Maßstab 1: 12000000.
Höhen in Metern.
Landeshauptstädte sind doppelt, Provinzhauptstädte einfach unterstrichen.
Die nicht unterstrichenen Provinznamen sind gleichlautend mit denen ihrer unterstrichenen Hauptorte.
Südliche Fortsetzung der Hauptkarte im gleichen Maßstabe.
Zum Artikel »Peru«.
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nur von unabhängigen, wilden Indianern dünn bevölkert. - Die geognostischen Verhältnisse Perus sind noch sehr wenig erforscht. Den Küstenstrich bedeckt tiefer Sand, der dem Alluvium, weiterhin dem Diluvium angehört, und teils Formen der obern Oolithengruppe, teils Granite und Porphyre zur Unterlage hat. Mit der Erhebung des Landes gegen das Innere treten Porphyre und porphyrähnliche Gesteine zu Tage, oft in grotesken, zerrissenen Formen. Auf dem Hochland und in den durchkreuzenden Bergketten finden sich häufig Sandsteine, meist rote, aber auch weiße, sowie Kalksteine.
Die reichsten Silbererzgänge finden sich vorzugsweise in einem schwärzlichen Thonschiefer oder Wacke (Esquito negruzco); andre treten in Porphyren, noch andre in einer sekundären Sandsteinformation oder in der obern Oolithengruppe auf. Wie in der Küstenkordillere die Porphyre, so spielt in der Binnenkordillere das Übergangsgebirge, besonders versteinerungsleere, dem silurischen System angehörige Schiefer, die Hauptrolle. Im N., zwischen dem untern Huallaga und dem obern Marañon, im nördlichen Teil der Zentralkordillere, scheint die Triasgruppe (mit mächtigen Steinsalzlagern) ganz vorzuherrschen.
Die Ebenen am Marañon sind mit lehmigem Alluvium bedeckt und ganz entblößt von Steinen. Eigentlich vulkanische Produkte sind wenig verbreitet. Vulkane kommen nur im kleinern, südlichen Teil der Küstenkette vor und bilden dort die Gruppe von Arequipa. Erdbeben kommen auf den Kordilleren seltener vor, und in den Ebenen des Ostens kennt man sie gar nicht. Dagegen sind sie auf dem Küstenstrich sehr häufig und haben hier wiederholt großen Schaden angerichtet. Die heftigsten waren 1746, wo Callao zerstört wurde und 5000 Menschen umkamen, 1756 und 1816, wo Trujillo, 1582, 1784, 1845, wo Arequipa teilweise zerstört wurde. An heißen Quellen ist die Küstenkordillere reich, die meisten kommen auf beträchtlichen Höhen vor. Die Küsten von Peru zeigen auch viele Beweise von abwechselnden Hebungen und Senkungen, namentlich bei Callao.
Die Bewässerung Perus ist eine sehr ungleiche. Sehr dürftig mit fließendem Gewässer ausgestattet ist das Küstengebiet, sehr reich daran sind die Ebenen im O. des Gebirges, der Ostabfall desselben und zum Teil auch das Hochland selbst. Die Hauptwasserscheide zwischen dem Stillen und dem Atlantischen Ozean wird durch die Küstenkordillere gebildet. Der vornehmste Fluß ist der Marañon, welcher hier unter 10° 30' südl. Br. auf dem Ostabhang der Küstenkordillere entsteht. Er nimmt an der Nordgrenze Perus den Huallaga und den mächtigen Ucayali auf, welcher aus dem Apurimac und dem Urubamba entsteht.
Nachdem der Marañon nach Brasilien übergegangen ist, empfängt er noch mehrere aus den Ebenen Perus kommende ansehnliche Nebenflüsse, unter andern den Yavari; dessen unterer Lauf die Grenze Perus bildet, und den Purus. Von dem Abhang des Gebirges nach W. ergießen sich, wie bemerkt, nur unbedeutende Flüsse; am Fuß angelangt, versiegen sie schnell in dem bis zu großen Tiefen aus Sand bestehenden Küstenland, so daß außer der Regenzeit nur wenige von ihnen den Ozean erreichen.
In den meisten Gegenden liegen diese in breiten, aber flachen Betten laufenden Flüsse halbe und ganze Tagereisen voneinander entfernt. In den südlichern Provinzen gibt es lange Küstenstriche, die wegen Mangels an süßem Wasser fast unbewohnbar sind. Die einzigen stets Wasser führenden Flüsse sind hier (von N. beginnend): Rio Tumbez, Rio de la Chira, Rio de Santa, Rio Rimac, Rio de Canete, Rio Chincha, Rio Mages (bei Camana) und Rio Vitor (bei Quilca). Schon die alten Peruaner hatten umfassende Bewässerungsanstalten für den Ackerbau getroffen. In jüngerer Zeit hat man diese äußerst produktiven, wenn auch schwierigen Arbeiten in großartigem Maßstab wieder aufgenommen und namentlich Mollendo durch eine 131 km lange Wasserleitung mit Wasser versorgt. An Seen ist Peru, besonders das Gebirge, sehr reich. Sie finden sich auf allen Pässen beider Kordilleren, oft kettenartig zusammenhängen (wie die Seen von Huascocha), sind aber meist ganz unbedeutende Lagunen. Der bedeutendste Gebirgssee ist der von Chinchaycocha auf dem Gebirgsknoten von Cuzco. An der Ostgrenze liegt der große Titicacasee in 3808 m Höhe. Große Moore kommen auf den Plateaus häufig vor.
Klima, Tier- und Pflanzenwelt.
Das Klima und dem entsprechend die organische Welt Perus sind je nach der Beschaffenheit und Lage des Landes sehr mannigfaltig. Die Schneelinie liegt nach Tschudi im mittlern Peru auf der Küstenkordillere in 5200 m, auf der Binnenkordillere in 4850 m Höhe, und in der Regenverteilung herrscht der auffallendste Gegensatz, indem im O. der Andes die Regenmenge ebenso exzessiv ist wie an der Küste der Mangel. Man unterscheidet in klimatographischer Hinsicht die West- und die Ostabdachung des Landes, deren jede wieder in verschiedene Unterabteilungen zerfällt.
Auf der Westabdachung ist zunächst die Küstenregion zu bemerken; dieselbe besteht unmittelbar am Meer aus dem oben erwähnten 2150 km langen Sandstreifen, der bis 500 m ü. M. ansteigt und nur längs der Flüsse einige fruchtbare Oasen enthält. Mit wenigen Ausnahmen hat es seit Jahrhunderten auf diesem Küstenstrich nicht geregnet. Fünf Monate hindurch, vom November an, ist derselbe, mit Ausnahme der Oasen längs der Flüsse, eine schauerlich öde Wüste ohne Pflanzen und Tiere, bis (vom Mai an) rieselnde Nebel (Garrun genannt) das Land erfrischen und dann einen Teil der Sandflächen, vorzüglich die Hügelreihen, in wenigen Tagen mit einer üppigen Gras- und Blumendecke überkleiden.
Die an der Küste gewöhnlich herrschenden Winde kommen aus SO. und SW. Landeinwärts, bis zu 1300 m Höhe, umfaßt die Küstenregion die westlichen Thäler der Kordilleren, wo an die Stelle der Nebel heftige Platzregen treten und die Temperatur eine noch höhere ist als unmittelbar an der Küste. Hier beträgt die mittlere Temperatur in der kalten Jahreszeit 22,5° C., in der heißen 26° C.; an der Küste 2-4° weniger. In dieser Region gedeihen alle tropischen Kulturpflanzen, vorzüglich das Zuckerrohr.
Die wilde Flora ist nicht sehr üppig, doch finden sich hier die köstliche Cherimoya (Anona Cherimolia) und die Granadilla (s. Passiflora). Aus der Fauna dieser Zone sind bemerkenswert: Armadille, Onzen und Pumas, wilde Schweine, Scharen von Aasgeiern, Papageien, Tauben in großen Flügen (darunter die niedliche Turtuli), Kaimane und glänzend grüne Leguane (an der Seeküste). Schlangen sind seltener. An diese Küstenregion schließt sich die westliche Sierraregion an, welche über 1300-3750 m ü. M. ansteigt und von den Eingebornen in die Region der Yungas (bis 1500 m), der Valle oder Media Yunga (bis gegen 3000 m), beide mit ewigem Frühling, und der Cabezera de Valle geteilt wird. Die Luft ist hier trocken, und die Nächte sind selbst im Sommer kühl. Die mittlere Temperatur beträgt im Sommer 21° C., im Winter +19°.
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Diese Region entspricht der europäischen gemäßigten Zone; sie ist fruchtbar, ohne üppig zu sein, und für den Anbau aller europäischen Gemüse, Frucht- und Getreidearten geeignet. Außer Kartoffeln, welche in vorzüglicher Qualität und im Überfluß hier wachsen, werden von Knollenarten besonders noch die Ulluco (Ullucus tuberosus), die Oca (Oxalis crassicaulis) und die Maca (eine Tropaeolum-Art) mit Erfolg kultiviert. Ein gutes Nahrungsmittel gewährt außerdem die Quinoa (Chenopodium Quinoa).
