mehr
sondern sich auch durch Sammlung bisher zerstreuter Schätze mystischer Weisheit verdient machte. Unter seinen eignen Werken übte das »Buch der Geheimnisse« (»Esrârnâme«) auf die Dichtung des größten mystischen Dichters der Perser bedeutenden Einfluß aus. Dieser war Dschelâl eddin Rumi (s. d.),
dessen Dichtungen durch den gesamten Orient der Mittelpunkt des mohammedanischen Pantheismus sind. Er predigt die Lehre [* 2] »des Ausflusses aller Dinge von dem ewig unerschaffenen Licht [* 3] und der Vereinigung mit der Gottheit auf dem Weg des beschaulichen Lebens durch Gleichgültigkeit gegen alle äußere Form und durch Vernichtung seines Ichs«. Unter den Mongolenfürsten sind es besonders Hulagû Chan und Ghâsân, welche Wissenschaft und Poesie schätzten und beförderten.
Doch sind die hierher gehörigen Namen weniger bedeutend für die Gesamtentwickelung der persischen Poesie. Als Hauptvertreter der didaktischen Poesie unter den Persern ist Scheich Moslich eddin Sa'adi (s. d.) zu nennen, dessen moralphilosophische Hauptdichtungen »Rosengarten« (»Gulistân«) und »Fruchtgarten« (»Bostân«),
sich durch liebliche Einfachheit der Erzählungen, denen Denksprüche in Prosa und Versen beigemischt sind, auszeichnen. Außerdem that er sich auch als lyrischer Dichter hervor. Zu dieser Periode sind noch zu rechnen: Amir Chosrau aus Dehli (1253-1325) als Nachfolger Nisâmîs in der romantischen Erzählung;
Scheb isterî (gest. 1320) als Nachfolger Dschelâl eddin Rumis, dem er jedoch in seinem »Rosenflor des Geheimnisses« (»Gülscheni râz«, pers. und deutsch von Hammer, [* 4] 1838) nicht nahekommt;
Chodschu Kirmânî (1289-1345), Verfasser mehrerer mystisch gefärbter Epen;
der durch seine poetischen Fragmente oder Kit'as bekannte Ibn Jamîn (gest. 1344; deutsch von Schlechta-Wssehrd, 2. Aufl., Stuttg. 1879) u. a.
Der vierte Zeitraum (1300-1397) umfaßt die heitere Lyrik und bildet zugleich die Glanzperiode dieser Dichtungsart bei den Persern. Den Höhepunkt erreichte dieselbe in Schems eddin Hafis (s. d.), dem größten und berühmtesten aller Lyriker des Orients, dessen Gedichte zu den glänzendsten Erscheinungen der Weltlitteratur gehören. »Die gottvolle Trunkenheit eines mit der Weltseele sich innig eins wissenden Pantheisten wirft da funkelnde Liederperlen mit vollen Händen aus.« Von andern verdient aus diesem Zeitraum noch Wassâf, der Lobredner des Sultans Abû Saîd aus der Familie Dschengis-Chans, Erwähnung, ein schwieriger, an Allitterationen, Wortspielen, Allegorien und gelehrten Anspielungen reicher Dichter, ebenso die Lyriker Kemâl Chodschandî (gest. 1401), Maghribî (gest. 1406) und Kâsim Anwâr (gest. 1433). Mit Hâfis hatte die geistige Produktionskraft der Perser ihren Gipfel erreicht. - Der fünfte Zeitraum (1397-1494) ist als die Periode des Stillstandes zu bezeichnen. Er wird begrenzt durch Mewlana Dschami (s. d.), den letzten Dichter erster Größe, der das, was nach dem Vorgang der großen Epiker, Mystiker und Lyriker noch zu thun übrigblieb, in hoher Vollendung in sich darstellte, dabei jedoch mehr Korrektheit, Glätte des Stils und mehr nachahmendes Talent als selbstschöpferisches Genie entfaltete. Mit dem sechsten Zeitraum (1494-1596) beginnt die Abnahme der Poesie. Von Dschâmis Nachfolgern sind noch zu nennen: sein Schwestersohn Hâtifî (s. d.), ferner Hitâfî (s. d.), Ahlî von Schiraz (gest. 1535), Feisî (s. d.) und Fettâhi (s. d.). - In die siebente Periode (seit 1596) gehören als die letzten bedeutenden Lyriker Persiens und Indiens: Tâlib aus Amol (gest. 1626), Sâïb (gest. 1670 in Ispahan), der Kaiser Schâh Alam (der von 1760 bis 1787 regierte und unter dem Namen Aftâb dichtete) u. a.;
ferner die großen Epen: »Hamla i Haidarî«, eine poetische Biographie von Mohammed und Ali;
das »Shahinshâhnâme« oder »Buch der Könige«, welches, gleich dem vorübergehenden eine Nachahmung Firdusis, die neueste Geschichte Persiens in Versen erzählt, und das »Georgenâme« von Fîrûz ben Kâus (Bomb. 1837), das die Eroberung Indiens durch die Engländer darstellt.
