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daß es trotz der feierlichen Versprechungen die Tiroler wieder der Fremdherrschaft preisgab.
Der Wiener Friede hatte einen völligen Umschwung in der österreichischen Politik zur Folge, der durch den Wechsel in der Staatskanzlei bezeichnet wurde: an Stadions Stelle trat Metternich. Derselbe gab zunächst jeden Gedanken an einen neuen Krieg auf und stellte ein möglichst freundschaftliches Verhältnis zu Frankreich her, indem er den Kaiser bewog, 1810 seine Tochter Marie Luise Napoleon zur Gemahlin zu geben. Österreich [* 2] bedurfte dringend des Friedens, vor allem der zerrütteten Finanzen wegen.
Die Schulden hatten sich unter Joseph nicht vermindert und beliefen sich bei seinem Tod auf 399, 1802 aber schon auf 680 Mill. Da die gewöhnlichen und Zwangsanleihen erschöpft waren, hatte man zu Lotterieanleihen gegriffen und hierdurch wie durch die englischen Subsidien und Anleihen sich die ersten zehn Kriegsjahre hindurchgeholfen; da erließ der neue Finanzminister, Graf Zichy, 1802 das Verbot der Geldausfuhr, fing die Prägung von geringhaltiger Silber- und Kupferscheidemünze an und sah sich endlich gedrängt, durch eine Verfügung vom Kupfermünzen im Wert von 1600 Guld. vom Zentner prägen zu lassen.
Daneben waren in immer kleiner werdenden Zwischenräumen neue Bankozettel emittiert, die Emission aber wenigstens noch angekündigt worden. Selbst davon ging man 1788 ab, wiederholte den Versuch 1794 und 1796 und führte, da sich das Volk gegen die Annahme zu sträuben anfing, den Zwangskurs ein. So waren die ursprünglich angegebenen 12 Mill. 1806 bis auf 250 Mill. aufgelaufen; jetzt fing man an, an die Tilgung derselben zu denken. Eine Zwangsanleihe von 75 Mill., mit welcher die Tilgung angefangen werden sollte, wurde von den Kosten der Rüstung [* 3] verschlungen, welche die Aufstellung einer Neutralitätsarmee 1806 erforderte. 1807 wurden die Bankozettel bis fast auf eine halbe Milliarde vermehrt bei einer Staatsschuld von über 700 Mill. und einem Defizit von 66 Mill. Eine Erhöhung der Bankozettel auf 729 Mill. hatte der Krieg von 1809 zur Folge, nach dessen Beendigung das bekannte Silberpatent des Finanzministers O'Donnell erschien, durch welches alles für entbehrlich geltende Silber gegen Anteilscheine oder Bankozettel vom Staat eingezogen wurde.
Nachdem die hierdurch gewonnenen Summen von der an Napoleon zu zahlenden Kriegsentschädigung verschlungen worden waren, sollten mit Hinweisung auf die liegenden Güter des Klerus und das unbewegliche Stammvermögen des Staats Einlösungsscheine angefertigt und im Kurs von 100 zu 300 gegen Bankozettel eingewechselt werden. Der Erfolg aber wurde vereitelt durch das allgemeine Mißtrauen, welches besonders dadurch hervorgerufen wurde, daß die Regierung die Summe der Einlösungsscheine nicht fixiert hatte.
Die Anarchie in Handel und Wandel, die durch das fortwährende Sinken des Werts der Bankozettel entstand, bewog den Finanzminister Grafen Joseph Wallis (seit einen Hauptschlag zu führen mit dem Erlaß des Patents vom welches 15. März in allen Provinzen zu derselben Stunde bekannt gemacht wurde; in Ungarn [* 4] wurde es trotz des Widerspruchs des Reichstags als Provisorium eingeführt. Das Volk erfuhr durch dies Patent, daß 1060 Mill. Bankozettel umliefen, daß dieselben auf den fünften Teil des Nennwerts (212 Mill.) herabgesetzt und, da es unmöglich sei, auch diese verminderte Summe in Metallgeld auszuzahlen, gegen neue Einlösungsscheine umgetauscht werden sollten, die fortan allein als Papiergeld gelten sollten.