Wald fehlt; Bauholz wird durch Agaven ersetzt, welche mit Daturen und Kakteen vorherrschen. Die Fauna hat nichts Eigentümliches; die Papageien hören schon im untern Teil dieser Region auf. Die Kordillerenregion, welche die höchsten Teile des Gebirges, am Westabhang von 3550 m, am Ostabhang von 4550 m an, umfaßt, ist wildes Gebirge mit kahlen Felsen, ewigem Schnee, einer Nachttemperatur von +2° im Winter (Regenzeit) und -7° im Sommer und einer Tagestemperatur von +7,5° im Winter und +11° im Sommer.
Die Vegetation, aus niedrigen Kakteen, Kruciferen und Dryadeen bestehend, steigt bis zu 4900 m an. Auf der Ostabdachung folgt nun zunächst die ausgebreitete Punaregion, welche das etwa 3900 m hohe, zwischen der Küsten- und Binnenkordillere sich ausbreitende Plateau von Peru einnimmt. Die Eingebornen unterscheiden die noch getreidereiche Puna von der rauhern Puna brava. Zahlreiche kleine Seen, kristallhelle Bäche und weite Sümpfe wechseln mit spärlich bewachsenen Flächen ab. Kalte West- und Südwestwinde wehen das ganze Jahr hindurch, und furchtbare Gewitter, denen in der Regel in der Nacht ein Schneegestöber folgt, entladen sich fast täglich.
Vom Mai bis Oktober ist der Himmel heiter. Die mittlere Tagestemperatur ist im Winter +9°, im Sommer +12° C., der Unterschied der Temperatur an einem Tag aber oft 20-25°. Gräser haben hier die Oberhand, besonders das binsenartige Ichu (Stipa Ichu), das grüne Futter der Lamas und Schafe. Von Gemüsen kommt nur noch die Maca fort; Gerste wird bis zu 4200 m gesäet. Wald fehlt, nur hier und da begegnet man einzelnen verkrüppelten Bäumen der Quinoa; große Strecken bedeckt der die Ratanhawurzel liefernde Strauch der Krameria.
Diese Region ist das Heimatland des Lama, des Huanako, des Alpako und der Vicuña; außer diesen sind charakteristisch der Punahirsch, das Reh, das Viscacha (Lagidium peruvianum) und die kaninchenartigen Chinchillas. Von Raubtieren kommt der Atoc (Canis azarae) und manchmal auch der Kuguar vor. Die Vögel sind meist Sumpf- und Wasservögel, so die Huachua, das rebhuhnartige Pishaca und der Ingahuallapa, der nachts mit monotonem Ruf die Stunden verbindet. Von Raubvögeln sind der Kondor, der Huarahuau oder Aloi zu nennen.
Amphibien sind spärlich, noch seltener Insekten. Weiter östlich hinabsteigend, gelangt man in die östliche Sierraregion, welche aus den sanft nach O. sich neigenden Thälern zwischen 3600 und 2600 m Höhe besteht, die von der Punaregion meist durch schroff abfallende Felsenrücken getrennt sind. Die mittlere Tagestemperatur beträgt hier im Winter +14°, im Sommer +17° C. Der Winter oder die Regenzeit beginnt im Oktober, und der Regen hört dann wochenlang nicht auf; Gewitter sind häufig und zwar oft von Hagel, aber nie von Schnee begleitet. Im Mai beginnt der Sommer und mit ihm nächtlicher Frost.
Wie in der westlichen Sierra, fehlen auch hier Waldungen; nur eine Weide (Salix Humboldtii) und der Quinoabaum treten vereinzelt auf; die Abhänge sind von Kakteen und Agaven bedeckt. Weizen reift bis zu 3500 m Höhe, die Kartoffel und die Quinoa sogar über 3600 m hinaus; auch Mais, Gerste und Luzernklee gedeihen in dieser Region sehr üppig. Europäische Obstbäume kommen wenig vor und tragen kleine und fade Früchte; dagegen gibt die Rebe reichen Ertrag, und prachtvolle Orangenbäume sowie die köstliche Cherimoya finden sich in großer Vollkommenheit, z. B. im Thal von Huanuco.
Die Fauna hat in dieser Region, in welcher die Bevölkerung am meisten zusammengedrängt ist, nichts Eigentümliches. Die letzte Region ist die Waldregion, welche durch die östliche Abdachung der Binnenkordillere des mittlern und südlichen Peru, das Längenthal des Huallaga zwischen der mittlern und östlichen Kordillere und die Ostabdachung dieser letztern in Nordperu gebildet wird. Man unterscheidet noch die obere Wald- oder Cejaregion, zwischen 2600 und 1800 m Höhe, und die eigentliche Waldregion unterhalb jener.
In dem obern Teil der Cejaregion herrscht ein sehr rauhes Klima; nachts liegt ein dichter Nebel auf der Gegend, der vom Morgenwind verjagt wird, oft aber auch sich in gewaltige Regengüsse verwandelt; doch ist die plötzliche üppige Entwickelung der Vegetation in dieser Region auffallend. Sträucher und niedrige Bäume beginnen schon bei 3100 m, nehmen dann rasch an Größe und Zahl zu, bis man beim Übergang in die untere Zone in hochstämmigen Urwald tritt. An der untern Grenze dieser Cejaregion treten Cinchonen (Fieberrindenbäume) in mehreren Spezies auf.
Für die Kultur ist diese naßkalte Region wenig geeignet, weder Mais noch Cerealien gedeihen; nur die Kartoffel gibt reiche Ernte. Die Fauna ist sehr arm; unter den Vögeln sind bemerkenswert der Turqui (Rupicola peruviana) und der Toropisju (Cephalopterus ornatus), die sich beide durch widerwärtiges Geschrei auszeichnen. Die untere, eigentliche Waldregion (la Montaña und los Bosques) dehnt sich von 1800 m Höhe abwärts in die großen Ebenen aus. Die mittlere Temperatur ist hier nach Tschudi zu 30° C. anzunehmen, nachts sinkt sie bis 19° C. Im Oktober beginnt die Regenzeit, die bis März und April anhält; auch außer derselben kommen Regen und Gewitter nicht selten vor.
Die Vegetation hat den eigentümlich düstern Charakter der tropischen Urwälder, hier treten auch namentlich die herrlichsten Palmen auf. Die Kultur ist fast noch gar nicht in diese Region vorgedrungen. Das Tierleben gestaltet sich hier am mannigfaltigsten. Zahlreiche Affen bevölkern den Wald; auch die Fledermäuse (darunter das große Phyllostoma hastatum und die als Blutsauger gefürchtete Blattnase, Ph. erythromos) sind zahlreich. Unter den Raubtieren sind die bemerkenswertesten: der schwarze Hucumari, der Omeyro, mehrere Katzen, wie die Yaguarundi, Oscollo, Uturunco und die gelbgraue Tigerkatze;
unter den Nagern: die kaum zolllange Baummaus, die Stachelratte, das Aguti.
Die Edentaten werden durch das Faultier, das Armadill und den Ameisenbär, die Pachydermen durch den Tapir und das Nabelschwein repräsentiert. Außerordentlich zahlreich sind die Vögel. Adler, Weihen und Falken, Eulen und Ziegenmelker teilen sich in den unermeßlichen Urwald; daneben finden sich Fliegenschnäpper und Würger, der kleine Organista oder Flautero (Troglodytes leucophrys), Finken, blendende Schmuckvögel (Ampelidae), bunte Spechte und Baumläufer, Beutelstare, Töpfervögel, glänzende Kolibris und der schwerfällig Seidenkuckuck (Trogon heliothrix), grüne Papageien in dichten Zügen,
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verschiedene Waldtauben, fasanenartige Penelopen, fette Turcassas, Zahnhühner und Grashühner, der storchähnliche Yaribu, der rosenrote Löffler, Schnepfen, bunte Kraniche, Regenpfeifer, Rallen, Schnarren, Enten etc. Von Amphibien finden sich in den Urwäldern große Flußschildkröten, Kaimane und zahlreiche Schlangen, darunter als giftige der Jergon (Lachesis picta), die Afanida (Lachesis rhombeata), die furchtbare Echidna ocellata und Klapperschlange, jedoch selten. Von Batrachiern ist der violette Kehlenbläser und der riesige Trapichero (Bufo molitor) zu erwähnen. In Bezug auf Heilsamkeit ist das Klima von Peru im allgemeinen ein günstiges zu nennen; besonders ist die Sierra durchgängig gesund, und selbst die eisige Puna ist nur ganz schwächlichen Konstitutionen unzuträglich. Eigentümlich ist den hohen Gegenden die Puna- oder Sarochekrankheit; an der Küste sind Wechselfieber nicht selten.
Areal und Bevölkerung.
