1. Arabisches Vollblutpferd. - 2. Englisches Vollblutpferd. - 3. Englisches Halbblutpferd. - 4. Ungarisches Pferd. - 5. Norfolk-Pferd. - 6. Shetland-Pony.
^[Signiert: E. Volkers 1883]
Zum Artikel »Pferde«.
7. Alt-Neapolitaner Pferd. - 8. Belgisches Pferd. - 9. Oldenburger. - 10. Pinzgauer. - 11. Clydesdaler. - 12. Schwedischer Pony.
^[Signiert: E. Volkers]
Zum Artikel »Pferde«.
mehr
englischen Vollblutverzeichnis (stud-book) eingetragen stehen. Durch fortwährende Häufung der Eigenschaften, welche die Schnelligkeit begünstigen, und durch eine besondere Erziehung (training) hat sich die Form des englischen Rennpferdes insofern verändert, als es größer, höher und gestreckter geworden ist, als es ursprünglich gewesen war. Zu Veredelungszuchten wird jetzt dieses Pferd nach allen Ländern hin exportiert, und für berühmte Hengste werden enorme Preise bezahlt. Das Jagdpferd (hunter), das auf den Fuchsjagden geritten wird, ist entweder Vollblut oder sogen. Halbblut (Tafel I, Fig. 3), d. h. es ist aus einer Mischung von Vollblut einerseits und nicht als Vollblut geltenden Tieren anderseits hervorgegangen. Das englische Kutschpferd, das seinen Hauptrepräsentanten in dem Cleveland-Braunen hatte, ist ebenso wie das Yorkshire-Pferd und der Norfolk-Trotter (Tafel I, Fig. 5) im Verschwinden, und man züchtet die für den Equipagendienst nötigen Pferde jetzt größtenteils durch Paarung von Vollbluthengsten mit starken, knochigen Stuten der Karrenschläge, von denen England außer dem kolossalen Brauerpferd besonders zwei von vorzüglichen Eigenschaften besitzt, den Suffolk und den Clydesdaler. Der Suffolk, vorzugsweise in der gleichnamigen Grafschaft gezüchtet, ist Fuchs, der Clydesdaler (Tafel II, Fig. 11), dessen Heimat das südliche Schottland ist, gewöhnlich braun mit vielen Abzeichen; beide Schläge besitzen bei bedeutender Körperschwere hübsche Formen und verhältnismäßig raschen und leichten Gang. Die kleinen Pferde, die sogen. Ponies, sind außerdem in England sowohl im Geschirr als unter dem Sattel vielfach im Gebrauch, da sie ebenso unermüdlich in der Arbeit wie genügsam in der Fütterung sind. Die bekanntesten Arten englischer Ponies sind: der Shetland- (Tafel I, Fig. 6), der welsche, der Exmoor- und der New Forest-Pony. Auch Schweden (Tafel II, Fig. 12), Norwegen, Ostpreußen, Galizien, Sardinien und Nordfrankreich haben gute Ponyschläge. Die zwischen den Ponies und größern Reitpferden stehenden edlen, breiten und bequemen Pferde nennt man Cobs. Frankreich besitzt in dem Boulonaiser, dem auch der Percheron zuzuzählen ist, ein gutes Acker- und Wagenpferd. Diese schweren Schläge werden hauptsächlich an dem Küstenstrich der Nordsee gezogen. Die Departements Orne, Eure, Calvados, Manche produzieren ein großes und gängiges Kutschpferd (Anglonormanne), das jetzt sehr gesucht und vielfach ausgeführt wird. An Reitpferden hat das Land Mangel, indessen macht man in Algerien große Anstrengungen zur Erziehung eines größern Berberpferdes. Spanien, durch die Mauren in Besitz eines Reitpferdes gelangt, das als stolzer Andalusier sich über den größten Teil Europas ausbreitete, hat, ebenso wie Italien, das den berühmten Neapolitaner (Tafel II, Fig. 7) besaß, jetzt keinen hervorragenden Pferdeschlag. Belgien kultiviert mit Glück in dem vlämischen Pferde (Tafel II, Fig. 8) das schwere Lastpferd und im Ardenner (Condroz) ein etwas leichteres, aber breites und stämmiges Tier. Deutschland hat überwiegend Reitpferde und leichte Wagenpferde, während schwerere Wagenpferde nur in einzelnen Distrikten, wie