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Kultur und Vorbildung befinden sich die Ruthenen und Rumänen in Ostgalizien und der Bukowina, dann die slawischen Bewohner der Küstenländer Istrien [* 2] und Dalmatien. Bei der letzten Zahlung vom Jahr 1880 ergab sich, daß 9,868,364 oder 44,56 Proz. des Lesens und Schreibens und 1,345,781 oder 6,08 Proz. bloß des Schreibens unkundig sind. Über die Durchschnittsziffer erhebt sich der Prozentsatz der Analphabeten in Dalmatien, Bukowina, Galizien, Küstenland, Krain und Kärnten; dagegen sinkt die Zahl der Analphabeten unter die Ziffer für ganz Österreich, [* 3] in Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, [* 4] Steiermark, [* 5] Tirol, [* 6] Böhmen, [* 7] Mähren und Schlesien. [* 8]
Die Unterrichtsanstalten Österreichs zerfallen in niedere, Mittel- und Hochschulen, dann in Fach- und Speziallehranstalten. Das Volksschulwesen wurde durch das Gesetz vom (teilweise abgeändert 1883) neu organisiert. Hiernach liegt die Errichtung von Volksschulen den Ortsgemeinden ob. Die Schulpflicht beginnt mit dem vollendeten 6. und dauert im allgemeinen bis zum vollendeten 14. (in einigen Ländern nur bis zum 12.) Lebensjahr. Die Kategorien der in Rede stehenden Lehranstalten sind: allgemeine Volksschulen und Bürgerschulen, welch letztere einen höhern Rang einnehmen und in vollem Umfang acht Klassen zählen. 1885 bestanden 16,440 öffentliche Volks- und Bürgerschulen mit 54,467 Lehrern und Lehrerinnen und 2,679,638 Schülern.
Auf 1000 schulpflichtige Kinder entfallen 868 schulbesuchende. Am geringsten ist der Schulbesuch in der Bukowina (338 Schulbesuchende auf 1000 Schulpflichtige), in Galizien (595), während im Küstenland (692), in Dalmatien (737) und in den übrigen Ländern der Schulbesuch ein befriedigender ist und in Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg sogar alle schulpflichtigen Kinder die Schule wirklich besuchen. Anstalten zur Heranbildung von Volksschullehrern bestehen 43, von Lehrerinnen 26. Zu den Mittelschulen gehören die Gymnasien, bestehend aus Ober- und Untergymnasien, jedes mit 4 einjährigen Klassen, die Realschulen, in Ober- und Unterrealschulen zerfallend, wovon die erstern aus 3, die letztern aus 4 Jahrgängen bestehen, und die Realgymnasien, welche die Stelle des Untergymnasiums oder der Unterrealschule vertreten und einen vierjährigen Kursus haben, öfters aber auch mit Obergymnasial- und Oberrealklassen versehen sind. Der Bestand solcher Lehranstalten ist:
Zahl | Lehrer | Schüler | |
---|---|---|---|
Gymnasien | 139 | 2781 | 43775 |
Realgymnasien | 33 | 656 | 9459 |
Realschulen | 80 | 1370 | 16327 |
An Hochschulen besitzt die Monarchie 8 vom Staat erhaltene Universitäten, nämlich zu Wien, [* 9] Prag [* 10] (2, eine deutsche und eine tschechischen Graz, [* 11] Innsbruck, [* 12] Krakau, [* 13] Lemberg [* 14] und Czernowitz. [* 15] Jede Universität begreift in der Regel 4 Fakultäten: die theologische (katholisch, in Czernowitz griechisch-orientalisch), die rechts- und staatswissenschaftliche, die medizinische und die philosophische Fakultät. Ausnahmsweise fehlen den Universitäten in Lemberg und Czernowitz die medizinische, der tschechischen Universität in Prag die theologische Fakultät.
