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Sorte IV: Papier von beliebiger Stoffzusammensetzung und mit beliebigem Aschengehalt, zu untergeordneten Zwecken.
Bezüglich der Festigkeit [* 2] und Dehnung gelten sechs Klassen:
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | |
---|---|---|---|---|---|---|
Mittlere Reißlänge in Metern mindestens | 6000 | 5000 | 4000 | 3000 | 2000 | 1000 |
Mittlere Dehnung in Prozenten mindestens | 4.5 | 4 | 3 | 2.5 | 2 | 1.5 |
Widerstand gegen Zerknittern | 6 | 6 | 5 | 4 | 3 | 1 |
(Näheres hierüber in Hoyer, Das Papier, seine Beschaffenheit und deren Prüfung, Münch. 1882.)
Die Formate waren in den ersten Zeiten der Papiermacherei sehr wenig zahlreich und wurden nach der Größe der damals allein gebräuchlichen Pergamente eingehalten, somit in dem Format der Kanzleien, des Stempelpergaments und dem für Diplome oder Urkunden. Aus jenen Zeiten haben sich die Namen: Stempelformat (Neu- und Altstempel), Kanzleipapier und Kanzleiformat, Registerpapier und Registerformat etc. bis heute erhalten. Berühmte Bücher und Kupferstiche liehen auch den Papierformaten, auf welche sie gedruckt waren, den Namen, z. B. Dekretalien-, Cicero-, Katechismus-, Kalender-, in neuerer Zeit Lexikon-, Schiller- etc. Format für Bücher, Jesus-, Colombier-, Abendmahl-, Galerie- etc. Format für Kupfer- und andre Stiche. Am meisten und verbreiteten haben sich die Formatbenennungen: Kanzlei und klein Kanzlei oder Neustempel, Schulformat, Altstempel oder Propatria, klein und groß Median (engl. medium), Regal oder Royal, Imperial, groß Imperial erhalten.
Die Einteilung des Papiers für den Groß- und Kleinhandel ist zwar in den verschiedenen Weltteilen nicht gleich; doch stimmt die Haupteinteilung des Ballens in 10 Ries überein, und nur die Bogenzahl der Riese variiert zwischen 200 und 500. In Europa [* 3] war allgemein die Einteilung des Ballens in 10 Ries, das Ries zu 20 Buch, das Buch zu 24 Bogen [* 4] Schreib- oder 25 Bogen (1 Bogen als Zuschuß beim Drucken) Druckpapier eingeführt, und nur in Italien, [* 5] Frankreich und England ändert man diese Zahlung für die Versendungen nach Mittel- und Südamerika, [* 6] Ägypten [* 7] und dem Orient. In Deutschland [* 8] zählt man das Neuries zu 1000, rechnet aber ohne weitere Bezeichnung nach 100, 200 etc., 1000, 2000 etc. Bogen.
Bemerkenswerte Papierarten sind noch folgende: Das Zigarrettenpapier ist ein aus sehr festem Fasermaterial bereitetes, sehr dünnes (0,02 mm), ungeleimtes Papier, das sich durch seine innige Verfilzung und leichte Verbrennlichkeit ohne Geruch auszeichnet. Das ihm ähnliche, 0,03 mm dicke Seidenpapier aus Hanffaser dient als Einlage beim »Spiegel« [* 9] zur Schonung des Glanzes des vordersten Endes der Seidenzeuge (Atlas). [* 10] Dasselbe Papier, nur in andern Formaten, gibt das Kopier- und das Goldschlagpapier zum Einlegen der Goldblättchen.
Das Visitenkartenpapier ist ein feines Karton- oder geringeres, mit Kreide, [* 11] Blei- oder Zinkweiß, Gips [* 12] etc. überstrichenes und stark geglättetes Papier. Das Nadelpapier besteht aus festen, schwarz oder dunkelviolettblau gefärbten Stoffen; weniger fest sind die farbigen Natur- und die Anschlagzettelpapiere, ebenfalls schon in der Faser vor der Bereitung gefärbt. Die Crayonpapiere zeichnen sich durch Festigkeit und ihre matten Farbentöne aus, während das Photographiepapier die höchste Leistung der Papierfabrikation [* 13] repräsentiert und untadelhaft in Reinheit, Geschlossenheit der Verfilzung, Leimung und Gleichmäßigkeit der Oberfläche sein muß.