z. B. in Oldenburg (Tafel II, Fig. 9), gezogen werden und kaltblütige Lasttiere fast ganz fehlen. Preußen, das durch Staatsgestüte und Beschälerdepots die Landespferdezucht in militärischer Rücksicht beeinflußt, hat in seinen östlichen Provinzen viele und vorzügliche Kavalleriepferde (Litauer), in seinen mittlern Provinzen ein brauchbares Acker- und Wagenpferd und im Norden und Westen, in Holstein und in der Rheinprovinz, ein schwereres, dem Lastpferd sich näherndes Arbeitspferd. Das bedeutendste Gestüt Preußens ist Trakehnen, welches, 15 km von Gumbinnen gelegen, auf 1 QM. 350 Mutterstuten unterhält. Diese Pferde gehören teils dem Wagen-, teils dem Reitschlag an und versorgen sowohl die Landgestüte als den Obermarstall zu Berlin mit Remonten. Mecklenburg, welches z. B. in Ivenak ein vorzügliches Reitpferd gezüchtet hatte, ist durch maßlose Benutzung schlechter englischer Hengste stark geschädigt worden und fängt erst in neuester Zeit wieder an, in bessere Wege einzulenken. Das Fürstentum Lippe besaß ein wildes Gestüt in der sogen. Senne, dessen Charakter jetzt vollständig umgeändert und englisiert worden ist. Württemberg hatte durch eine arabische Reinzucht einen besondern Ruf erlangt, doch ist diese Zucht jetzt im Verschwinden. Bayern besaß in dem Zweibrücker Gestüt, das ebenfalls mit orientalischen Hengsten arbeitete, früher eine berühmte Zucht, die jetzt gleichfalls als nicht mehr zeitgemäß dem Untergang entgegengeht. Österreich ist in einzelnen Provinzen, wie Galizien, reich mit Pferden besetzt, es hat in den von Magyaren (Tafel I, Fig. 4), Romanen und Slawen bewohnten Ländergebieten teils ganz kleine Pferdeschläge, teils leichte und gewandte Reitpferde; in den von Germanen innegehaltenen Distrikten wird ein kräftiges und großes Wagenpferd, im Pinzgau (Tafel II, Fig. 10) sogar ein ziemlich schweres Lastpferd gezogen. Der Staat unterhält auch hier besondere Anstalten, um die Zucht im Land zu leiten und zu fördern. Dänemark, das früher für den Sattel und die Karosse sehr gesuchte Pferdeschläge besaß, ist jetzt von seiner Höhe herabgestiegen: es kultiviert jetzt hauptsächlich ein schweres, für die Bespannung von Omnibussen u. dgl. sehr gesuchtes Arbeitspferd. In Rußland ist im allgemeinen der Pferdeschlag klein, aber, da er sehr hart erzogen wird, ebenso genügsam wie dauerhaft. Die Kirgisen, Kalmücken, Kosaken, Baschkiren unterhalten große Herden, die halbwild leben; bessere und größere Pferde finden sich in der Ukraine, den Kaukasusländern, in Eriwan und Tiflis, und es sind in den letztgenannte Distrikten besonders die Karabaks, die in Form und Masse vorteilhaft sich abheben. Als Wagenpferd ist der Orlow-Traber bekannt, der aus einer Vermischung von orientalischem und holsteinisch-dänischem Blut entstanden ist und eine sehr räumige und rasche Aktion im Trabe besitzt. Schwere, kaltblütige Arbeitspferde fehlen. Außer den Privatgestüten unterhält auch der Staat Zuchtgestüte und Beschälerdepots. Amerika, das 1493 die ersten Pferde aus Spanien erhalten hat, hat sich ungemein günstig für die Vermehrung derselben erwiesen, und speziell hat Südamerika große Herden halbwild lebender kleiner Pferde, während in Nordamerika durch die Popularität der Trabrennen sich ein größeres Kutschpferd mit sehr ausgiebiger Trabbewegung entwickelt hat, das wohl jetzt das schnellste der Welt ist. Es durchläuft eine Strecke von 1000 m in 1 Minute 19,9 Sekunden. Auch Australien zeigt eine rapide Zunahme seines Pferdebestandes, der zum Teil sehr sorgsam nach englischem Muster erzogen wird.
