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und andern kleinen Seen, dem schönen Aussichtspunkt Pavillon Robert etc. Der Norden [* 2] der Stadt hat die aus den unwirtlichen Hügeln von Belleville hervorgezauberten Buttes Chaumont mit einer Kopie des Tempels der Sibylle in Tivoli, schönen Aussichtspunkten, einem See, einer Hängebrücke, Wasserfall und Grotte, der Süden endlich den Park von Montsouris mit einem See und dem von der Weltausstellung 1867 hierher übertragenen Bardo (Palast des Beis von Tunis) [* 3] aufzuweisen.
Dabei befindet sich das große Wasserreservoir de la Vanne, welches 300,000 cbm Wasser fassen kann und mittels eines 175 km langen Aquädukts aus der Champagne mit Wasser gespeist wird. Im Innern der Stadt fehlt es ebenfalls nicht an Grün; zu den alten und wohlgepflegten Gärten der Tuilerien (der besuchtesten Promenade, 1665 von Lenôtre angelegt, mit Statuen, Vasen [* 4] und Springbrunnen geziert und von Terrassen flankiert), des Luxembourg, des Palais-Royal und dem Jardin des Plantes, bestehend aus dem eigentlichen botanischen und dem zoologischen Garten, [* 5] gesellen sich der schöne, 1778 angelegte, nunmehr vollkommen verjüngte Park von Monceaux und zahlreiche Squares, die hier nicht, wie in London, [* 6] nur für die Anwohnenden, sondern für das Publikum überhaupt zugänglich sind.
Diese kleinen und großen Parkanlagen, deren Zahl noch immer nach Möglichkeit vermehrt wird, bewirken hauptsächlich, daß Paris [* 7] von allen großen Städten Europas noch den erträglichsten Sommeraufenthalt gewährt, wie denn der Fremdenstrom auch in der schönen Jahreszeit am stärksten ist. Von den Monumenten, Fontänen und andern Denkmälern, welche Paris in überreicher Menge besitzt, erwähnen wir außer den schon genannten den in der Mitte des Square St.-Jacques sich erhebenden, 1522 erbauten gotischen Turm [* 8] der ehemaligen Kirche gleiches Namens mit dem Denkmal Pascals, das Denkmal des Marschalls Ney, die Fontänen Louvois, Molière, Cuvier, St.-Michel, de l'Observatoire, de Grenelle, die triumphbogenartigen Portes St.-Martin und St.-Denis, welche 1674 und 1672 als Ehrendenkmäler Ludwigs XIV. errichtet und mit Reliefs versehen wurden.
Kirchliche Bauwerke.
Unter den Kirchen steht die altehrwürdige Kathedrale Notre Dame in der Cité obenan. Dieselbe wurde von 1163 an bis in das Ende des 13. Jahrh. an Stelle zweier älterer Kirchen in romanisch-gotischem Stil erbaut, im 18. Jahrh. mehrfach verändert, seit 1845 aber von Viollet le Duc wieder geschickt restauriert. Die Kathedrale ist 130 m lang, 48 m breit und 35 m hoch; sie hat eine bedeutende Hauptfassade mit drei reichen Portalen und zwei schöne Querschnittfassaden reinen gotischen Stils; die beiden unvollendeten Türme, der südliche mit der bekannten großen Glocke, erheben sich zu einer Höhe von 68 m. Das Innere zerfällt in 5 Schiffe [* 9] und 37 Kapellen und hat reichgeschnitzte Chorstühle und trotz der Verwüstung durch die Revolution noch manche alte Kostbarkeiten.
