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mählich in den verschiedenen Altersstufen. Die Füllen kommen mit einem dicken, wolligen Haar [* 2] zur Welt, das sie nach einigen Monaten abwerfen; mit dieser Metamorphose ändert sich auch gewöhnlich die Farbe. Alle Haarfärbungen haben die Neigung, bei zunehmendem Alter sich mit grauen Haaren zu mischen, besonders das veränderliche Schimmelhaar, das alle Nüancen von Schwarz bis Weiß durchläuft.
Das
Alter der Pferde
[* 3] bestimmt man am sichersten nach den
Zähnen, besonders nach den Schneidezähnen des
Unterkiefers. Man unterscheidet
zunächst die
Milch- oder
Fohlenzähne, die kleiner, steiler gestellt und am Zahnfleischrand mehr eingeschnürt sind als die
bleibenden Pferd
ezähne. Die obere
Fläche der
Zähne,
[* 4] die Reibfläche, besitzt an den Füllenzähnen und
an den bleibenden Pferd
ezähnen in der Mitte eine schwarzbraune mit
Weinstein etc. ausgefüllte Vertiefung
(Kunde,
Bohne).
Das neugeborne Füllen hat entweder schon bei der Geburt oder doch in den ersten 14 Tagen nach der Geburt in jedem Kiefer zwei Schneidezähne (Zangen) und die drei ersten Backenzähne. Mit 4 Wochen ungefähr erscheinen zwei weitere Schneidezähne (Mittelzähne) und nach 6-9 Monaten die beiden letzten (Eckzähne). Mit diesen Eckzähnen bricht auch der vierte Backenzahn durch. Da sich nun die Zähne durch den Gebrauch in ziemlich gleichmäßiger Weise abnutzen und sich in der Form nach der Wurzel [* 5] zu verändern, so kann man aus dieser Veränderung der Reibfläche einen Schluß auf das Alter machen.
Mit 1½ Jahren ist an den Zangen die Kunde verschwunden, während sie an den Mittelzähnen noch als brauner Fleck sichtbar, an den Eckzähnen aber noch vorhanden ist. Am Ende des zweiten Jahrs bricht der fünfte Backenzahn durch, und mit der Vollendung des zweiten Jahrs verschwindet auch die Kunde an den Eckzähnen. Es tritt nun der Wechsel der Schneidezähne und der Backenzähne ein, und zwar wechseln mit 2½ Jahren zunächst die Zangen und fast gleichzeitig der erste und zweite Backenzahn, während der fünfte zum Durchbruch kommt.
Mit 3½ Jahren wechseln die Mittelzähne und gewöhnlich auch etwas später der dritte Backenzahn, während der sechste Backenzahn und bei Hengsten die Hakenzähne im Unterkiefer zum Durchbruch kommen. Mit 4½ Jahren wechseln die Eckzähne, und die Hakenzähne des Oberkiefers bei Hengsten gelangen zum Durchbruch. Mit diesem Schluß hat das Pferd [* 6] abgezahnt, und es beginnt nun die sogen. kundende Periode. Da nämlich die Kunden der Schneidezähne im Unterkiefer ungefähr 6 mm, die der Zähne des Oberkiefers ungefähr 12 mm tief sind, die Abnutzung durch Reibung [* 7] aber 2 mm pro Jahr beträgt, so werden mit 6 Jahren die Kunden an den Zangen im Unterkiefer, mit 7 Jahren die an den Mittelzähnen und mit 8 Jahren die an den Eckzähnen verschwunden sein, während die im Oberkiefer je 3 Jahre später verschwinden.
Mit dem Verschwinden der Kunden verändert sich gleichzeitig das Verhältnis der Breite [* 8] und Tiefe der Reibfläche. Während dieses in der angegebenen Periode 6:3 betrug, beträgt es in der quer ovalen Periode 5:3 und zwar an den Zangen mit 9, an den Mittelzähnen mit 10 und an den Eckzähnen mit 11 Jahren;
es findet sich außerdem an den Eckzähnen des Oberkiefers mit dem 9. Jahr der sogen. Einbiß.
Mit dem Abschluß dieser Periode verschwinden auch allmählich die Spuren der Kunden und gehen in runde, weiße Flecke über. Mit dem 12. Jahr nehmen die bisher quer ovalen Schneidezähne eine rundliche Form an, und es verhält sich die Breite zur Tiefe wie 5:4. Die Stellung der Zähne in den beiden Kiefern verändert sich in der Art, daß beide Reihen in einem ziemlich spitzen Winkel [* 9] zusammenstoßen. Die Hakenzähne verlieren die kleinen, furchenartigen Vertiefungen und werden stumpfer.