Das durchschnittliche Alter der Pferde reicht ungefähr bis zu 20, höchstens bis zu 25 Jahren; die edlen Rassen sind im ganzen langlebiger als die gemeinen. Das Wort »Pferd« ist wahrscheinlich gallischen Ursprungs und stammt von Veredus, der latinisierten Form des keltischen vehoreda. Veredus erklärt der
mehr
römische Grammatiker Festus: quia rhedam vehit; rheda ist der gallische Ausdruck für Wagen, dessen Name sich im Sanskrit als rhata, im Litauischen als rhatas (Rad) wiederfindet. Aus veredus wurde dann verdus und schließlich Verd oder Pferd. Das männliche Tier heißt Hengst, das weibliche Stute, das entmannte, seiner Zeugungsorgane durch einen operativen Eingriff beraubte männliche Tier aber Wallach.
Pferdezucht. Krankheiten des Pferdes.
Die Pferdezucht umfaßt die auf bestimmte Ziele gerichtete Erzeugung und Aufzucht des Pferdes. Man betreibt sie in großem Umfang, indem man eine Anzahl von Hengsten u. Stuten zum Zweck der Fortpflanzung an einem Ort zusammenhält (Gestüt, Stuterei), oder man betreibt sie nur mittels weniger und einzelner Pferde, welche man auch zu andern Zwecken verwendet, als sogen. Hauszucht. Die Gestüte sind Privat- oder Staatsgestüte. In Preußen heißen die Staatszuchtgestüte Hauptgestüte (Trakehnen, Graditz, Beberbeck), Österreich früher Militärgestüte, jetzt ebenfalls Staatsgestüte. Nach der Art der Haltung der Pferde, ob sie in natürlicher Ungebundenheit und Freiheit oder in durch die Kultur begrenzter Abhängigkeit leben, unterscheidet man wilde, halbwilde und zahme Gestüte, und nur letztere eignen sich zur Erziehung von Kulturrassen. Nach der Produktion in den Gestüten nennt man sie Vollblutgestüte, edle, halbedle oder gemeine Gestüte. Der Geschlechtstrieb der Stuten äußert sich gewöhnlich im Frühjahr am lebhaftesten (Rosse, Rossigsein). Den Akt der Paarung selbst, das Beschälen (weshalb auch der zur Zucht benutzte Hengst Beschäler genannt wird), läßt man in wilden Gestüten in der Freiheit vollziehen, in unsern kultivierten Gestüten und in der Hauszucht aus der Hand, d. h. in der Weise, daß man beide zu paarende Tiere mit der Hand leitet. Die Stute trägt elf Monate. Die Geburt des Füllens kündigt sich durch das Eintreten der Milch in das Euter und durch Einfallen der Kruppenmuskeln an. Das neugeborne Füllen kann gewöhnlich nach kurzer Zeit schon auf den Beinen stehen und sich das Euter suchen, welches junge Stuten allerdings zuweilen infolge von Kitzel verweigern, weshalb sie zur Erfüllung ihrer Mutterpflichten gezwungen werden müssen. Nach 3-5 Monaten werden die Füllen von der Mutter entwöhnt (»abgesetzt«). Gutes, hinreichendes, nahrhaftes und verdauliches Futter ist besonders im ersten Lebensjahr zu reichen; außerdem sind luftige, helle, gut ventilierte Ställe sowie viel Bewegung im Freien notwendige Vorbedingungen für die Erziehung kräftiger Pferde. Man füttert das Pferd in Europa hauptsächlich mit Hafer, welchem man nach Bedürfnis und Preis Roggen, Weizen, Gerste, Mais, Bohnen, Lupinen entweder ohne weitere Zubereitung oder gequellt, gekocht, gequetscht und gemahlen zusetzt, während im Orient ausschließlich Gerste gereicht wird. Außer den Körnern ist die Verabreichung von Heu oder Stroh notwendiges Bedürfnis für die Ernährung. Das zu reichende Quantum an Nahrung richtet sich nach der Rasse und dem Körperumfang der Pferde und nach der Schwere der auferlegten Arbeit.
