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Männchen und halten sich in der nassen Jahreszeit auf den sterilen Kordillerenkämmen auf, während sie in der kalten in die Punathäler herabsteigen, wo die Indianer sie in Menge zu fangen und zu erlegen wissen. Ihr Fleisch gibt gedörrt ein wohlschmeckendes Gericht (charquican), und aus ihrer Wolle werden sehr feine Gewebe und dauerhafte Hüte verfertigt. Die Schafe bleiben das ganze Jahr hindurch in der strengen Puna, wo die größern Viehhöfe nicht selten Herden von 60-100,000 Stück haben. Ihre Wolle ist fein, wird aber meist im Gebirge selbst zu einem groben Zeug (bayeta) verarbeitet. Bei gehöriger Zucht und Pflege könnten das Alpako, das Lama, das Schaf und selbst die Vicuña allein Peru reich machen; gegenwärtig liefern sie nur mäßige Ausfuhrprodukte.
Industrie und Handel.
Die Industrie ist höchst unbedeutend. Nennenswerte Fabriken sind gar nicht vorhanden, und selbst die ehedem bedeutende Hausindustrie der Indianer ist sehr gesunken. Ihr Bedarf an Woll- und Baumwollkleidern wird gegenwärtig von England und Nordamerika importiert. Doch sind die Indianer in der Weberei geschickt und liefern auch jetzt noch sehr schöne und feine Gewebe (besonders in Tarma und Umgegend), außerdem feine Flechtwerke aus Palmenfasern, Hüte und Zigarrentäschchen, desgleichen Gold- und Silberarbeiten und Leder. Auch für Handwerke und selbst für die Kunst haben sie Geschick, allein ihre große Trägheit läßt sie es zu nichts bringen. Die von den Europäern wiederholt angelegten Fabriken sind aus Mangel an Arbeiten immer wieder eingegangen. Von Bedeutung ist aber noch der Bergbau, namentlich der Silberbergbau von Cerro de Pasco. Das Silber kommt teils gediegen und oft in großen Massen vor, teils als Pacoserze (Gemische von reinem Silber mit Brom- und Jodsilber), ferner als Polvorilla (pulverförmiges Schwefelsilber und Kupfer). Diese Erze sind sehr reich und geben zuweilen 80 Proz. Silber. Gegen früher ist der Ertrag sehr gefallen. Es wurden eingeschmolzen im Jahresdurchschnitt 1805-1809: 110,571 kg, 1826-30: 52,649 kg, 1862: 53,556 kg, 1877: 44,398 kg, 1884 aber wieder 55,100 kg. Nach Vollendung der Eisenbahn wird das Silbererz zum Schmelzen nach Europa ausgeführt oder Brennmaterial eingeführt werden. Die Ausbeutung des Goldes, das sich vorzugsweise im O. der Andes, im Gebiet der Quellflüsse des Rio Purus, findet, ist eine sehr schwierige; seit 1861 läßt eine Gesellschaft die Minen von Carabaya bearbeiten. Von 1630 bis 1803 betrug die Ausbeute an Gold und Silber 5094 Mill. Mk.; Gold wurde 1826-33 zu Lima im Wert von 83 Mill. Mk. geprägt. Neuerdings baut man auch auf Kupfer, wovon jährlich 54,000 Ztr. nebst 8400 Ztr. Zinn nach England ausgeführt werden; die ehemals berühmten Quecksilberminen von Huancavelica und Chonta in der Provinz Tarma, welche 1571-1790 jährlich 4751 Ztr. lieferten, geben jetzt kaum noch 2000 Ztr. jährlich. Von dem reichlich vorhandenen Salz (namentlich am Rio Huallaga) wird auch zur Ausfuhr gewonnen; ebenso Salpeter (bei Tarma). Endlich sind Steinkohlen bei Huallanca, Cerro de Pasco etc. entdeckt worden. Dagegen hat Peru mit den Provinzen Tacna und Tarapacá seine ergiebigen Salpeterlager verloren, und auch die Guanoinseln (die übrigens teilweise abgebaut sind) sind in den Besitz Chiles übergegangen. Doch kommt auch auf dem Festland (Independenciabai) Guano vor. Bisher standen dem Bergbau, insbesondere dem Silbergbau ^[richtig: Silberbergbau], die meist sehr ungünstige Lage der Gruben auf entlegenen, schwer zugänglichen, unwirtlichen und ganz holzlosen Gebirgen, der Mangel an Straßen, Maschinen und tauglichem Personal wie an Kapital und Kredit hindernd entgegen. Die Anlegung von Eisenbahnen wird ihn von neuem beleben.
