferde, die sogen. Ponies, sind außerdem in England sowohl im Geschirr als unter dem Sattel vielfach im Gebrauch, da sie ebenso unermüdlich in der Arbeit wie genügsam in der Fütterung sind.
Die bekanntesten Arten englischer Ponies sind: der Shetland- (Tafel I, [* 1] Fig. 6), der welsche, der Exmoor- und der New Forest-Pony. Auch Schweden [* 6] (Tafel II, [* 1] Fig. 12), Norwegen, Ostpreußen, [* 7] Galizien, Sardinien [* 8] und Nordfrankreich haben gute Ponyschläge. Die zwischen den Ponies und größern Reitpferden stehenden edlen, breiten und bequemen Pferde nennt man Cobs. Frankreich besitzt in dem Boulonaiser, dem auch der Percheron zuzuzählen ist, ein gutes Acker- und Wagenpferd.
Diese schweren Schläge werden hauptsächlich an dem Küstenstrich der Nordsee gezogen. Die Departements Orne, Eure, Calvados, Manche produzieren ein großes und gängiges Kutschpferd (Anglonormanne), das jetzt sehr gesucht und vielfach ausgeführt wird. An Reitpferden hat das Land Mangel, indessen macht man in Algerien [* 9] große Anstrengungen zur Erziehung eines größern Berberpferdes. Spanien, [* 10] durch die Mauren in Besitz eines Reitpferdes gelangt, das als stolzer Andalusier sich über den größten Teil Europas ausbreitete, hat, ebenso wie Italien, [* 11] das den berühmten Neapolitaner (Tafel II, [* 1] Fig. 7) besaß, jetzt keinen hervorragenden Pferdeschlag. Belgien [* 12] kultiviert mit Glück in dem vlämischen Pferde (Tafel II, [* 1] Fig. 8) das schwere Lastpferd und im Ardenner (Condroz) ein etwas leichteres, aber breites und stämmiges Tier.
Deutschland [* 13] hat überwiegend Reitpferde und leichte Wagenpferde, während schwerere Wagenpferde nur in einzelnen Distrikten, wie z. B. in Oldenburg [* 14] (Tafel II, [* 1] Fig. 9), gezogen werden und kaltblütige Lasttiere fast ganz fehlen. Preußen, [* 15] das durch Staatsgestüte und Beschälerdepots die Landespferdezucht in militärischer Rücksicht beeinflußt, hat in seinen östlichen Provinzen viele und vorzügliche Kavalleriepferde (Litauer), in seinen mittlern Provinzen ein brauchbares Acker- und Wagenpferd und im Norden [* 16] und Westen, in Holstein und in der Rheinprovinz, [* 17] ein schwereres, dem Lastpferd sich näherndes Arbeitspferd.
Das bedeutendste Gestüt Preußens [* 18] ist Trakehnen, welches, 15 km von Gumbinnen [* 19] gelegen, auf 1 QM. 350 Mutterstuten unterhält. Diese Pferde gehören teils dem Wagen-, teils dem Reitschlag an und versorgen sowohl die Landgestüte als den Obermarstall zu Berlin [* 20] mit Remonten. Mecklenburg, [* 21] welches z. B. in Ivenak ein vorzügliches Reitpferd gezüchtet hatte, ist durch maßlose Benutzung schlechter englischer Hengste stark geschädigt worden und fängt erst in neuester Zeit wieder an, in bessere Wege einzulenken.
Das Fürstentum Lippe [* 22] besaß ein wildes Gestüt in der sogen. Senne, dessen Charakter jetzt vollständig umgeändert und englisiert worden ist. Württemberg [* 23] hatte durch eine arabische Reinzucht einen besondern Ruf erlangt, doch ist diese Zucht jetzt im Verschwinden. Bayern [* 24] besaß in dem Zweibrücker Gestüt, das ebenfalls mit orientalischen Hengsten arbeitete, früher eine berühmte Zucht, die jetzt gleichfalls als nicht mehr zeitgemäß dem Untergang entgegengeht. Österreich [* 25] ist in einzelnen Provinzen, wie Galizien, reich mit Pferden besetzt, es hat in den von Magyaren (Tafel I, [* 1] Fig. 4), Romanen und Slawen bewohnten Ländergebieten teils ganz kleine Pferdeschläge, teils leichte und gewandte Reitpferde; in den von Germanen innegehaltenen Distrikten wird ein kräftiges und großes Wagenpferd, im Pinzgau (Tafel II, [* 1] Fig. 10) sogar ein ziemlich schweres Lastpferd gezogen.
Der Staat unterhält auch hier besondere Anstalten, um die Zucht im Land zu leiten und zu fördern. Dänemark, [* 26] das früher für den Sattel und die Karosse sehr gesuchte Pferdeschläge besaß, ist jetzt von seiner Höhe herabgestiegen: es kultiviert jetzt hauptsächlich ein schweres, für die Bespannung von Omnibussen u. dgl. sehr gesuchtes Arbeitspferd. In Rußland ist im allgemeinen der Pferdeschlag klein, aber, da er sehr hart erzogen wird, ebenso genügsam wie dauerhaft.