Die Bevölkerung Perus soll sich nach einer 1876 veranstalteten Zahlung auf 2,699,945 Seelen belaufen haben, wozu noch etwa 350,000 wilde Indianer kommen. Dieselbe verteilte sich auf die 19 Departements des Staats wie folgt:
Departements | QKilometer | Deutsche QMeil. | Bewohner | Bewohner auf 1 QKilom. |
---|---|---|---|---|
Amazonas | 34115 | 619.6 | 34245 | 1.0 |
Ancachs | 49898 | 906.2 | 284091 | 5.7 |
Apurimac | 15207 | 743.5 | 119246 | 7.8 |
Arequipa | 59017 | 1071.8 | 160282 | 2.7 |
Ayacucho | 38692 | 409.9 | 142205 | 3.7 |
Cajamarca | 30525 | 554.3 | 213391 | 7.0 |
Cuzco | 40936 | 949.8 | 238455 | 5.8 |
Huancavelica | 22569 | 702.7 | 104155 | 4.7 |
Huanuco | 35695 | 648.2 | 78856 | 2.2 |
Ica | 21761 | 395.2 | 60111 | 2.8 |
Junin | 65014 | 180.7 | 209871 | 3.2 |
La Libertad | 28153 | 1511.3 | 147541 | 5.2 |
Lambayaque | 14477 | 281.0 | 85984 | 5.6 |
Lima | 35479 | 644.3 | 226992 | 7.4 |
Callao | 35479 | 644.3 | 34492 | 7.4 |
Loreto | 448165 | 8139.1 | 61125 | 0.14 |
Moquegua | 15459 | 280.8 | 28786 | 1.8 |
Piura | 40810 | 741.2 | 135502 | 3.3 |
Puno | 52301 | 276.2 | 256594 | 4.9 |
Zusammen | 1119941 | 20339.2 | 2699945 | 2.4 |
Die bedeutendsten Städte sind: Lima (181,488), Callao (33,502), Arequipa (29,237) u. Cuzco (18,370). Die Bevölkerung scheint sehr langsam zuzunehmen oder gar stillzustehen, wenn man frühern Angaben über dieselbe Glauben zollen darf (1793 angeblich 1,076,996 Bewohner, 1862: 2,335,000, 1871: 3,199,000). Jedenfalls wird die Zunahme durch Seuchen (1868 starben in Lima 10,000, in Callao 3000 Menschen am gelben Fieber) und Erdbeben sowohl als durch Bürgerkriege zuzeiten aufgehalten. Die Bevölkerung ist sehr ungleich verteilt, am dichtesten in der Sierra, sehr spärlich dagegen in der Cejaregion, am geringsten in dem fast ganz unbewohnten Osten. Dagegen ist (infolge des Bergbaues) die eisige Puna verhältnismäßig stark bevölkert.
Der Nationalität nach zählte man 1876 neben der einheimischen Bevölkerung und einschließlich der jetzt an Chile abgetretenen Provinzen und der Guanoinseln 18,082 Europäer (darunter 6990 Italiener, 2647 Franzosen, 1699 Spanier, 1672 Deutsche etc.), 50,032 Asiaten (meist Chinesen), 20 Afrikaner, 30 Australier etc. Der Rasse nach aber soll es 1876 neben Indianern, welche 62 Proz. der Bevölkerung ausmachen, nur 371,200 Weiße, 52,600 Neger, 51,200 Asiaten und 669,460 Mestizen gegeben haben.
Europäische Einwanderung hat nur in geringem Maß stattgefunden, obgleich das Klima der Hochlande ein gesundes ist und nach dem Dekret vom alle Ausländer, gleichviel ob sie das Bürgerrecht in Peru erlangt haben oder nicht, von allen Abgaben befreit sind. Indessen ist die Alleinberechtigung des römisch-katholischen Kultus zu drückend und auch das Innere des Landes durch Schiffahrt und Ausfuhr noch nicht genügend aufgeschossen. Nur in Pozuzu (s. d.) hat sich eine deutsche Kolonie gebildet, welche von Bedeutung werden kann, wenn sie Eisenbahnverbindung mit Pasco erhält.
Die Indianer sind über das ganze Land verbreitet, am überwiegendsten in der Bevölkerung der Puna und der Sierra. Man unterscheidet Küstenindianer und Gebirgsindianer. Sie sind im allgemeinen von mittlerer Größe, schlank und mehr zäh als kräftig. Eine bestimmte Nationalphysiognomie läßt sich bei ihnen nicht auffinden. Sie werden in der Regel sehr alt, wenn nicht übermäßige Genuß von Branntwein ihr Leben abkürzt. Die gesamte indigene Bevölkerung Perus gehört (mit Ausnahme der wilden und wenig bekannten Indianer in den Ebenen des Ostens) der sogen. andoperuanischen Rasse an und zerfällt in zwei Hauptvölkerschaften: die Quichua- oder Inkaindianer und die Aymara. Zu den erstern gehören alle Indianer von der Nordgrenze Perus südwärts bis in die Departements Cuzco, Puno und Arequipa, wo sie mit den Aymara zusammenstoßen, welche in dem südlichen Teil des Staats die überwiegende indianische Bevölkerung bilden.
Tschudi unterscheidet für die frühere Zeit drei große, durch ihre Schädelbildung verschiedene Stämme: die Chincha (Yunka) in der Küstenregion, die Huanca auf dem Hochland von Mittelperu und die Aymara auf dem perubolivianischen Plateau;
aus letztern ging die Dynastie der Inkas hervor, die alle übrigen Stämme unterjochte.
Die Mestizen oder Cholos (Mischlinge von Weißen u. Indianern) sind ebenfalls über alle Regionen verbreitet, stehen aber ihrem physischen Charakter nach unter den Indianern. Die Weißen leben vorzugsweise in den größern Städten, namentlich auf der Küste; die Neger und ihre Mischlinge beschränken sich fast einzig auf die tropische Küstenregion. Chinesen sind besonders als Arbeiter in den Guanogruben und Zuckerfabriken thätig.
Vgl. Tafel »Amerikanische Völker«, [* ] Fig. 25 u. 26.
Bildung.
Was geistige Kultur anlangt, so steht Peru in intellektueller Bildung wohl über den meisten übrigen Staaten Südamerikas, an moralischer Bildung dagegen weit unter denselben. Es mag dies eine Folge der Eroberungs- und Zivilisationsart des Landes sowie der volkswirtschaftlichen Entwickelung zur spanischen Zeit sein. Dazu hatte der Ruf der reichen Goldminen Perus eine Menge Abenteurer herbeigezogen, infolgedessen der Landbau vernachlässigt und die einheimische Bevölkerung durch gezwungene Arbeit in den Minen demoralisiert und aufgegeben wurde. So erhielt Peru den entschiedenen Charakter einer Bergwerkskolonie und damit alle Untugenden, welche eine solche von den Ackerbaukolonien unterscheiden. Ausschweifung und Verschwendung, Spielwut, Prozeßsucht, Unlust zu anhaltender, regelmäßiger Arbeit wurden die Nationallaster der Peruaner. Auch die neuesten Reisenden, wie Chr. Wiener (1877), schildern die Bewohner, namentlich im Innern des Landes, als vollständig verkommen: ohne Unterricht und Bildung, ohne Geschicklichkeit und Thätigkeit und daher (mit Ausnahme der Priester) in tiefe Armut
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versunken. Der Indianer Perus (vor der Zeit der spanischen Eroberung lebensfrischer und heiterer, wie schon die Schätze seiner dramatischen und lyrischen Poesie zeigen) ist jetzt ungemein finster, verschlossen, ungesellig, zanksüchtig, träge und von Haß gegen die Weißen erfüllt; noch ungünstiger lauten die Urteile der Reisenden über den Charakter der Mestizen. Die peruanischen Kreolen (Nachkommen von Spaniern) besitzen eine gewisse feine äußere Bildung, sind aber ebenfalls träge und entnervt und stehen meist unter der Herrschaft ihrer durch lebhaften Geist ausgezeichneten Frauen.
Durch größere Energie zeichnen sich die Neger und ihre Mischlinge aus. Zu den Nationalvergnügungen der Peruaner gehören vorzugsweise Hahnenkämpfe und Stiergefechte; der Genuß von Branntwein ist allgemein und zwar bei beiden Geschlechtern verbreitet. Die allein herrschende, durch die Verfassung anerkannte und geschützte Religion ist die katholische, doch wird die Ausübung andrer Kulte wenigstens in den größern Städten geduldet. Im J. 1876 gab es 5087 Protestanten, 498 Juden und 27,073 Seelen andrer Konfession.
Die Republik zerfällt in ein Erzbistum (Lima, seit 1541) und 7 Bistümer: Chachapoyas, Trujillo, Ayacucho, Cuzco, Arequipa, Huanuco und Puno (die beiden letztern erst 1861 gegründet). Das Patronat über die Kirche übt der Präsident der Republik aus, dessen Zustimmung auch die päpstlichen Bullen und Breven bedürfen. Die ehedem sehr reiche Kirche hat seit der Emanzipation außerordentlich von ihrem Reichtum eingebüßt und auch mehr und mehr ihren moralischen Einfluß auf das Volk verloren.
Die Zahl der Klöster, einst erstaunlich groß, war 1860 auf 130 zusammengeschmolzen und hat sich seitdem noch bedeutend vermindert. Die ehemals so wichtigen Missionen (Jesuiten und Franziskaner) unter den Indianern am obern Huallaga, Ucayali, Urubamba etc. sind ebenfalls längst eingegangen. An Wohlthätigkeitsanstalten ist Peru arm; man zählte 1858 im ganzen Staat nur 36 Hospitäler. Auch mildem Unterrichtswesen, welches fast ganz in den Händen der Geistlichen liegt, ist es noch mangelhaft bestellt trotzdem, daß der Schulbesuch obligatorisch sein soll und die von den Gemeinden unterhaltenen Schulen frei sind.