Der Handelsbetrieb litt noch mehr als der Bergbau unter dem Mangel gebahnter Straßen, wodurch der Verkehr zwischen den Seehäfen und den bevölkertsten Teilen des Landes, der Sierra, außerordentlich erschwert und verteuert wurde; von den fruchtbaren Thälern des Ostens konnten die Produkte, außer der Koka, geradezu nicht ausgeführt werden. Diese Übelstände, welche das Aufblühen des Staats hinderten, veranlaßten 1868 den Beschluß, nachdem bereits die kleinen Bahnen Lima-Callao (1851), Lima-Chorillos (1859) und Arica-Tacna (1854) gebaut worden waren, ein Eisenbahnsystem in großartigem Stil herzustellen. Die reichen Einnahmen des Staats vom Guano und zwei ausländische Anleihen schafften die nötigen Mittel; in dem Nordamerikaner Henry Meiggs fand sich zur rechten Zeit ein kühner Unternehmer, und der Ingenieur Malinowski verstand es, die technischen Schwierigkeiten zu überwinden, namentlich die Hauptbahnen in scharfem Anstieg vom Meeresstrand bis zu Paßhöhen von 4769 und 4470 m zu führen. Das peruanische System besteht aus einer Längsbahn, die, mit der Küste parallel laufend, Huacho über Lima mit Pisco und Ica verbinden soll, 11 Bahnen, welche von 15 Hafenstädten ausgehen und den Reichtum der Sierra an Zucker, Getreide, Wolle, Metallen, Salpeter etc. dem Welthandel zuführen, und aus 2 transandinischen Bahnen, die von Callao (Lima) und von Mollendo (Arequipa) aus auf das an Erzen, Getreide und Wolle reiche Hochland steigen, auf dem Hochland sich verzweigen und bis zu den schiffbaren Zuflüssen des Marañon fortgesetzt werden sollen. Vorderhand sind aber (1886) von diesem ausgedehnten Netz erst 2600 km dem Verkehr übergeben worden, darunter die kühne Andesbahn, welche von Mollendo bis Puno am Titicacasee führt. Wenn nun auch bei der Höhe der Kosten (180 Mill. Soles) und der Eile der Ausführung diese Bahnen vorläufig zum Teil nur geringen Ertrag geben, so wird doch durch dieselben der Wohlstand des Landes fester begründet werden. Ebenso ist die Wichtigkeit des Amazonenstroms (s. d.) für den peruanischen Handel erkannt und diese Wasserstraße bereits durch Traktate mit Brasilien (1851 und 1858) für den Handel eröffnet worden. Auch für Hebung des Handels an der Südseeküste ist in neuester Zeit durch bedeutende Hafenbauten, namentlich in Callao, Mollendo, Iquique, Cerro-Azul und bei Huaman, mehr gesorgt worden. Der auswärtige Handel geht noch fast ausschließlich über die Häfen an der Südsee. Der Gesamtwert der Ausfuhr betrug 1877: 39,710,202 Soles (darunter 279,984 Ton. Guano im Wert von 8,075,927 Soles und 4,580,357 Ztr. Salpeter), 1884 dagegen nur 7,958,625 Soles. Die Ausfuhr von Guano hatte ganz aufgehört, die von Salpeter war sehr gefallen, und nur Zucker, Alpako- und Vicuñawolle, Baumwolle und Metalle behaupteten den alten Rang. Die Einfuhr fiel 1877-84 von 24,179,095 auf 11,064,744 Soles, und von letzterer Summe kamen 2,688,677 Soles auf Nahrungsmittel, 1,976,581 auf wollene und 1,176,113 auf baumwollene Waren. Die bei der Einfuhr am stärksten beteiligten Länder sind Großbritannien, Frankreich und Chile. Großbritannien liefert vorzüglich Baumwollwaren, Frankreich Seidenwaren, feine Kurzwaren, Seife und Parfümerien, Wein etc., Chile Eßwaren. Außerdem
