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Hölzern liefern die Wälder, namentlich in den Dschangeln, viele wertvolle Substanzen, wie Lack, Harze und allerlei Droguen, welche bedeutende Exportartikel bilden.
Gewerbe, Handel und Verkehr.
Das indische Gewerbe ist uralt; mit den einfachsten Werkzeugen haben die Bewohner des Gangesthals wie der Küstenprovinzen in der Weberei, [* 2] Wirkerei [* 3] und Goldschmiedekunst [* 4] Leistungen hervorgebracht, die unübertroffen dastehen. Europa [* 5] mit seinen Maschinen und seiner Arbeitsteilung hat sie in diesem Jahrhundert zwar vielfach überflügelt, doch beginnt in neuester Zeit die Verpflanzung abendländischer Technik auf den indischen Boden den Hindu wieder zum ebenbürtigen Konkurrenten zu machen.
Die indischen Baumwollgewebe waren von jeher ihrer Feinheit, Färbung und Zeichnung wegen berühmt; aber nachdem England bereits im vorigen Jahrhundert die indischen Gewebe [* 6] durch Einfuhrverbote ausgeschlossen hatte, begann es mit seinen billigen Maschinenfabrikaten den indischen Baumwollzeugen in Indien selber eine gewaltige Konkurrenz zu machen. Gegenwärtig betragen die Einfuhren von Baumwollstoffen die Hälfte aller Einfuhren überhaupt. Seit 1854 sind aber auch in Indien großartige Spinnereien und Webereien entstanden (1886 zählte man 95 mit 2,261,000 Spindeln, 17,455 Stühlen und 74,383 Arbeitern), welche England mit ihren Garnen in China [* 7] und Japan, mit ihren Zeugen in Arabien und Afrika [* 8] Konkurrenz machen.
Wie die Baumwollindustrie vornehmlich in Bombay, [* 9] so ist die Juteindustrie in Bengalen zu Hause; es bestehen jetzt 21 Fabriken mit 112,650 Spindeln, 6139 Stühlen und 47,868 Arbeitern, welche namentlich Säcke fabrizieren, die nach Amerika, [* 10] China und Australien [* 11] gehen. Auch die Wollzeugfabrikation wurde in europäischem Stil im Pandschab und in den Nordwestprovinzen begonnen. Hochberühmt ist Indien durch seine auch im Pandschab angefertigten Kaschmirshawls, seine Stickereien, Seidenstoffe, Teppiche, Goldschmiedearbeiten, Waffen, [* 12] Gewehre mit eingelegter Arbeit, Kettenpanzer, Messing- und Kupferwaren. Töpferwaren von künstlerischen Wert liefern Sind und das südliche Pandschab; ausgezeichnet sind die Holz- und Elfenbeinschnitzereien. Das alte einheimische Papier ist durch das Fabrikat der Dampfpapiermühlen in Kalkutta [* 13] und Bombay ersetzt worden. Zu den von Europäern eingeführten Industrien gehört auch die Bierbrauerei; [* 14] es bestehen jetzt 22 Brauereien, welche die Einfuhr von Bier fast ganz verdrängt haben.
Der Handel hat sich unter englischer Herrschaft und namentlich in den letzten Jahren außerordentlich gehoben, allerdings nicht über die Landesgrenzen nach Afghanistan, [* 15] Tibet, Nepal, Sikkim, Bhutan, Birma, die Schanstaaten und Siam; nach dieser Richtung ist er stationär geblieben und beziffert sich jährlich in der Einfuhr auf 5,3, in der Ausfuhr auf 4,5 Mill. Pfd. Sterl. Dagegen betrug der Seehandel 1842-1843 erst 24,8, aber 1886: 156,1 Mill. Pfd. Sterl. Davon entfallen auf Bombay 43,5, auf Kalkutta 37, Madras [* 16] 5,4, Rangun [* 17] 4,7 und Karatschi 3,8 Proz. Der bei weitem größte Teil des Handelsverkehrs richtet sich nach England;
dorthin gingen von der Gesamtausfuhr im Betrag von 84,915,678 Pfd. Sterl. nicht weniger als 34,702,736 Pfd. Sterl., von der Gesamteinfuhr (67,289,381 Pfd. Sterl.) kam für 49,936,485 Pfd. Sterl. von dort.
