[* 3] (span. ElPerú, bei den Bewohnern des alten Inkareichs Tahuantinsuyu,
»die vier
Provinzen«, genannt),
vor derEntdeckung durch die
Spanier das größte und zivilisierteste
ReichSüdamerikas, dann
eins der vier Vizekönigreiche des spanischen
Amerika
[* 4] und seit der Unabhängigkeitserklärung eine der
Republiken,
in welche die ehemaligen spanischen
Kolonien in
Südamerika
[* 5] verwandelt sind. Die heutige
Republik Peru (vgl.
beifolgende
Karte) liegt zwischen 2° 20'-17° 55' südl.
Br. und 68° 50'-81° 20' westl. L. v. Gr. und grenzt
im N. an
Ecuador, im O. an
Brasilien
[* 6] und
Bolivia,
[* 7] im
S. an
Chile und im
W. an den
StillenOzean.
Die Meeresküste hat ohne kleinere
Krümmungen eine
Länge von 2150 km und reicht von der
Bai von Tumbez
im N. bis zum
Rio
[* 8]
Zama im S. Sie ist meist
hoch, und das
Meer hat stellenweise, in geringer
Entfernung von
Klippen,
[* 9] bis 150 m Tiefe.
Im nördlichen Teil enthält die
KüsteBaien und
Vorgebirge, im südlichen bildet sie fast eine gerade
Linie. An
Häfen ist die
Küste arm; viele sind nur offene
Reeden oder haben ganz unvollkommenen
Schutz; die
Baien von
Callao und
Payta sind
die vorzüglichsten. Die wichtigsten
Inseln, welche
vor derKüste Perus liegen, sind die in der
Nähe von
Pisco gelegenen
Chinchainseln,
die St. Lorenzinsel, welche den
Hafen vonCallao bildet, und die Lobosinseln, sämtlich von tiefem
Wasser
umgeben. Die
Brandung ist längs der ganzen
Küste stark, das Anlanden schwierig und gefährlich.
Die physische
Beschaffenheit des
Landes im Innern ist von wechselnden, aber großartigem
Charakter. Den auffallenden Zug
des Gesamtbildes
stellen die
Andes dar, die mit ihren hohen
Plateaus und
Kämmen, der
Küste parallel laufend, das Gebiet
durchziehen, überall vom
Meer aus sichtbar sind, aber nirgends bis an den
Strand reichen (s.
Kordilleren). Die westliche Hauptkette
oder die Küstenkordillere begleitet die
Küste in einer durchschnittlichen
Entfernung von 110-125 km und ragt mit ihren Gipfeln
vielfach in dieRegion des ewigen
Schnees hinein.
Ihr höchster Gipfel ist der Misti oder
Vulkan von
Arequipa (6102 m). Die mittlere
Höhe ihrer
Pässe beträgt 3600 m; viele,
und gerade die am meisten begangenen, steigen bis 4800 m
Höhe an. Der schmale
Saum im W. dieser
Kordillere ist teils
Ebene,
teils niedriges Bergland (la Cuesta genannt), teils höheres, schluchtenreiches
Mittelgebirge (la
Sierra),
indem zahlreiche Bergzüge von der Andeskette nach W. abgehen und, allmählich niedriger werdend, an der
Küste auslaufen.
Der größte Teil dieses Küstenstrichs, bis zur Vorstufe der
Andes hin (in einer
Breite
[* 10] von 25-60 km), besteht aus wüsten
Sandebenen.
Mehr landeinwärts bildet diese Sandregion vielfach
Plateaus von 500-1200 m
Hohe, die durch
Längshöhenzüge voneinander getrennt werden. Zwischen den beiden Hauptteilen des
Hochlandes, der
Küstenkordillere und der
innern
Kordillere, erstrecken sich weite
Plateaus, die
Paramos oder
Punas, von durchschnittlich 4000 m Meereshöhe.