Der Beginn der Dressur fällt, je nach der Art des später zu leistenden Dienstes, in verschiedene Lebensperioden: Rennpferde z. B., welche zweijährig oder höchstens doch dreijährig auf der öffentlichen Rennbahn auftreten müssen, werden schon mit 1½ Jahren angeritten (in »Training« genommen). Auch die schweren und kaltblütigen Arbeitsschläge, die verhältnismäßig bei reichlicher Ernährung früh reif sind, werden im zweiten oder dritten Lebensjahr spätestens in Gebrauch genommen; gewöhnlich aber und auch zweckmäßig schiebt man den Gebrauch der jungen Pferde bis zu erlangter körperlicher Ausbildung, bis zum vierten Lebensjahr, hinaus. Die Anlernung für den Reit- und Wagendienst ist je nach der Art der Erziehung und je nach dem Temperament der Pferde mit größern oder geringern Schwierigkeiten verbunden; im allgemeinen ist das Pferd äußerst gelehrig, besonders das orientalische, das dieser Eigenschaft wegen auch mit Vorliebe für die Schaustellungen im Zirkus abgerichtet wird. Durch Kreuzung von Eselhengst und Pferdestute entsteht das Maultier (Equus mulus), umgekehrt von Pferdehengst und Eselstute der Maulesel (E. hinnus). Beide Kreuzungsprodukte sind unter sich unfruchtbar, während sie durch Anpaarung an die Stammeltern ausnahmsweise befruchtet werden können. Auch die übrigen Varietäten können unter sich oder mit Pferd und Esel erfolgreiche Verbindungen eingehen.
Das Pferd ist einer sehr großen Zahl von Krankheiten unterworfen. Von den allgemeinen Krankheiten sind die wichtigsten: Rotz, Milzbrand, Influenza (Pferdestaupe, Scalma u. Brustseuche), Druse, Beschälseuche, Blutfleckenkrankheit (Faulfieber oder Pferdetyphus), Kreuzrhehe (Windrhehe oder schwarze Harnwinde), Raude, Gehirnentzündung, Starrkrampf, Rachenbräune, Lungenentzündung, Dämpfigkeit, Kolik, Harnruhr (Lauterstall und Hufrhehe). Außerdem entstehen bei Pferden sehr oft gefährliche Wundinfektionskrankheiten, innere Augenentzündungen mit Erblindung und zahlreiche Lokalkrankheiten der Gliedmaßen (Lahmheiten).
Kulturgeschichtliches.
Das Pferd muß als das älteste Haustier betrachtet werden, insofern man seine Überreste am frühsten mit denen des Menschen vereint findet. In den quaternären Ablagerungen sind neben denen des Renntiers die Knochen des Pferdes am stärksten vertreten, welches hier aber als Jagdtier erscheint. Der Fang wilder Pferde war ein Lieblingsthema der Heldenlieder nordischer Völker. Der Genuß dieses Wildbrets war wenigstens in Deutschland (auch im alten Persien) allgemein verbreitet und ist erst im Mittelalter durch die Kirche als Überrest heidnischer Gewohnheit unterdrückt worden (vgl. Fleisch, S. 362 f.). Noch im 16. Jahrh. wird von wilden Pferden in Preußen und den Vogesen berichtet. Wie erwähnt, war das Wildpferd der Quaternärzeit ein kleines, gedrungenes Tier mit rauhem Haar und gesträubter Mähne. Dieselben Kennzeichen finden sich auch bei den Wildpferden, welche noch gegenwärtig in Europa leben, so bei denen von Camargue, einer Insel in der Rhônemündung, bei denen von Davert, einem großen Wald in Westfalen, ferner bei den Wildpferden der Vogesen, den sogen. Mooskatzen des bayrischen Hochlandes, endlich bei den Tarpans in den Steppen Südrußlands am untern Lauf des Dnjepr. Zu Anfang der Pfahlbauzeit scheinen die Wildpferde großenteils verschwunden gewesen zu sein; man findet wenigstens in den ältesten Pfahlbauresten nur selten Pferdeknochen, während sie in den spätern Pfahlbauten der Bronzezeit zahlreich sind und, wie die aufgefundenen Gebißteile von Pferdezügeln beweisen, von domestizierten kleinen Pferden herstammen. Es unterliegt also keinem Zweifel, daß das europäische Wildpferd erst gejagt, dann gezähmt und schließlich frühzeitig durch ein großes Pferd verdrängt worden ist.