Dem Alter nach sind die ältesten Universitäten die zu Prag (1348), Krakau (1364) und Wien (1365), die jüngsten Czernowitz (1875) und die tschechische Universität zu Prag (1882). Insgesamt zählten die österreichischen Universitäten 1885: 1029 Lehrende (davon in Wien 326, Prag 264) und 12,069 Studierende (Wien 5122, Prag 3050). Technische Hochschulen gibt es 6, nämlich in Wien, Prag (2, eine deutsche und eine tschechische), Graz, Brünn [* 16] und Lemberg, welche sich in 4 (die Wiener und Prager in 5) Abteilungen gliedern und zusammen 1885: 330 Lehrende und 2125 Studierende zählten, wovon der größte Anteil auf die Wiener Hochschule (95 Lehrer und 903 Studierende) entfällt.
Außerdem besitzt die Monarchie eine große Zahl von Fach- und Speziallehranstalten. Als solche bestehen für Theologie: das höhere Weltpriesterbildungsinstitut in Wien, die katholisch-theologischen Fakultäten in Salzburg und Olmütz, [* 17] die 44 bischöflichen Lehranstalten und Klosterstudien;
die Klerikalschule in Zara [* 18] für die griechisch-orientalische Theologie;
die evangelisch-theologische Fakultät in Wien.
Für die Rechts- und Staatswissenschaften besteht die orientalische Akademie in Wien. Zur Gruppe der Spezialschulen für Medizin und Chirurgie gehören die 14 Hebammenlehranstalten und die 5 Lehranstalten für Tierheilkunde und Hufbeschlag. Für Handel, Gewerbe und Schiffahrt bestehen: die Handelsakademien in Wien, Linz, [* 19] Graz, Triest [* 20] (für Handel und Nautik), Prag (2, eine deutsche und eine tschechische), Chrudim und 60 andre Handelslehranstalten, 17 Fachschulen für gewerbliche Hauptgruppen (die Kunstgewerbeschulen zu Wien und Lemberg, 9 Staatsgewerbeschulen und 6 verschiedene Lehranstalten), ferner 354 Zeichenschule, allgemeine und fachliche Fortbildungsschulen und 104 Fachschulen für einzelne gewerbliche Zweige, dann 3 nautische Schulen (Frequenz der Handelsschule 8390, der Gewerbeschulen 45,773, der nautischen Schulen 79 Schüler); für Land- und Forstwirtschaft bestehen: die Hochschule für Bodenkultur in Wien, an mittlern Lehranstalten 11 für Landwirtschaft, 3 für Forstwirtschaft und eine önologisch-pomologische Lehranstalt, dann 66 niedere Lehranstalten (Gesamtfrequenz der landwirtschaftlichen Lehranstalten 2510 Schüler).
Für Bergbau [* 21] und Hüttenwesen bestehen: die Bergakademien zu Leoben und Přibram und 5 Bergschulen (Frequenz 286 Schüler);
für Künste die Akademie der bildenden Künste in Wien, die Kunstschule in Krakau, dann 217 Gesang- und Musikschulen etc.;
für militärische Ausbildung und zwar für Offiziere die Kriegsschule (als Vorschule für den Generalstab), der höhere Artillerie- und Geniekurs, der Stabsoffiziers-, der Intendanz- und der militärärztliche Kurs, alle in Wien;
zur Heranbildung von Offizieren die Militärakademie in Wiener-Neustadt, die technische Militärakademie in Wien;
zur Vorbereitung für die Akademien die Militäroberrealschule in Weißkirchen und die Militärunterrealschule zu St. Pölten.
Lehranstalten für Mädchen gibt es außer den Lehrerinnenbildungsanstalten noch wenige; hierher gehören die privaten und klösterlichen Lehr- und Erziehungsanstalten und Pensionate, dann die 312 weiblichen Arbeitsschulen.