Die Kirgisen, Kalmücken, Kosaken, Baschkiren unterhalten große Herden, die halbwild leben; bessere und größere Pferde finden sich in der Ukraine, den Kaukasusländern, in Eriwan und Tiflis, und es sind in den letztgenannte Distrikten besonders die Karabaks, die in Form und Masse vorteilhaft sich abheben. Als Wagenpferd ist der Orlow-Traber bekannt, der aus einer Vermischung von orientalischem und holsteinisch-dänischem Blut entstanden ist und eine sehr räumige und rasche Aktion im Trabe besitzt.
Schwere, kaltblütige Arbeitspferde fehlen. Außer den Privatgestüten unterhält auch der Staat Zuchtgestüte und Beschälerdepots. Amerika, [* 27] das 1493 die ersten Pferde aus Spanien erhalten hat, hat sich ungemein günstig für die Vermehrung derselben erwiesen, und speziell hat Südamerika [* 28] große Herden halbwild lebender kleiner Pferde, während in Nordamerika [* 29] durch die Popularität der Trabrennen sich ein größeres Kutschpferd mit sehr ausgiebiger Trabbewegung entwickelt hat, das wohl jetzt das schnellste der Welt ist. Es durchläuft eine Strecke von 1000 m in 1 Minute 19,9 Sekunden. Auch Australien [* 30] zeigt eine rapide Zunahme seines Pferdebestandes, der zum Teil sehr sorgsam nach englischem Muster erzogen wird.
Das durchschnittliche Alter der Pferde reicht ungefähr bis zu 20, höchstens bis zu 25 Jahren; die edlen Rassen sind im ganzen langlebiger als die gemeinen. Das Wort »Pferd« ist wahrscheinlich gallischen Ursprungs und stammt von Veredus, der latinisierten Form des keltischen vehoreda. Veredus erklärt der ¶
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römische Grammatiker Festus: quia rhedam vehit; rheda ist der gallische Ausdruck für Wagen, dessen Name sich im Sanskrit als rhata, im Litauischen als rhatas (Rad) wiederfindet. Aus veredus wurde dann verdus und schließlich Verd oder Pferd. Das männliche Tier heißt Hengst, das weibliche Stute, das entmannte, seiner Zeugungsorgane durch einen operativen Eingriff beraubte männliche Tier aber Wallach.
Pferdezucht. Krankheiten des Pferdes.
Die Pferdezucht umfaßt die auf bestimmte Ziele gerichtete Erzeugung und Aufzucht des Pferdes. Man betreibt sie in großem Umfang, indem man eine Anzahl von Hengsten u. Stuten zum Zweck der Fortpflanzung an einem Ort zusammenhält (Gestüt, Stuterei), oder man betreibt sie nur mittels weniger und einzelner Pferde, welche man auch zu andern Zwecken verwendet, als sogen. Hauszucht. Die Gestüte sind Privat- oder Staatsgestüte. In Preußen heißen die Staatszuchtgestüte Hauptgestüte (Trakehnen, Graditz, Beberbeck), Österreich früher Militärgestüte, jetzt ebenfalls Staatsgestüte.
Nach der Art der Haltung der Pferde, ob sie in natürlicher Ungebundenheit und Freiheit oder in durch die Kultur begrenzter Abhängigkeit leben, unterscheidet man wilde, halbwilde und zahme Gestüte, und nur letztere eignen sich zur Erziehung von Kulturrassen. Nach der Produktion in den Gestüten nennt man sie Vollblutgestüte, edle, halbedle oder gemeine Gestüte. Der Geschlechtstrieb der Stuten äußert sich gewöhnlich im Frühjahr am lebhaftesten (Rosse, Rossigsein).
Den Akt der Paarung selbst, das Beschälen (weshalb auch der zur Zucht benutzte Hengst Beschäler genannt wird), läßt man in wilden Gestüten in der Freiheit vollziehen, in unsern kultivierten Gestüten und in der Hauszucht aus der Hand, [* 32] d. h. in der Weise, daß man beide zu paarende Tiere mit der Hand leitet. Die Stute trägt elf Monate. Die Geburt des Füllens kündigt sich durch das Eintreten der Milch in das Euter und durch Einfallen der Kruppenmuskeln an. Das neugeborne Füllen kann gewöhnlich nach kurzer Zeit schon auf den Beinen stehen und sich das Euter suchen, welches junge Stuten allerdings zuweilen infolge von Kitzel verweigern, weshalb sie zur Erfüllung ihrer Mutterpflichten gezwungen werden müssen.