Andre wichtige Verkehrsländer sind: China, Frankreich, Italien, [* 18] Nordamerika, [* 19] Belgien, [* 20] Österreich-Ungarn, [* 21] Ceylon, [* 22] Ägypten, [* 23] Mauritius, Australien, Persien. [* 24] Die frühern Ein- und Ausfuhrzölle sind fast ganz aufgehoben; Importzölle bestehen nur noch auf Waffen, Spirituosen, Wein, Opium und Salz, [* 25] ein Exportzoll auf Reis. Unter den Einfuhrartikeln beanspruchen Baumwollwaren 33, Bargeld (Silber) 30 Proz. des Gesamtbetrags; dann folgen Metalle, Provisionen für das Militär, Eisenbahnmaterial, Getränke, Kohle, Maschinen, Seiden- und Wollwaren u. a. In den 40er Jahren wertete die jährliche Ausfuhr Englands an Baumwollwaren nur 3, gegenwärtig aber 25 Mill. Pfd. Sterl.; an Gold [* 26] und Silber hat Indien in den letzten 46 Jahren für 382½ Mill. Pfd. Sterl. empfangen.
Die Hauptausfuhrartikel Indiens: Baumwolle, [* 27] Opium, Sämereien, Reis, Weizen, Jute, [* 28] Thee, Indigo, [* 29] sind sämtlich Produkte seines Bodens. Wichtig sind jetzt auch die Baumwoll- und Jutefabrikate, ferner Häute und Felle, Kaffee, Lack, Harze, Seidenwaren, Wolle und Wollwaren, Salpeter, Holz, [* 30] Gewürze u. a. Der Binnenhandel ist meist in den Händen der Eingebornen; er wird vermittelt durch die Bazare der großen Städte, die Wochenmärkte der Dörfer und die Jahresmessen, welche bei religiösen Festen veranstaltet werden, und zu denen ungeheure Menschenmengen zusammenströmen.
Der Schiffsverkehr hat durch die Eröffnung des Suezkanals insofern eine völlige Umgestaltung erhalten, als an Stelle der Segelschiffe Dampfer getreten sind, die jetzt zwei Drittel des ganzen Verkehrs vermitteln. Außer mehreren englischen Dampferlinien laufen je eine französische, österreichisch-ungarische und italienische die großen indischen Häfen an (vgl. Dampfschiffahrt. S. 491); 1886 liefen in allen Häfen ein: 5253 Schiffe [* 31] von 3,640,687 Ton., aus: 5309 Schiffe von 3,653,902 T., davon die Hälfte des Tonnengehalts unter englischer Flagge.
Die erste Eisenbahn wurde 1853 von Bombay nach Tanna (32 km) eröffnet; zu Ende 1886 waren 21,424 km in Betrieb. Seit ihrer Eröffnung hat die Dampfschiffahrt auf dem Ganges und Indus fast ganz aufgehört, während sie auf dem Brahmaputra und Irawadi noch fortbesteht. Die Telegraphenlinien hatten eine Länge von 44,016, die Drähte von 130,368, die Kabel von 299 km; aus 634 Telegraphenämtern wurden 2,306,876 Depeschen abgesandt. Unterseeische Kabel verbinden Bombay mit Aden, [* 32] Madras mit Singapur. [* 33] Die Post beförderte durch 6849 Ämter 216,145,796 Briefe und Postkarten, 20,341,814 Zeitungen und 6,595,606 Pakete. Seit 1876 gehört Indien zum Weltpostverein.
Verwaltung.
Bis 1858 war Indien eine Domäne der Ostindischen Kompanie, danach wurde es zu einer britischen Provinz, und der von der Krone ernannte Generalgouverneur wurde direkt unter den Minister für Indien gestellt. Der Generalgouverneur oder Vizekönig, dessen Amtsdauer gewöhnlich auf fünf Jahre bemessen ist, ernennt alle Beamten außer den Gouverneuren von Bombay und Madras, welche ihre Bestallung direkt von der Königin empfangen und eine selbständigere Stellung einnehmen.