Seit 1855 besteht eine Generalstudiendirektion, unter welcher Departements-, Provinzial- und Kommunalkommissionen stehen. Von den höhern Bildungsanstalten sind vor allen die Universitäten in Lima (die älteste in Amerika), Cuzco und Arequipa zu nennen. Wichtiger und von Bedeutung für die Volkserziehung sind die höhern Schulen (colegios), deren es 1860: 30 öffentliche und 38 private gab (darunter 17 für weibliche Zöglinge). Für die Bildung der Geistlichen sorgen geistliche Seminare in den Hauptstädten der Diözesen; Elementarschulen zählte man 1860 in ganz Peru nur 790 (davon 288 Privatschulen).
Von größern Instituten für Wissenschaft und Kunst ist fast nur die 1864 gegründete Bergbau- und Ingenieurschule in Lima und von größern Bibliotheken ebenfalls nur die in Lima zu nennen; die ehemalige, für Geographie und Ethnographie wichtige Bibliothek des Kollegiums der Missionäre von Ocopa ist nach der Aufhebung desselben (1823) zerstreut worden. Unter solchen Umständen ist es erklärlich, daß auch die wissenschaftliche Thätigkeit in Peru sehr gering ist. Während unter der spanischen Herrschaft verhältnismäßig große Mittel für die Wissenschaften, namentlich die physikalischen, aufgewendet wurden, kommt das, was die republikanische Regierung bisher auf wissenschaftliche Erforschung des Landes verwendet hat, gar nicht in Betracht.
Ackerbau und Viehzucht.
Der Ackerbau hat sich trotz der Zentralackerbaugesellschaft (seit 1860) noch wenig gehoben. Wie erwähnt, gedeihen in Peru alle Kulturgewächse der tropischen und der gemäßigten Zone; angebaut aber wurden sie bisher kaum bis zum Betrag des eignen Bedarfs. Seit neuerer Zeit liefert nur die Kultur des Zuckerrohrs und der Baumwolle bereits erwähnenswerte Exportartikel, zu denen sich bald auch Weizen, Kakao etc. in größern Mengen gesellen werden. Am bedeutendsten ist der Landbau auf der Sierra.
Man kultiviert Mais, Weizen, Reis, Bohnen (Purutu), Quinoa und Knollengewächse, besonders treffliche Kartoffeln, aus denen auch Chupe (zerschnittene Kartoffeln mit spanischem Pfeffer und wässeriger Brühe), die gewöhnliche Speise der Indianer und Mestizen, bereitet wird; von sonstigen wichtigen Kulturpflanzen besonders Zucker, Kaffee, Kakao (6800 Ztr.) und Tabak. Zuckerrohr wird vorzugsweise in der Küstenregion auf künstlich bewässertem Boden gebaut; 1841 kannte man in Peru noch keine Zuckerausfuhr, 1873 wurden nach England allein 325,600 Ztr. Zucker geliefert, 1886-87 war der Ertrag 55,000 metr. Ton. Auch die Ausfuhr von Baumwolle ist bereits auf 120,000 Ztr. gestiegen.
Ferner zieht man die Weinrebe in den Thälern von Pisco und Ica, wo man jetzt einen trefflichen Wein bereitet und ausführt, während früher die Trauben nur zu Branntwein verwendet wurden. Auch Kochenille findet sich; Oliven wachsen in Menge bei Arequipa. In der fruchtbaren, aber ganz unkultivierten Region des Ostens ist nur der Anbau von Koka (Erythroxylon Coca) von Bedeutung, deren Genuß (man kaut die Blätter) wegen seiner nervenerregenden Wirkung dem Indianer unentbehrlich ist; die beste Koka in Peru wächst in der Provinz Carabaya.
Unter den für Peru wichtigen Produkten des Waldes steht die Fieberrinde obenan, obschon sich infolge vielfacher Verfälschungen der Absatz sehr verringert hatte. Man unterscheidet zwei Hauptregionen edler Cinchonen: die Huanucoregion (mit acht Spezies und Spielarten, seit 1778 ausgebeutet) am Abfall der Andes in der Provinz Huanuco, welche die »rote Rinde« liefert, und die Calisayaregion in der Provinz Carabaya (vom deutschen Botaniker Handel entdeckt),
welche die »gelbe Rinde« erzeugt. Die edelsten Sorten beider Regionen sind von den Engländern neuerdings nach Ostindien verpflanzt worden. Von den sonstigen Waldprodukten, ausgenommen etwa die Sassaparille, kommt wenig in Handel. Eine Klasse von Indianern beschäftigt sich viel mit Einsammeln von Kräutern, Balsamen (Peru-, Tolu- und Kopaivabalsam) und von wohlriechenden Harzen, die sie im Land selbst verkaufen.
Die Viehzucht ist von Bedeutung, wennschon nicht in den Viehgattungen (Rindvieh und Pferden), deren Zucht in andern Ländern Südamerikas die größte volkswirtschaftliche Wichtigkeit erlangt hat. Rindviehzucht wird vielmehr nur im kleinen, vorzüglich zur Gewinnung von Käse, betrieben. Wichtig ist dagegen die Zucht der einheimischen Auchenien (Lama und Alpako) und die Schafzucht, die sich jedoch auf das Hochland beschränken, wo das Ichugras die Hauptnahrung für diese Tiere bildet. Das Lama, welches vollkommen gezähmt ist, während das Alpako in halbwildem Zustand lebt, wird am meisten in den Südprovinzen Puno, Cuzco und Ayacucho gezüchtet; es dient besonders zum Warentransport. Der Hauptnutzen des Alpako besteht in seiner Wolle. Nicht gezähmt sind das Huanako und die Vicuña. Letztere leben in Scharen von 10-15 Weibchen mit einem
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Männchen und halten sich in der nassen Jahreszeit auf den sterilen Kordillerenkämmen auf, während sie in der kalten in die Punathäler herabsteigen, wo die Indianer sie in Menge zu fangen und zu erlegen wissen. Ihr Fleisch gibt gedörrt ein wohlschmeckendes Gericht (charquican), und aus ihrer Wolle werden sehr feine Gewebe und dauerhafte Hüte verfertigt. Die Schafe bleiben das ganze Jahr hindurch in der strengen Puna, wo die größern Viehhöfe nicht selten Herden von 60-100,000 Stück haben. Ihre Wolle ist fein, wird aber meist im Gebirge selbst zu einem groben Zeug (bayeta) verarbeitet. Bei gehöriger Zucht und Pflege könnten das Alpako, das Lama, das Schaf und selbst die Vicuña allein Peru reich machen; gegenwärtig liefern sie nur mäßige Ausfuhrprodukte.
Industrie und Handel.
Die Industrie ist höchst unbedeutend. Nennenswerte Fabriken sind gar nicht vorhanden, und selbst die ehedem bedeutende Hausindustrie der Indianer ist sehr gesunken. Ihr Bedarf an Woll- und Baumwollkleidern wird gegenwärtig von England und Nordamerika importiert. Doch sind die Indianer in der Weberei geschickt und liefern auch jetzt noch sehr schöne und feine Gewebe (besonders in Tarma und Umgegend), außerdem feine Flechtwerke aus Palmenfasern, Hüte und Zigarrentäschchen, desgleichen Gold- und Silberarbeiten und Leder.
Auch für Handwerke und selbst für die Kunst haben sie Geschick, allein ihre große Trägheit läßt sie es zu nichts bringen. Die von den Europäern wiederholt angelegten Fabriken sind aus Mangel an Arbeiten immer wieder eingegangen. Von Bedeutung ist aber noch der Bergbau, namentlich der Silberbergbau von Cerro de Pasco. Das Silber kommt teils gediegen und oft in großen Massen vor, teils als Pacoserze (Gemische von reinem Silber mit Brom- und Jodsilber), ferner als Polvorilla (pulverförmiges Schwefelsilber und Kupfer).
Diese Erze sind sehr reich und geben zuweilen 80 Proz. Silber. Gegen früher ist der Ertrag sehr gefallen. Es wurden eingeschmolzen im Jahresdurchschnitt 1805-1809: 110,571 kg, 1826-30: 52,649 kg, 1862: 53,556 kg, 1877: 44,398 kg, 1884 aber wieder 55,100 kg. Nach Vollendung der Eisenbahn wird das Silbererz zum Schmelzen nach Europa ausgeführt oder Brennmaterial eingeführt werden. Die Ausbeutung des Goldes, das sich vorzugsweise im O. der Andes, im Gebiet der Quellflüsse des Rio Purus, findet, ist eine sehr schwierige; seit 1861 läßt eine Gesellschaft die Minen von Carabaya bearbeiten.
Von 1630 bis 1803 betrug die Ausbeute an Gold und Silber 5094 Mill. Mk.; Gold wurde 1826-33 zu Lima im Wert von 83 Mill. Mk. geprägt. Neuerdings baut man auch auf Kupfer, wovon jährlich 54,000 Ztr. nebst 8400 Ztr. Zinn nach England ausgeführt werden; die ehemals berühmten Quecksilberminen von Huancavelica und Chonta in der Provinz Tarma, welche 1571-1790 jährlich 4751 Ztr. lieferten, geben jetzt kaum noch 2000 Ztr. jährlich. Von dem reichlich vorhandenen Salz (namentlich am Rio Huallaga) wird auch zur Ausfuhr gewonnen; ebenso Salpeter (bei Tarma).