In den beiden letzten Perioden ist die persische Poesie besonders reich an Sammlungen von Gedichten aller Art, von Fabeln, Märchen, Novellen etc. Dieser Reichtum stammt aus Indien und ist durch die Perser zu den Arabern und von da weiter nach dem Occident vermittelt worden. Auszuzeichnen sind die »Anwârî soheilî« (d. h. die kanopischen Lichter),
die berühmte persische Bearbeitung der Fabeln des Bidpai durch Hosein Wâïs Kâschifî (gest. 1504; gedruckt Hertford 1805, Kalkutta [* 5] 1816, 1834 u. öfter);
ferner das »Buch der sieben weisen Meister« (woraus im Türkischen 40 Wesire geworden sind);
der »Nigâristân« (»Bildersaal«) von Dschuweini;
das »Tûtinâme« (d. h. das Buch des Papageien),
eine Märchensammlung von Nachschebî (deutsch von Iken, Stuttg. 1822; nach der türk. Bearbeitung von Rosen, Leipz. 1858);
»Behâri Dânisch« (d. h. Frühling der Weisheit) von Inâjet Allah in Indien (engl. von Scott u. d. T.: »Garden of knowledge«, 1799, 3 Bde.),
eine Sammlung von Erzählungen und Novellen;
»Bachtijârnâme«, die Geschichte des Prinzen Bachtijâr (hrsg. und übersetzt von Ouseley u. d. T.: »History of Bakhtyar and the ten viziers«, Lond. 1801; pers. auch Par. 1839);
die romanhafte Geschichte von Hâtim Tâi (Kalkutta 1818; vollständige engl. Übersetzung von Forbes, Lond. 1830) und von Amîr Hamsa in 72 Kapiteln;
endlich der große 15bändige Roman »Bustân i Chajâl« (»Garten [* 6] der Phantasie«),
verfaßt in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts.
Ins 18. Jahrh. fallen die märchenhaft novellistischen Behandlungen der Sagen von Hâtim ben Ubaid ben Said durch Ferîd Ghafer Chan, ein für die Kenntnis morgenländischen Zauber und Feenwesens wichtiges Werk, und von dem Räuber und Minstrel Kurroglou (deutsch von Wolff, Jena [* 7] 1843). Das Drama geht bei den Persern fast ebenso wie bei den Arabern leer aus; doch ist zu erwähnen, daß in Persien [* 8] alljährlich der Tod Huseins, des Sohns Alis, und andrer mosleminischer Märtyrer mit großem Gepränge in der Art unsrer mittelalterlichen Mysterien dramatisch aufgeführt wird (vgl. Chodzko, Sur la littérature dramatique des Persans, Par. 1844; »Djungui Chehâdet«, das. 1852; »Théâtre persan«, das. 1878). Das einzige zusammenhängende Werk über die poetische Litteratur der Perser ist bis jetzt Hammers »Geschichte der schönen Redekünste Persiens« (Wien [* 9] 1818),
leider eine sehr ungenügende Arbeit.
Vgl. auch Goethe in den Noten zum »Westöstlichen Diwan«; Sir Gore Ouseley, Biographical notices of Persian poets (Lond. 1846);
Sprenger, Catalogue of the manuscripts of the libraries of the king of Oudh (Kalkutta 1854).