Unter den gelehrten Gesellschaften nimmt den ersten Rang die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien ein, welcher sich die Gesellschaften der Wissenschaften in Prag und Krakau anreihen. Daran schließen sich die verschiedenen Vereine für Fachwissenschaften, für Landeskunde etc. Hervorragende wissenschaftliche Institute sind: die Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus, die geologische Reichsanstalt, das militärgeographische Institut, sämtlich zu Wien, dann die Sternwarten, [* 22] unter welchen die der Wiener Universität den ersten Rang einnimmt. An wissenschaftlichen und Kunstsammlungen ist Österreich, sehr reich, die hauptsächlichsten befinden sich in Wien. Unter den ¶
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Bibliotheken, welche sich in Hofbibliotheken, Studienbibliotheken, Bibliotheken der Stifter und Klöster, von Anstalten und Behörden, Vereinen und Korporationen, endlich Bibliotheken von Privatpersonen gliedern, ist die reichste die Hofbibliothek in Wien mit 420,000 Bänden; über 50,000 Bände haben außerdem noch 21 Bibliotheken. Naturwissenschaftliche Sammlungen in größerm oder geringerm Umfang haben alle Hoch- und Mittelschulen; die größten Institute dieser Art sind das naturhistorische Hofmuseum, die anatomischen Sammlungen der Universität und der ehemaligen Josephsakademie in Wien, die geognostische Sammlung der geologischen Reichsanstalt u. a. Mit archäologischen und Kunstsammlungen ist Wien reich versehen; auch in mehreren Provinzstädten befinden sich Landesmuseen.
Größere, dem Publikum zugängliche Gemäldegalerien besitzt Österreich, 12, unter welchen die des kunsthistorischen Hofmuseums (ehemalige Belvederegalerie) die hervorragendste ist. In Wien befindet sich auch die große Kupferstichsammlung Albertina. Von bedeutendem Einfluß ist die periodische Presse, [* 24] welche (1885) durch 1641 Zeitungen vertreten ist. Hiervon erscheinen 744 in Niederösterreich, nächstdem 328 in Böhmen. Nach Sprachen erscheinen in der ganzen Monarchie 1071 in deutscher, 225 in tschechischer, 108 in polnischer, 95 in italienischer die übrigen in slowenischer, ruthenischer, hebräischer und andern Sprachen. Politische Blätter sind 494, Tagesblätter 108 periodische Druckschriften.
An Wohlthätigkeitsanstalten besitzt Österreich, 10,702 Armeninstitute, welche jährlich 270,000 Arme unterstützen, ferner 1538 Versorgungsanstalten mit 36,800 Verpflegten, 137 Waisenhäuser mit 7880 Kindern, 23 Krippen, 371 Kindergärten und 329 Kinderbewahranstalten mit zusammen 86,000 Kindern, 171 öffentliche Krankenhäuser, welche eigne Fonds besitzen, deren Abgänge jedoch aus dem Staatsschatz gedeckt werden, und 366 private Krankenhäuser, zusammen mit jährlich 278,000 verpflegten Kranken, 21 öffentliche Irrenhäuser (außerdem 5 private, insgesamt mit 11,500 Pfleglingen).
Das Vermögen dieser Institute besteht meist aus wohlthätigen Stiftungen; reichen deren Zinsen nicht aus, so erhalten sie Zuschüsse von den Gemeinden. Außerdem bestehen in Österreich, 18 Gebäranstalten mit über 16,000 verpflegten Müttern und 15,000 Kindern, 14 Findelanstalten mit 12,000 in der Anstalt, 36,000 auswärts verpflegten Kindern, 16 Taubstummenanstalten mit 1300 Taubstummen, 10 Blindeninstitute mit 600 Blinden. Doch reichen die letzterwähnten Humanitätsanstalten für die große Zahl der Pflegebedürftigen bei weitem nicht aus. Zu den Wohlthätigkeitsanstalten lassen sich noch rechnen die zahlreichen Versorgungsanstalten gegen Einzahlung (Witwen- und Waisenkassen, Pensionsfonds u. a.), die Volksküchen, Suppenanstalten, Asyle etc.
Land- und Forstwirtschaft. Bergbau.
Der landwirtschaftliche Betrieb bildet in Österreich,, wenn auch die gewerbliche Thätigkeit sich in den letzten Jahrzehnten ansehnlich entwickelt hat, doch in überwiegende Maß die Hauptbeschäftigung der Bewohner. Nach der letzten Volkszählung vom kamen auf die Berufsgruppe der Land- und Forstwirtschaft 13,025,099, dagegen auf jene der Industrie nebst Bergbau, Handel und Transportwesen nur 7,083,739 Personen. Was die österreichische Agrarverfassung betrifft, so besaßen Tirol, Dalmatien und ein Teil des österreichisch-illyrischen Küstenlandes bereits seit alter Zeit die Freiheit des Grundeigentums.
