verschiedenen Kollegien desselben und ward 1621 Professor der Theologie zu Paris; starb hier Sein Hauptwerk ist:
»De doctrina temporum« (Par. 1627, 2 Bde.),
wozu als dritter Band das »Uranologion« (das. 1630) kam.
Beide erschienen vereinigt Amsterdam 1703, Verona 1734-36 und Venedig 1757 (in jeder der 3 Ausgaben 3 Bde.).
Ein Auszug: »Rationarium temporum« (zuerst Par. 1633),
diente lange als Lehrbuch für den historischen Unterricht in den Schulen.
Oft ediert wurden auch seine »Tabulae chronologicae regum, dynastiarum, urbium, rerum virorumque illustrium« (Par.
1628, zuletzt 1708). Auch schrieb er »Theologica dogmata« (Par.
1644-50, 5 Bde.; neue Ausg. von Fournials,
das. 1865-67, 8 Bde.).
(Petechiae, Peteschen), kleine, meist stecknadelkopfgroße Blutungen in die Lederhaut. Die Petechien lassen sich
im Gegensatz zum Erythem nicht durch Druck entfärben; sie sind meist rundlich (Petechien oder Purpura), oder sie erscheinen als Striemen
(vibices) oder Blutaustritte in die Haarbälge in Gestalt blauroter, nicht wegdrückbarer Knötchen (lichen
lividus) oder größerer Blutblasen (pemphigus scorbuticus) unter der Oberhaut. Die Petechien entstehen gruppenweise ohne Ordnung und
bleiben fast immer voneinander getrennt, wenn sie gleich in solcher Häufigkeit erscheinen können, daß der befallene Teil
wie dunkelrot marmoriert aussieht.
Sie verschwinden nach einiger Zeit ohne weitere Verwandlung, indem sie sich allmählich entfärben, ohne
Abschuppung der Oberhaut, und verursachen weder Jucken noch Schmerz. Sie erscheinen bisweilen bloß an solchen Stellen der Haut,
welche stark gedrückt worden sind (etwa durch eng anliegende Kleidungsstücke), am häufigsten an der Innenfläche der Vorderarme
und Oberschenkel, am Unterleib, auf den Brüsten. Dagegen verschonen sie meist das Gesicht. Auch auf den
innern Häuten beobachtet man die Petechien, z. B. auf dem Herzbeutel, in den Häuten des Darmkanals.
Diese Petechien beruhen auf einem Austritt von Blut aus einzelnen feinen Gefäßen. Sie sind das charakteristische Symptom aller skorbutischen
Blutzersetzungen, finden sich daher außer dem Skorbut selbst auch bei gewissen Formen des Typhus, der septischen
Krankheiten, Herzklappenentzündung, den Blattern und dergleichen Krankheiten, wobei sich zuweilen Bakterienwucherungen als Ursache
der Gefäßberstung nachweisen lassen. Bei Kindern deutet das Vorkommen von Petechien auf die Anlage zur Bluterkrankheit (s. d.) hin.
(Itza), ein Departement des zentralamerikan. Staats Guatemala, welches geographisch sowohl als ethnologisch einen
Teil des nördlich angrenzenden Yucatan bildet, von dem es nur durch dichte Urwälder getrennt wird, während schroffe, selbst
Maultieren beschwerliche Sierras es vom eigentlichen Guatemala trennen. Bewaldetes Hügelland wechselt mit Savannen ab, und der
Boden ist ungemein fruchtbar. Der Usumacinta, der Belize und andre Flüsse entspringen im Departement; aber
am eigentümlichsten sind demselben zahlreiche Seen, unter welchen die Laguna de Petén (auch Itzasee, von den Itzaindianern Nohukén,
d. h. viel trinken, genannt) der merkwürdigste ist. Er ist 50 km lang, etwa 12 m tief und
fischreich, hat weder sichtbare Zuflüsse noch einen Abfluß, schwillt zwar nach heftigem Regen an, schrumpft
aber während der trocknen Jahreszeit nicht zusammen. Auf einer Insel desselben liegt Flores,
die Hauptstadt des Departements,
mit (1880) 1181 Einw., während ganz Petén deren 1886 nur 8373 zählte,
fast nur Indianer. Hierbei sind die unabhängigen Indianer (Lacandones) nicht mitgezählt. Das jetzige
Petén bildet seit 1697, in welchem Jahr der Gouverneur von Yucatan das Reich der Itza, die hier herrschten, zerstörte, einen Teil
des spanischen Amerika.