Wie dem Vizekönig, so steht ihnen ein Ministerium und ein Gesetzgebender Rat zur Seite. Die Beziehungen des Generalgouverneurs zu den einzelnen Landesteilen sind aus der Tabelle, S. 535, ersichtlich. Sitz der Zentralregierung ist Kalkutta, das während der heißen Jahreszeit mit Simla im Himalaja vertauscht wird. Ebenso haben die obersten Verwaltungsbeamten der Provinzen ihre Sommer- und Winterresidenzen. Der Gesetzgebende Rat in Indien beschließt über alle Fragen, ausgenommen die öffentliche Schuld, ¶
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Münz- und Postwesen, Militärwesen, Strafrecht, auswärtige Angelegenheiten; doch kann der Minister für Indien in London [* 35] diese Beschlüsse aufheben. Die englische Verwaltung hat sich den althergebrachten Zuständen zumeist anzupassen gewußt, namentlich hat sie bei der Erhebung der Grundsteuer sowohl das altindische als das mohammedanische Verfahren, wie sie es fand, angenommen. Mit den größern Aufwendungen für öffentliche Bauten, zur Milderung der Hungersnot u. a. haben sich auch die Lasten der Bevölkerung [* 36] gesteigert; 1857 betrugen die Einnahmen 31,7 Mill., dagegen 1886: 74,5 Mill. Pfd. Sterl.; davon kamen auf Grundsteuer 22,6, Opium 8,9, Salz 6,3, Stempel 3,7 und Accise 4,1 Mill. Pfd. Sterl. Die Ausgaben betrugen dagegen 77,3 Mill. Pfd. Sterl., wovon 18,4 Mill. Pfd. Sterl. in England.
Die Hauptposten waren Heer 20,1, Zivildepartement 12,2, Zinsen der Schuld 4,3, Eisenbahnen 14,4 Mill. Pfd. Sterl. Die öffentliche Schuld ist in den letzten 30 Jahren erstaunlich gestiegen infolge der Bewältigung des Aufstandes, der Anlage von Bewässerungswerken und Eisenbahnen, Bewältigung der Hungersnot, des afghanischen Kriegs u. a. Am betrug dieselbe 174,524,101 Pfd. Sterl., davon konsolidierte Schuld 166,510,603 Pfd. Sterl. und zwar in Indien zahlbar 92,703,982, in England 73,806,621 Pfd. Sterl., nicht konsolidierte Schuld 8,013,498 Pfd. Sterl.
Das Heer besteht zu einem Drittel aus Briten, zu zwei Dritteln aus Indern und wird eingeteilt in drei Korps nach der alten Einteilung Indiens in drei Präsidentschaften. Die drei Korps sind durch kein Band [* 37] der Nationalität und der Sprache [* 38] miteinander verbunden, und die Kasten sind so gruppiert, daß sie bei einem Ausbruch von Unruhen sich gegenseitig unschädlich machen. Den Soldaten ist gestattet, sich zu verheiraten, die Garnisonen bilden daher ausgedehnte Ortschaften (cantonments) aus Hütten, [* 39] in denen eine jede Familie für sich lebt.
Die Gesamtstärke der Armee war 1886: 188,786 Mann, wovon 62,829 Europäer und 125,957 Inder. Artillerie und Geniekorps sind gegenwärtig fast ganz von Europäern besetzt. Hierzu kommen dann noch die Truppen, welche die größern indischen Fürsten vertragsmäßig verpflichtet sind, im Kriegsfall zu stellen, diese zählen 314,625 Mann; andre Fürsten haben Subsidien zur Erhaltung der britischen Armee zu zahlen. Einige Fürsten halten auch noch besondere Korps, die meisten derselben sind aber sehr unvollkommen ausgerüstet.
Die indischen Vasallenstaaten, deren Areal und Bevölkerung, wie oben ausgeführt, sich auf 1,526,548 qkm (27,724 QM.) mit 56,997,784 Einw. beläuft, sind in Besitz und Rechten durch Patente (Sannads, ausgefertigt geschützt. Man zählt 153 Fürsten, von denen 28 Hindu sind. Die Erziehung der minderjährigen Fürsten geschieht jetzt in zu diesem Zweck gegründeten höhern Schulen. Die Machtbefugnisse dieser Herrscher sind sehr verschieden; der Nizam von Haidarabad kann die Todesstrafe über seine Unterthanen verhängen, darf Geld schlagen und Steuern erheben, wogegen den kleinen Häuptlingen von Kathiawar nur ein Schatten [* 40] richterliche Autorität belassen ist.
Die englische Regierung hat die Rangordnung und die Zahl der jedem Herrscher gebührenden Salutschüsse bestimmt, auch den Orden [* 41] des Sterns von Indien für sie geschaffen, läßt den Fürsten in der Verwaltung ihren Unterthanen gegenüber auch ziemlich freie Hand, überwacht dieselben aber durch die für jeden Hof [* 42] bestellten politischen Agenten. Die Staatseinkünfte, die man für alle Vasallenstaaten auf 12 Mill. Pfd. Sterl. veranschlagt, sind Privateinkommen der betreffenden Fürsten, und ihre Verwendung gibt zu den gröbsten Mißbräuchen Anlaß.