Zugleich gelobte die Regierung, nicht mehr als 212 Mill. Einlösungsscheine auszugeben. Da diese Summe aber für das Bedürfnis nicht ausreichte und neue Rüstungen [* 5] neue Kosten verursachten, mußte man sich doch zur Ausgabe von neuem Papiergeld entschließen, das man Antizipationsscheine nannte, welche den künftigen Ertrag der Steuern vorwegnahmen, und die durch das Finanzpatent vom im Betrag von 45 Mill. ausgegeben wurden, welche Summe im Verlauf von drei Jahren heimlich um fast das Zehnfache vermehrt wurde.
1812 war Österreich Napoleons Bundesgenosse, und ein österreichisches Hilfskorps von 30,000 Mann unter Schwarzenberg bildete den rechten Flügel der Großen Armee im russischen Feldzug. Die Katastrophe von 1812 gab dem Wiener Kabinett seine Unabhängigkeit zurück, ja der Ausbruch des Kriegs in Deutschland [* 6] (s. Deutscher Befreiungskrieg) 1813 und der für die Verbündeten, Rußland und Preußen, [* 7] anfangs ungünstige Verlauf desselben verschaffen Österreich eine ausschlaggebend Stellung, die Metternich mit großem Geschick zu verwerten wußte.
Nachdem Napoleon Metternichs Anerbietungen abgelehnt, schloß sich Österreich den Verbündeten an und erklärte 12. Aug. an Frankreich den Krieg. Es spielte fortan sowohl bei der Führung des Kriegs, dessen oberste Leitung dem Fürsten Schwarzenberg übertragen wurde, als bei den Unterhandlungen eine bedeutende Rolle, obwohl die Leistungen weder der österreichischen Generale noch der Truppen bedeutend waren und sich mit denen der Preußen nicht vergleichen ließen.
Der patriotische Aufschwung, der 1809 zu bemerken gewesen, war 1813 völlig erloschen. Für Österreich war der Krieg von 1813 bis 1814 kein Volkskrieg, sondern nur ein Kabinettskrieg. Aber Metternich wußte die Lage der Dinge zum Vorteil des Hauses Österreich vortrefflich auszubeuten. Der Kongreß, der die europäischen Verhältnisse neu regeln sollte, fand 1814-1815 in Wien [* 8] statt (s. Wiener Kongreß), und durch ein geschicktes Ränkespiel erreichte Metternich alles, was er erstrebt hatte.
Österreich wurde nicht nur in seinen alten Grenzen [* 9] hergestellt, sondern erhielt auch noch einen Gebietszuwachs, so daß es 670,000 qkm zählte. Belgien [* 10] und der Breisgau wurden abgetreten, dagegen in Italien [* 11] das Lombardisch-Venezianische Königreich erworben, Galizien zum größern Teil behauptet. In Italien hatte es durch seinen Besitz und durch die Verträge mit den Dynastien der übrigen italienischen Staaten, von denen die von Toscana und Modena dem Haus Habsburg-Lothringen angehörten, die herrschende Stellung. In Deutschland beanspruchte es eine solche scheinbar nicht, hatte den Rheinbundstaaten sofort Integrität ihres Gebiets und ihrer Souveränität garantiert und zeigte keine Lust, die Kaiserkrone wieder anzunehmen. Es begnügte sich mit dem Präsidium des deutschen Bundestags, welches ihm durch die Bundesakte vom zugesprochen wurde. Dasselbe genügte, um jede andre Macht, besonders Preußen, an der Erringung einer herrschenden Stellung in Deutschland zu hindern und indirekt die deutschen Mittel- und Kleinstaaten sich dienstbar zu machen.
Die Herrschaft des Metternichschen Systems.