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importiert Deutschland Eisenwaren, Tuch, Gewebe, Leinen, Kleidungsstücke, Spirituosen. Die wichtigsten Seehäfen Perus sind: Callao, Islay und Payta. Die Gesamtzahl der eingelaufenen Schiffe betrug 1877: 9176 (darunter 5503 Dampfer) von 7,210,383 Ton. Der größte Teil der von Callao in Ballast ausgehenden Schiffe fahrt nach den Guanoinseln, um Guano zu laden. Die ganze Westküste Südamerikas zwischen Panama und Chile wird seit 1840 monatlich viermal von einer englischen Dampfpaketkompanie mit 17 Dampfern befahren; eine französische Gesellschaft hat ihre Fahrten wieder aufgegeben, dagegen befährt der Hamburger Kosmos seit 1874 die amerikanischen Westküsten mit 11 Dampfern. Die peruanische Handelsmarine bestand 1876 aus 147 Schiffen von 49,860 Ton. inkl. 8 Dampfern von 1786 T. Die binnenländische Postverbindung ist trotz mancher neuen Verbesserungen noch sehr mangelhaft. Mit den Eisenbahnen hat sich ein Netz von Telegraphenlinien in einer Gesamtlänge von 2211 km rasch entwickelt. Die Häfen Chorillos, Mollendo, Arica und Iquique sind mit dem die Küste entlang bis Valparaiso gehenden submarinen Kabel verbunden.
Münzen etc. Nach dem Münzgesetz von 1862 heißt die Münzeinheit Sol, hat 5 Frank Wert und zerfällt in 100 Centavos. Der Papiersol ist indes (1887) nur 20 Pfennig wert. Zehntel-Soles heißen Dineros. Goldmünzen gibt es zu 20, 10, 5, 2 Soles. Die frühere Landesmünze waren der Peso (ungefähr 5 Frank) zu 8 Realen und die Onza (Goldmünze) zu 17 Pesos. Die metrischen Maße und Gewichte sind 1860 gesetzlich eingeführt worden, man bedient sich aber noch ziemlich allgemein der altspanischen.
Staatliche Verhältnisse.
Die gegenwärtig Staatsverfassung Perus ist die 1860 in mehr konservativem Sinn reformierte von 1856. Ihr zufolge ist die Regierung »republikanisch, demokratisch, repräsentativ, in der Einheit gegründet«, mit vollständiger Trennung der gesetzgebenden, ausführenden und richterliche Gewalt. Die erstgenannte wird vom Kongreß ausgeübt, der aus einem Senat und einem Repräsentantenhaus besteht und sich alle zwei Jahre zu einem Drittel seiner Mitglieder erneuert. Die Abgeordneten, durch indirekte Wahl ernannt, müssen 21 Jahre alt, Peruaner von Geburt sein und ein Einkommen von 500 Soles besitzen. Die Senatoren müssen 35 Jahre alt sein und 1000 Soles Einkommen haben. Der Kongreß tritt jährlich 28. Juli zusammen. Zu den Urwahlen werden nur die »aktiven Staatsbürger« zugelassen, mit Ausnahme von Personen, die nicht lesen und schreiben können oder die keine Steuern zahlen. An der Spitze der vollziehende Gewalt steht der vom gesamten Volk auf 4 Jahre gewählte Präsident. Er ernennt die fünf Staatsminister, welche persönlich für die Handlungen ihres Departements verantwortlich sind. - Für Zwecke der innern Verwaltung zerfällt Peru in 19 Departements, welche in Provinzen und Distrikte eingeteilt werden. Die Departements werden durch Präfekten verwaltet, die Provinzen durch Subpräfekten, die Distrikte durch Gouverneure. Die Präfekten stehen unter unmittelbarer Abhängigkeit von der Exekutivgewalt. - Die Justiz wird durch einen höchsten Gerichtshof (in Lima), Obergericht (in jedem Departement), Richter erster Instanz (in den Provinzen) und Friedensrichter (in den Gemeinden) verwaltet. Für die Ziviljustiz und das Prozeßverfahren gilt das dem französischen »Code« nachgebildet Gesetzbuch von 1852, für die Kriminaljustiz gelten noch die spanischen Gesetze.
