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das
Reich und die angesehensten Fürstenfamilien zur
Hilfe gegen
Polen zu veranlassen, erreichte er nichts. Beide
Hochmeister
wurden, als sie die Lehnshuldigung
verweigerten und es auf einen
Krieg mit
Polen ankommen ließen, von
Kaiser und
Reich im
Stiche
gelassen, und ihre eignen Hilfsmittel waren zu gering.
Albrecht mußte nach fruchtlosem
Kampf aus Mangel
an
Geld zu
Thorn
[* 2] einen
Waffenstillstand mit
Polen schließen. Hierauf ernannte
er den
Bischof von
Samland,
Georg von
Polenz,
zum
Statthalter und reiste 1522 nach
Deutschland,
[* 3] um durch Vermittelung des
Kaisers einen annehmbaren
Frieden zu erlangen.
Aber seine Bemühungen scheiterten, und mit dem Deutschmeister verwickelte er sich in einen ärgerlichen Streit. Auf dieser Reise hatte er 1523 eine Zusammenkunft mit Luther, welcher ihm den Rat erteilte, den Orden [* 4] aufzugeben und Preußen [* 5] in ein weltliches Herzogtum zu verwandelt. In Preußen nämlich hatte die Reformation bereits viele Anhänger gefunden, und der Bischof Georg von Polenz erklärte sich 1524 öffentlich für dieselbe. Da Albrecht keine Hoffnung hatte, den Krieg erfolgreich führen zu können, so faßte er den Entschluß, Luthers Rat zu folgen und dem König von Polen als weltlicher Herzog zu huldigen.
So kam der Friede von Krakau [* 6] zu stande. König Siegmund I. belehnte Albrecht 10. April zu Krakau mit Preußen in den durch den zweiten Thorner Frieden festgestellte Grenzen, [* 7] also dem jetzigen Ostpreußen, [* 8] das seitdem das herzogliche Preußen genannt wurde im Gegensatz zum königlich polnischen Westpreußen, als einem weltlichen Herzogtum, weil der Orden durch hartnäckige Verweigerung der Huldigung seine Ansprüche auf Preußen verwirkt habe. Am 9. Mai hielt nun Albrecht I. seinen Einzug in Königsberg, [* 9] wo er von den zahlreichen Anhängern der Reformation mit offenen Armen empfangen wurde. Am 25. Mai setzten königliche Bevollmächtigte den Herzog in die landesherrliche Gewalt ein, und die Bischöfe von Pomesanien und Samland sowie die Städte huldigten ihm als erblichem Fürsten, wogegen er dem Adel und den Städten landständische Rechte zuerkannte.
Die wenigen Ritter, welche dem Orden treu blieben, wandten sich mit dem Herzog Erich von Braunschweig [* 10] nach Deutschland. Bei weitem die meisten blieben im Land, erhielten Lehnsgüter und verheirateten sich. Der Herzog selbst vermählte sich 1526 mit der Prinzessin Anna Dorothea von Dänemark. [* 11] Der Papst Clemens III. erklärte nun zwar das Verfahren des Herzogs für unrechtmäßig, der Deutsche [* 12] Orden protestierte gegen die Säkularisierung des Ordensgebiets und stellte in Walther von Kronberg einen neuen Hochmeister auf, welcher seinen Sitz in Mergentheim [* 13] aufschlug; auch der Kaiser verlangte 1530 vom Herzog die Räumung des Landes und bestätigte die 1533 vom Reichskammergericht gegen Albrecht ausgesprochene Acht. Allein dieser blieb im ungestörten Besitz des Landes, da der Kaiser die Reichsacht gegen ihn nicht durchzuführen vermochte.
Nichtsdestoweniger hatte der Herzog einen schweren Stand: Unruhen, Religionsstreitigkeiten und Zwistigkeiten mit den Ständen machten ihm viel zu schaffen. Der Adel suchte die fürstliche Gewalt zu seinen gunsten zu schwächen und ein Privilegium nach dem andern zu erringen. In allen Streitigkeiten riefen die Stände die Einmischung Polens an, das bereitwilligst die Gelegenheit ergriff, sein Oberlehnsrecht geltend zu machen. Indes wurde die Reformation in Preußen doch dauernd begründet und 1544 durch Stiftung der Universität Königsberg die Herrschaft deutschen Geisteslebens gesichert. Am starb Herzog Albrecht.