Teilweise ist in diesen Ländern das italienische Kolonensystem verbreitet. In den übrigen Ländern wurde die Leibeigenschaft unter der Regierung des Kaisers Joseph II. aufgehoben und an ihre Stelle ein gemäßigtes Unterthanenverhältnis gesetzt, welches jedoch nebst allen aus demselben entspringende gutsherrlichen Rechten und bäuerlichen Lasten im Jahr 1848 beseitigt wurde (teilweise gegen Entschädigung aus den Grundentlastungsfonds). Die sonstigen frühern Beschränkungen, welche in Bezug auf den Erwerb unbeweglicher Güter bestanden, fielen durch die in demselben Jahr sowie durch das Staatsgrundgesetz vom ausgesprochene Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.
Die verschiedenartige den Landwirtschaftsbetrieb belästigenden Dienstbarkeiten, als Holzungsrechte, Weiderechte auf fremdem Grund, Feldservitute etc., wurden infolge des Patents vom reguliert und großenteils abgelöst. Rücksichtlich der Größe des Grundbesitzes herrscht im allgemeinen eine ziemlich weit gehende Zerstückelung des Bodens, indem auf einen Grundbesitzer nur 5,8 Hektar Grundfläche kommen. Am weitesten ist die Zerstückelung im Küstenland (3,5 Hektar auf einen Grundbesitzer), Galizien (3,9) und Mähren (4,1) geführt; Niederösterreich, Böhmen, Schlesien, Krain, Bukowina und Dalmatien stehen in der Mitte, wogegen Oberösterreich, Steiermark, Tirol und Vorarlberg, endlich Kärnten (13 Hektar) und Salzburg (20,6 Hektar) verhältnismäßig den größten Grundbesitz aufweisen.
Förderungsmittel der Landwirtschaft sind die landwirtschaftlichen Vereine, welche in den letzten Jahren in lebhafterm Aufschwung sind und (1884) in der Zahl von 704 (328 in Böhmen, mit dem Landeskulturrat als Zentralorgan, 115 in Niederösterreich etc.) bestehen, die landwirtschaftlichen Lehranstalten, von welchen bereits die Rede war, die Anstalten für den landwirtschaftlichen und Bodenkredit und die Versicherungsanstalten gegen Feuer- und Hagelgefahr sowie gegen Viehunfälle.
Der Boden ist im allgemeinen fruchtbar, obwohl hierin vielfache Abstufungen unter den einzelnen Kronländern vorkommen, welche von der geographischen Lage, der vertikalen Erhebung, der Temperatur, der Menge des Niederschlag etc. abhängen. Von je 100 Hektar der Oberfläche Österreichs sind 94,29 produktiv. Zwischen dem unproduktiven Boden der westlichen Länder und jenem des Ostens herrscht übrigens ein wesentlicher Unterschied. Im W. ist durch Fleiß und Anstrengung der ganze anbaufähige Boden wirklich auch angebaut, die noch vorhandenen unproduktiven Flächen können somit thatsächlich nicht in produktive verwandelt werden; im O. können bei genügenden wohlfeilern Arbeitskräften und durch eine rationelle Bewirtschaftung noch viele Strecken in produktive verwandelt werden, welche zur Zeit ihren Platz unter den unproduktiven einnehmen. Nach Kulturarten verteilt sich der landwirtschaftlich benutzte Boden folgendermaßen:
Hektar | Proz. vom Gesamtareal | |
---|---|---|
Ackerland | 10636872 | 35.45 |
Wiesen | 3078172 | 10.26 |
Gärten | 372060 | 1.23 |
Weingärten | 248326 | 0.83 |
Hutweiden | 2663908 | 8.88 |
Alpen | 1399780 | 4.67 |
Waldungen | 9777414 | 32.59 |
Seen, Sümpfe und Teiche | 114124 | 0.38 |
Produktive Fläche: | 28290656 | 94.29 |
Unproduktive Fläche | 1711782 | 5.71 |
Zusammen: | 30002438 | 100.00 |
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