Hauptort der Tolistobojer in
Galatien, unweit des
Sangarios, berühmt als Hauptsitz des Kultes der
Kybele.
[* 2]
Der reiche
Tempel
[* 3] der
Göttin, deren der
Sage nach vom
Himmel
[* 4] gefallenes hölzernes Bildnis die
Römer
[* 5] 204
v. Chr. nach
Rom
[* 6] holen
ließen, befand sich auf einem
Bergvor der Stadt, und seine
Priester, die
Galli, standen in fast königlichem
Ansehen. Im 6. Jahrh. verschwindet Pessinus aus der Geschichte.
(lat. pestis), im
Altertum jede schwere, bösartige
Volkskrankheit, seit dem 6. Jahrh. die ansteckende akute
Krankheit,
welche durch schwere Erkrankung einzelner
Abschnitte des lymphatischen
Apparats (Bubonenpest) und durch dieEntwickelung
von
Anthrax oder
Karbunkel charakterisiert ist und auf der einen Seite mit dem
Typhus, auf der andern mit dem
Milzbrand manche
Übereinstimmung zeigt. Diese
Krankheit war schon
vor der christlichen
Zeitrechnung bekannt; als
Epidemie trat sie häufig in
Syrien und
Ägypten
[* 7] auf, und im 6. Jahrh. verbreitete sie sich über ganz
Europa
[* 8]
(Justinianische Pest). Im
Lauf desMittelalters waren Pestepidemien häufig; der verheerende schwarze
Tod (s. d.) des 14. Jahrh. war wohl gleichfalls
eine Pest, obwohl es bei dem noch im
Mittelalter volkstümlichen
Gebrauch des
Wortes Pest für alle
Epidemien und bei dem Schweigen
der ärztlichen
Schriften über die Bubonenpest sehr schwer ist, zu entscheiden, ob die Schilderungen
des Chronisten sich stets auf diese
Krankheit beziehen. Im 16. und 17. und zum Teil noch im Anfang des vorigen
Jahrhunderts
war die Pest in
Europa ziemlich häufig; sie trat damals in
Deutschland,
[* 9]
Holland,
Italien
[* 10] etc. bald da, bald dort in großen oder
auch in kleinen örtlichen
Epidemien auf und war oft wieder für längere Zeit ganz verschwunden. In
Italien hat die
Krankheit,
abgesehen von einer kleinen
Epidemie von 1691 bis 1692 in einigen Ortschaften der neapolitanischen
ProvinzBari, zum letztenmal
von 1656 bis 1657, im britischen Inselreich und in der
Schweiz,
[* 11] die später von der
Seuche ganz verschont
geblieben sind, zuletzt von 1666 bis 1667 geherrscht; in
Holland fällt der letzte Pestausbruch 1677 und auf der
Iberischen Halbinsel
1678-79.
In
Deutschland und in den skandinavischen
Reichen verbreitete sich von S. nach O. (bez.
Österreich
[* 12] und Rußland) her 1708 und 1709 eine
schwere Pestepidemie über die
Weichsel- und Odergebiete, welche erst in den Elbgegenden ihre
Grenze fand,
an einzelnen
Punkten des nordwestlichen
Deutschland auch noch in den folgenden
Jahren wiederholt auftrat und in ebendieser Zeit
einen großen Teil von
Dänemark
[* 13] und
Schweden
[* 14] überzog. Das Jahr 1711 bildet für diese Gegenden den definitivenAbschluß
des Vorkommens der Pest 1720-22 wurde die
Provence von dieser
Seuche heimgesucht, und 1743 erschien die
Krankheit in
Messina,
[* 15] von
wo aus sie nach
Reggio verschleppt wurde.
Dauernde Sitze der Pest auf europäischem
Boden während des 18. Jahrh. bildeten demnach nur der
Osten und Südosten dieses
Kontinents;
aber auch hier sind es, abgesehen von der schweren
Seuche, welche sich von 1707 bis 1713 über einen großen
Teil Rußlands und
Österreichs verbreitet hatte, und von der
Epidemie von 1770 bis 1771, welche von den südlichen Gegenden
Rußlands bis nach
Moskau
[* 16] fortgeschritten war, vorzugsweise nur die Türkei,
[* 17]
Dalmatien,
Siebenbürgen,
Ungarn,
[* 18]
Bosnien,
[* 19]Serbien
[* 20] und die
Donaufürstentümer sowie das südwestliche Rußland gewesen, in welchen bis zum
Schluß des
Jahrhunderts die Pest in
verheerenden
Epidemien und in weiterer Verbreitung wiederholt
geherrscht hat.