(lat. Petrus, v. griech. petrus, »Fels«, franz. Pierre, ital. Pietro, span. u.
portug. Pedro), männl. Name, unter dessen Trägern folgende zu bemerken sind:
1) Sankt Peter, Apostel, s. Petrus.
[Aragonien.]
2) Peter I., König von Aragonien 1094-1104, folgte seinem Vater Sancho Ramirez, der vor Huesca fiel, und setzte den
Kampf gegen die Mauren mit kühner Entschlossenheit fort. Nach dem Sieg bei Alcoraz eroberte er 1096 Huesca und damit
das ganze Gebiet nördlich vom Ebro. Er starb jung und ohne Söhne 1104.
3) Peter II., König von Aragonien 1196-1213, ein tapferer Kriegsmann von riesenhafter Gestalt und Kraft, folgte seinem Vater Alfons
II. in Aragonien, Katalonien und Roussillon, ließ sich 1204 vom Papst Innocenz III., dem er Treue schwur und
Zahlung eines jährlichen Zinses an den päpstlichen Stuhl versprach, in Rom krönen, erregte hierdurch und durch die Auflegung
einer neuen Steuer, der Monedaje, die Unzufriedenheit des Adels und der Städte, welche gegen ihn eine Union schlossen, begünstigte,
ritterlich, prachtliebend und freigebig, die Troubadoure, welche ihn in ihren Gesängen feierten, verband
sich 1212 mit den Königen von Kastilien und Navarra gegen die Almohaden, welche 16. Juli bei Navas de Tolosa besiegt wurden, zog
1213, obwohl er früher die Ketzer verfolgt hatte, den Albigensern gegen Montfort zu Hilfe, fiel aber 13. Sept. in der Schlacht bei
Muret.
4) Peter III., der Große, König von Aragonien, geb. 1239, Sohn Jakobs I., folgte diesem 1276. Als Erbe der
Hohenstaufen unterstützte er die Erhebung der Sizilianer in der Sizilianischen Vesper (1282), eroberte darauf die Insel und
wurde als deren König anerkannt, mußte, um die Kriegskosten zu bestreiten, die Rechte der aragonischen Stände vermehren,
kämpfte aber glücklich gegen Frankreich, Neapel und seinen eignen Bruder Jakob von Mallorca; starb im November 1285.
5) Peter IV., König von Aragonien, geb. 1319, Sohn Alfons' IV., folgte diesem 1336, entzog seiner Stiefmutter Leonore von Kastilien
und seinen Brüdern die ihnen von Alfons geschenkten großen Güter, entriß 1342-44 seinem Vetter Jakob II.
die Balearischen Inseln, die er wieder mit Aragonien vereinigte, konnte aber nach langem Kampf mit den Genuesen Sardinien nicht
völlig erobern. Er unterwarf 1348 den aufständischen Adel in seinen Königlichen und verstärkte die königliche Gewalt, unterstützte
Heinrich von Trastamara im Kampf gegen Peter den Grausamen von Kastilien, geriet aber darauf mit Heinrich
selbst in Streit und mußte 1375 im Frieden von Almazan auf seine kastilischen Eroberungen verzichten; starb
[Brasilien.]
6) Kaiser von Brasilien, s. Pedro.
[Kastilien.]
7) Peter der Grausame, König von Kastilien, zweiter Sohn des Königs Alfons XI. und der Maria von Portugal, geb. zu
Burgos, folgte 1350 seinem Vater auf dem kastilischen Thron und vermählte sich mit Blanka, der Tochter Peters von
Bourbon und Schwester der Königin von Frankreich, ohne jedoch seine
mehr
Beziehungen zu seiner Geliebten, Donna Maria Padilla, deren Brüder und Verwandten sich im Besitz der höchsten Staatsämter befanden,
aufzugeben. Dieser Umstand rief einen Aufstand hervor, an dessen Spitze Heinrich von Trastamara, einer seiner Halbbrüder, und
Alvaro Perez de Castro standen. Dieselben lockten den König in eine Art Gefangenschaft und vermochten ihn
zu dem Verbrechen, die Padilla zu verstoßen. Peter entfloh jedoch und erhielt von den Reichsständen Unterstützung, ließ Blanka
einkerkern und nahm an seinen Gegnern blutige Rache.
