mehr
Kalkschichten ein paar Wochen überdeckt stehen läßt, wieder auswäscht, trocknet und die feine Faser durch Schlagen oder Stampfen zerkleinert. Die breiige Masse der zerkleinerten Fasern wird auf Formsieben aus feinsten Bambusfäden aus einer Bütte geschöpft, auf Filze oder Tücher abgegautscht, auf langen, schräg liegenden Porzellanöfen getrocknet, wenn erforderlich, mit Reis oder Oreniwurzel und Alaun [* 2] geleimt (faniert) und endlich geglättet. Die wichtigsten Rohmaterialien sind in China, [* 3] Japan und Korea der Bambus und der Papierbaum (Broussonetia papyrifera), in Siam außer jenen auch Trophis aspera und Chinagras (Boehmeria nivea), in Vorderindien die Jute [* 4] (Corchorus capsularis), die Agave, der Sunhanf (Crotalaria juncea), der Pisang, Daphne, Astragalus [* 5] und Borassus etc. In Japan werden Papiere aus dem Bast [* 6] von Broussonetia papyrifera hergestellt, welche bei überraschender Weichheit und Biegsamkeit eine unsern Papieren fremde Festigkeit [* 7] besitzen.
Man benutzt europäische Papiermaschinen und hat auch die europäischen Formate angenommen. Zur Darstellung dieser Papiere wird der Bast der Broussonetia nur so weit zerfasert, daß die Zellen fast unversehrt bleiben und in dem Papier in Längen von 12-15 mm vorkommen. Sie besitzen eine so außerordentliche Verfilzungsfähigkeit, daß das Papier daraus in der Regel nur mit Alaun getränkt zu werden braucht, um die Eigenschaft des geleimten Papiers zu erhalten. Die Verwendung des japanischen Papiers ist namentlich zu Dokumenten und Landkarten, [* 8] besonders für militärische Zwecke, zu empfehlen, da dasselbe des Aufziehens auf Leinwand nicht bedarf; man benutzt die stärkern Sorten desselben gefärbt und gepreßt vielfach statt des Leders zu Etuis, Portemonnaies, Brieftaschen u. dgl.; außerdem dient das japanische Papier zu allerlei Gefäßen, Teppichen, zu Gegenständen, welche sonst aus Geweben hergestellt werden, zu Fenstern, Laternen, Fächern, Schirmen etc.
Prüfung des Papiers.
Die Prüfung des Papiers bezieht sich hauptsächlich auf das Material, aus welchem es hergestellt wurde, den Gehalt an mineralischen Stoffen, seine physikalischen Eigenschaften und seinen Chlorgehalt. Am besten ist Papier, welches aus Fasern hergestellt ist, die eine große Festigkeit, gehörige Länge und Geschmeidigkeit besitzen und aus möglichst reiner Cellulose bestehen. Man ordnet deshalb die Papiere in folgende fünf Klassen:
1) Flachs oder Hanf, 2) Baumwolle, [* 9] Esparto, Jute, Nessel, 3) Holzcellulose, Stroh, 4) Holzschliff, 5) Wolle, Haar, [* 10] Seide. [* 11] Da nun auch die tierische Leimung mehr als jede andre zur Haltbarkeit beiträgt, so zerfällt jede Klasse noch in Unterabteilungen nach der Art der Leimung, und überdies kommen zahlreiche Zwischenstufen durch Mischung verschiedener Fasern vor. Zur Beurteilung der Papiersorten hat man daher Papiernormalien (s. S. 677) aufgestellt, und im allgemeinen kann man sagen, daß die besten Papiersorten von Holzschliff, Stroh und ähnlichen Fasern frei sein müssen.
Zur Prüfung der Festigkeit benutzt man eine geeignete Maschine [* 12] und prüft das Papier nach Länge und Breite [* 13] und zwar an Streifen von 15 mm Breite und mindestens 20 cm Länge. Das arithmetische Mittel aus beiden Prüfungen ergibt die gesuchte Zahl, wenn die Differenz nicht mehr als 30 Proz. beträgt. Bei größerer Differenz ist das Papier zu ungleichmäßig in der Masse. Meist genügt auch eine Festigkeitsprüfung in der Diagonale. Zur Angabe der Festigkeit berechnet man, wie lang ein aus dem Papier geschnittener Streifen von überall gleicher Breite sein muß, damit er durch sein eignes Gewicht zerreißt.