In Ägypten tritt das Pferd erst mit der 18.
mehr
Dynastie der Pharaonen auf den Schauplatz und zwar nur vor den Kriegswagen gespannt, als Zug-, nicht als Reittier. Obgleich nun die Möglichkeit nicht abgewiesen werden kann, daß Afrika eingeborne Pferderassen, z. B. diejenige von Dongola, besessen habe, so sprechen doch mancherlei Anzeichen dafür, daß die Pharaonen ihre Rosse ursprünglich aus Vorderasien bezogen haben. Allmählich scheint sich dann das Pferd in Ägypten neben den kriegerischen auch zu allen häuslichen Zwecken eingebürgert zu haben, zu welchen es jetzt daselbst benutzt wird, und zur Zeit der spätern, auf die Rhamessiden folgenden Dynastien muß der Pferdereichtum des Nilthals bereits ein hervorragender gewesen sein. In den Saharagebieten hat man anfänglich das Rind als Zug- und Reittier benutzt, und erst später sind Pferd und Kamel, wohl ebenfalls aus Asien her, hinzugekommen und haben das Hornvieh wieder verdrängt. Bereits zur Karthagerzeit gedieh hier die Zucht des edlen Berberpferdes außerordentlich. Die numidischen und mauretanischen Reiter waren schon durch viele Jahrhunderte berühmt, lange ehe noch die ersten islamitischen Heerführer und Glaubensboten ihre Rosse in den brackigen Wassern der Schotts tränkten.
In Asien scheint die Pferdezucht ebenfalls alt zu sein. Die frühsten indischen Götter- und Heldensagen sowie das Zendavesta erwähnen häufig das Pferd, besonders seine Verwendung zu Kriegs- und Opferzwecken. Bei den Persern spielte das Pferd eine wichtige Rolle; es erscheint auf den Ruinenskulpturen von Persepolis (s. Tafel »Baukunst II«, Fig. 7 u. 8), wie denn auch die Poststraßen, Posthäuser und Relaiseinrichtungen der alten iranischen Herrscher von den klassischen Schriftstellern gelobt wurden. Skythen und Parther machten sich als Reitervölker furchtbar, wie noch jetzt die Turkmenen, Kirgisen etc. In den Hügelgräbern Ost- und Zentralasien findet man viele Pferdegeschirre und Pferdeteile darstellende, stilvolle Metallarbeiten. Sehr alt und erfolgreich war die Pferdezucht in Ninive und Babylon. Auf den Ruinen findet sich das Pferd häufig im Reliefbild reich u. geschmackvoll aufgeschirrt vor den Kriegswagen gespannt oder als Reitpferd (s. Tafel »Bildhauerkunst I«, Fig. 6 u. 11). Pferdeköpfe schmückten vielfach die Säulenkapitäler in den assyrischen Königspalästen. Es wird hier überall eine stattliche Rasse mit breitem Kopf, geradem, seltener leicht konvexem Profil, kurzem, vollem Hals, vollen Schultern, ziemlich geradem Rücken, nicht hoher Brust, starkem Leibe, breiten Lenden, starken Fesseln und mit sehr reichlicher Behaarung am Nacken u. Schwanz dargestellt. Dieselbe Rasse ist noch heute über Anatolien, Mesopotamien, Syrien und Armenien verbreitet und in Ägypten als Kavalleriepferd beliebt. Die Juden und Phöniker scheinen selbst nur wenig einheimische Pferdezucht betrieben und ihren Bedarf hauptsächlich aus Ägypten bezogen zu haben. In China ritten die Mandarinen schon 2155 v. Chr., und die Erfindung der Reitkunst wird dem mythischen Kaiser Schinnung zugeschrieben, während man auf dessen Nachfolger Hoangti die Erfindung der Wagen und die Abrichtung der Pferde zum Ziehen zurückführt. Nach der arabischen Sage ist das Pferd ausschließlich zum Reiten erschaffen und von Allah dem ersten Menschen zu diesem Zweck übergeben worden. Arabiens Pferdezucht scheint aber im Altertum nicht bedeutend gewesen zu sein, indem hier das einhöckerige Kamel hauptsächlich Reittier war. Erst allmählich hat sich hier die Heranbildung jenes edlen Geschöpfs vollzogen, welches wir jetzt bewundern.