Ebenso hatte die
Krankheit inzwischen in
Ägypten,
Syrien, auf dem nordafrikanischen
Küstenland und in
Anatolien und
Armenien
ihre frühere Herrschaft behauptet und in
Vorderasien sich noch weiter, über
Mesopotamien und
Persien,
[* 21] ausgedehnt. In
Mesopotamien herrschte die
Seuche nachweisbar zum erstenmal 1773 und in
Persien 1725. In letzterm Land blieb
die Pest ausschließlich auf den Nordwesten beschränkt, und nur die
Epidemien von 1757 und 1760 haben einen bedeutenden
Umfang
erlangt. Auch im 19. Jahrh. wurden
Mesopotamien und
Persien selten von der Pest heimgesucht.
Im westlichen
Europa trat die Pest nur noch dreimal in eng begrenzten
Herden, 1813 auf
Malta, 1815 in dem neapolitanischen Küstenstädtchen
Noja (von
Dalmatien eingeschleppt) und 1820 auf
Mallorca (von
Marokko
[* 22] her infiziert) auf. Die gleichzeitige
Epidemien auf
Malta,
inBukarest,
[* 23]
Griechenland
[* 24] und an der siebenbürgischen
Militärgrenze stehen mit einem bedeutenden Pestausbruch
im
Orient im Zusammenhang. Ebenhier zeigte sich die
Seuche 1815 von neuem, gleichzeitig (zum letztenmal) in
Dalmatien und 1828 in
Kronstadt;
[* 25] seitdem ist
Österreich von der Pest verschont geblieben.
In denDonaufürstentümern erlangte die
Krankheit zur Zeit des russisch-türkischen
Kriegs von 1827 bis 1829 eine
weitere Verbreitung, und mit ebendieser
Epidemie hängt das Auftreten der Pest 1828 in
Odessa
[* 26] zusammen. In Rußland hatte die
Pest vorher, 1807, jedoch nur in geringem
Umfang, an einzelnen
Punkten der
GouvernementsAstrachan und
Saratow, später (1812) in
Odessa, sodann 1819 und 1824 an einigen
OrtenBessarabiens geherrscht; dann erschien sie, wie bemerkt, 1828 in
Odessa und endlich ebenhier noch einmal 1837; diese Pestepidemie ist, bis zum Wiederauftreten der
Seuche 1878, die letzte auf
russischem
Boden gewesen. In ebendieses Jahr (1837) fallen dann auch die letzten Pestausbrüche in
Griechenland sowie in
Tripolis
undAlgerien. Auf asiatischem
Boden erlosch die
Seuche zuerst (1830) in
Mesopotamien, sodann (1832) in
Arabien,
zuletzt (1835) in
Persien, so daß 1837 neben der Türkei, welche von der
Krankheit noch einmal (1839) heimgesucht worden ist,
nur noch die alten Stätten der Pest,
Ägypten und
Syrien, Sitze der
Krankheit blieben; inSyrien (und
Armenien)
herrschte sie zum letztenmal 1841, in
Ägypten von 1843 bis 1844, und damit hatte die Pest vorläufig ihr Ende erreicht.
Die neuere
Periode, welche mit 1858
(Bengasi in
Tripolis) beginnt, zeigt die auffallende
Erscheinung, daß, während die
Krankheit
aus dem
Terrain, welches sie nachweisbar nahe an zwei Jahrtausende behauptet hatte, bis jetzt vollständig
verschwunden ist, dieselbe in Gegenden, welche bis dahin nur in großen, Jahrzehnte umfassenden Zwischenräumen, und zwar
stets infolge von Einschleppung der
Seuche, von ihr heimgesucht worden waren, jetzt neue Heimatsherde gefunden hat.
VierPunkte sind seit jener Zeit Sitz der
Krankheit geworden: das
Hochland Assyr an der Westküste von
Arabien,
der westliche und besonders der nordwestliche Teil
Persiens, die
Ufer des
Euphrat und
Tigris in
Mesopotamien und der
Distrikt von
Bengasi im
PaschalikTripolis. Ob zwischen dem Auftreten der
Krankheit an diesen einzelnen
Punkten ein innerer Zusammenhang besteht,
erscheint fraglich, und noch weniger läßt sich darüber urteilen, ob und inwieweit die Pestepidemien
mit dem Vorherrschen der
Krankheit an den Abhängen des
Himalaja in
Verbindung zu bringen sind. Im
Winter 1878/79 wurde das Wolgagebiet
¶
mehr
des GouvernementsAstrachan von der Pest heimgesucht. Eine eigentlich epidemische Verbreitung erlangte die Krankheit aber nur
in dem Kosakendorf Wetljanka, wo sie 20 Proz. der Einwohner fortraffte und 82 Proz.
der Erkrankten dem Tod anheimfielen. Man muß annehmen, daß die Pest hierher aus Persien über Astrachan oder durch Truppen aus
Armenien eingeschleppt worden ist. Eine weitere Verbreitung wurde durch rigorose, oft grausame Sperrmaßregeln verhindert.