Zwischen dem 13. und 15. Jahr bildet sich nochmals am obern Eckzahn ein Einbiß. Mit dem 15. Jahr ist die Reibfläche an den
Zangen so tief wie breit. Mit 16
Jahren tritt dieses
Verhältnis an den
Mittelzähnen ein, mit 17
Jahren an den
Eckzähnen. Nach dieser Zeit werden die
Zähne dreieckig, die Tiefe übertrifft die
Breite, und die
Zähne erscheinen lang.
Das Jüngermachen der Pferde
durch Herstellung einer falschen
Kunde, welches früher gebräuchlich war, ist jetzt aus der
Mode
gekommen; diese betrügerische
Manipulation war auch leicht daran zu erkennen, daß an der falschen
Kunde
der die echte umgebende Schmelzung fehlte; dafür aber ist das Ältermachen junger Pferde
durch
Ausbrechen der
Fohlenzähne sehr
in
Aufnahme gekommen. Über die
Gangarten des Pferdes s. d. Mit
Blut bezeichnet man im allgemeinen die Abstammung der
Pferde
aus edlen Geschlechtern, mit
Vollblut hingegen jetzt usancemäßig ausschließlich das englische Vollblutpferd.
Stämme der Pferde.
(Hierzu die Tafeln »Pferd
erassen I und II«.)
Das arabische Pferd (s. Tafel I, [* 1] Fig. 1), die älteste uns bekannte Rasse und zugleich die edelste. Die edelsten Exemplare derselben sollen auf dem Hochplateau Mittelarabiens gezüchtet werden; da sie aber nicht in den Handel kommen, so weiß man fast nichts über diese Zucht. Bekannter sind die Pferde, die von den Arabern an die Grenzen [* 10] von Syrien, Palästina [* 11] etc. gebracht werden. Die edlern derselben sind ungefähr 1,5 m groß, haben einen trocknen, geraden oder in der Nase [* 12] etwas konkaven Kopf, einen feinen, hübsch gebogenen Hals mit dünner, seidenartiger Mähne, einen ziemlich scharfen Widerrist, einen nicht zu breiten, aber geräumigen Brustkasten mit häufig etwas steilen Schultern, einen geraden Rücken und eine ebensolche Kruppe, an die sich ein hoch angesetzter, bogenartig getragener Schweif mit seinem Haar anschließt, und sehr klare, trockne, feste Beine, die nur in den Fesseln zuweilen verstellt und weich sind.
Diese Tiere besitzen bei großer Anspruchslosigkeit in der Fütterung eine starke Ausdauer und ein sehr frommes, williges Naturell. Am beliebtesten ist die Schimmelfarbe. Die gemeinern Pferde (Kadischi) sind gröber und auch größer. Nahe verwandt sind mit den arabischen Pferden die ägyptischen und die an der nordafrikanischen Küste gezogenen Berber-Pferde. Letztere unterscheiden sich durch einen in der Nase mehr konvexen Kopf und eine gesenktere, ovale Kruppe von den edlen Arabern. Auch die Pferde der asiatischen Türkei [* 13] (Turkomanen) sind mehr oder weniger mit den arabischen identisch, nur etwas substantieller und nicht ganz so edel wie diese. Das persische Pferd, schon im Altertum berühmt (nyssäische Gefilde), ist etwas größer als das arabische, aber sehr feurig. Die Mongolei und Tatarei ist reich an halbwild lebenden Pferden, die, wenn auch nicht sehr ansprechend in der Form, doch sehr zäh und ausdauernd sind.
In Europa [* 14] nimmt gegenwärtig England die erste Stelle in der Pferdezucht [* 15] ein und hat durch ein konsequentes Streben nach bewußten Zuchtzielen ebenso mannigfaltig wie gute Pferdeschläge erzielt. Das englische Vollblutpferd (Tafel I, [* 1] Fig. 2), aus einer Vermischung orientalischer Hengste teils mit ebensolchen, teils mit einheimischen Landstuten hervorgegangen und dann in sich nach Schnelligkeit weiter gezüchtet, muß, um als solches zu gelten, im ¶
1. Arabisches Vollblutpferd. - 2. Englisches Vollblutpferd. - 3. Englisches Halbblutpferd. - 4. Ungarisches Pferd. - 5. Norfolk-Pferd. - 6. Shetland-Pony.