Das sogen. Reispapier (chines. rice) von der Insel Formosa ist kein Papier in unserm Sinn des Wortes, sondern ein fein geschältes Blatt [* 14] aus der schneeweißen Wurzel [* 15] der Aeschynomene paludosa (Familie der Papilionaceen) und wird zur Aquarellmalerei und Blumenverfertigung verwendet. Alle Papiere, auch wenn sie sorgfältig gebleicht wurden, nehmen mit der Zeit eine gewisse Färbung an. Verhängnisvoll ist aber nur das schnelle Vergilben der Papiere, welche verholzte Fasern, also besonders Holzschliff, Jutefasern, ungebleichten Strohstoff etc., enthalten, weil hiermit eine große Herabminderung der Festigkeit bis zu völligem Zerfall verbunden ist.
Diese Vergilbung ist ein durch das Licht [* 16] bedingter Oxydationsprozeß, der durch Anwesenheit von Feuchtigkeit begünstigt wird und sich namentlich schnell bei Gegenwart stark brechbarer (violetter und ultravioletter) Lichtstrahlen vollzieht. Da an diesen Strahlen das elektrische Licht sehr reich ist, so erklärt sich damit die Erscheinung, daß Holzschliffpapier in elektrischem und direktem Tageslicht sehr schnell, bei Gaslicht und diffusem Tageslicht sehr langsam vergilbt, wonach sich in Bibliotheken elektrische Beleuchtung [* 17] nicht empfiehlt. Zu den Hadernsurrogaten sind übrigens auch mineralische Stoffe hinzugekommen, besonders Thon (China-Clay), Gips (Annaline), Blanc fixe etc.
Die wichtigsten Verwendungen des europäischen Papiers sind außer zu Schrift, Druck und Verpackung die zu den Bunt-, Tapeten-, Iris- und Kreidepapieren, zu Papierwäsche, zu Kartonagen, als Ersatz der Malerleinwand etc. und in neuester Zeit zu Gefäßen etc. Außerdem dient Papiermasse als Ersatz für Holz, [* 18] welches sie an Gleichmäßigkeit, Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einflüsse, namentlich auch gegen Feuchtigkeit, weit übertrifft, zu Kalanderwalzen, Füllungen in Fuhrwerken, Eisenbahnwagenrädern.
Sicherheitspapier, zu wertvollen Dokumenten, namentlich zu Papiergeld, soll gegen Radieren, Zerstörung der Schrift durch chemische Mittel, insbesondere gegen Verfälschungen Sicherheit gewähren. Man benutzte früher allein Wasserzeichen, später gewisse Zusätze zu der Papiermasse, welche äußere Eingriffe sofort, gewöhnlich durch Farbenveränderungen, erkennen lassen. So bedient sich unter anderm die Lyoner Bank zu Wechseln eines Papiers, das in der Masse mit Ultramaringrün gefärbt ist, so daß die mit verdünnter Säure oder Alaunwasser geschriebenen Zahlen weiß erscheinen.
Von großer Bedeutung ist das nach seinem Erfinder benannte Wilcoxpapier geworden, das auch in Deutschland das Material für die Banknoten bildet. Dieses Papier wird dadurch erzeugt, daß man das aus festen Hanffasern gewonnene Zeug auf der Hand- oder der Maschinenform, bevor es viel Wasser verloren hat, mit verschiedenartig (rot, blau etc.) gefärbten Fasern von ca. 6 mm Länge bestreut, die sich so einbetten, daß sie zwar mit einer Nadel abgehoben werden können, aber doch dem Papierkörper angehören. Der Wert dieses Papiers liegt in der Schwierigkeit, die Anfertigung desselben geheimzuhalten, und darin, daß man demselben durch eine passende Lokalisierung der Fasern einen bestimmten Charakter geben kann. Thatsache ist, daß bis jetzt falsche Banknoten auf diesem auch Pflanzenfaserpapier genannten Papier nicht vorgekommen sind.