Als er 1362 den eben mit Aragonien geschlossenen Frieden wieder brach, verbündeten sich alle seine Feinde gegen ihn; Heinrich von
Trastamara drang in Kastilien ein und nahm den Königstitel an. Peter gewann jedoch den Prinzen Eduard von
Wales, den sogen. Schwarzen Prinzen, durch glänzende Versprechungen für sich und trug in der Ebene bei Najera in der
Provinz Burgos einen entscheidenden Sieg über Heinrich davon, worauf er mit unerhörter Grausamkeit gegen
alle, auch die entferntesten Anhänger seines Rivalen wütete.
Inzwischen hatte Heinrich mit Hilfe des Königs Karl V. von Frankreich ein kleines Heer gesammelt und dasselbe in Kastilien bedeutend
verstärkt. Peter rief die Sarazenen von Granada zu Hilfe und zerstörte die Städte Jaen und Ubeda, die sich für Heinrich erhoben,
ward aber in der Ebene von Montiel in der Provinz La Mancha geschlagen und 23. März gefangen, worauf
ihm Heinrich nach einem heftigen Wortstreit den Dolch ins Herz stieß. Wegen seiner Bemühungen um Verbesserung der Rechtspflege
erhielt Peter den Beinamen el Justiciero (Rechtsprecher). Seine Geschichte schrieben Nuñez de Cunha (Lissab.
1666), Dillon (Lond. 1788, 2 Bde.) und
Mérimée (deutsch, Leipz. 1865).
[Oldenburg.]
8) Peter Nikolaus Friedrich, Großherzog von Oldenburg, Sohn des Großherzogs August Paul Friedrich und der Prinzessin Ida
von Anhalt-Bernburg-Schaumburg, geb. folgte seinem Vater in der Regierung. 1864 erhob er, nachdem
der Kaiser von Rußland alle gottorpschen Erbrechte auf ihn übertragen, Ansprüche auf Schleswig-Holstein, schloß aber einen
Vertrag mit Preußen, durch den er gegen seinen Verzicht Ahrensböck als Entschädigung erhielt. 1866 trat er auf seiten Preußens,
ließ seine Truppen zur Mainarmee stoßen, trat in den Norddeutschen Bund und schloß eine Militärkonvention
mit Preußen. Vermählt ist der Großherzog seit mit Elisabeth, geb. Tochter des Herzogs Joseph von Sachsen-Altenburg,
die ihm den Erbgroßherzog Friedrich August und den Prinzen Georg Ludwig gebar.
9) Peter Konstantin Friedrich, Herzog von Oldenburg, russ. Staatsmann, Sohn des Prinzen Peter Friedrich Georg von
Oldenburg (geb. gest. und der Prinzessin Katharina Paulowna (geb. 1788, gest. 1819), Tochter des Kaisers
Paul von Rußland und nachmals vermählt mit König Wilhelm von Württemberg, geb. zu Petersburg, hatte frühzeitig
intime Beziehungen zu seinem Oheim, dem Kaiser Nikolaus, wurde 1832 Generalmajor, 1834 Generalleutnant, 1841 General
der Infanterie. Er genoß auch eine gute juristische Ausbildung, wurde Doktor der Rechte, ging bald in den Zivildienst über
und war Chef der vierten Abteilung der eignen Kanzlei des Kaisers, Senator und Präsident des Departements des
Reichsrats für Zivil- und kirchliche Angelegenheiten. Ende 1880 feierte der Prinz sein 50jähriges Dienstjubiläum.
Er starb Seine
älteste Tochter, Alexandra, geb. ist seit 1856 mit dem Großfürsten Nikolaus Nikolajewitsch vermählt.
[Oström. Reich.]