Ein reizendes gotisches Bauwerk ist die im Hof [* 10] des Justizpalastes gelegene Ste.-Chapelle, welche, 1242-1247 erbaut, neuerdings stilgemäß restauriert wurde und 1871 glücklicherweise von dem Brande des Justizpalastes verschont blieb; sie besteht aus einer untern und einer obern Kapelle, enthält schöne alte Glasmalereien und polychrome Ausstattung und ist mit einem vergoldeten Turm gekrönt. Künstlerischen Wert haben von den übrigen Kirchen insbesondere die folgenden: die romanische Kirche St.-Germain des Prés, aus dem 11. und 12. Jahrh., mit bedeutenden Wandgemälden von Hippolyte Flandrin u. a.;
St.-Germain l'Auxerrois, aus dem 12.-16. Jahrh., lange Zeit die Hofkirche, mehrfach zerstört, aber wiederhergestellt, mit malerischer Fassade;
St.-Etienne du Mont, 1517-37 in gotischem Stil erbaut, mit zahlreichen Details französischer Renaissance, schlankem Turm, Glasmalereien und der Gruftkapelle der heil. Genoveva;
St.-Eustache, 1532-1641 in gotischem Stil erbaut, mit verschiedenen spätern Zuthaten und dem bemerkenswerten Grabdenkmal Colberts;
St.-Sulpice (1646-1749), mit säulengeschmückter Fassade und zwei Türmen (der eine unvollendet), im Innern mit neuern Wandgemälden;
das schicksalsreiche Panthéon (Ste.-Geneviève), ein nach dem Plan Soufflots 1764 begonnener griechisch-römischer Bau, der als Mausoleum berühmter Männer bis 1851, 1851-85 aber wieder als katholische Kultusstätte diente, mit großem Giebelrelief von David d'Angers und imposanter Kuppel;
die Madeleine, 1806-42 in der Form eines antiken römischen Tempels mit 54 umlaufenden korinthischen Säulen [* 11] erbaut, mit großem Relief im Giebelfeld, schöner Bronzehauptthür, im Innern einschiffig, von drei Kuppeln überdeckt und mit zahlreichen Marmorbildwerken und Gemälden versehen;
endlich von den neuern die Kirchen Notre Dame de Lorette, eine 1823-36 erbaute, mit modernen Gemälden ausgestattete Basilika, [* 12] St.-Vincent de Paul, 1824-44 in imposanter Lage erbaut, im Innern eine fünfschiffige Basilika mit polychromer Decke, [* 13] großem Wandgemälde von Flandrin und modernen Glasmalereien, Ste.-Clotilde, eine moderne gotische Kirche (1846-57), La Trinité, moderne Renaissancekirche (1867) mit reicher Fassade, St.-Augustin (1868), St.-Ambroise (1863-69), beide in romanischem Stil erbaut.
Von den gottesdienstlichen Gebäuden andrer Konfessionen [* 14] ist insbesondere die im byzantinischen Stil erbaute russische Kirche hervorzuheben. Zur Aufnahme der irdischen Reste der Bevölkerung [* 15] dienen gegenwärtig nur fünf Friedhöfe, und von diesen sind drei, der Père-Lachaise, Montmartre und Montparnasse, die wegen ihres imposanten Umfangs, der Pracht ihrer Monumente und des Reichtums an berühmten Toten zu den größten Sehenswürdigkeiten der Stadt gehören, nur noch für als Grundeigentum erworbene Grabstätten (sépultures à perpétuité) reserviert, während die Friedhöfe von St.-Ouen und Ivry die Leichen aufnehmen, die sich mit einer zeitweiligen Ruhestatt von fünf Jahren begnügen müssen. Dann werden die ausgegrabenen Gebeine in den Katakomben, ursprünglich alten Steinbrüchen im S. der Stadt, aufgespeichert. Um diesem Übelstand abzuhelfen, wird jetzt eine ungeheure Nekropole von 827 Hektar auf dem unfruchtbaren Plateau von Méry sur Oise, eine Eisenbahnstunde nördlich von Paris, angelegt.
Profanbauten.
Das hervorragendste weltliche Bauwerk von Paris ist der Gebäudekomplex des Louvre und der Tuilerien, von der Seine, dem Tuileriengarten, der Rue de Rivoli und der Rue du Louvre begrenzt. Das Louvre, das älteste und eigentliche Königsschloß von Paris (s. »Baukunst«, [* 16] Tafel XII, 4), in welchem fast drei Jahrhunderte hindurch die gekrönten Häupter Frankreichs residierten, wurde in seiner heutigen Gestalt in verschiedenen Perioden erbaut (begonnen unter Franz I. durch Lescot 1546, fortgesetzt unter Katharina von Medici, Heinrich IV., Ludwig XIII., Ludwig XIV. und Napoleon III.). Es wurde 1871 teilweise zerstört, aber seitdem wiederhergestellt und besteht aus ¶
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dem alten Louvregebäude mit der von Perrault 1674 in kolossalen Verhältnissen ausgeführten Fassade mit Säulenordnung [* 18] und den die Place Napoléon flankierenden Bauten des neuen Louvre mit vorspringenden Pavillons und reicher Skulpturausstattung. Diese neuern Bauten stellen die Verbindung mit dem Tuilerienpalast her, so daß der ganze Gebäudekomplex ein aus drei Abteilungen bestehendes, von O. nach W. gestrecktes längliches Viereck [* 19] bildet, welches den eigentlichen Louvrehof, die Place Napoléon und die Place du Carroussel umschließt.