Endlich sind Steinkohlen bei Huallanca, Cerro de Pasco etc. entdeckt worden. Dagegen hat Peru mit den Provinzen Tacna und Tarapacá seine ergiebigen Salpeterlager verloren, und auch die Guanoinseln (die übrigens teilweise abgebaut sind) sind in den Besitz Chiles übergegangen. Doch kommt auch auf dem Festland (Independenciabai) Guano vor. Bisher standen dem Bergbau, insbesondere dem Silbergbau ^[richtig: Silberbergbau], die meist sehr ungünstige Lage der Gruben auf entlegenen, schwer zugänglichen, unwirtlichen und ganz holzlosen Gebirgen, der Mangel an Straßen, Maschinen und tauglichem Personal wie an Kapital und Kredit hindernd entgegen. Die Anlegung von Eisenbahnen wird ihn von neuem beleben.
Der Handelsbetrieb litt noch mehr als der Bergbau unter dem Mangel gebahnter Straßen, wodurch der Verkehr zwischen den Seehäfen und den bevölkertsten Teilen des Landes, der Sierra, außerordentlich erschwert und verteuert wurde; von den fruchtbaren Thälern des Ostens konnten die Produkte, außer der Koka, geradezu nicht ausgeführt werden. Diese Übelstände, welche das Aufblühen des Staats hinderten, veranlaßten 1868 den Beschluß, nachdem bereits die kleinen Bahnen Lima-Callao (1851), Lima-Chorillos (1859) und Arica-Tacna (1854) gebaut worden waren, ein Eisenbahnsystem in großartigem Stil herzustellen.
Die reichen Einnahmen des Staats vom Guano und zwei ausländische Anleihen schafften die nötigen Mittel; in dem Nordamerikaner Henry Meiggs fand sich zur rechten Zeit ein kühner Unternehmer, und der Ingenieur Malinowski verstand es, die technischen Schwierigkeiten zu überwinden, namentlich die Hauptbahnen in scharfem Anstieg vom Meeresstrand bis zu Paßhöhen von 4769 und 4470 m zu führen. Das peruanische System besteht aus einer Längsbahn, die, mit der Küste parallel laufend, Huacho über Lima mit Pisco und Ica verbinden soll, 11 Bahnen, welche von 15 Hafenstädten ausgehen und den Reichtum der Sierra an Zucker, Getreide, Wolle, Metallen, Salpeter etc. dem Welthandel zuführen, und aus 2 transandinischen Bahnen, die von Callao (Lima) und von Mollendo (Arequipa) aus auf das an Erzen, Getreide und Wolle reiche Hochland steigen, auf dem Hochland sich verzweigen und bis zu den schiffbaren Zuflüssen des Marañon fortgesetzt werden sollen.
Vorderhand sind aber (1886) von diesem ausgedehnten Netz erst 2600 km dem Verkehr übergeben worden, darunter die kühne Andesbahn, welche von Mollendo bis Puno am Titicacasee führt. Wenn nun auch bei der Höhe der Kosten (180 Mill. Soles) und der Eile der Ausführung diese Bahnen vorläufig zum Teil nur geringen Ertrag geben, so wird doch durch dieselben der Wohlstand des Landes fester begründet werden. Ebenso ist die Wichtigkeit des Amazonenstroms (s. d.) für den peruanischen Handel erkannt und diese Wasserstraße bereits durch Traktate mit Brasilien (1851 und 1858) für den Handel eröffnet worden.
Auch für Hebung des Handels an der Südseeküste ist in neuester Zeit durch bedeutende Hafenbauten, namentlich in Callao, Mollendo, Iquique, Cerro-Azul und bei Huaman, mehr gesorgt worden. Der auswärtige Handel geht noch fast ausschließlich über die Häfen an der Südsee. Der Gesamtwert der Ausfuhr betrug 1877: 39,710,202 Soles (darunter 279,984 Ton. Guano im Wert von 8,075,927 Soles und 4,580,357 Ztr. Salpeter), 1884 dagegen nur 7,958,625 Soles. Die Ausfuhr von Guano hatte ganz aufgehört, die von Salpeter war sehr gefallen, und nur Zucker, Alpako- und Vicuñawolle, Baumwolle und Metalle behaupteten den alten Rang. Die Einfuhr fiel 1877-84 von 24,179,095 auf 11,064,744 Soles, und von letzterer Summe kamen 2,688,677 Soles auf Nahrungsmittel, 1,976,581 auf wollene und 1,176,113 auf baumwollene Waren. Die bei der Einfuhr am stärksten beteiligten Länder sind Großbritannien, Frankreich und Chile. Großbritannien liefert vorzüglich Baumwollwaren, Frankreich Seidenwaren, feine Kurzwaren, Seife und Parfümerien, Wein etc., Chile Eßwaren. Außerdem
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importiert Deutschland Eisenwaren, Tuch, Gewebe, Leinen, Kleidungsstücke, Spirituosen. Die wichtigsten Seehäfen Perus sind: Callao, Islay und Payta. Die Gesamtzahl der eingelaufenen Schiffe betrug 1877: 9176 (darunter 5503 Dampfer) von 7,210,383 Ton. Der größte Teil der von Callao in Ballast ausgehenden Schiffe fahrt nach den Guanoinseln, um Guano zu laden. Die ganze Westküste Südamerikas zwischen Panama und Chile wird seit 1840 monatlich viermal von einer englischen Dampfpaketkompanie mit 17 Dampfern befahren; eine französische Gesellschaft hat ihre Fahrten wieder aufgegeben, dagegen befährt der Hamburger Kosmos seit 1874 die amerikanischen Westküsten mit 11 Dampfern. Die peruanische Handelsmarine bestand 1876 aus 147 Schiffen von 49,860 Ton. inkl. 8 Dampfern von 1786 T. Die binnenländische Postverbindung ist trotz mancher neuen Verbesserungen noch sehr mangelhaft. Mit den Eisenbahnen hat sich ein Netz von Telegraphenlinien in einer Gesamtlänge von 2211 km rasch entwickelt. Die Häfen Chorillos, Mollendo, Arica und Iquique sind mit dem die Küste entlang bis Valparaiso gehenden submarinen Kabel verbunden.
Münzen etc. Nach dem Münzgesetz von 1862 heißt die Münzeinheit Sol, hat 5 Frank Wert und zerfällt in 100 Centavos. Der Papiersol ist indes (1887) nur 20 Pfennig wert. Zehntel-Soles heißen Dineros. Goldmünzen gibt es zu 20, 10, 5, 2 Soles. Die frühere Landesmünze waren der Peso (ungefähr 5 Frank) zu 8 Realen und die Onza (Goldmünze) zu 17 Pesos. Die metrischen Maße und Gewichte sind 1860 gesetzlich eingeführt worden, man bedient sich aber noch ziemlich allgemein der altspanischen.
Staatliche Verhältnisse.
Die gegenwärtig Staatsverfassung Perus ist die 1860 in mehr konservativem Sinn reformierte von 1856. Ihr zufolge ist die Regierung »republikanisch, demokratisch, repräsentativ, in der Einheit gegründet«, mit vollständiger Trennung der gesetzgebenden, ausführenden und richterliche Gewalt. Die erstgenannte wird vom Kongreß ausgeübt, der aus einem Senat und einem Repräsentantenhaus besteht und sich alle zwei Jahre zu einem Drittel seiner Mitglieder erneuert.
Die Abgeordneten, durch indirekte Wahl ernannt, müssen 21 Jahre alt, Peruaner von Geburt sein und ein Einkommen von 500 Soles besitzen. Die Senatoren müssen 35 Jahre alt sein und 1000 Soles Einkommen haben. Der Kongreß tritt jährlich 28. Juli zusammen. Zu den Urwahlen werden nur die »aktiven Staatsbürger« zugelassen, mit Ausnahme von Personen, die nicht lesen und schreiben können oder die keine Steuern zahlen. An der Spitze der vollziehende Gewalt steht der vom gesamten Volk auf 4 Jahre gewählte Präsident. Er ernennt die fünf Staatsminister, welche persönlich für die Handlungen ihres Departements verantwortlich sind. - Für Zwecke der innern Verwaltung zerfällt Peru in 19 Departements, welche in Provinzen und Distrikte eingeteilt werden. Die Departements werden durch Präfekten verwaltet, die Provinzen durch Subpräfekten, die Distrikte durch Gouverneure. Die Präfekten stehen unter unmittelbarer Abhängigkeit von der Exekutivgewalt. - Die Justiz wird durch einen höchsten Gerichtshof (in Lima), Obergericht (in jedem Departement), Richter erster Instanz (in den Provinzen) und Friedensrichter (in den Gemeinden) verwaltet. Für die Ziviljustiz und das Prozeßverfahren gilt das dem französischen »Code« nachgebildet Gesetzbuch von 1852, für die Kriminaljustiz gelten noch die spanischen Gesetze.
Die Finanzverhältnisse Perus haben sich infolge des unglücklichen Kriegs mit Chile und dem daraus folgenden Verlust der Guanoinseln ungemein verschlimmert. Noch 1875-76 beliefen sich die Einnahmen auf 66,601,664 Soles, wogegen man dieselben 1887-88 auf nur 8,062,385 Soles schätzte. Davon kamen auf Zölle 4,255,900 Soles, auf eine Kopfsteuer von 2-6 Soles für jeden erwachsenen Mann 1,100,000 Soles, auf Tabaksaccise 350,000 Soles, Grundsteuer 361,531 Sol., Stempelgebühren 288,135 Soles.