^[Signiert: E. Volkers 1883]
7. Alt-Neapolitaner Pferd. - 8. Belgisches Pferd. - 9. Oldenburger. - 10. Pinzgauer. - 11. Clydesdaler. - 12. Schwedischer Pony.
^[Signiert: E. Volkers]
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englischen Vollblutverzeichnis (stud-book) eingetragen stehen. Durch fortwährende Häufung der Eigenschaften, welche die Schnelligkeit begünstigen, und durch eine besondere Erziehung (training) hat sich die Form des englischen Rennpferdes insofern verändert, als es größer, höher und gestreckter geworden ist, als es ursprünglich gewesen war. Zu Veredelungszuchten wird jetzt dieses Pferd nach allen Ländern hin exportiert, und für berühmte Hengste werden enorme Preise bezahlt. Das Jagdpferd (hunter), das auf den Fuchsjagden geritten wird, ist entweder Vollblut oder sogen. Halbblut (Tafel I, [* 18] Fig. 3), d. h. es ist aus einer Mischung von Vollblut einerseits und nicht als Vollblut geltenden Tieren anderseits hervorgegangen. Das englische Kutschpferd, das seinen Hauptrepräsentanten in dem Cleveland-Braunen hatte, ist ebenso wie das Yorkshire-Pferd und der Norfolk-Trotter (Tafel I, [* 18] Fig. 5) im Verschwinden, und man züchtet die für den Equipagendienst nötigen Pferde jetzt größtenteils durch Paarung von Vollbluthengsten mit starken, knochigen Stuten der Karrenschläge, von denen England außer dem kolossalen Brauerpferd besonders zwei von vorzüglichen Eigenschaften besitzt, den Suffolk und den Clydesdaler.
Der Suffolk, vorzugsweise in der gleichnamigen Grafschaft gezüchtet, ist Fuchs, [* 19] der Clydesdaler (Tafel II, [* 18] Fig. 11), dessen Heimat das südliche Schottland ist, gewöhnlich braun mit vielen Abzeichen; beide Schläge besitzen bei bedeutender Körperschwere hübsche Formen und verhältnismäßig raschen und leichten Gang. [* 20] Die kleinen Pferde, die sogen. Ponies, sind außerdem in England sowohl im Geschirr als unter dem Sattel vielfach im Gebrauch, da sie ebenso unermüdlich in der Arbeit wie genügsam in der Fütterung sind.
Die bekanntesten Arten englischer Ponies sind: der Shetland- (Tafel I, [* 18] Fig. 6), der welsche, der Exmoor- und der New Forest-Pony. Auch Schweden [* 21] (Tafel II, [* 18] Fig. 12), Norwegen, Ostpreußen, [* 22] Galizien, Sardinien [* 23] und Nordfrankreich haben gute Ponyschläge. Die zwischen den Ponies und größern Reitpferden stehenden edlen, breiten und bequemen Pferde nennt man Cobs. Frankreich besitzt in dem Boulonaiser, dem auch der Percheron zuzuzählen ist, ein gutes Acker- und Wagenpferd.
Diese schweren Schläge werden hauptsächlich an dem Küstenstrich der Nordsee gezogen. Die Departements Orne, Eure, Calvados, Manche produzieren ein großes und gängiges Kutschpferd (Anglonormanne), das jetzt sehr gesucht und vielfach ausgeführt wird. An Reitpferden hat das Land Mangel, indessen macht man in Algerien [* 24] große Anstrengungen zur Erziehung eines größern Berberpferdes. Spanien, [* 25] durch die Mauren in Besitz eines Reitpferdes gelangt, das als stolzer Andalusier sich über den größten Teil Europas ausbreitete, hat, ebenso wie Italien, [* 26] das den berühmten Neapolitaner (Tafel II, [* 18] Fig. 7) besaß, jetzt keinen hervorragenden Pferdeschlag. Belgien [* 27] kultiviert mit Glück in dem vlämischen Pferde (Tafel II, [* 18] Fig. 8) das schwere Lastpferd und im Ardenner (Condroz) ein etwas leichteres, aber breites und stämmiges Tier.
Deutschland [* 28] hat überwiegend Reitpferde und leichte Wagenpferde, während schwerere Wagenpferde nur in einzelnen Distrikten, wie z. B. in Oldenburg [* 29] (Tafel II, [* 18] Fig. 9), gezogen werden und kaltblütige Lasttiere fast ganz fehlen. Preußen, [* 30] das durch Staatsgestüte und Beschälerdepots die Landespferdezucht in militärischer Rücksicht beeinflußt, hat in seinen östlichen Provinzen viele und vorzügliche Kavalleriepferde (Litauer), in seinen mittlern Provinzen ein brauchbares Acker- und Wagenpferd und im Norden [* 31] und Westen, in Holstein und in der Rheinprovinz, [* 32] ein schwereres, dem Lastpferd sich näherndes Arbeitspferd.