Die europäische Machtstellung, die Österreich auf dem Wiener Kongreß erlangt hatte, nicht nur unvermindert zu behaupten, sondern noch zu erhöhen, war das Ziel der Politik Metternichs, der als Staatskanzler bis 1848 an der Spitze der österreichischen ¶
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Regierung stand. Zu diesem Zweck sollten die europäischen Verhältnisse, wie der Kongreß sie geschaffen, überall unverändert bleiben, durch Niederhaltung jeder Volksbewegung eine Wiederkehr der verderblichen Revolutionszeit für immer verhindert und in der unumschränkten landesväterlichen Monarchie das Heil der Welt gesucht werden. Diese konservative und absolutistische Staatsräson wurde von den talentvollen Ausländern, welche Metternich nach Wien gezogen hatte, zu einem hochpolitischen System ausgebildet: von dem genialen, aber charakterlosen Gentz, dessen Schützling Adam Müller, dem Romantiker Friedrich v. Schlegel und den Publizisten Pilat und Jarcke, deren Mehrzahl überdies zur römischen Kirche übertrat.
Die Heilige Allianz sollte das Werkzeug dieser Politik werden. In Österreich wurde jede freiere Regung auch auf litterarischem Gebiet durch eine strenge, ja brutale Zensur unterdrückt; nur wenige Dichter, wie Anastasius Grün, Lenau und Beck, wagten es, die Politik zu berühren und der Freiheit das Wort zu reden. Die geistigen Interessen auch der Wiener Bevölkerung [* 13] gingen kaum über das Theater [* 14] und musikalische Genüsse hinaus. In Deutschland konnte Metternich die Verleihung ständischer Verfassungen in den süddeutschen Staaten nicht verhüten.
Um so mehr war er darauf bedacht, Preußen daran zu hindern, damit es Österreich nicht an Einfluß überflügele, und das Wartburgfest und die Ermordung Kotzebues 1819 gaben ihm Anlaß, den Karlsbader Kongreß zu berufen, auf welchem beschlossen wurde (Karlsbader Beschlüsse), Deutschland einer strengen polizeiliche Überwachung zu unterwerfen. Aber auch überall sonst, wo es galt, die Regierungsgewalt gegen Ansprüche der Völker in Schutz zu nehmen oder Regungen nach größerer Selbständigkeit und nationaler Freiheit zu unterdrücken, stand Metternich 1815 bis 1848 an der Spitze der Reaktion.
Metternich war es, der die Berufung der drei europäischen Kongresse in Troppau [* 15] (1820), Laibach [* 16] (1821) und Verona [* 17] (1822), also alle drei auf österreichischem Boden, bewirkte, auf denen beschlossen wurde, die in Neapel [* 18] und Spanien [* 19] eingeführten konstitutionellen Verfassungen durch bewaffnete Intervention umzustürzen und das absolute Königtum herzustellen. Während die Intervention in Spanien Frankreich übertragen wurde, übernahm sie in Neapel Österreich (1821).
Auch der Aufstand der Griechen (1821) wurde von Metternich als eine strafbare Auflehnung gegen die legitime Herrschaft der Türken angesehen und Alexander Ypsilanti, als er sich auf ungarischen Boden flüchtete, verhaftet und in Munkács gefangen gehalten. Dennoch konnte Österreich nicht hindern, daß Rußland, England und Frankreich 1827 Griechenland [* 20] durch die Schlacht bei Navarino vom Untergang retteten und Rußland 1828 der Pforte den Krieg erklärte, der mit der Anerkennung der griechischen Unabhängigkeit endete.
Metternich war nicht abgeneigt, sich an Rußland durch geheime Begünstigung der polnischen Revolution 1830-31 zu rächen, zumal da dieselbe in Österreich, besonders in Ungarn, lebhafte Sympathien hervorrief und ein starkes polnisches Reich einen schützenden Damm gegen Rußlands Vergrößerungsgelüste bot. Indes die revolutionären Bewegungen, welche die französische Julirevolution in Italien und Deutschland hervorrief, führten Österreich zu seiner alten Rolle als unbedingten Verfechters des Bestehenden zurück. In Parma [* 21] und Modena erhoben sich nämlich im Februar 1831 die Bewohner und vertrieben ihre Fürsten, die auf österreichischem Gebiet eine Zuflucht suchen mußten, während gleichzeitig aus der Romagna die päpstlichen Behörden verjagt wurden.