Die Finanzverhältnisse Perus haben sich infolge des unglücklichen Kriegs mit Chile und dem daraus folgenden Verlust der Guanoinseln ungemein verschlimmert. Noch 1875-76 beliefen sich die Einnahmen auf 66,601,664 Soles, wogegen man dieselben 1887-88 auf nur 8,062,385 Soles schätzte. Davon kamen auf Zölle 4,255,900 Soles, auf eine Kopfsteuer von 2-6 Soles für jeden erwachsenen Mann 1,100,000 Soles, auf Tabaksaccise 350,000 Soles, Grundsteuer 361,531 Sol., Stempelgebühren 288,135 Soles. Die Ausgaben schätzte man 1887-88 auf 6,760,866 Soles, nämlich Ministerien des Innern und öffentliche Bauten 2,544,500 Soles, Kriegswesen 1,824,766, Justiz u. Erziehungswesen 898,211 Soles. Die Zahlung von Zinsen für die Staatsschuld ist hierbei nicht vorgesehen, und in der That sind seit 1876 keine Zinsen bezahlt worden, so daß bereits 1886: 72 Mill. Soles rückständig waren. Im J. 1887 betrug das Kapital der Staatsschuld: 232 Mill. Soles, einschließlich 84 Mill. Papiergeld und einer innern Schuld von 22 Mill. Soles. Verhandlungen mit Chile wegen Zahlung eines Teils des Ertrags der Guanoinseln an die englischen Gläubiger Perus schweben noch. Die Finanznot Perus ist übrigens weniger durch schlechte Verwaltung als durch ungeheure Ausgaben für Eisenbahnen entstanden. Die stehende Armee zählt 5900 Köpfe, einschließlich einer Gendarmerie von 2400 Mann. Die Miliz soll gesetzlich 100,000 Mann zählen, aber selbst in dem Krieg mit Chile vermochte man wegen mangelnder Ausrüstung nur 16,000 Mann ins Feld zu stellen. Die einst achtbare Flotte Perus (4 Panzerschiffe mit 31 Geschützen, 6 Dampfer mit 35 Geschützen, 3 Schulschiffe und 5 Flußdampfer) ging in dem Krieg verloren, und die Seemacht besteht jetzt nur aus 2 Kreuzern und 2 kleinen Transportschiffen. Das Wappen Perus ist ein in drei Felder geteilter Schild. Das rechte der beiden obern Felder enthält eine Vicuña auf blauem Grunde, das linke einen Chinarindenbaum auf weißem Grunde, das untere ein Füllhorn auf rotem Grunde. Die Flagge (s. Tafel »Flaggen«) besteht aus drei horizontalen Streifen, die äußern inkarnat, der mittlere weiß (bei Kriegsschiffen mit dem Wappen). Die Landeshauptstadt ist Lima.
Vgl. außer den Reisewerken von Pöppig, Tschudi ( Peru«, St. Gallen 1845-46, 2 Bde. und »Reisen in Südamerika«, Bd. 1 u. 2, Leipz. 1866), Temple, Hill, Hutchinson, Markham, E. Grandidier, Wiener, Orton, E. G. Squier (deutsch, das. 1883) u. a.: M. F. Paz Soldan, Diccionario geográfico-estadistico del Perú (Lima 1879); A. Raimondi, El Peru (das. 1874, 3 Bde.); Wappäus in Steins »Handbuch der Geographie«, 1864; Chérot, Le Pérou, production, commerce, etc. (Par. 1876); Luis F. Albertini, Le Pérou en 1878, Bericht zur Weltausstellung (das. 1878); Squier, Observations on the geography and archaeology of Peru (New York 1870); Forbes, On the Aymara Indians of Bolivia and Peru (im »Journal of the Ethnological Society of London« 1870, Bd. 2).
Geschichte.
Die Kultur Perus reicht in entfernte Zeiten zurück, in denen schon verhältnismäßig zivilisierte Staaten bestanden haben müssen, die mit rohen Hieroglyphen bedeckte Baudenkmäler hinterlassen haben (s. Amerikanische Altertümer, S. 483). Im Anfang des 11. Jahrh. unsrer Zeitrechnung trat unter den Aymara, den Umwohnern des Titicacasees, ein Mann Namens Manco Capac auf, der sich Sohn der Sonne nannte, die Stadt Cuzco erbaute und mit seiner Gattin Mama Oello das Inkareich gründete, über