Die Papiere Ostasiens und Vorderasiens unterscheiden sich wesentlich von den unsrigen. In China, [* 19] Japan, Korea, bis nach Kaschmir [* 20] besteht noch die ursprüngliche, 2000jährige Manipulation, welche darauf beruht, daß man die Rohpflanze in Bündeln bis zur Fäulnis (Wasserröste) in Wasser einlegt; dann die Faser auswäscht und reinigt, in Kasten mit ¶
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Kalkschichten ein paar Wochen überdeckt stehen läßt, wieder auswäscht, trocknet und die feine Faser durch Schlagen oder Stampfen zerkleinert. Die breiige Masse der zerkleinerten Fasern wird auf Formsieben aus feinsten Bambusfäden aus einer Bütte geschöpft, auf Filze oder Tücher abgegautscht, auf langen, schräg liegenden Porzellanöfen getrocknet, wenn erforderlich, mit Reis oder Oreniwurzel und Alaun [* 22] geleimt (faniert) und endlich geglättet. Die wichtigsten Rohmaterialien sind in China, Japan und Korea der Bambus und der Papierbaum (Broussonetia papyrifera), in Siam außer jenen auch Trophis aspera und Chinagras (Boehmeria nivea), in Vorderindien die Jute [* 23] (Corchorus capsularis), die Agave, der Sunhanf (Crotalaria juncea), der Pisang, Daphne, Astragalus [* 24] und Borassus etc. In Japan werden Papiere aus dem Bast [* 25] von Broussonetia papyrifera hergestellt, welche bei überraschender Weichheit und Biegsamkeit eine unsern Papieren fremde Festigkeit besitzen.
Man benutzt europäische Papiermaschinen und hat auch die europäischen Formate angenommen. Zur Darstellung dieser Papiere wird der Bast der Broussonetia nur so weit zerfasert, daß die Zellen fast unversehrt bleiben und in dem Papier in Längen von 12-15 mm vorkommen. Sie besitzen eine so außerordentliche Verfilzungsfähigkeit, daß das Papier daraus in der Regel nur mit Alaun getränkt zu werden braucht, um die Eigenschaft des geleimten Papiers zu erhalten. Die Verwendung des japanischen Papiers ist namentlich zu Dokumenten und Landkarten, [* 26] besonders für militärische Zwecke, zu empfehlen, da dasselbe des Aufziehens auf Leinwand nicht bedarf; man benutzt die stärkern Sorten desselben gefärbt und gepreßt vielfach statt des Leders zu Etuis, Portemonnaies, Brieftaschen u. dgl.; außerdem dient das japanische Papier zu allerlei Gefäßen, Teppichen, zu Gegenständen, welche sonst aus Geweben hergestellt werden, zu Fenstern, Laternen, Fächern, Schirmen etc.
Prüfung des Papiers.
Die Prüfung des Papiers bezieht sich hauptsächlich auf das Material, aus welchem es hergestellt wurde, den Gehalt an mineralischen Stoffen, seine physikalischen Eigenschaften und seinen Chlorgehalt. Am besten ist Papier, welches aus Fasern hergestellt ist, die eine große Festigkeit, gehörige Länge und Geschmeidigkeit besitzen und aus möglichst reiner Cellulose bestehen. Man ordnet deshalb die Papiere in folgende fünf Klassen:
1) Flachs oder Hanf, 2) Baumwolle, [* 27] Esparto, Jute, Nessel, 3) Holzcellulose, Stroh, 4) Holzschliff, 5) Wolle, Haar, [* 28] Seide. [* 29] Da nun auch die tierische Leimung mehr als jede andre zur Haltbarkeit beiträgt, so zerfällt jede Klasse noch in Unterabteilungen nach der Art der Leimung, und überdies kommen zahlreiche Zwischenstufen durch Mischung verschiedener Fasern vor. Zur Beurteilung der Papiersorten hat man daher Papiernormalien (s. S. 677) aufgestellt, und im allgemeinen kann man sagen, daß die besten Papiersorten von Holzschliff, Stroh und ähnlichen Fasern frei sein müssen.
Zur Prüfung der Festigkeit benutzt man eine geeignete Maschine [* 30] und prüft das Papier nach Länge und Breite [* 31] und zwar an Streifen von 15 mm Breite und mindestens 20 cm Länge. Das arithmetische Mittel aus beiden Prüfungen ergibt die gesuchte Zahl, wenn die Differenz nicht mehr als 30 Proz. beträgt. Bei größerer Differenz ist das Papier zu ungleichmäßig in der Masse. Meist genügt auch eine Festigkeitsprüfung in der Diagonale. Zur Angabe der Festigkeit berechnet man, wie lang ein aus dem Papier geschnittener Streifen von überall gleicher Breite sein muß, damit er durch sein eignes Gewicht zerreißt.