Die gefundene Zahl heißt die Reißlänge. Zerreißt ein Streifen Papier von 15 mm Breite bei einer Belastung mit 5000 g, und wiegt 1 qm 75 g, so ist die Reißlänge ^[img] × 1000 = 4444 m. Die Stärke [* 14] des Papiers bestimmt man mit Hilfe eines Piknometers. Zur Bestimmung der Widerstandsfähigkeit des Papiers gegen Zerknittern ballt (knittert) man einen halben Bogen [* 15] Papier fest zusammen und zieht ihn wieder auseinander, bis der Bogen voller Kniffe ist. Hat das Papier hierbei bereits Löcher bekommen, so bezeichnet man die Widerstandsfähigkeit gegen Zerknittern als außerordentlich gering. Im andern Fall wird das Papier darauf zwischen den Handballen, wie beim Wäschereinigen, gerieben, bis Löcher entstehen, und nach der Dauer und Stärke dieser Behandlung bestimmt, welcher von etwa 7 Graden [ 0) außerordentlich gering, 1) sehr gering, 2) gering, 3) mittelmäßig, 4) ziemlich groß, 5) groß, 6) sehr groß, 7) außerordentlich groß] zutrifft.
Nach einiger Übung ist man im stande, nach diesem Verfahren ein ziemlich zutreffendes Urteil über die Beschaffenheit des Papiers zu gewinnen. Zur Bestimmung des Gehalts an mineralischen Substanzen, welcher die Festigkeit und Dauerhaftigkeit des Papiers sehr wesentlich beeinflußt, verbrennt man einen Streifen bei 30-40° getrockneten Papiers von 3-4 cm Breite und 2 g Gewicht in einer Platinspirale in einer Spiritus- oder Gasflamme und wägt die weiße Asche. Die faserigen Bestandteile des Papiers bestimmt man mit dem Mikroskop, [* 16] Holzschliff und Jute kann man aber auch durch chemische Reagenzien nachweisen.
Phloroglucin in 0,5proz. Lösung färbt mit Salzsäure betupftes Papier bei Gegenwart von Holzschliff purpurrot, schwefelsaures Anilin in 1proz. Lösung färbt solches gelb, salzsaures Naphthylamin orange, ein Gemisch von 1 Schwefelsäure [* 17] und 3 Salpetersäure braungelb. Gut gebleichte Holzcellulose gibt diese Reaktionen nicht. Stärke (und mit ihr die Harzleimung) wird durch die intensive Bläuung angezeigt, welche ein Tropfen Jodwasser erzeugt. Zur Erkennung von tierischem Leim kocht man 5-10 g zerschnittenes Papier mit 120 g Wasser, bis nur 25 g Flüssigkeit übriggeblieben sind, und kocht diese mit 5 ccm einer 5proz. Ätznatronlauge und 5 ccm 1proz. Quecksilberchloridlösung 3-5 Minuten. Bei Gegenwart von Leim färbt sich das gelbrote Quecksilberoxyd schwarzgrau. Chlor erkennt man in der Abkochung durch den weißen Niederschlag, den Höllensteinlösung erzeugt, freies Chlor durch die blaue bis violette Färbung durch Jodkaliumstärkekleister.
Statistik.
Von den 1400 Mill. auf der Erde lebenden Menschen bedienen sich 276 Mill. keiner Schrift; 30 Mill. schreiben auf Palmblätter, Rinden, Bast und Holztafeln (jenseit des Ganges, Himalaja und in Afrika); [* 18] 620 Mill. brauchen das chinesisch-japanische und 350 Mill. das gewöhnliche Papier und zwar 17,059,000 Ztr. pro Jahr. Diese Menge verteilt sich auf die Hauptproduktionsländer nach den statistischen Erhebungen des Jahrs 1878 von Rudel folgendermaßen: Es liefert
Deutschland | 244300000 Kilogr. | oder 4886000 Ztr. |
Frankreich | 134700000 " | 2694000 " |
Großbritannien | 168200000 " | 3364000 " |
Nordamerika | 213500000 " | 4270000 " |
Österreich-Ungarn | 92250000 " | 1845000 " |
Zusammen: | 852950000 Kilogr. | oder 17059000 Ztr. |
Diese Tabelle zeigt zugleich, daß Deutschland [* 19] das quantitativ am meisten Papier produzierende Land der Erde geworden ist. Nach Abzug des 6,300,000 kg ¶
mehr
betragenden Überschusses der Ausfuhr über die Einfuhr werden daher in Deutschland pro Kopf 5⅔ kg konsumiert, während in Frankreich 4, in Großbritannien [* 21] 6, in Nordamerika [* 22] 5 und in Österreich [* 23] nur 2½ kg auf den Kopf kommen. Zur Erzeugung dieser Papiermengen dienen in
Deutschland: | |
187 | Bütten und 782 Maschinen mit 79,400 Arbeitern, |