Der Tuilerienpalast, 1564 unter Katharina von Medici von Philibert Delorme begonnen und mit wiederholten Unterbrechungen fortgeführt, wurde 1871 von den Kommunarden in Brand gesteckt und 1883 ganz abgetragen; nur zwei zum Louvre führende Flügel (Pavillon de Marsan und de Flore) sind erhalten. Die Place Napoléon ist mit Gartenanlagen versehen; auf der Place du Carroussel steht der von Napoleon I. 1806 nach dem Muster des Triumphbogens des Septimius Severus erbaute Arc de Triomphe du Carroussel, von einer Quadriga [* 20] gekrönt.
Das Louvre enthält gegenwärtig die reichhaltigen Museen (s. unten), welche im J. 1871 glücklicherweise von der Zerstörung verschont blieben (nur die wertvolle Louvrebibliothek verbrannte), im nördlichen Bau des neuen Louvre ist das Finanzministerium untergebracht, dessen ehemaliges Palais in der Rue de Rivoli 1871 gleichfalls verbrannt wurde. Nahe dabei steht das Palais-Royal, dessen ältester Teil 1629-34 von Kardinal Richelieu erbaut wurde, später von verschiedenen Mitgliedern der königlichen Familie (insbesondere aus der Linie Orléans) [* 21] bewohnt, jetzt Sitz des Staatsrats und des Kassationshofs; es besteht aus einem Vorbau mit Säulenhalle und drei Gebäuden, welche einen großen gartenähnlichen Hof (Jardin du Palais-Royal) einschließen und in ihren dem Garten zugekehrten, einem lebhaften Verkehr dienenden Galerien zahlreiche Restaurants und Kaufläden für Luxusartikel enthalten. Im nördlichen Teil des Palastes befindet sich das Théâtre du Palais-Royal, während südlich das Théâtre-Français angebaut ward (1782). Von öffentlichen Gebäuden und Palästen sind ferner zu erwähnen: das Palais d'Elysée, aus dem 18. Jahrh., von der Marquise von Pompadour reich ausgestattet, seit der Revolution Staatseigentum, jetzt Residenz des Präsidenten der Republik, mit großem Garten;
der in seinen Hauptteilen der Renaissanceperiode angehörige, unter Katharina von Medici 1615-20 von Jacques Desbrosses erbaute Palast Luxembourg, welcher, auf dem südlichen Seineufer gelegen, der Reihe nach fürstliche Personen, Regierungen und politische Körperschaften beherbergte, dazwischen in der großen Revolution als Staatsgefängnis diente, in seinen prächtigen Sälen eine ansehnliche Kunstsammlung (s. unten) enthält und von einem schönen Garten umgeben ist;
der Palast des Gesetzgebenden Körpers, 1722 als Palais Bourbon erbaut, seit 1804 dem Parlament eingeräumt, mit reichdekorierten Sälen;
das 1810-35 erbaute monumentale Palais du Quai d'Orsay, 1871 niedergebrannt;
der Palast der Ehrenlegion, 1786 erbaut, nach dem Brand von 1871 wiederhergestellt;
das Palais de Justice, ein großer Gebäudekomplex auf der Citéinsel, ursprünglich Residenz der Könige von Frankreich, dann Sitz des Parlaments, jetzt der Justiz- und Polizeiverwaltung dienend, nach den wiederholten Zerstörungen (1618, 1776 u. 1871) restauriert, mit wenigen vom ursprünglichen Bau erhaltenen Resten (Tour de l'Horloge etc.), der Ste.-Chapelle (s. oben), der großen Salle des Pas perdus und andern Sitzungssälen;
das gegenüberliegende Handelsgericht (1860-66) mit Kuppel und stattlicher Treppe; [* 22]
das Ministerium des Äußern (1845) am Quai d'Orsay;