Die persische Geschichtschreibung behandelt teils die allgemeine Geschichte der mohammedanischen Staaten, teils Spezialgeschichte. Firdusis großes Nationalepos enthält in seinem zweiten, poetisch unbedeutendern Teil viel historisches Material, kann indes natürlich nicht als eine direkt geschichtliche ¶
mehr
Arbeit in Anspruch genommen werden. Das erste größere persische Geschichtswerk ist die auf Befehl des Samanidenfürsten von Chorasan, Abû Sâlih ben Mansûr, von Abû Alî Mohammed Al-Bal'amî 963 verfaßte persische Übersetzung der großen arabischen Chronik des Tabarî (s. Arabische Litteratur), von welcher eine vollständige französische Übersetzung von Zotenberg vorliegt (Par. 1867-74, 4 Bde.). Die Vorliebe für Poesie stand der Fortbildung der Geschichtschreibung lange im Weg, und nur wenige Werke dieser Art sind aus dem 11. und 12. Jahrh. zu nennen, unter ihnen das »Sein ulachbâr«, das noch unter den Ghasnawiden verfaßt ist. Erst in der Zeit der Mongolenherrschaft sind größere Fortschritte sichtbar. Eine Universalgeschichte von den ältesten Zeiten bis 1259 vollendete al-Dschûsdschâni unter dem Titel: »Tabakât-i-Nâçirî«, eine andre, das »Tarîch-i-Guside«, Hamdullah Mustaufî im J. 1329. Alâ eddin al Dschuweinî (gest. 1282) verfaßte eine Geschichte Dschengis-Chans und seiner Nachfolger unter dem Titel: »Tarîch-i-Dschahânkuschâ« und Raschîd eddin von Hamadan eine Geschichte der Mongolen: »Dschâmi-ettâwârîch« (verfaßt 1310, hrsg. von Beresin, Petersb. 1861; zum Teil übersetzt von Quatremère: »Histoire des Mongols«, Par. 1836). Zu erwähnen sind ferner: die Chronik des Wassâf (beendigt 1328),
welche die Geschichte der Nachkommen Dschengis-Chans enthält und in einem überaus kunstreichen Stil geschrieben ist (persisch u. deutsch von Hammer, Bd. 1, Wien 1856);
ebenso das »Zafarnâme« oder die Geschichte Timurs von Scharaf eddin Jasdî (gest. 1446),
französisch von Pétis de la Croix (Par. 1722, 4 Bde.);
die Geschichte der Timuriden von 'Abd errasâk (gest. 1482),
betitelt: »Matla'-essa'dain«, und die große, in überaus rhetorischem Stil abgefaßte Universalgeschichte »Rausat essafâ« (»Lustgarten der Lauterkeit«) von Mirchond (s. d.).
Andre Geschichtswerke gleichen Inhalts sind das »Habîb-essijar« von Mirchonds Enkel Chondemir, das »Lubb-etta-wârich« (»Mark der Chroniken«, verfaßt 1541) von Jahja Kaswînî (gest. 1563) und das »Nusach-i-Dschahânârâi« von Ahmad al Ghaffârî (gest. 1567).
Als die persische Herrschaft sich auch über Indien ausdehnte, d. h. als die Zeit der indischen Großmoguls mit Baber, Humajûn und Akbar begann, wanderte mit der Poesie auch die Geschichtschreibung dahin und trug daselbst reiche Blüten. Eine vorzügliche und nahezu vollständige Sammlung aller Dokumente aus persischen Historikern, die auf die Geschichte Indiens von der Zeit der ersten mohammedanischen Eroberung bis zur Besitzergreifung durch die Engländer Bezug haben, ist in Elliotts, von Dowson fortgesetzter »History of India as told by its own historians« (Lond. 1867-77, 8 Bde.) gegeben.
Wir greifen aus der Fülle dieser Geschichtswerke nur einige heraus, z. B. Abd el kâdir Badâûnis »Muntachab-ettawârîch«, eine allgemeine Geschichte Indiens, vollendet 1595 (Kalkutta 1868-69);
Nisâm eddin Ahmeds »Tabakât-i-Akbarî« gleichen Inhalts, verfaßt 1593;
das »Akbarnâme«, die Geschichte Kaiser Akbars von Abulfasl (1551-1602) mit dem Supplementband des »Ajîn-i-Akbarî«, einer statistischen Schilderung des Mongolenreichs in Indien (hrsg. von Blochmann, Kalkutta 1867-77, 2 Bde.; nebst dem Anfang einer englischen Übersetzung, das. 1873);
Firischtahs Universalgeschichte Indiens: »Gulshan-i-Ibrâhîmî« (um 1606; lithographiert Bombay [* 11] 1832, 2 Bde.; übersetzt von Briggs, Lond. 1829, 4 Bde.);
ferner das »Ikbâlname-i-Dschahângîrî«, eine Geschichte Akbars und Kaiser Dschehangîrs von Mu'tamad Chan (gest. 1639; Kalkutta 1865);
das »Pâdischâhnâme«, eine Geschichte Kaiser Schâhdschahâns von 'Abd ul Hamîd von Lahor (gest. 1854; das. 1867-68, 2 Bde.),
und Mohammed Sâlihs »Amal-i-Çâlih«, verfaßt nach 1665 und dieselbe Regierungszeit umfassend;
Mohammed Kaßims 1688 verfaßtes »Âlamgîrnâme«, eine Geschichte der ersten zehn Jahre der Regierung Kaiser Aurengzib Alamgîrs (das. 1868),
und Musta'idd Chans »Maâsir-i-Âlamgîrî«, eine vollständige Darstellung der gesamten Regierungszeit dieses Kaisers, verfaßt 1710 (das. 1873);
außerdem eine Geschichte Bahâdur Schahs, des Nachfolgers von Aurengzib, u. Gholâm Hußeins »Sijar-elmutaakkherîn« in 2 Bänden, die Periode von 1700 bis 1786 umfassend (das. 1832; engl., das. 1789, 3 Bde).