Den Griechen spendete Poseidon im Wettstreit mit der Athene das Roß. Ursprünglich ist hier nicht ein wirkliches Pferd, sondern ein frischer Springquell gemeint, der aus dem mit dem Stab geschlagenen Felsen hervorbricht; aber frühzeitig gingen den Griechen beide Vorstellungen ineinander auf, und so identifizierten sie auch mit dem Roß das Meerschiff und schufen in den mythisch-künstlerischen Gestalten der Hippokampen Fisch und Roß zu einer einzigen Gestalt. Der Pegasos war ein Sinnbild der Donnerwolke und ruft durch seinen Hufschlag die Quelle Hippokrene hervor. So wurde das Pferd aufs engste mit dem irdischen Wasser in Verbindung gebracht, und auch die Kentauren waren Quellendämonen. Galt ursprünglich Poseidon als Erfinder der Reitkunst, so trat später für ihn Bellerophontes ein, und diesem gab Athene die Idee des Zaums ein, während Erechtheus das Rossegespann erfand. Die alten Griechen bedienten sich eines Pferdes, welches durch seine in Bildwerken erhaltene Form (s. Tafel »Bildhauerkunst II«, Fig. 3) sehr an eine gewisse noch heute in den untern Donauländern, in Epirus u. Hellas vorkommende, sehr derbe Rasse erinnert. Wenn nun auch vor Ilion der Kriegswagen die Hauptrolle spielte, so war doch schon bei den Homerischen Griechen das Reiten nicht unbekannt. Später wurde die Reitkunst allgemeiner. Xenophon schrieb eine Abhandlung über Pferdezucht, in welcher man auch über viele auf die Kenntnis, Pflege und Dressur der Pferde bezügliche Punkte Aufschluß erhält. Die Römer bildeten die Reiterei weiter aus. Sie brachten Beutepferde aus allen Teilen der Welt zusammen und gaben viel auf die Dressur dieses Haustiers. Die in der Kaiserzeit gepflegte Zirkusreiterei wurde in Byzanz auf hohe Stufe gebracht und verbreitete sich mit dem Fall von Konstantinopel nach dem übrigen Europa. Bemerkenswert ist, daß im ganzen Altertum der Sattel nicht gebräuchlich war. Lange Zeit wurde auf nackten Pferden geritten, erst später bedeckte man den Rücken derselben mit Fellen oder Decken, die durch Gurte, dann durch Vorder- und Hinterzeug festgehalten, und an denen später die Steigbügel befestigt wurden. Erst um Mitte des 4. Jahrh. n. Chr. scheint der Reitsattel in Anwendung gekommen zu sein; jedenfalls haben Griechen und Römer die Reitkunst ohne Sattel zu hoher Blüte gebracht. In der germanischen Mythologie erscheinen die Götter fast alle beritten, und bei der Personifikation der Naturgewalten spielen die Rosse eine hervorragende Rolle. Roßhäupter, als Hausschmuck auf den Giebeln aus Holz geschnitzt, finden sich von der Nord- und Ostsee bis zu den Alpen, von der Maas bis zur Wolga, bei weitem am häufigsten aber auf sächsischem Boden. Als Sinnbild der alles sehenden, überall hindringenden Sonne kam dem Roß auch die Kraft zu, ins Verborgene und Zukünftige zu schauen und allsehend zu richten. Die alten Germanen waren wie auch die Gallier furchtlose Reiter, und man darf annehmen, daß sie, wie oben ausgeführt, ursprünglich das heimische Wildpferd gezähmt haben. Spaniens Reichtum an sehr guten Pferden wird schon von den Alten gerühmt. Später haben die Mauren arabische Rosse nach der Pyrenäischen Halbinsel mit hinübergenommen. Der Einfluß einer Kreuzung spanischer Pferde mit Berberpferden edlern Schlags läßt sich an dem vielbewunderten andalusischen Roß nachweisen, welches zur Zeit Ludwigs XIV. und des Großen Kurfürsten das Paraderoß der vornehmen Krieger bildete.