10) Peter II. von Courtenay, latein. Kaiser, Sohn Peters I., folgte diesem in der Herrschaft
über die Grafschaften Tonnerre und Nevers 1183, erwarb durch Heirat die Grafschaft Auxerre und das Erbrecht des flandrischen Grafenhauses
auf den lateinischen Kaiserthron, den er nach dem Tode des Kaisers Heinrich I. (1216) einnehmen wollte. Jedoch bei dem Versuch,
durch Illyrien und Makedonien nach Konstantinopel vorzudringen, wurde er 1217 von dem griechischen Fürsten
von Epirus, Theodoros Angelos, gefangen genommen und getötet. Seine Gattin Jolanthe erreichte Konstantinopel und übernahm dort
die Regierung, starb aber schon 1219. Seine Söhne Robert und Balduin trugen nacheinander die Kaiserkrone.
[Portugal.]
11) Könige von Portugal, s. Pedro.
[Rußland.]
12) Kaiser von Rußland: Peter I., Alexejewitsch, der Große, Sohn des Kaisers Alexei und der Natalia
Kirilowna Naryschkin, geb. 9. Juni im Kreml zu Moskau, verlor 1676 in zartester Jugend seinen Vater, dem dessen ältester
Sohn, Feodor Alexejewitsch, auf dem Thron folgte. Während dieser Regierung lebten Peter und dessen Mutter in stiller
Zurückgezogenheit. Als Feodor 1682 starb, ward Peter mit Übergehung des ältern, halb blödsinnigen Iwan zum Zaren ausgerufen.
Sophie jedoch, Iwans leibliche Schwester, gewann die Strelitzen für den Plan, daß Iwan und Peter gemeinschaftlich Zaren sein, sie
selbst aber das Reich verwesen solle. Iwan und Peter wurden daher gekrönt; die thatsächliche
Regierungsgewalt aber befand sich in den Händen Sophiens, welche 1687 sogar den Titel Selbstherrscherin annahm. Peters Unterricht
beschränkte sich auf das Unentbehrlichste. Man ließ seinen Neigungen den freiesten Spielraum und umgab ihn dazu mit einer
Schar von jungen Leuten, die sich Thorheiten und Ausschweifungen aller Art überließen. An seinem Hof auf
dem Landhaus Preobraschenskoje übte der Fürst Boris Galizyn maßgebenden Einfluß. Vorwiegend beschäftigten Soldatenspiele
den jungen Zaren. Bald nachdem sich Peter mit Eudoxia Feodorowna Lapuchin vermählt, kam es zu einem Konflikt zwischen
Peter und Sophie. Die letztere wurde eines Mordanschlags auf den jungen Zaren beschuldigt und in das Jungfrauenkloster
bei Moskau verwiesen. Iwan überließ dem Bruder gern die Zügel der Regierung. Um die Macht der Strelitzen brechen zu können,
vergrößerte Peter Leforts Schar und zog eine große Zahl fremder Offiziere nach Rußland. Mit gleichem Eifer verfolgte er den Gedanken,
seinem Reich eine Flotte zu schaffen. Nachdem er 1697 eine zu seiner Beseitigung angezettelt Verschwörung
blutig unterdrückt und bestraft, die Regierungsgeschäfte einer Anzahl Großer übertragen, die Strelitzen an die Grenzen des
Reichs verteilt hatte, trat er im März 1697 im Gefolge einer nach Holland bestimmten Gesandtschaft, an deren Spitze Lefort, Golowin
und Wosnizyn standen, unter dem Namen Peter Michailow eine Reise ins Ausland an. Er ging über Riga, Mitau, Königsberg
und Berlin nach Holland und arbeitete in gemeiner Matrosentracht auf einer Schiffswerfte zu Amsterdam und Zaandam als Zimmermann,
bis er sich den Meistertitel erworben. Anfang 1698 ging er nach England, wo er über 500 Handwerker und
Techniker aller Art in seine Dienste nahm. Die Universität Oxford überreichte ihm das Doktordiplom. Von Holland,
mehr
wo der Hauptzweck seiner Gesandtschaft, von den Generalstaaten eine Flotte gegen die Türken zu erhalten, gescheitert war, ging
er nach Sachsen und von da nach Wien und Preßburg. Am traf er wieder in Moskau ein und ließ ein schweres Strafgericht
über die Strelitzen ergehen, die wieder einen Aufstand gemacht hatten. Auch Eudoxia mußte ins Kloster wandern;
die Strelitzen aber verteilte der Zar in kleinen Haufen über das Reich, so daß sie allmählich verschwanden.