Bisweilen reicht die
Puna ununterbrochen von der
Binnen- bis zur Küstenkordillere; in andern Gegenden
ist sie von tiefen
Thälern durchschnitten, die durch herrliches
Klima
[* 11] und erstaunliche
Fruchtbarkeit den schlagendsten
Gegensatz
zu den nahegelegenen hohen und eisig kalten
Punas bilden. Die beiden
Kordilleren haben verschiedene
Formen. Die Küstenkordillere
ist schroffer und wilder; ihr
Kamm ist breiter, ihre Gipfel sind weniger pyramidenförmig, sondern meist
nach N. oder W. senkrecht abfallende Gebirgsstöcke, welche in minder steiler
Neigung nach O. auslaufen, während die der
Binnenkordilleren
Pyramiden oder
Kegel sind, oft sogar
Nadeln.
[* 12]
Gegen die zwischen beiden
Ketten liegende
Hochebene dacht sich die erstere terrassenförmig ab, die Binnenkordillere dagegen
in fast gleichmäßiger
Neigung.
Endlich ist die Ostabdachung der Binnenkordillere schroffer als die Westabdachung
der Küstenkordillere, welche nur auf den letzten 1000 m
Höhe sehr steil ansteigt. Im nördlichen Peru laufen vom Gebirgsknoten
von
Pasco fast parallel gegen N. drei
Zweige der
Andes aus: die Küstenkordillere, die mittlere und östliche
Kette genannt,
welche zwei sehr ausgedehnteLängenthäler einschließen, das des obern
Marañon (das
Thal
[* 13] von
Tunguragua)
und das des
Huallaga.
Südwärts von dem
Knoten von
Pasco ist dagegen das
Gebirge in zwei
Ketten gespalten, die sich weiterhin (13° südl.
Br.) im
Gebirgsknoten von
Cuzco wieder vereinigen. Die zwischen denselben auf dieser
Strecke liegende
Region bildet ein allgemeines
Plateau, das jedoch durch mehrere Querketten in größere Unterabteilungen zerfällt.
Letztere sind: das
Plateau von
Junin oder
Bombon (4400 m hoch), das von
Huancavelica (3900-4200 m), das von Cangallo (3900
m) und das von Cotobamba.
Der ausgedehnte Gebirgsknoten erstreckt sich südwärts bis zum 15.° südl.
Br., wo er durch die hohe
Querkette von Vilcanota (5300 m) begrenzt wird. Auf diesem Bergknoten liegt südöstlich das hohe
Plateau von Quispicanchi,
das vom obern
Rio Vilcamayu durchflossen wird, und aus welchem der Nevado von Azungata hervorragt. Unter 15° südl.
Br. spalten sich die
Andes abermals in zwei
Ketten, von denen die Küstenkette gegen SSO., wie bisher, weiter
zieht, die Binnenkordillere dagegen, einen großen
Bogen
[* 14]
(Andes von Carabaya) gegen O. beschreibend, nach
Bolivia übertritt
und mit jener das 3800-4000 m hohe
Plateau von
Bolivia einschließt, in dessen nördlichen Teil das
Becken des
Titicacasees liegt,
von welchem aber nur die nordwestliche Hälfte zum Gebiet von Peru gehört.
Die
Region zwischen diesem
Becken und der Küstenkordillere, Collao genannt, besteht aus
Punas von 4600 m
Höhe ohne tief eingeschnittene
Thäler und gehört zu den ödesten Gegenden Perus. Gegen O. fällt das
Gebirge durchgängig sehr steil ab gegen die
Region
der mit
Urwald bedeckten Gebirgsausläufer (la
Montaña) und der gleichfalls mit
Wald überzogenen
Ebenen,
die sich bis zur
Grenze von
Brasilien erstrecken. In der
Montaña finden sich scharfe Gebirgskämme (Chuchillas,
»Messer«)
[* 15] und
zwischen denselben tief eingeschnittene
Thäler. Die bedeutendste dieser
Ketten ist die große Apurimackette, die zwischen 12 und
13° südl.