Die gefundene Zahl heißt die Reißlänge. Zerreißt ein Streifen Papier von 15 mm Breite bei einer Belastung mit 5000 g, und wiegt 1 qm 75 g, so ist die Reißlänge ^[img] × 1000 = 4444 m. Die Stärke [* 32] des Papiers bestimmt man mit Hilfe eines Piknometers. Zur Bestimmung der Widerstandsfähigkeit des Papiers gegen Zerknittern ballt (knittert) man einen halben Bogen Papier fest zusammen und zieht ihn wieder auseinander, bis der Bogen voller Kniffe ist. Hat das Papier hierbei bereits Löcher bekommen, so bezeichnet man die Widerstandsfähigkeit gegen Zerknittern als außerordentlich gering. Im andern Fall wird das Papier darauf zwischen den Handballen, wie beim Wäschereinigen, gerieben, bis Löcher entstehen, und nach der Dauer und Stärke dieser Behandlung bestimmt, welcher von etwa 7 Graden [ 0) außerordentlich gering, 1) sehr gering, 2) gering, 3) mittelmäßig, 4) ziemlich groß, 5) groß, 6) sehr groß, 7) außerordentlich groß] zutrifft.
Nach einiger Übung ist man im stande, nach diesem Verfahren ein ziemlich zutreffendes Urteil über die Beschaffenheit des Papiers zu gewinnen. Zur Bestimmung des Gehalts an mineralischen Substanzen, welcher die Festigkeit und Dauerhaftigkeit des Papiers sehr wesentlich beeinflußt, verbrennt man einen Streifen bei 30-40° getrockneten Papiers von 3-4 cm Breite und 2 g Gewicht in einer Platinspirale in einer Spiritus- oder Gasflamme und wägt die weiße Asche. Die faserigen Bestandteile des Papiers bestimmt man mit dem Mikroskop, [* 33] Holzschliff und Jute kann man aber auch durch chemische Reagenzien nachweisen.
Phloroglucin in 0,5proz. Lösung färbt mit Salzsäure betupftes Papier bei Gegenwart von Holzschliff purpurrot, schwefelsaures Anilin in 1proz. Lösung färbt solches gelb, salzsaures Naphthylamin orange, ein Gemisch von 1 Schwefelsäure [* 34] und 3 Salpetersäure braungelb. Gut gebleichte Holzcellulose gibt diese Reaktionen nicht. Stärke (und mit ihr die Harzleimung) wird durch die intensive Bläuung angezeigt, welche ein Tropfen Jodwasser erzeugt. Zur Erkennung von tierischem Leim kocht man 5-10 g zerschnittenes Papier mit 120 g Wasser, bis nur 25 g Flüssigkeit übriggeblieben sind, und kocht diese mit 5 ccm einer 5proz. Ätznatronlauge und 5 ccm 1proz. Quecksilberchloridlösung 3-5 Minuten. Bei Gegenwart von Leim färbt sich das gelbrote Quecksilberoxyd schwarzgrau. Chlor erkennt man in der Abkochung durch den weißen Niederschlag, den Höllensteinlösung erzeugt, freies Chlor durch die blaue bis violette Färbung durch Jodkaliumstärkekleister.
Statistik.
Von den 1400 Mill. auf der Erde lebenden Menschen bedienen sich 276 Mill. keiner Schrift; 30 Mill. schreiben auf Palmblätter, Rinden, Bast und Holztafeln (jenseit des Ganges, Himalaja und in Afrika); [* 35] 620 Mill. brauchen das chinesisch-japanische und 350 Mill. das gewöhnliche Papier und zwar 17,059,000 Ztr. pro Jahr. Diese Menge verteilt sich auf die Hauptproduktionsländer nach den statistischen Erhebungen des Jahrs 1878 von Rudel folgendermaßen: Es liefert
Deutschland | 244300000 Kilogr. | oder 4886000 Ztr. |
Frankreich | 134700000 " | 2694000 " |
Großbritannien | 168200000 " | 3364000 " |
Nordamerika | 213500000 " | 4270000 " |
Österreich-Ungarn | 92250000 " | 1845000 " |
Zusammen: | 852950000 Kilogr. | oder 17059000 Ztr. |
Diese Tabelle zeigt zugleich, daß Deutschland das quantitativ am meisten Papier produzierende Land der Erde geworden ist. Nach Abzug des 6,300,000 kg ¶