Im Mittelalter wurde die Pferdezucht in Europa zwar nicht vernachlässigt, aber doch allem Anschein nach ganz einseitig betrieben. Man legte sich hier meist
mehr
nur auf die Dressur der schweren Rassen zum Fracht-, zum Turnier- und Gefechtsdienst, welche eine eigne eiserne Rüstung und den vom Kopf bis zu den Füßen in Eisen gewappneten Reiter zu tragen hatten. Kein Wunder, daß die schweren, unbehilflichen Reitergeschwader der abendländischen Reiche so häufig den wenig behinderten der in Europa einbrechenden Mongolen und Sarazenen erlagen. Später gewannen dann wieder die leichtere Bewaffnung und bessere taktische Ausbildung der erstern den Sieg.
Die Nutzung des toten Pferdes ist eine ziemlich mannigfache. Das Fleisch geschlachteter Pferde wird gegessen (in Berlin 1887: 5825 Stück, s. Fleisch, S. 362 f.), das Fell wird in der Gerberei, das Mähnen- und Schwanzhaar zu Geweben etc. und als Polstermaterial benutzt (s. Roßhaar), der Huf dient zur Blutlaugensalzfabrikation, aus dem Kamm gewinnt man fettes Öl, und ganze Kadaver werden auf Fett und Schlichte (Bonesize) verarbeitet, die Knochen wie andre Tierknochen benutzt.
[Litteratur.]
D'Alton, Naturgeschichte des Pferdes (Weim. 1810-16, 2 Bde.); Hertwig, Taschenbuch der gesamten Pferdekunde (4. Aufl., Berl. 1878); Freytag, Pferderassen (Halle 1875); Janssen, Die Pferderassen der Gegenwart (Wandsbeck 1885); Born u. Möller, Handbuch der Pferdekunde (2. Aufl., Berl. 1884); Müller und Schwarznecker, Die Pferdezucht (2. Aufl., das. 1884, 2 Bde.); Baumeister-Rueff, Anleitung zum Betrieb der Pferdezucht (4. Aufl., Stuttg. 1873); Löffler, Zucht, Pflege und Veredelung des Pferdes (3. Aufl., Berl. 1874); Graf Lehndorf, Handbuch für Pferdezüchter (2. Aufl., das. 1882); Sanders, Pferdezucht (deutsch, Bresl. 1888); Hoffmann, Das Exterieur des Pferdes (Berl. 1887); Wolff, Rationelle Fütterung des Pferdes (das. 1886); Graf Wrangel, Das Buch vom Pferde (Stuttg. 1887 ff.); Nathusius, Das schwere Arbeitspferd (Berl. 1882); Derselbe, Die Zucht schwerer Arbeitspferde (das. 1885); Schnäbeli, Gestütalbum (das. 1863-74); Nathusius, Deutsches Gestütalbum (das. 1868-70); Schwartz u. Krocker, Deutsches Gestütbuch, Geschichte und Beschreibung deutscher Gestüte (das. 1872-73, 2 Bde.); Frentzel, Stutbuch des Hauptgestüts Trakehnen (das. 1878); über den Pferdestall die Schriften von Jähn (Leipz. 1877), Engel (Berl. 1876) und Rueff (das. 1875); Schönbeck, Reithandbuch für berittene Offiziere (3. Aufl., Magdeb. 1887); Wörz, Gesundheitslehre des Pferdes (Ulm 1875); Hoffmann, Taschenlexikon der Pferdekunde (Berl. 1884); Jähns, Roß und Reiter in Leben, Sprache, Glauben und Geschichte der Deutschen (Leipz. 1872, 2 Bde.); »Hippologische Revue« (hrsg. von Graf Wrangel, Stuttg. 1887 ff.).