Der Ansteckungsstoff der Pest ist noch völlig unbekannt, er wird nicht nur durch Berührung, sondern auch durch die
Luftübertragen, und dies ist gewiß die häufigste Art der Ansteckung. Auch die von den Kranken benutzten Betten,
Wäsche etc. können den Ansteckungsstoff aufnehmen und denselben an bisher pestfreie Orte bringen. Dagegen ist es nicht sicher
erwiesen, daß auch durch bloße Handelswaren (Baumwolle
[* 28] u. dgl.) die Pest aus dem
Orient nach Europa eingeschleppt worden sei.
In den allermeisten Fällen scheint die Pest innerhalb 7 Tagen nach der Aufnahme des Ansteckungsstoffs in den
Körper auszubrechen, in vielen Fällen aber dauert dieses sogen. Inkubationsstadium nur 2-5 Tage und in sehr vereinzelten Fällen
auch wohl bis zu 15 Tagen. Dieser Umstand ist natürlich für die Feststellung der Quarantänezeit von der größten Wichtigkeit.
Die in Armut und Elend lebenden Volksklassen werden von der Pest am häufigsten ergriffen. Merkwürdigerweise
scheinen manche Beschäftigungsweisen ganz verschont zu werden, besonders solche, welche viel mit Wasser zu thun haben, noch
mehr aber die Ölträger, Öl- und Fetthändler.
Sie verursachen meist lebhafte stechende Schmerzen, wachsen bis zur Größe eines Taubeneies und darüber und gehen dann gewöhnlich
in Eiterung, Verjauchung und Brand über. Der Pestkarbunkel entsteht aus einzelnen flohstichähnlichen roten Flecken, die oft
unter stechenden Schmerzen hier und da auf der Haut, besonders der Beine, erscheinen, später zu größern
bläulichroten Flecken anwachsen, verhärten, ein Bläschen an der Spitze zeigen und endlich in einen Brandschorf mit lebhaft
entzündetem Hof
[* 32] übergehen, unter welchem Haut und Muskeln
[* 33] brandig zerstört werden.
Nach dem Auftreten dieser örtlichen Pestmale steigert sich gewöhnlich das Fieber zu heftigen typhusähnlichen Symptomen,
es tritt ein hochgradiger Verfall der Kräfte ein, und es erfolgt dann entweder der Tod unter schlagflußähnlichen
oder mit andauernder Bewußtlosigkeit einhergehenden Hirnzufällen, oder auch durch Blutungen, Entkräftung und Blutzersetzung,
oder es tritt unter Eiterung der Beulen und Abstoßung der Brandschorfe allmähliche Genesung ein.
Das sicherste Vorbauungsmittel wäre wohl die Einführung von ausreichenden sanitätspolizeilichen Maßregeln in den Ländern,
wo sich die Pest selbständig entwickelt, namentlich also in Ägypten. Der einzelne von der Pest. Bedrohte isoliere sich möglichst
von dem Verkehr, besonders von dem mit unreinlichen Volksklassen, vermeide den Umgang mit Pestkranken und
halte sich fern von deren Wohnräumen, Betten und Kleidungsstücken. Das Einreiben des Körpers mit Baumöl verdient als Schutzmittel
versucht zu werden.
Die Behandlung der Pestkranken muß in der Hauptsache eine diätetische sein. Man sorge für reine, frische Luft, wende das
frische und reine Wasser innerlich und äußerlich an, gebe Limonaden und andre kühlende Mittel. TrittGenesung
ein, so muß man bereiten für Darreichung einer nährenden und leichtverdaulichen Kost sorgen.
Bedeutend ist der Weinbau, namentlich um Ofen; Holz
[* 43] mangelt im S., weshalb Schilfrohr, Stroh und selbst getrockneter Mist
als Brennmaterial benutzt werden. Die meisten Waldungen finden sich noch im N. Die Weiden ernähren große und zahlreiche
Herden von Schafen, Rind- und Borstenvieh. Der Fischfang in der Donau und Theiß ist sehr ergiebig und liefert auch 5-8 metr.
Ztr. schwere Hausen. Mineralien
[* 44] fehlen und in der Ebene sogar Bausteine. Hauptbeschäftigung der Bewohner
sind Ackerbau und Viehzucht.
[* 45] Die Industrie beschränkt sich auf die Hauptstadt Budapest; der Handel ist sehr lebhaft und wird
durch die Dampfschiffahrt und mehrere Eisenbahnen befördert.