Von nun an folgten die Neuerungen und Reformen mit stürmischer Eile. Die altrussische Zeitrechnung, nach welcher das Jahr
im Herbst begann, wurde vom an abgeschafft; allen Vornehmen und Geringen ward geboten, sich in
deutsche Tracht zu kleiden und den Bart zu scheren, ohne daß eine konsequente Durchführung dieser Maßregel möglich gewesen
wäre. Der am mit der Pforte abgeschlossene 30jährige Friede hatte das 1696 eroberte Asow und demnach den
Schlüssel zu dem Schwarzen Meer an Rußland gebracht; um nun auch an der Ostseeküste Fuß fassen zu können, verbündete sich
Peter mit Dänemark und mit König August II. von Polen gegen Schweden.
Bei Narwa von Karl XII. aufs Haupt geschlagen, erhielt er durch seines Gegners verkehrte und
hartnäckige Einmischung in die polnischen Wirren Gelegenheit, Ingermanland zu erobern, wo er 1703 den Grund zu der künftigen
Hauptstadt seines Reichs legte. Der Krieg gegen Schweden ward mit Glück fortgesetzt, die Russen fingen an, sich in Esthland und
Livland festzusetzen, und Karls XII. Niederlage bei Poltawa bezeichnete das Ende der schwedischen
Übermacht, worauf Peter Livland und Karelien eroberte.
Da es Karl XII. gelang, die Pforte zu bewegen, den Krieg an Rußland zu erklären, überschritt Peter die Grenze
der Moldau. Da er aber 19. und 20. Juli die Schlacht am Pruth gegen die Übermacht des Feindes verlor und sich
zwischen dem Pruth und einem Morast eingeschlossen sah, so mußte er in dem Frieden von Hush vom 23. Juli den Türken Asow wieder
auszuliefern versprechen. 1713 brachen die Russen in Finnland ein, und die russische Flotte erfocht bei den Alandsinseln einen
glänzenden Sieg über die schwedische.
Die kriegerischen Unternehmungen gegen Schweden, welche den Zaren und dessen Truppen auch zu fortgesetztem Aufenthalt im nördlichen
Deutschland, in Pommern, Mecklenburg und Holstein nötigten, beendigte endlich der Nystader Friede durch welchen außer
Esthland, Livland, Ingermanland und Karelien noch Wiborg und Kexholm an Rußland abgetreten wurden. Der dirigierende
Senat und die Synode dekretierten bei dieser Gelegenheit dem Zaren den kaiserlichen Titel, und ward Peter in Petersburg
feierlich als Kaiser ausgerufen. 1722 trat er an der Spitze von über 100,000 Streitern eine Heerfahrt gegen Persien an und eroberte
Derbent, mußte jedoch zunächst die weitere Expedition aufgeben, da Stürme die russische Flotte auf dem
Kaspischen Meer zerstreut hatten.
In dem Frieden vom trat Persien Derbent, Baku, Gilan, Masenderan und Astrabad an Rußland ab, welch letztere Provinzen
übrigens schon wenige Jahre später aufgegeben werden mußten. Die wichtigen Ereignisse auf dem Gebiet
der auswärtigen Politik und die unausgesetzt Teilnahme an der Kriegführung hinderten den durch wunderbare Arbeitskraft ausgezeichneten
Herrscher nicht an einer sehr energischen Reformthätigkeit im Innern des Reichs. Die Staatsverfassung suchte
er zu bessern,
indem er den frühern Bojarenrat durch den Senat ersetzte (1711). Im J. 1718 folgte die Einrichtung der
Kollegien, unter welche die Geschäfte der auswärtigen Angelegenheiten, des Finanzwesens, der Justiz, des Heerwesens etc. verteilt
wurden.