Die Ausgaben schätzte man 1887-88 auf 6,760,866 Soles, nämlich Ministerien des Innern und öffentliche Bauten 2,544,500 Soles, Kriegswesen 1,824,766, Justiz u. Erziehungswesen 898,211 Soles. Die Zahlung von Zinsen für die Staatsschuld ist hierbei nicht vorgesehen, und in der That sind seit 1876 keine Zinsen bezahlt worden, so daß bereits 1886: 72 Mill. Soles rückständig waren. Im J. 1887 betrug das Kapital der Staatsschuld: 232 Mill. Soles, einschließlich 84 Mill. Papiergeld und einer innern Schuld von 22 Mill. Soles.
Verhandlungen mit Chile wegen Zahlung eines Teils des Ertrags der Guanoinseln an die englischen Gläubiger Perus schweben noch. Die Finanznot Perus ist übrigens weniger durch schlechte Verwaltung als durch ungeheure Ausgaben für Eisenbahnen entstanden. Die stehende Armee zählt 5900 Köpfe, einschließlich einer Gendarmerie von 2400 Mann. Die Miliz soll gesetzlich 100,000 Mann zählen, aber selbst in dem Krieg mit Chile vermochte man wegen mangelnder Ausrüstung nur 16,000 Mann ins Feld zu stellen.
Die einst achtbare Flotte Perus (4 Panzerschiffe mit 31 Geschützen, 6 Dampfer mit 35 Geschützen, 3 Schulschiffe und 5 Flußdampfer) ging in dem Krieg verloren, und die Seemacht besteht jetzt nur aus 2 Kreuzern und 2 kleinen Transportschiffen. Das Wappen Perus ist ein in drei Felder geteilter Schild. Das rechte der beiden obern Felder enthält eine Vicuña auf blauem Grunde, das linke einen Chinarindenbaum auf weißem Grunde, das untere ein Füllhorn auf rotem Grunde. Die Flagge (s. Tafel »Flaggen«) besteht aus drei horizontalen Streifen, die äußern inkarnat, der mittlere weiß (bei Kriegsschiffen mit dem Wappen). Die Landeshauptstadt ist Lima.
Vgl. außer den Reisewerken von Pöppig, Tschudi ( Peru«, St. Gallen 1845-46, 2 Bde. und »Reisen in Südamerika«, Bd. 1 u. 2, Leipz. 1866), Temple, Hill, Hutchinson, Markham, E. Grandidier, Wiener, Orton, E. G. Squier (deutsch, das. 1883) u. a.: M. F. Paz Soldan, Diccionario geográfico-estadistico del Perú (Lima 1879);
A. Raimondi, El Peru (das. 1874, 3 Bde.);
Wappäus in Steins »Handbuch der Geographie«, 1864; Chérot, Le Pérou, production, commerce, etc. (Par. 1876);
Luis F. Albertini, Le Pérou en 1878, Bericht zur Weltausstellung (das. 1878);
Squier, Observations on the geography and archaeology of Peru (New York 1870);
Forbes, On the Aymara Indians of Bolivia and Peru (im »Journal of the Ethnological Society of London« 1870, Bd. 2).
Geschichte.
Die Kultur Perus reicht in entfernte Zeiten zurück, in denen schon verhältnismäßig zivilisierte Staaten bestanden haben müssen, die mit rohen Hieroglyphen bedeckte Baudenkmäler hinterlassen haben (s. Amerikanische Altertümer, S. 483). Im Anfang des 11. Jahrh. unsrer Zeitrechnung trat unter den Aymara, den Umwohnern des Titicacasees, ein Mann Namens Manco Capac auf, der sich Sohn der Sonne nannte, die Stadt Cuzco erbaute und mit seiner Gattin Mama Oello das Inkareich gründete, über
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welches nach Manco Capac noch 13 Kaiser herrschten. Dieselben vergrößerte durch friedliche Unterwerfung angrenzender roher Volksstämme ihr Reich so sehr, daß es zur Zeit seines Falles das ganze weite Gebiet von Quito bis an den Máulefluß in Chile und vom Großen Ozean bis zu den Urwäldern des Marañon umfaßte.
Nachdem die Spanier 1522 Kunde von einem mächtigen Reich erhalten hatten, das sie nach der zuerst erreichten kleinen Landschaft Biru Peru nannten, begannen Francisco Pizarro, Diego de Almagro, ein Abenteurer, und Hernando de Luque, ein Priester, in Panama 1524 die Entdeckungsfahrten von der darischen Landenge aus. Mit zwei geringen Schiffen und 114 bewaffneten Seeleuten segelten Pizarro und Almagro an der Westküste Südamerikas südwärts, gelangten aber 1524 bloß bis Biru und auf einer zweiten Fahrt 1526 bis Tumbez und kehrten um, da sie sich zu einem Eroberungszug zu schwach fühlten.
Pizarro begab sich daher nach Spanien, und nachdem er vom Kaiser Karl V. die Erlaubnis erwirkt hatte, Peru zu erobern und dort als Generalkapitän zu herrschen, wenn er auf eigne Kosten die nötigen Truppen ausrüste, landete er 1531 in der Bai San Matheo mit drei Schiffen, 280 Fußsoldaten und 27 Pferden. 1525 war der 12. Inka, Huayna Capac, gestorben und hatte seinem ältern Sohn, Huascar, Peru, dem jüngern, Atahualpa, das neueroberte Schyrireich (Quito) übergeben.
Huascar suchte es ihm zu entreißen, unterlag aber in einer Schlacht am Fuß des Chimborazo und ward gefangen gesetzt. Diese innern Kriege sowie eine im Volke gehende Weissagung vom Untergang der Herrschaft der Inkas durch weiße, bärtige Männer, Kinder der Sonne, begünstigten das tollkühne Vordringen der Spanier. Von der Bai San Miguel aus, wo Pizarro im Mai 1532 die erste spanische Kolonie in Peru gegründet hatte, trat er im September den Marsch ins Innere an, erreichte auf einem beschwerlichen Weg über die Kordilleren glücklich Cajamarca, wo sich das Heerlager Atahualpas befand, und ließ denselben, als er sich bei einer Unterredung 16. Nov. weigerte, Christ zu werden, ins Gefängnis werfen, während zahllose Peruaner niedergemetzelt wurden. Nachdem Atahualpa Huascar hatte ertränken lassen, wurde er selbst unter der falschen Beschuldigung, einen Aufstand erregt zu haben, zum Feuertod verurteilt und, als er sich die Taufe hatte gefallen lassen, zur Erdrosselung begnadigt
Um die Eroberung Perus zu erleichtern, erhob Pizarro einen Bruder Huascars, Mango Capac, zum Scheinkönig unter spanischer Oberhoheit und besetzte Cuzco, die alte Hauptstadt des Landes, wo er noch ungeheure Beute machte, während er zu gleicher Zeit die neue Hauptstadt, Lima, gründete. Zwar machten die Peruaner, welche bisher die Herrschaft der Spanier und die Ausbreitung des Christentums in stumpfer Resignation ertragen, 1536 unter Führung Mango Capacs einen verzweifelten Aufstandsversuch, konnten jedoch den tapfern Brüdern Pizarros Cuzco nicht entreißen, und selbst der zum offenen Kampf entbrennende Streit zwischen dem Eroberer von Chile, Almagro, und den Pizarros, der 1538 mit des erstern Niederlage und Hinrichtung endete, besserte ihre Lage nicht.
Die Peruaner führten von den Schluchten und Berghöhen der Andes aus noch lange einen erbitterten kleinen Krieg; an der Küste und in den fruchtbaren Ebenen setzten sich aber die Spanier dauernd fest, und Pizarro organisierte mit großem Geschick die Kolonisation des Landes. Aber wurde er durch eine Verschwörung des Sohns und der Freunde Almagros ermordet. Die spanische Regierung setzte darauf Christobal Vaca de Castro als Vizekönig ein. Dessen Nachfolger Vela (seit 1543) wurde 1544 von Gonzalo Pizarro gestürzt, doch konnte sich derselbe gegen den neuen Vizekönig, Pedro de la Gasca, nicht behaupten und wurde 1548 hingerichtet.
Ein Vizekönig, der in Lima seinen Sitz hatte, verwaltete seitdem mit Zuziehung der Audiencia (des höchsten Gerichtshofs in Lima) das Vizekönigtum Peru, zu dem noch Chile, Paraguay, Buenos Ayres und Terra Firma geschlagen wurden; erst 1739 wurde die Terra Firma nebst Quito als eine besondere Statthalterschaft unter dem Namen Neugranada und 1776 Buenos Ayres als ein eignes Vizekönigreich Rio de la Plata von Peru getrennt. Während am Hof des Vizekönigs in Lima Reichtum und glänzender Luxus herrschten, wurden die armen Indianer zu der schwersten Arbeit in den Bergwerken gezwungen, der sie massenweise erlagen; der hoch entwickelte Ackerbau der Inkazeit, die blühenden Gewerbe gingen zu Grunde, die Straßen und Wasserleitungen verfielen, der Verkehr mit dem Ausland war gänzlich untersagt, der im Innern in die engsten Fesseln eingeschnürt.
Mehrere Male fanden noch Indianeraufstände statt, dann sank die eingeborne Bevölkerung in ihr Phlegma zurück, und in Peru herrschte Ruhe, selbst dann noch, als schon alle andern spanisch-amerikanischen Länder die Herrschaft des Mutterlandes abgeworfen hatten.