Sein Sohn Albrecht Friedrich, obwohl noch minderjährig, empfing 1569 die Belehnung mit Preußen. Hierbei erlangte Kurfürst Joachim II. von Brandenburg [* 14] für sich und seine Leibeserben die Mitbelehnung. 1572 übernahm Albrecht Friedrich die Regierung, zeigte aber infolge der Anmaßungen des Adels und der streit- und herrschsüchtigen lutherischen Geistlichkeit bald Spuren von Schwermut. Daher wurde 1577 Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg von der fränkischen Linie zum Administrator des Herzogtums ernannt u. regierte das Land unter mancherlei Zerwürfnissen mit den Ständen bis zu seinem Tod (1603). Im J. 1605 wurde Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg Administrator von Preußen.
Nach seinem Tod (1608) erlangte Kurfürst Johann Siegmund, der 1594 Albrecht Friedrichs ältere Tochter, Anna, geheiratet hatte, 1609 die Vormundschaft über seinen blödsinnigen Schwiegervater und wurde 1611 mit Preußen förmlich belehnt. Dadurch, daß er Polen zuliebe den Katholiken in Preußen freie Religionsübung gestattete, und daß er 1613 selbst von der lutherischen zur reformierten Kirche übertrat, geriet er in mißliche Stellung zu den streng lutherischen Ständen, welche, nach völliger Unabhängigkeit strebend, dem neuen Herrscherhaus, dessen Macht ihnen Gefahr drohte, alle möglichen Schwierigkeiten bereiteten und bei der Krone und dem Reichstag von Polen für alle Klagen und Beschwerden ein stets offenes Ohr [* 15] fanden.
So war die Stellung des Kurfürsten eine äußerst schwierige und seine Gewalt eine höchst geringe. Auch als nach dem Tode des blödsinnigen Herzogs Albrecht Friedrich Preußen an Brandenburg fiel und mit dem brandenburgisch-preußischen Staat vereinigt wurde, änderten sich die Verhältnisse nicht zum Bessern. Bei jedem Regierungswechsel verlangten die Stände als Preis ihrer Huldigung Erweiterung ihrer Rechte und Privilegien und Beschränkung der landesfürstlichen Gewalt, und Polen kam ihnen mit Verweigerung der Belehnung zu Hilfe, welche sowohl Georg Wilhelm (1619-40) als Friedrich Wilhelm (1640-88) erst nach jahrelangen Verhandlungen durch namhafte Geldopfer erreichen konnten.
Dazu kam, daß Preußen durch seine Lage und sein Lehnsverhältnis zu Polen in die schwedisch-polnischen Kriege verwickelt wurde. Während des Dreißigjährigen Kriegs, der übrigens Preußen mit seinen Verheerungen verschonte, besetzte Gustav Adolf mehrere Jahre die bedeutendsten Häfen Preußens [* 16] und bemächtigte sich der Zolleinnahmen, welche sehr beträchtlich waren, da Preußens Handel noch immer in hoher Blüte [* 17] war. Namentlich während des Kriegs von 1655 bis 1660 hatte Preußen durch Verwüstungen seitens der Polen, Tataren und Moskowiter furchtbar zu leiden.
Indes brachte dieser Krieg dem Großen Kurfürsten endlich die ersehnte Befreiung von der fremden Oberlehnshoheit. Nachdem er 1656 Preußen von dem siegreichen König Karl X. Gustav von Schweden [* 18] hatte zu Lehen nehmen müssen, erlangte er nach der Schlacht bei Warschau [* 19] von diesem, 1657 im Wehlauer Vertrag auch von Polen die Anerkennung der Souveränität seines Herzogtums Preußen, welche im Frieden von Oliva (1660) bestätigt wurde. Daß die selbstsüchtigen und anmaßenden Stände ihm die Huldigung als souveränem Landesfürsten verweigerten, wenn er nicht ihre früher erpreßten Vorrechte anerkenne, veranlaßte ihn, sofort den Kampf mit denselben aufzunehmen und sie 1662 zur ¶
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Unterwerfung zu zwingen. Die Führer der ständischen Opposition, Johannes Roth, der Schöppenmeister von Königsberg, und die beiden Kalckstein, wurden verhaftet, einer der letztern 1672 wegen Hochverrats hingerichtet. Die brandenburgische Herrschaft ward hiermit in Preußen erst dauernd begründet, und dieses bildete fortan ein Glied [* 21] des Staats Preußen (s. d.).