Einige Institutionen, wie z. B. die Verleihung munizipaler Rechte, zielten auf eine Entwickelung der Selbstverwaltung ab. Anderseits
suchte Peter in allen Stücken die Staatsaufsicht und Kontrolle zu verschärfen, vornehmlich um die Moral des
Beamtenstandes zu heben und alle ohne Ausnahme zur Teilnahme an den Staatspflichten heranzuziehen. Doch blieb Peters Streben,
der Korruption der Beamten Schranken zu setzen, meist erfolglos. Um den beträchtlich gesteigerten finanziellen Bedürfnissen
des Staats zu genügen, mußte Peter neue Steuersysteme einführen, wobei das Volk vielfachen Bedrückungen ausgesetzt war.
Unermüdlich thätig war Peter auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik, indem er Handwerke und Manufakturen,
Handel und Verkehr, Bergwesen und Forstkultur zu beleben suchte. Der Landwirtschaft und den bäuerlichen Zuständen widmete
er geringere Aufmerksamkeit. Auf dem Gebiet der Kirchenverfassung war die thatsächliche Abschaffung der Patriarchenwürde
(1700) entscheidend. Die heilige Synode wurde 1721 errichtet. Peter suchte die Zahl der Klöster zu beschränken
und die Mönche und Nonnen zu nützlicher Thätigkeit anzuhalten.
Bei den Reformen auf geistlichem Gebiet unterstützte den Zaren der ihm geistesverwandte Erzbischof von Nowgorod, Theophan Prokopowitsch.
Dem Sektenwesen gegenüber legte eine große Duldsamkeit an den Tag. Für das Bildungswesen sorgte er durch
die Gründung von Schulen und Druckereien, durch Verbreitung fremder, in das Russische übersetzter und einheimischer Schriften,
durch Veranstaltung geselliger Zusammenkünfte für Männer und Frauen nach der Art und Sitte des Abendlandes und durch die Gründung
der Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg, deren Eröffnung übrigens erst unter seiner Nachfolgerin
stattfand.
Ein besonderes Interesse hegte er für die Naturwissenschaften, insbesondere für die Geographie (vgl. K. E. v. Baer, Peters d. Gr.
Verdienste um die Verbreitung geographischer Kenntnisse, Petersb. 1872). Trotz eines
schmerzhaften Blasenleidens setzte Peter seine gewohnten Beschäftigungen fort, bis ihn im Spätherbst 1724 eine Erkältung,
welche er sich bei der versuchten Rettung eines gestrandeten Boots zugezogen, auf das Krankenlager warf;
er starb 8. Febr. ohne eine Verfügung wegen des Throns getroffen zu haben, daher ihm seine Gemahlin Katharina I. auf
demselben folgte. Peter war roh und in seinen Leidenschaften, Wollust und Trunksucht, oft zügellos; mit Vorliebe
gab er sich rauschenden Vergnügungen hin und ließ bei Veranstaltung von burlesken Aufzügen seiner Ausgelassenheit den Zügel
schießen; aber stets beseelte ihn ein hohes Pflichtgefühl, und nie ließ er den Staatszweck außer Augen. Eine mächtige
Herrschernatur, ein Reformator von klarem Wissen und Wollen, ist er Gründer des russischen Staats geworden.
Am wurde sein Denkmal von Falconet enthüllt (s. Sankt Petersburg).
Andre Denkmäler Peters befinden sich zu Petersburg,
Kronstadt, Poltawa, Woronesh, Lodeinoje Pole und Lipezk.
Vgl. Golikow, Dejania Petra Welikawo (Mosk. 1788-97, 30 Bde.);
Ustrjalow, Istoria zarstwowania Petra Welikawo (Petersb. 1858-1863, 6 Bde.);
Sadler, Peter d. Gr. als Mensch und Regent (das. 1872);
Herrmann, Rußland unter
mehr
Peter d. Gr. nach den handschriftlichen Berichten J. G. ^[Johann Gotthilf] Vockerodts und O. Pleyers (Leipz. 1872);
Barrow, Life
of Peter the Great (neue Ausg., Lond. 1883);
A. Brückner, Peter d. Gr. (in Onckens »Allgemeiner Geschichte«, Berl. 1879);
Schuyler, Life of Peter the Great (Lond. 1884, 2 Bde.).