Vgl. Mac Farlane, Our Indian empire (Lond. 1844, 2 Bde.);
Kutzner, Reise des Prinzen Waldemar von Preußen [* 43] nach Indien (Berl. 1857);
Monier Williams, Modern India and the Indians (Lond. 1878);
Temple, India in 1880 (das. 1880);
Schlagintweit, Indien in Wort und Bild (Leipz. 1881, 2 Bde.);
Reclus, L'Inde et l'Indochine (Bd. 8 der »Nouvelle géographie universelle«, Par. 1883);
Smith, Geography of British India (Lond. 1883);
Balfour, Cyclopaedia of India (3. Aufl., das. 1885, 3 Bde.);
Mantegazza, Indien (deutsch, Jena [* 44] 1885);
Hunter, Imperial Gazetteer of India (2. Aufl., Lond. 1885-87, 14 Bde.);
Derselbe, The Indian empire, its history, people and products (2. Aufl., das. 1886);
Werner, Das Kaiserreiche (Jena 1884);
Dowson, Classical dictionary of Hindu mythology and religion, geography, history etc. (Lond. 1879).
Geschichte.
Vorderindien ward in ältester Zeit von wilden Volksstämmen schwarzer Farbe (Dasyu) bewohnt. Im 3. Jahrtausend v. Chr. wanderte ein Zweig des großen Völkerstammes der Indogermanen oder Arya von Nordwesten her in das Indusgebiet ein und nahm von diesem Strom den Namen Inder (Hindu) an. Über 1000 Jahre führten die arischen Inder im Lande der fünf Ströme in viele Stämme geteilt unter Häuptlingen und Königen ein seßhaftes Hirten- und Landleben, verehrten den Donner- und Regengott Indra und die übrigen Naturmächte mit Liedern und Opfern und breiteten ihre Herrschaft bis zur Mündung des Indus aus; die Ureinwohner des Landes wurden gänzlich von ihnen verdrängt.
Von einer Verbindung mit Vorderasien gibt die Erzählung des Ktesias von dem Zug der Semiramis nach Indien Kunde, die wohl auf eine geschichtliche Thatsache zurückgehen mag, wie denn auch Handelsbeziehungen mit den Babyloniern und Phönikern bestanden haben mögen. Im 14. Jahrh. v. Chr. drangen die Inder nach Osten vor und eroberten in jahrhundertelangen Kämpfen, ihrer Heldenzeit, welche in den Nationalepen, Râmâyana und Mahâbhârata, verherrlicht wird, das Gangesland, das sie dann mit noch größerer Anstrengung gegen spätere Einwanderer verteidigen mußten. In diesen Kämpfen erschöpfte sich der kriegerische Geist des Volkes, wozu auch das erschlaffende Klima [* 45] und die große Fruchtbarkeit Bengalens beitrugen, und so gewann der Priesterstand, die Brahmanen, die Herrschaft und gewöhnte das Volk durch Umbildung der Götterlehre und durch religiöse Gesetze an ein beschauliches Leben und bloß friedlichen Erwerb.
Indra wurde zurückgedrängt, Brahma, die Weltseele, höchste Gottheit; die strenge Kastenordnung lähmte jede freie Kraftentfaltung des Volkes; die zahllosen kleinlichen Zeremonien und Ritualvorschriften, die Lehre [* 46] von den Wiedergeburten und Höllenstrafen, die finstere Asketik ertöteten allen Lebensmut. Auch das Staats- und Rechtswesen brachten die Priester durch das angeblich von Mana herrührende Gesetzbuch unter ihre Herrschaft und unterwarfen das Volk einem königlichen Despotismus, der jede politische Selbständigkeit unterdrückte. Dagegen förderten sie nicht die Bildung eines oder mehrerer größerer Staaten. Ostindien [* 47] zerfiel vielmehr in eine Menge kleiner oder größerer Reiche ohne allen Zusammenhang miteinander, welche nicht die Kraft [* 48] besaßen, die Eroberung Dekhans zu vollenden und fremden Eroberern erfolgreichen Widerstand entgegenzusetzen. Die Inder, abgestoßen ¶