Br. von der Binnenkordillere abzweigt, später nach N. streicht und sich unter 8° südl.
Br. in das niedrige
Flachland des Amazonenbeckens verliert. Die östliche
Region ist fast ganz unbekannt und
¶
nur von unabhängigen, wilden Indianern dünn bevölkert. - Die geognostischen Verhältnisse Perus sind noch sehr wenig erforscht.
Den Küstenstrich bedeckt tiefer Sand, der dem Alluvium, weiterhin dem Diluvium
[* 19] angehört, und teils Formen der obern Oolithengruppe,
teils Granite und Porphyre zur Unterlage hat. Mit der Erhebung des Landes gegen das Innere treten Porphyre
und porphyrähnliche Gesteine
[* 20] zu Tage, oft in grotesken, zerrissenen Formen. Auf dem Hochland und in den durchkreuzenden Bergketten
finden sich häufig Sandsteine, meist rote, aber auch weiße, sowie Kalksteine.
Die reichsten Silbererzgänge finden sich vorzugsweise in einem schwärzlichen Thonschiefer oder Wacke (Esquito negruzco);
andre treten in Porphyren, noch andre in einer sekundären Sandsteinformation oder in der obern Oolithengruppe
auf. Wie in der Küstenkordillere die Porphyre, so spielt in der Binnenkordillere das Übergangsgebirge, besonders versteinerungsleere,
dem silurischen System angehörige Schiefer, die Hauptrolle. Im N., zwischen dem untern Huallaga und dem obern Marañon, im nördlichen
Teil der Zentralkordillere, scheint die Triasgruppe (mit mächtigen Steinsalzlagern) ganz vorzuherrschen.
Die Ebenen am Marañon sind mit lehmigem Alluvium bedeckt und ganz entblößt von Steinen. Eigentlich vulkanische Produkte sind
wenig verbreitet. Vulkane
[* 21] kommen nur im kleinern, südlichen Teil der Küstenkette vor und bilden dort die Gruppe von Arequipa.
Erdbeben
[* 22] kommen auf den Kordilleren seltener vor, und in den Ebenen des Ostens kennt man sie gar nicht. Dagegen
sind sie auf dem Küstenstrich sehr häufig und haben hier wiederholt großen Schaden angerichtet. Die heftigsten waren 1746,
wo Callao zerstört wurde und 5000 Menschen umkamen, 1756 und 1816, wo Trujillo, 1582, 1784, 1845, wo Arequipa teilweise zerstört
wurde. An heißen Quellen ist die Küstenkordillere reich, die meisten kommen auf beträchtlichen Höhen vor. Die Küsten von
Peru zeigen auch viele Beweise von abwechselnden Hebungen und Senkungen, namentlich bei Callao.
Die BewässerungPerus ist eine sehr ungleiche. Sehr dürftig mit fließendem Gewässer ausgestattet ist das Küstengebiet,
sehr reich daran sind die Ebenen im O. des Gebirges, der Ostabfall desselben und zum Teil auch das Hochland
selbst. Die Hauptwasserscheide zwischen dem Stillen und dem Atlantischen Ozean wird durch die Küstenkordillere gebildet. Der
vornehmste Fluß ist der Marañon, welcher hier unter 10° 30' südl. Br. auf dem Ostabhang der Küstenkordillere entsteht.
Er nimmt an der Nordgrenze Perus den Huallaga und den mächtigen Ucayali auf, welcher aus dem Apurimac und dem Urubamba entsteht.
Nachdem der Marañon nach Brasilien übergegangen ist, empfängt er noch mehrere aus den EbenenPerus kommende ansehnliche Nebenflüsse,
unter andern den Yavari; dessen unterer Lauf die GrenzePerus bildet, und den Purus. Von dem Abhang des Gebirges
nach W. ergießen sich, wie bemerkt, nur unbedeutende Flüsse;
[* 23] am Fuß angelangt, versiegen sie schnell in dem bis zu großen
Tiefen aus Sand bestehenden Küstenland, so daß außer der Regenzeit nur wenige von ihnen den Ozean erreichen.