Von Peru aus wurden 1809 Neugranada und 1813 Chile zurückerobert, und Argentinien fühlte sich nicht sicher, solange noch die spanische Herrschaft in Peru bestand. Nachdem daher der argentinische General San Martin der Revolution in Chile zum Sieg verholfen hatte, landeten die verbündeten Argentinier u. Chilenen in Pisco, südlich von Callao. Arenales, ein chilenischer Offizier, drang im Oktober in das Innere vor, brachte 6. Dez. unfern Pasco dem spanischen Brigadier O'Reilly eine empfindliche Niederlage bei und blieb von nun an Gebieter der Gebirgsprovinzen im Osten von Lima.
Von allen Seiten strömte ihm die Bevölkerung zu, der Aufstand verbreitete sich auch über die Nordprovinzen, und Abfall und Verräterei in den eignen Reihen machten die Lage des Vizekönigs immer gefährlicher. Die spanischen Befehlshaber, untereinander uneinig, bildeten endlich eine Kriegsjunta, von welcher der Vizekönig Pezuela entsetzt und an seiner Stelle der General Laserna gewählt wurde. Am 6. Juli mußte Laserna Lima räumen u. sich in das Innere bis Jauja zurückziehen, worauf die Unabhängigkeit Perus proklamiert u. 3. Aug. der chilenische Oberbefehlshaber San Martin zum Protektor der neuen Republik erwählt wurde.
San Martin bekundete jedoch bald Gelüste nach unbeschränkte Macht. Dazu entstanden zwischen ihm und dem chilenischen Admiral Lord Cochrane Streitigkeiten. brach in Lima ein heftiger Aufstand aus. San Martin legte endlich den Oberbefehl nieder und schiffte sich im August nach Chile ein. Während ein Militäraufstand den Kongreß zwang, den Obersten Riva Aguero zum Präsidenten der Republik zu ernennen, gewannen die Spanier wieder mehr Boden, schlugen die Republikaner 1823 in mehreren Gefechten und nahmen 19. Juni Lima ohne Schwertstreich. Die Spanier sahen sich zwar schon 16. Juli genötigt, Lima wieder aufzugeben; doch erlitten die Patrioten in mehreren Gefechten fast nur Verluste, und ganz Oberperu fiel wieder in die Hände der Spanier. Die Parteikämpfe in Spanien seit 1820 fanden indes auch in Peru ihren Widerhall, indem sich
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auch unter den dortigen spanischen Offizieren zwei Parteien bildeten. Die eine verwarf jeden Vergleich mit den Patrioten, die andre riet im Geiste der spanischen Cortes zu Unterhandlungen und war bereit, den Amerikanern das Recht selbständiger innerer Verwaltung zu gewähren. Infolge davon brach zwischen dem Vizekönig Laserna und General Olañeta ein offener Kampf aus. Die Kunde hiervon bewog Bolivar, der am vom peruanischen Kongreß zum Diktator ernannt worden war, an der Spitze von wohl disziplinierten 11,000 Mann zu einem Einfall in Peru. Er schlug die Spanier 6. Aug. bei Junin auf der Hochebene der Andes und 9. Dez. in der Ebene von Ayacucho.
Der Vizekönig fiel verwundet in Gefangenschaft, und Canterac kapitulierte mit dem Reste des Heers. Nur Callao blieb bis im Besitz der Spanier. erfolgte die Unabhängigkeitserklärung Oberperus, dessen Provinzen Charcas, La Paz, Cochabamba, Potosi und Santa Cruz sich unter dem Namen Bolivia zu einer besondern Republik vereinigten. Bolivar strebte danach, Peru wie Bolivia mit Kolumbien zu einem Staat zu vereinigen, und oktroyierte Peru wie schon früher Bolivia eine antidemokratische Konstitution. Doch empörte sich Peru dagegen, wählte Lamar an Stelle Bolivars zum Präsidenten und begann 1829 mit einem Einfall in Ecuador den Krieg gegen den Befreier, welcher nach dessen Tod mit der Sicherung der Selbständigkeit Perus endete.
Seit der Befreiung bietet die Geschichte Perus bis in die neueste Zeit das Bild einer immer steigenden Anarchie, unzähliger Erhebungen ehrgeiziger Offiziere, schnell beendeter und im ganzen nicht sehr blutiger, aber in allen Provinzen und jährlich wiederholter Bürgerkriege, moralischer Verwilderung, Verarmung und Entvölkerung, wie sie, mit Ausnahme von Bolivia, keiner der Freistaaten Südamerikas erlebt hat. Lamar war 1829 durch Gamarra, dieser 1833 durch General Orbegoso gestürzt worden, gegen welchen aber schon 1835 eine Revolution unter Salaverry ausbrach.
Orbegoso rief die Hilfe Bolivias an, dessen Präsident Santa Cruz Salaverry im Februar 1836 besiegte und erschießen ließ. Als er aber darauf Peru mit Bolivia zu einer Confederacion Bolivio-Peruana vereinigen und in ihr eine monarchische Gewalt ausüben wollte, ja nach der Kaiserkrone strebte, erklärten ihm Chile und Argentinien 1837 den Krieg, in welchem Santa Cruz 1839 völlig geschlagen und Gamarra wieder als Präsident von Peru eingesetzt wurde. Im August 1842 trat General Vidal mit dem Titel eines provisorischen Präsidenten an die Spitze der Verwaltung von Peru. Er unterdrückte durch die Schlacht bei Pasco die Empörung des Generals Torrico, konnte sich aber gegen die Föderalisten nicht länger halten und legte nebst seinem Vizepräsidenten La Fuente die Präsidentschaft nieder, um sich nach Chile zurückzugehen. Don Justo Figuerola, der bisherige Vizepräsident des Staatsrats, folgte ihm als provisorische Präsident; aber schon 18. März sprengte das Haupt der Zentralisten, Oberst Ortiz, den Staatsrat und ließ Don Manuel Ignacio Vivanco zum Directore supremo ausrufen.
Die erste Periode der Ruhe, die der Freistaat Peru seit seinem Bestehen erfuhr, war die Zeit der Präsidentschaft des Generals Don Ramon Castilla, eines Mestizen, welcher, nachdem er Vivanco, der nach der Diktatur gestrebt, gestürzt hatte, das Ruder in die Hand nahm. Regulierung des Finanzwesens, bessere Organisierung der Armee, Vermehrung der Marine, Anlage einer Eisenbahn zwischen Lima und dem Hafen von Callao, Förderung der Industrie und Eröffnung neuer Hilfsquellen waren die Hauptresultate seiner Regierung, welche ablief.
Zum erstenmal seit dem Bestehen der Republik ging die ausübende Gewalt an den gesetzlich gewählten Nachfolgenden General Don José Rufino Echénique, über. Dieser behauptete 1852 die guanoreichen Lobosinseln gegen die Ansprüche der nordamerikanischen Union und schloß mit Brasilien einen Handels- und Freundschaftsvertrag. Aber die von ihm befohlene Herabsetzung des Zinsfußes der Nationalschuld veranlaßte 1853 große Mißstimmung, und obwohl der Kongreß von 1853 jene billigte und den Präsidenten mit außerordentlicher Gewalt bekleidete, ward die Ruhe doch durch einen Einfall des Generals Belzú an der Spitze der bolivianischen Truppen ins Gebiet von Peru sowie durch Aufstände in Tumbos und Ica unterbrochen. Am erklärte sich auch General Castilla für die Bewegung. Um sich zu stärken, versprach Echénique allen Sklaven, die in sein Heer eintreten würden, die Freiheit, wurde aber von Castilla überboten, welcher die völlige Emanzipation der Sklaven und die Aufhebung der Kopfsteuer der Indianer verkündigte.
Nach verschiedenen Wechselfällen schlug endlich Castilla an der Palma vor Lima die Regierungstruppen, und die 1855 berufene Nationalversammlung bestätigte Castilla in seiner Macht. Am ward eine neue Verfassung als Grundgesetz veröffentlicht. Dieselbe suchte die Macht der Zentralregierung gegenüber den partikularistischen Tendenzen zu stärken, beschränkte aber auch mehrfach die Rechte der katholischen Kirche und fand daher Widerspruch bei der Geistlichkeit, die im Bund mit ehrgeizigen Offizieren wiederholt Aufstände erregte. Um zu festen Zuständen zu gelangen, ordnete Castilla für den August 1858 die Wahl eines Präsidenten und eines Kongresses an. Erstere Wahl fiel auf ihn selbst. Ein Militäraufstand und eine Landung Echéniques in Callao vermochten ihn nicht zu stürzen. Am proklamierte er eine neue Verfassung, durch die allgemeines Stimmrecht und das Verbot jedes andern Kultus als des römisch-katholischen eingeführt ward. Sein Nachfolger wurde 1862 San Ramon, der aber bald darauf starb. Ihm folgte der zweite Vizepräsident, General Pezet.