260 | Holzschleifereien mit 600 Apparaten und 4800 Arbeitern, |
45 | Strohstofffabriken mit 75 Kesseln und 800 Arbeitern, |
20 | Cellulose- und Lignitfabriken (28 Kessel, 300 Arbeiter), |
40000 | Lumpensammler und Nebenarbeiter, |
3326000 | Zentner Hadern, |
1600000 | " Holzschliff, |
540000 | " Strohstoff, |
120000 | " Holzcellulose. |
Österreich: | |
163 | Bütten und 252 Maschinen mit 21,700 Arbeitern, |
84 | Holzschleifereien mit 152 Apparaten und 1220 Arbeitern, |
9 | Strohstofffabriken mit 14 Apparaten und 120 Arbeitern, |
3 | Cellulosefabriken mit 7 Apparaten und 76 Arbeitern, |
20000 | Lumpensammler und Hilfsarbeiter, |
2500000 | Ztr. Hadern, |
580000 | " andre Faserstoffe. |
Zu diesen Hauptmaterialien kommt außer dem gelegentlichen Verbrauch an andern Faserstoffen (Jute, Alfa, Nessel, Manilahanf, Chinagras etc.) noch eine sehr ansehnliche Menge von Nebenmaterialien zum Reinigen und Leimen, als Füllstoff, als Bleich- und Färbemittel etc., und zwar werden konsumiert
in Deutschland | in Österreich | |
---|---|---|
an Gips und Thonerden | 600000 | 140000 Ztr. |
" Kalk | 160000 | 78000 " |
" Soda | 132000 | 18400 " |
" Harz | 240000 | 92000 " |
" Kartoffelstärke | 120000 | 46000 " |
" Schwefelsaurer Thonerde u. Alaun | 240000 | 92000 " |
" Ultramarin | 13400 | 4600 " |
Rechnet man die obigen 187 Bütten und 782 Papiermaschinen zusammen gleich 790 Maschinen, so ergibt sich, daß eine Maschine durchschnittlich jährlich 310,000 oder täglich etwa 1000 kg Papier erzeugt. Welche Zunahme an Papierverbrauch in Deutschland stattgefunden hat, zeigt folgende Übersicht.
Es verbrauchte im Jahr | 1840: | 1878: |
die Staatsverwaltung | 3300000 | 28560000 Kilogr. |
die Schulen und Wissenschaft | 1980000 | 28560000 " |
der Handel und Verkehr | 3960000 | 23800000 " |
die Industrie | 2200000 | 19040000 " |
die Bücher und Zeitschriften | 8800000 | 123760000 " |
der Privat- und Postverkehr | 1760000 | 14280000 " |
Zusammen | 22000000 | 238000000 Kilogr. |
Der Verbrauch nach Sorten | 1840: | 1878: |
Brief- und Schreibpapier | 6600000 | 71400000 Kilogr. |
Buch- und Kupferdruck etc. | 11000000 | 119000000 " |
Tapeten-, Pack-, Buntpapier | 2750000 | 29750000 " |
Pappe, Preßspäne | 1650000 | 17850000 " |
Zusammen: | 22000000 | 238000000 Kilogr. |
Vgl. außer den ältern Schriften von Schäffer (1765), Wehrs (1789), Piette (1831-63), Lenormand (1833), Planche (1853), Rudel (1854 u. 1862) u. a. besonders: Müller, Die Fabrikation des Papiers (4. Aufl., Berl. 1876);
Hofmann, Handbuch der Papierfabrikation [* 24] (das. 1875);
Derselbe, Treatise on the manufacture of paper (Lond. 1874);
Dropisch, Papierfabrikation (3. Aufl., Weim. 1881);
Derselbe, Papiermaschine (Braunschw. 1878);
Hoyer, Fabrikation des Papiers (das. 1887);
Derselbe, Das Papier, seine Beschaffenheit und deren Prüfung (Münch. 1882);
Mierzinski, Handbuch der praktischen Papierfabrikation (Wien [* 25] 1886, 3 Bde.);
Abel, Papiernormalien (Magdeb. 1886);
Winckler, Der Papierkenner (Leipz. 1886);
Wiesner, Die mikroskopische Untersuchung des Papiers, namentlich der ältesten orientalischen und europäischen Papiere (Wien 1888);
Karabcicek, Das arabische Papier (das. 1888);
Müller, Die Bestimmung des Holzschliffs im P. (Berl. 1887);
Herzberg, Papierprüfung (das. 1888);
Raab, [* 26] Die Schreibmaterialien und die gesamte Papierindustrie (Hamb. 1888);
»Zentralblatt der deutschen Papierfabrikation« (Dresd., seit 1850);
»Wochenblatt für Papierfabrikation« von Günther und Staib (Biberach, [* 27] seit 1871);
»Papierzeitung« (Berlin, [* 28] seit 1874);
»Zentralblatt für die österreichisch-ungarische Papierindustrie« (Wien, seit 1883);
»Zeitschrift für Papiererzeugung und Verbrauch« (Berl. 1887);
»Papierkalender«, herausgegeben von Claus (das. 1887).