Schon im März rückten österreichische Truppen in Modena und Parma sowie in der Romagna ein und unterdrückten die Revolution, worauf die alten Regierungen wieder eingesetzt wurden. In Deutschland schritt Österreich nach dem Hambacher Fest (1832) und dem Frankfurter Attentat (1833) ein. Auf einer Zusammenkunft der Kaiser von Österreich und Rußland und des Kronprinzen von Preußen in Münchengrätz (September 1833) wurden energische Maßregeln zur Unterdrückung der Revolution in Deutschland durch die Einsetzung der Zentralkommission in Mainz, [* 22] Knebelung der Presse, [* 23] Überwachung der Universitäten u. a. beschlossen. In der Schweiz [* 24] unterstützte Österreich den Widerstand der alten katholischen Kantone gegen jede Reform der Bundesverfassung. Als der 1815 geschaffene kleine Freistaat Krakau [* 25] sich zum Herd neuer Umtriebe gegen die russische Herrschaft in Polen machte, wurde er gemäß einem Vertrag zwischen den Schutzmächten vom Österreich einverleibt.
Nicht so ausschließlich beherrschte Metternich die innere Politik Österreichs. Diese hatte sich der Kaiser Franz I. selbst als das hauptsächliche Gebiet seiner Thätigkeit ausersehen, und diese bestand darin, jede Veränderung des Bestehenden abzuwehren und die Stagnation zu einer vollständigen Erstarrung zu steigern. Der langjährige, nur durch vorübergehende Störungen unterbrochene Friede hätte zu durchgreifenden Reformen auffordern müssen, deren das Reich so dringend bedurfte.
Nichts geschah, um die Finanzen in Ordnung zu bringen, und obwohl keine Verschwendung getrieben wurde, belief sich bloß wegen der Verrottetheit der Verwaltung und der kümmerlichen Entwickelung der innern Hilfsquellen das Defizit jährlich auf mehr als 30 Mill. Gulden. Das Beamtentum beharrte bei dem bisherigen Schlendrian, und zur Verschmelzung der verschiedenen Länder und Nationalitäten wurde nichts gethan, obwohl dies ohne Schwierigkeiten hätte geschehen können, da die Bevölkerung sich der Regierung willenlos fügte.
Auch die Deutschösterreicher ließen sich die geistige Abtötung ruhig gefallen und verloren dadurch die erforderliche Kraft [* 26] zur Behauptung der Führerrolle in dem Völkergemenge. In Ungarn mußte die Regierung zwar bei der hartnäckigen Verteidigung der verfassungsmäßigen Rechte durch die ganze Nation auf eine Erweiterung ihrer Macht namentlich in Finanzfragen verzichten, überließ aber dann die ungarische Verfassung ihrer eignen unbehilflichen Schwerfälligkeit, die sie ungefährlich zu machen schien.
Selbst Metternich kam schließlich zur Erkenntnis, daß ein regelmäßiger Fortschritt der Erhaltung des Staats nicht schädlich, sondern förderlich sei, und daß eine Reform der Zoll- und Wirtschaftspolitik, wie Preußen sie vorgenommen und auf den Zollverein ausgedehnt hatte, Österreichs Machtmittel heben werde. Franz I. wollte hiervon nichts wissen, und als er starb, ermahnte er seinen Nachfolger: »Verrücke nichts an den Grundlagen des Staatsgebäudes, regiere und verändere nicht!«
Franz' I. Sohn Ferdinand I. (1835-48) war zur wirklichen Regierung unfähig. Um nun Metternich nicht die ausschließliche Gewalt zu überlassen, setzte die Partei der Erzherzöge im Dezember 1835 die Einsetzung der Staatskonferenz durch, in der Metternich sein Rival Graf Kolowrat und der allen Neuerungen durchaus abgeneigte Erzherzog Ludwig an die Seite gestellt wurden. Die Folge war, daß nun alle Reformvorschläge, die Begünstigung des ¶