das Hôtel de Ville, 1533-1628 von Boccadoro u. a. in französischem Renaissancestil erbaut, seit 1837 erweitert und im Innern prachtvoll ausgestattet, 1871 von den Kommunarden niedergebrannt, seither aber in der frühern Gestalt wieder aufgebaut;
das 1671-74 unter Ludwig XIV. erbaute Hôtel des Invalides, welches eine reiche Waffensammlung, das Musée d'Artillerie, enthält und den Invalidendom in sich schließt, einen quadratischen Kuppelbau von 1706 mit Krypte, in welchem sich seit 1841 das Grab Napoleons I. befindet, ferner mit den Grabmälern von Turenne und Vauban;
die 1838 vollendete École des Beaux-Arts mit schöner Fassade;
das Conservatoire des Arts et Métiers, eine ehemalige, 1060 gegründete Abtei St.-Martin, von deren Räumen namentlich die Kirche und das Refektorium, beide aus dem 13. Jahrh., erhalten sind;
das großartige Opernhaus, 1861-75 von Garnier erbaut, mit reicher, aber etwas gedrückter Fassade, verschwenderisch ausgestattetem, beinahe überladenem Zuschauerraum mit 2156 Plätzen und einem mit trefflichen Deckengemälden geschmückten Foyer (Gesamtkosten 36 Mill. Frank);
das umfangreiche, 1751 errichtete Gebäude der École militaire, jetzt Kaserne (die Schule wurde nach St.-Cyr verlegt);
die Börse, 1808-27 in Form eines griechischen Tempels erbaut, mit korinthischen Säulen und Standbildern;
das Hôtel des Monnaies (Münzgebäude), am Quai Conti 1771 errichtet;
der alte Industriepalast in den Champs-Elysées, für die erste Pariser Weltausstellung 1855 erbaut, jetzt zu der jährlichen Kunstausstellung (»Salon«) dienend;
der Trocadéropalast, ein aus Anlaß der Weltausstellung 1878 in orientalischem Stil errichteter halbkreisförmiger Festbau.
Auch für die Weltausstellung des Jahrs 1889 werden auf dem Marsfeld große Bauten (darunter der viel angefochtene Eiffelturm) [* 23] aufgeführt.
Bevölkerung.
Die Zahl der Einwohner betrug 1886 bei mehr als 76,000 Wohnhäusern 2,344,550, dagegen 1881: 2,269,023, 1861:1,696,141, 1836: 909,126, 1798: 640,504. Das Anwachsen der Pariser Bevölkerung ist selbstverständlich weniger der natürlichen Zunahme infolge Überschusses der Geburten über die Sterbefälle als vielmehr dem fortwährenden Zufluß ortsfremder Bevölkerung nach Paris zuzuschreiben. Von 1000 Bewohnern sind denn auch nur 322 in Paris, 38 in andern Orten des Departements Seine, 565 im übrigen Frankreich und 75 im Ausland geboren. Die Bevölkerungsbewegung ergab 1884 folgende Hauptdaten: 20,562 Trauungen, 63,840 Geburten, 5019 Totgeborne, 56,970 Sterbefälle.
Dem Glaubensbekenntnis nach umfaßt die ihrer überwiegenden Mehrheit nach katholische Pariser Bevölkerung zufolge der letzten Erhebung (1872) 19,424 Calvinisten, 12,634 Lutheraner, 9615 sonstige Protestanten, 23,434 Juden und 1572 Mohammedaner und Buddhisten; 13,905 Individuen erklärten, überhaupt keinem Kultus anzugehören, und 11,041 bekannten sich zu religiösen Überzeugungen, die in ihrer Eigentümlichkeit sich jeder Klassifizierung entziehen. An der Spitze des aus 1193 Geistlichen zusammengesetzten Klerus von Paris steht der Erzbischof. Der Posten gilt für ebenso ehren- und einflußreich wie gefährlich; drei Erzbischöfe von Paris sind im Lauf ¶