Das bedeutendste Gestüt Preußens [* 33] ist Trakehnen, welches, 15 km von Gumbinnen [* 34] gelegen, auf 1 QM. 350 Mutterstuten unterhält. Diese Pferde gehören teils dem Wagen-, teils dem Reitschlag an und versorgen sowohl die Landgestüte als den Obermarstall zu Berlin [* 35] mit Remonten. Mecklenburg, [* 36] welches z. B. in Ivenak ein vorzügliches Reitpferd gezüchtet hatte, ist durch maßlose Benutzung schlechter englischer Hengste stark geschädigt worden und fängt erst in neuester Zeit wieder an, in bessere Wege einzulenken.
Das Fürstentum Lippe [* 37] besaß ein wildes Gestüt in der sogen. Senne, dessen Charakter jetzt vollständig umgeändert und englisiert worden ist. Württemberg [* 38] hatte durch eine arabische Reinzucht einen besondern Ruf erlangt, doch ist diese Zucht jetzt im Verschwinden. Bayern [* 39] besaß in dem Zweibrücker Gestüt, das ebenfalls mit orientalischen Hengsten arbeitete, früher eine berühmte Zucht, die jetzt gleichfalls als nicht mehr zeitgemäß dem Untergang entgegengeht. Österreich [* 40] ist in einzelnen Provinzen, wie Galizien, reich mit Pferden besetzt, es hat in den von Magyaren (Tafel I, [* 18] Fig. 4), Romanen und Slawen bewohnten Ländergebieten teils ganz kleine Pferdeschläge, teils leichte und gewandte Reitpferde; in den von Germanen innegehaltenen Distrikten wird ein kräftiges und großes Wagenpferd, im Pinzgau (Tafel II, [* 18] Fig. 10) sogar ein ziemlich schweres Lastpferd gezogen.
Der Staat unterhält auch hier besondere Anstalten, um die Zucht im Land zu leiten und zu fördern. Dänemark, [* 41] das früher für den Sattel und die Karosse sehr gesuchte Pferdeschläge besaß, ist jetzt von seiner Höhe herabgestiegen: es kultiviert jetzt hauptsächlich ein schweres, für die Bespannung von Omnibussen u. dgl. sehr gesuchtes Arbeitspferd. In Rußland ist im allgemeinen der Pferdeschlag klein, aber, da er sehr hart erzogen wird, ebenso genügsam wie dauerhaft.
Die Kirgisen, Kalmücken, Kosaken, Baschkiren unterhalten große Herden, die halbwild leben; bessere und größere Pferde finden sich in der Ukraine, den Kaukasusländern, in Eriwan und Tiflis, und es sind in den letztgenannte Distrikten besonders die Karabaks, die in Form und Masse vorteilhaft sich abheben. Als Wagenpferd ist der Orlow-Traber bekannt, der aus einer Vermischung von orientalischem und holsteinisch-dänischem Blut entstanden ist und eine sehr räumige und rasche Aktion im Trabe besitzt.
Schwere, kaltblütige Arbeitspferde fehlen. Außer den Privatgestüten unterhält auch der Staat Zuchtgestüte und Beschälerdepots. Amerika, [* 42] das 1493 die ersten Pferde aus Spanien erhalten hat, hat sich ungemein günstig für die Vermehrung derselben erwiesen, und speziell hat Südamerika [* 43] große Herden halbwild lebender kleiner Pferde, während in Nordamerika [* 44] durch die Popularität der Trabrennen sich ein größeres Kutschpferd mit sehr ausgiebiger Trabbewegung entwickelt hat, das wohl jetzt das schnellste der Welt ist. Es durchläuft eine Strecke von 1000 m in 1 Minute 19,9 Sekunden. Auch Australien [* 45] zeigt eine rapide Zunahme seines Pferdebestandes, der zum Teil sehr sorgsam nach englischem Muster erzogen wird.
Das durchschnittliche Alter der Pferde reicht ungefähr bis zu 20, höchstens bis zu 25 Jahren; die edlen Rassen sind im ganzen langlebiger als die gemeinen. Das Wort »Pferd« ist wahrscheinlich gallischen Ursprungs und stammt von Veredus, der latinisierten Form des keltischen vehoreda. Veredus erklärt der ¶