Das sogen. »Testament Peters d. Gr.«, nach welchem das russische Volk die Bestimmung hätte, in der Zukunft
die Herrschaft in Europa zu erhalten, ist eine Erfindung, wenn nicht sogar ein Diktat Napoleons I. und stammt aus einem 1812 vermutlich
auf dessen Bestellung von Lesur geschriebenen Buch: »Des progrès de la puissance russe«; vgl.
Berkholz, Napoléon I, auteur du Testament de Pierre le Grand (Riga 1863; deutsch, Petersb. 1877),
und Breßlau
in der »Historischen Zeitschrift« 1879.
13) Peter II., Alexejewitsch, Sohn des unglücklichen Zarewitsch Alexei, Enkel Peters d. Gr., geb. 22. (11.) Okt. 1715, folgte der
Kaiserin Katharina I. auf dem Thron. Menschikow brachte ihn aber gänzlich unter seine Leitung, und Peter verlobte
sich sogar mit dessen Tochter. Nachdem der Emporkömmling gestürzt und nach Sibirien verbannt war, traten die Dolgorukijs
an seine Stelle. Peter ward mit großem Pomp zu Moskau gekrönt und residierte fortan hier. Am verlobten ihn
die Dolgorukijs mit Katharina Dolgorukij, und die Vermählung wurde auf festgesetzt. Am 28. Jan. aber kehrte der Kaiser
krank von der Jagd nach Hause zurück und starb an den Blattern. Seine Nachfolgern auf dem Thron war Anna Iwanowna.
14) Peter III., Feodorowitsch, als Herzog von Holstein-Gottorp Karl Peter Ulrich genannt, ein Enkel Peters d. Gr.,
Sohn von dessen Tochter Anna Petrowna und des Herzogs Karl Friedrich von Holstein, geb. zu Kiel, wurde, da schon mit
Peter II. der Romanowsche Mannesstamm ausgestorben war, durch die Kaiserin Elisabeth nach Rußland berufen und zum
Großfürsten und Thronfolger von Rußland ernannt. Er war dabei zur griechischen Kirche übergetreten und hatte den Namen Peter Feodorowitsch
angenommen. Fast gleichzeitig wählten ihn die schwedischen Stände zum König, doch lehnte Peter ab. Am ward
er mit der Prinzessin Sophie Auguste von Anhalt-Zerbst, der nachmaligen Kaiserin Katharina II., vermählt.
Meist lebte er in Oranienbaum, wo er sich mit seinen holsteinischen Offizieren an Trinkgelagen ergötzte. Seine Ehe mit Katharina
war eine unglückliche. Nach Elisabeths Tod bestieg Peter den Zarenthron. Er erließ sofort eine umfassende Amnestie,
hob das alte Reichsgesetz, daß kein Unterthan ohne Erlaubnis des Zaren das Reich verlassen durfte, für
den Adel auf, beseitigte das furchtbare Tribunal, die geheime Kanzlei, die das Leben der Unterthanen allen Angebereien preisgab,
schaffte die Tortur ab, stellte für das Volk die Salzpreise billiger, erließ Befehle gegen den überhandnehmenden Luxus, verminderte
die Handelsabgaben und verbesserte das Kriminalverfahren.
Dem unter Elisabeth wieder gesunkenen Handel, dem Verkehr und Ackerbau suchte er aufzuhelfen, Flotte und Heer durch Niedersetzung
einer obersten Kriegskommission wiederherzustellen. Mit Friedrich II. von Preußen, den er schwärmerisch verehrte, und mit
welchem er schon vor seiner Thronbesteigung einen lebhaften Briefwechsel unterhalten hatte, schloß er im
Mai 1762 Frieden, nach welchem er das schon von den Russen eroberte Ostpreußen zurückgab und den General Tschernitschew mit
15,000 Mann zu Friedrichs Heer stoßen ließ. Um
die Ansprüche des Hauses Holstein-Gottorp auf Schleswig durchzusetzen, rüstete
er sich zum Kriege gegen Dänemark und wollte sich persönlich an die Spitze seines Heers stellen, als eine
Verschwörung in Petersburg ausbrach, an deren Spitze des Kaisers eigne Gemahlin stand, welche, von Peter mit der Verbannung in ein
Kloster bedroht, die mit seinen Neuerungen und der Bevorzugung der Holsteiner unzufriedenen Großen für sich gewonnen hatte.