Nach 3-5 Monaten werden die Füllen von der Mutter entwöhnt (»abgesetzt«). Gutes, hinreichendes, nahrhaftes und verdauliches Futter ist besonders im ersten Lebensjahr zu reichen; außerdem sind luftige, helle, gut ventilierte Ställe sowie viel Bewegung im Freien notwendige Vorbedingungen für die Erziehung kräftiger Pferde. Man füttert das Pferd in Europa [* 33] hauptsächlich mit Hafer, [* 34] welchem man nach Bedürfnis und Preis Roggen, Weizen, Gerste, [* 35] Mais, Bohnen, Lupinen entweder ohne weitere Zubereitung oder gequellt, gekocht, gequetscht und gemahlen zusetzt, während im Orient ausschließlich Gerste gereicht wird. Außer den Körnern ist die Verabreichung von Heu oder Stroh notwendiges Bedürfnis für die Ernährung. Das zu reichende Quantum an Nahrung richtet sich nach der Rasse und dem Körperumfang der Pferde und nach der Schwere der auferlegten Arbeit.
Der Beginn der Dressur fällt, je nach der Art des später zu leistenden Dienstes, in verschiedene Lebensperioden: Rennpferde z. B., welche zweijährig oder höchstens doch dreijährig auf der öffentlichen Rennbahn auftreten müssen, werden schon mit 1½ Jahren angeritten (in »Training« genommen). Auch die schweren und kaltblütigen Arbeitsschläge, die verhältnismäßig bei reichlicher Ernährung früh reif sind, werden im zweiten oder dritten Lebensjahr spätestens in Gebrauch genommen; gewöhnlich aber und auch zweckmäßig schiebt man den Gebrauch der jungen Pferde bis zu erlangter körperlicher Ausbildung, bis zum vierten Lebensjahr, hinaus.
Die Anlernung für den Reit- und Wagendienst ist je nach der Art der Erziehung und je nach dem Temperament der Pferde mit größern oder geringern Schwierigkeiten verbunden; im allgemeinen ist das Pferd äußerst gelehrig, besonders das orientalische, das dieser Eigenschaft wegen auch mit Vorliebe für die Schaustellungen im Zirkus abgerichtet wird. Durch Kreuzung von Eselhengst und Pferdestute entsteht das Maultier (Equus mulus), umgekehrt von Pferdehengst und Eselstute der Maulesel (E. hinnus). Beide Kreuzungsprodukte sind unter sich unfruchtbar, während sie durch Anpaarung an die Stammeltern ausnahmsweise befruchtet werden können. Auch die übrigen Varietäten können unter sich oder mit Pferd und Esel erfolgreiche Verbindungen eingehen.
Das Pferd ist einer sehr großen Zahl von Krankheiten unterworfen. Von den allgemeinen Krankheiten sind die wichtigsten: Rotz, Milzbrand, Influenza (Pferdestaupe, Scalma u. Brustseuche), Druse, Beschälseuche, Blutfleckenkrankheit (Faulfieber oder Pferdetyphus), Kreuzrhehe (Windrhehe oder schwarze Harnwinde), Raude, Gehirnentzündung, Starrkrampf, Rachenbräune, Lungenentzündung, Dämpfigkeit, Kolik, Harnruhr (Lauterstall und Hufrhehe). Außerdem entstehen bei Pferden sehr oft gefährliche Wundinfektionskrankheiten, innere Augenentzündungen mit Erblindung und zahlreiche Lokalkrankheiten der Gliedmaßen (Lahmheiten).
Kulturgeschichtliches.
Das Pferd muß als das älteste Haustier betrachtet werden, insofern man seine Überreste am frühsten mit denen des Menschen vereint findet. In den quaternären Ablagerungen sind neben denen des Renntiers die Knochen [* 36] des Pferdes am stärksten vertreten, welches hier aber als Jagdtier erscheint. Der Fang wilder Pferde war ein Lieblingsthema der Heldenlieder nordischer Völker. Der Genuß dieses Wildbrets war wenigstens in Deutschland (auch im alten Persien) [* 37] allgemein verbreitet und ist erst im Mittelalter durch die Kirche als Überrest heidnischer Gewohnheit unterdrückt worden (vgl. Fleisch, S. 362 f.). Noch im 16. Jahrh. wird von wilden Pferden in Preußen und den Vogesen berichtet.
Wie erwähnt, war das Wildpferd der Quaternärzeit ein kleines, gedrungenes Tier mit rauhem Haar [* 38] und gesträubter Mähne. Dieselben Kennzeichen finden sich auch bei den Wildpferden, welche noch gegenwärtig in Europa leben, so bei denen von Camargue, einer Insel in der Rhônemündung, bei denen von Davert, einem großen Wald in Westfalen, [* 39] ferner bei den Wildpferden der Vogesen, den sogen. Mooskatzen des bayrischen Hochlandes, endlich bei den Tarpans in den Steppen Südrußlands am untern Lauf des Dnjepr. Zu Anfang der Pfahlbauzeit scheinen die Wildpferde großenteils verschwunden gewesen zu sein; man findet wenigstens in den ältesten Pfahlbauresten nur selten Pferdeknochen, während sie in den spätern Pfahlbauten [* 40] der Bronzezeit zahlreich sind und, wie die aufgefundenen Gebißteile von Pferdezügeln beweisen, von domestizierten kleinen Pferden herstammen. Es unterliegt also keinem Zweifel, daß das europäische Wildpferd erst gejagt, dann gezähmt und schließlich frühzeitig durch ein großes Pferd verdrängt worden ist.