Ferner sind zu erwähnen: die verschiedenen Autobiographien großer Mongolenfürsten, so die »Tusukât« oder »Malfuzât-i-Tîmur«, eine persische Übersetzung der ursprünglich dschagataisch geschriebenen Memoiren Timurs (pers. u. engl. von White, Oxf. 1783);
die »Wâkiât-i-Bâbarî«, Sultan Babers Aufzeichnungen, ebenfalls ursprünglich in dschagataischem Gewand (2. Ausg., Lond. 1844);
das »Dschahângîrnâme«, Kaiser Dschehangîrs Autobiographie (engl. von Price, das. 1829) etc. Neben diesen Werken über die Geschichte Indiens haben wir zahlreiche andre über die Geschichte Persiens, so das »Tarîch-i-Âlamârâi-'Abbâsî« von Iskender Munschi (geb. 1561),
die Regierungszeit Schah Abbas' d. Gr. behandelnd (verfaßt gegen 1630);
das »Tarîch-i-Shâh Safî« (bis 1642) und die Geschichte Nadir Schahs von Mohammed Mehdîchân (vollendet 1757; lithographiert Tebriz 1271 u. 1272 d. H.), über die Geschichte der Afghanen, die Geschichte von Taberistan, Kaschmir [* 12] und andern angrenzenden Ländern, über die Geschichte aller der kleinern Dynastien in Indien, Spezialhistorien von einzelnen Provinzen und Städten, Darstellungen der Thaten Mohammeds und der Kalifen etc. Ein Kreis [* 13] von derartigen Werken, welcher sich auf die Geschichte der kaspischen Länder bezieht, ist herausgegeben von Dorn: »Mohammedanische Quellen etc.« (Petersb. 1850-58, 4. Bde.).
Ebenfalls sehr reich ist die persische Litteratur an Biographien von Gelehrten und Dichtern, besonders an litterarhistorischen Werken, von 'Aufis »Lubâb-elalbâb« (um 1200 verfaßt) an bis zu dem modernsten, erst im Anfang des 19. Jahrh. verfaßten »Machsan-ulgharâib«. Am bekanntesten unter diesen sind der ziemlich wertlose Dauletschâh (s. d.) und Lutf Alîbegs (1722 bis nach 1782) vorzüglicher »Ateschkede« (»Feuertempel«).
Spärlicher, aber immerhin noch ansehnlich genug sind die Früchte, welche die auf persische Litteraturauf dem Boden der eigentlichen Fachwissenschaft aufzuweisen hat. Hier tritt überall der bedeutende Einfluß arabischer Wissenschaft und Kunst und die geringe Selbständigkeit der persischen hervor. Nur das Gebiet des mystischen Pantheismus, der so recht in iranischem Boden wurzelt, ist selbständig angebaut und hat eine wahre Unzahl von mehr oder weniger systematischen Werken hervorgebracht.
Das älteste derselben ist das schon im 11. Jahrh. verfaßte »Kaschf-almahdschûb« (vgl. hierzu Tholuck, Ssufismus, Berl. 1821). Die Geographie wird häufig in Geschichtswerken mit behandelt; als selbständige Werke sind zu erwähnen: »Nushat-elkulûb« vom Verfasser des »Tarîch-i-Gusîde« (s. oben),
und »Haft Iklîm« oder »Die sieben Klimate« von Amin Ahmad Râsî (verfaßt 1601),
eine unerschöpfliche Fundgrube geographischen, biographischen und bibliographischen Wissens. Für die Religionsgeschichte sind wichtig: »Ulemâï Islâm«, ¶