Anstatt an der Spitze seines Heers sogleich gegen die Empörer zu Felde zu ziehen, verzichtete er in einem
Brief an Katharina, die in der Nacht vom 8. auf den zur Kaiserin ausgerufen ward, auf den Thron und versprach, in die
deutsche Heimat zurückzukehren. Er wurde aber nach Peterhof gelockt und zur Unterschreibung der Thronentsagungsakte gezwungen.
Nachdem er hierauf nach dem Landhaus Ropscha gebracht worden war, wurde er hier von einigen Parteigängern der
Kaiserin, vermutlich ohne deren Vorwissen, ermordet. Der Hauptanteil an der That wird Alexei Orlow zugeschrieben.
Vgl. Saldern,
Biographie Peters III. (Petersb. 1800);
15) König von Ungarn, geboren um 1000 zu Venedig als Sohn des Dogen Otto Urseoli und einer Schwester des Königs Stephan
von Ungarn, wurde 1038 von diesem zum Erben ernannt, 1041 aber von den Ungarn vertrieben, die Aba (Ovo) auf
den Thron erhoben, und erst 1044 von Heinrich III. von Deutschland wieder auf den Thron gesetzt, nachdem er dessen Oberlehnshoheit
anerkannt hatte. 1046 wegen seiner Begünstigung der Deutschen von neuem gestürzt, wurde er geblendet und starb um 1060 in
gänzlicher Vergessenheit.
1) Karl Ludwig, Geschichtschreiber und Pädagog, geb. zu Freiburg
a. U., ward 1822-27 in
Schulpforta erzogen, studierte 1827-1831 in Halle erst Mathematik, dann Theologie und Philologie, ward 1831 Lehrer an der Lateinschule,
dann am Pädagogium zu Halle, 1835 Direktor des Gymnasiums zu Meiningen, 1843 Konsistorial- und Schulrat in Hildburghausen, 1848 Schulrat
in Meiningen, 1853 Direktor des Gymnasiums zu Anklam, 1854 zu Stettin und 1856 Rektor der Landesschule Pforta,
welche er 17 Jahre mit großem Erfolg leitete. 1873 in den Ruhestand getreten, wirkte er noch einige Jahre als Honorarprofessor
der Geschichte an der Universität Jena. Er schrieb außer einigen Programmen und Schulausgaben (Ciceros
»Orator« und »Brutus«, 1830; Tacitus' »Agricola« und »Dialogus«, 1877);
»De Xenophontis Hellenicis« (Halle 1837);
»Zeittafeln
der griechischen Geschichte« (das. 1835, 6. Aufl. 1886);
»Zeittafeln der römischen Geschichte« (das.
1841, 6. Aufl. 1882);
»Die Epochen der Verfassungsgeschichte der römischen Republik« (Leipz. 1841);
»Der Geschichtsunterricht
auf Gymnasien« (Halle 1849);
»Geschichte Roms« (4. Aufl., das. 1881, 3 Bde.),
eine auf gründlichen Studien beruhende, vorurteilsfreie pragmatische Darstellung der römischen Geschichte;
»Römische Geschichte
in kürzerer Fassung« (2. Aufl., das. 1878);
»Studien zur römischen Geschichte« (2. Aufl., das. 1863);
»Zur Reform unsrer Gymnasien« (Jena 1875);
»Zur Kritik der Quellen der ältern römischen Geschichte« (Halle 1879).
2) Hermann, Philolog, Sohn des vorigen, geb. zu Meiningen, seit 1860 Gymnasiallehrer in Posen
und Frankfurt a. O., 1871 Professor, seit 1874 Rektor der Fürstenschule in Meißen, gab
mehr
die »Scriptores historiae Augustae« (2. Aufl., Leipz. 1884, 2 Bde.)
sowie die »Veterum historicorum romanorum reliquiae« (das.
1870, Bd. 1),
Ovids »Fasti« (2. Aufl., das. 1879) und »Historicorum
romanorum fragmenta« (das. 1883) heraus und schrieb: »Die
Quellen des Plutarch« (Halle 1868).