1864 drohte eine Verwickelung mit Spanien zum Krieg zu führen. Die peruanische Regierung hatte nämlich die von seiten Spaniens wegen gewaltthätiger Angriffe auf baskische Kolonisten in Talambo erhobenen Beschwerden und die Erneuerung alter Schuldforderungen unbeachtet gelassen. Infolge davon hatte ein zu Pisco befindliches spanisches Geschwader unter dem Konteradmiral Pinzon Besitz von den Chinchainseln ergriffen, um dieselben als Pfand zu behalten. Da weder Spanien noch Pezet einen wirklichen Krieg wollten, kam ein Friedenstraktat zu stande, worin Peru die spanische Schuldforderung anerkannte, dagegen die Chinchainseln zurückerhielt. Indes diese Lösung befriedigte das künstlich gesteigert Nationalgefühl nicht. Der Präfekt von Arequipa, Oberst Mariano Prado, erklärte sich gegen Pezet, eroberte den ganzen Süden und rückte in Lima ein, worauf er 26. Nov. zum Diktator ausgerufen wurde. Nunmehr trat Peru gegen Spanien energisch auf. Am 5. Dez. schloß es mit Chile zu Lima einen Allianzvertrag, dem im Januar 1866 Ecuador, Ende
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Februar auch Bolivia beitrat. Am erfolgte sodann die förmliche Kriegserklärung der Verbündeten an Spanien. Der erste Angriff der spanischen Flotte im März richtete sich auf das in der Bai von Ancud in Chiloe ankernde peruanisch-chilenische Geschwader; derselbe blieb erfolglos. Nach dem Bombardement Valparaisos erschienen die Spanier vor Callao, welches eine heftige Beschießung auszuhalten hatte. Callao litt jedoch weniger dabei als die spanischen Schiffe, welche stark beschädigt wurden und daher 10. Mai abzogen, während die Peruaner den 2. Mai (Dos de Mayo) als einen großen Sieg feierten. Damit war der Krieg thatsächlich zu Ende.
Prado hatte durch den glücklichen Ausgang des Kriegs so an Ansehen gewonnen, daß er eine Reform der Finanzen durchzuführen wagte, indem er den Ertrag der Guanoinseln zur Abtragung der auswärtigen Anleihen verwenden und die laufenden Kosten der Verwaltung durch eine Kopfsteuer aufbringen wollte. Auch beabsichtigte er, Religionsfreiheit und freien Unterricht einzuführen. Dies gab nun wieder den Anstoß zu aufständischen Bewegungen. Zwar wurde Prado nach Erlaß einer neuen Verfassung zum konstitutionellen Präsidenten erwählt; aber bereits im Oktober 1867 brach im Süden Perus, in Arequipa, dem alten Revolutionsnest, eine neue aufständische Bewegung aus.
Prado wurde im Januar 1868 geschlagen und floh, als auch in Lima 6. Febr. die Revolution ausbrach, nach Chile. Canseco übernahm darauf provisorisch die Regierung in Peru, bis Balta zum Präsidenten gewählt wurde. Der Bau von größern Eisenbahnlinien durch den Unternehmer Meiggs aus Chile wurde jetzt beschlossen, der Hafen von Callao erweitert, für welche Bauten in Europa zwei Anleihen von 1000 Mill. Mk. unter Wucherzinsen abgeschlossen wurden, und durch einen Vertrag mit dem Pariser Haus Dreyfuß, welchem der Vertrieb des Guanos übertragen wurde, größere Geldmittel, allerdings unter Verpfändung der Haupteinnahmequelle des Staats, gewonnen. 1868 wurde Peru zwar von furchtbaren Naturereignissen heimgesucht: das gelbe Fieber brach aus, 13. Aug. zerstörte ein Erdbeben Arequipa und eine Sturmflut zahlreiche Küstenplätze;
indes erholte sich das Land, der Ackerbau wurde durch chinesische Kulis befördert, und im Juli 1872 wurde eine nationale Ackerbau- und Gewerbeausstellung in Lima eröffnet.
Nachdem jedoch der liberale Zivilist Manuel Pardo zum Nachfolger in der Präsidentschaft gewählt worden war, empörten sich die drei Generale Gebrüder Gutierrez 22. Juli, warfen Balta ins Gefängnis und bemächtigten sich mit Hilfe einiger Bataillone der höchsten Gewalt. Indes ihre Militärherrschaft wurde durch einen Aufstand der erbitterten Bevölkerung von Lima und Callao 26. Juli gestürzt und die Gutierrez, nachdem Balta auf ihren Befehl im Gefängnis ermordet worden, förmlich in Stücke gehauen. Pardo wurde nun Präsident, der erste Nichtmilitär, der dies Amt bekleidete. Er betrieb mit Energie liberale Reformen, reinigte das verkleinert Heer von allen zweideutigen Elementen, suchte die Finanzen zu ordnen und verbesserte das Unterrichtswesen. Da es an Metallgeld zu fehlen begann, ermächtigte Pardo die Banken zur Nichteinlösung ihrer Noten und Vermehrung derselben, was die Geldverhältnisse bedenklich erschütterte.
Im August 1876 folgte ihm Prado in der Präsidentschaft, der sich in einen Krieg mit Chile (s. d.) verwickeln ließ. Eifersüchtig auf die Konkurrenz, welche die chilenischen Salpeterwerke in Antofagasta den peruanischen in Tarapacá machten, reizte Prado den bolivianischen Präsidenten Daza dazu an, die chilenischen Werke mit einer Steuer zu belegen, und schloß mit Bolivia ein Schutz- und Trutzbündnis, worauf Chile an Bolivia und Peru den Krieg erklärte.
Die Last desselben fiel fast ganz auf die Schultern Perus, das allein eine Flotte und ein brauchbares Landheer hatte. Dennoch begrüßte das eitle Volk den Krieg im sichern Vertrauen auf glorreiche Erfolge mit größtem Enthusiasmus und bewilligte für die nötige Rüstung alle von der Regierung geforderten Opfer an Geld und Menschen. Der Monitor Huascar unter Kapitän Grau errang anfangs einige Erfolge über die chilenischen Kriegsschiffe. Aber nachdem er 8. Okt. in die Hände der Feinde gefallen, ward von diesen die südperuanische Küste blockiert; die Chilenen landeten in Pisagua, schlugen das peruanische Landheer 19. Nov. bei Dolores (San Francisco) und nahmen Iquique.
Der unfähige Präsident Prado, der bisher selbst den Oberbefehl geführt hatte, flüchtete 18. Dez. nach Panama, und nun bemächtigte sich der alte Verschwörer Pierola 23. Dez. als oberster Chef der Republik der Alleinherrschaft, die er durch strenge Maßregeln gegen die Presse, Androhung von Todesstrafen an alle Gegner und durch Unterwerfung unter den Klerus zu befestigen suchte. Den Krieg gegen Chile wollte er bis aufs Messer führen, hob alle waffenfähige Mannschaft aus und legte den besitzenden Einwohnern unerschwingliche Abgaben auf.
Die übertriebenen Forderungen, welche Chile als Bedingungen des Friedens stellte: Auslieferung der peruanischen Flotte und Abtretung der Provinz Tarapacá, machten eine Aussöhnung allerdings schwierig. Aber durch die Niederlage bei Tacna und den Fall von Arica (7. Juni) verloren die Peruaner ihre südlichen Provinzen, und im Januar 1881 wurde ihre letzte Armee durch die Schlachten von Chorillos und Miraflores vernichtet und Lima von den Chilenen besetzt. Pierola floh, und es brach nun über eine völlige Anarchie herein, welche selbst einen Friedensschluß mit Chile längere Zeit unmöglich machte. Im März wurde zu Lima eine provisorische Regierung unter Garcia Calderon gebildet und im Juli ein Kongreß nach Chorillos berufen, der Calderon zum Präsidenten ernannte. Da derselbe aber, auf nordamerikanische Hilfe vertrauend, jede Landabtretung an Chile verweigerte, ward er im September vom chilenischen General Lynch abgesetzt und im November nach Chile abgeführt. Mehrere Generale, Montero, Iglesias und Caceres, stritten sich nun um die höchste Gewalt in Peru. Als 1883 Iglesias in Cajamarca das Übergewicht erhielt, knüpften die Chilenen mit ihm Verhandlungen an, die zum definitiven Frieden führten, in dem Peru die Provinzen Tarapacá für immer, Arica und Tacna auf zehn Jahre abtrat. Hierauf räumten die Chilenen Lima, wo Iglesias seinen Einzug hielt und eine Nationalversammlung zusammentrat, die den Friedensvertrag genehmigte. Caceres, der sich im südlichen Peru behauptet hatte, stürzte aber 1885 Iglesias und ward 1886 zum Präsidenten erwählt.
Vgl. Prescott, History of the conquest of Peru (deutsch, Leipz. 1848, 2 Bde.);
Tschudi und Rivero, Antiguedades Peruanas (Wien 1851);
Desjardins, Le Pérou avant la conquête espagnole (Par. 1858);
Wiener, Les institutions politiques, religieuses, économiques et sociales de l'empire des Incas (das. 1874);
Brehm, Das Inkareich (Jena
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1887); Reiß und Stübel, Das Totenfeld von Anton in Peru (Berl. 1881-82);
Herrera, Compendio de la historia del Peru (Par. 1864);
Lorente, Historia del Peru (1870 ff., 8 Bde.);
Paz Soldan, Historia de Peru independiente 1819-27 (Lima 1872-74, 2 Bde.);
Arana, Histoire de la guerre du Pacifique (Par. 1881, 2 Bde.);
Markham, The war between Peru and Chili 1879-81 (Lond. 1882).