In den meisten Gegenden liegen diese in breiten, aber flachen Betten laufenden Flüsse halbe und ganze Tagereisen
voneinander entfernt. In den südlichern Provinzen gibt es lange Küstenstriche, die wegen Mangels an süßem Wasser fast unbewohnbar
sind. Die einzigen stets Wasser führenden Flüsse sind hier (von N. beginnend): Rio Tumbez, Rio de la Chira,
Rio deSanta,
Rio Rimac, Rio deCanete, RioChincha, RioMages (bei Camana) und Rio Vitor (bei Quilca). Schon die alten Peruaner hatten umfassende
Bewässerungsanstalten für den Ackerbau getroffen. In jüngerer Zeit hat man diese äußerst produktiven, wenn auch schwierigen
Arbeiten in großartigem Maßstab wieder aufgenommen und namentlich Mollendo durch eine 131 km lange Wasserleitung
[* 24] mit Wasser versorgt. An Seen ist Peru, besonders das Gebirge, sehr reich. Sie finden sich auf allen Pässen beider Kordilleren,
oft kettenartig zusammenhängen (wie die Seen von Huascocha), sind aber meist ganz unbedeutende Lagunen. Der bedeutendste Gebirgssee
ist der von Chinchaycocha auf dem Gebirgsknoten von Cuzco. An der Ostgrenze liegt der große Titicacasee
in 3808 m Höhe. GroßeMoore kommen auf den Plateaus häufig vor.
Das Klima und dem entsprechend die organische WeltPerus sind je nach der Beschaffenheit und Lage des Landes sehr mannigfaltig.
Die Schneelinie liegt nachTschudi im mittlern Peru auf der Küstenkordillere in 5200 m, auf der Binnenkordillere
in 4850 m Höhe, und in der Regenverteilung herrscht der auffallendste Gegensatz, indem im O. der Andes die Regenmenge ebenso
exzessiv ist wie an der Küste der Mangel. Man unterscheidet in klimatographischer Hinsicht die West- und die Ostabdachung
des Landes, deren jede wieder in verschiedene Unterabteilungen zerfällt.
Auf der Westabdachung ist zunächst die Küstenregion zu bemerken; dieselbe besteht unmittelbar am Meer aus dem oben erwähnten 2150 km
langen Sandstreifen, der bis 500 m ü. M. ansteigt und nur längs der Flüsse einige fruchtbare Oasen enthält. Mit wenigen
Ausnahmen hat es seit Jahrhunderten auf diesem Küstenstrich nicht geregnet. FünfMonate hindurch, vom
November an, ist derselbe, mit Ausnahme der Oasen längs der Flüsse, eine schauerlich öde Wüste ohne Pflanzen und Tiere, bis
(vom Mai an) rieselnde Nebel (Garrun genannt) das Land erfrischen und dann einen Teil der Sandflächen, vorzüglich die Hügelreihen,
in wenigen Tagen mit einer üppigen Gras- und Blumendecke überkleiden.
Die an der Küste gewöhnlich herrschenden Winde
[* 25] kommen aus SO. und SW. Landeinwärts, bis zu 1300 m Höhe, umfaßt die Küstenregion
die westlichen Thäler der Kordilleren, wo an die Stelle der Nebel heftige Platzregen treten und die Temperatur eine noch höhere
ist als unmittelbar an der Küste. Hier beträgt die mittlere Temperatur in der kalten Jahreszeit 22,5°
C., in der heißen 26° C.; an der Küste 2-4° weniger. In dieser Region gedeihen alle tropischen Kulturpflanzen, vorzüglich
das Zuckerrohr.