Als einziger souveräner Besitz der brandenburgischen Hohenzollern [* 22] wurde Preußen zum Königreich erhoben, indem Kurfürst Friedrich III. sich in Königsberg selbst zum König in Preußen krönte. Doch war die Regierung dieses ersten Königs für das junge Königreich, dessen Name nun auf Staat und Volk der Hohenzollern überging, besonders verhängnisvoll: um die Kosten des verschwenderischen Hofhalts zu bestreben, wurden Domänen und Wälder verkauft, namentlich der herrliche Eichenwald auf der Kurischen Nehrung niedergeschlagen und dem Lande dadurch unermeßlicher Schade zugefügt. 1709-11 raffte eine von Polen her eingeschleppte Pest 236,000 Menschen, ein Drittel der Bevölkerung, [* 23] hinweg; in Litauen lagen weite Strecken wüst.
Diesen Schaden machte Friedrich Wilhelms I. Fürsorge wieder gut, der durch Befreiung der Bauern, Beförderung der Einwanderung (20,000 Familien bis 1728, 1732: 17,000 Salzburger) und Wiederaufbau der zerstörten Häuser und Höfe, wofür er viele Millionen verwendete, die Provinz wieder zur Blüte brachte; 12 Städte und 332 Dörfer wurden neu angelegt oder wieder aufgebaut. Unter Friedrich d. Gr. wurde Preußen nach der Schlacht von Großjägersdorf von den Russen besetzt und blieb 1758-62 in deren Besitz; dieselben zwangen die Stände, der Kaiserin Elisabeth zu huldigen, und beabsichtigten, es für immer mit Rußland zu vereinigen. 1772 wurde durch die erste polnische Teilung Westpreußen wiedergewonnen und mit dem Königreich Preußen, seitdem meist Ostpreußen genannt, wenigstens unter Einem Zepter vereinigt. Administrativ blieben beide Preußen geschieden. Ostpreußen zerfiel in das deutsche Kammerdepartement mit acht und das litauische mit drei Kreisen.
Der Krieg von 1806 bis 1807 legte Preußen wiederum große Opfer auf; aber das Land bewährte sich als Kern des Staats, dem es den Namen gegeben. Die glorreiche Erhebung des preußischen Volkes 1813 ging von Ostpreußen aus; die ostpreußischen Stände gingen mit der Organisation der Landwehr voran, welche sich auf dem Schlachtfeld den größten Ruhm erwarb. Doch brachte die Neugestaltung der politischen Verhältnisse 1815 Preußen, das mit die größten Opfer gebracht hatte, nicht nur keinen Lohn, sondern erhebliche Nachteile.
Während die 1813 von den Korporationen und Gemeinden für den Staat gemachten Schulden nicht von diesem übernommen wurden, sondern jenen zur Last blieben, schadete die Abtretung ganz Polens an Rußland, das sich nun kommerziell abschloß, dem preußischen Handel außerordentlich, und die aus Rücksicht auf die neuerworbenen westlichen Lande in Preußen eingeführten Schutzzölle, besonders auf Eisen [* 24] und Zucker, [* 25] vernichteten fast völlig die mit ausländischen Rohprodukten arbeitende preußische Industrie. 1824 wurden Ost- und Westpreußen zu Einer Provinz, dem Königreich Preußen, vereinigt, aber wieder getrennt.
Vgl. Baczko, Geschichte Preußens (Königsb. 1793-1800, 6 Bde.);
Voigt, Geschichte Preußens von der ältesten Zeit bis zum Untergang der Herrschaft des Deutschen Ordens (das. 1827-39, 9 Bde.);
Derselbe, Handbuch der Geschichte Preußens bis zur Zeit der Reformation (2. Ausg., das. 1850, 3 Bde.);
Lohmeyer, Geschichte von Ost- und Westpreußen (2. Aufl., Gotha [* 26] 1881 ff.);
Ewald, Die Eroberung Preußens durch die Deutschen (Halle [* 27] 1872-84, Bd. 13);
Perlbach, Preußische Regesten bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts (Königsb. 1875-76);
Voigt, Codex diplomaticus prussicus (das. 1836-61, 6 Bde.);
»Scriptores rerum prussicarum« (hrsg. von Hirsch, [* 28] Töppen, Strehlke, Lpz. 1861-74, 5 Bde.);
»Akten der Ständetage Preußens« (hrsg. von Töppen, das 1884, 4 Bde.);
Pierson, Elektron, oder über die Vorfahren etc. der alten Preußen (Berl. 1869).