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Rußland und Ungarn bis zur rumänischen Grenze erstrecken, Dalmatien im S. sogar mit den übrigen im Reichsrat vertretenen Ländern nicht unmittelbar zusammenhängt. Abgesehen von diesem ganz isolierten Kronland, grenzt Österreich, im N. an das Deutsche Reich (Sachsen, Preußen) und Rußland, im O. an Rußland und Rumänien, im S. an Ungarn, das Adriatische Meer und Italien, im W. an die Schweiz und das Deutsche Reich (Bayern).
Übersicht des Inhalts. | |||
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Seite | Seite | ||
Bodenbeschaffenheit | 483 | Jagd und Fischerei | 491 |
Bewässerung | 484 | Bergbau u. Hüttenwesen | 491 |
Klima | 485 | Industrie | 491 |
Areal und Bevölkerung | 485 | Handel und Verkehr | 495 |
Nationalität | 486 | Staatsverfassung | 496 |
Religion | 487 | Verwaltung | 496 |
Bildung und Unterricht | 487 | Rechtspflege | 497 |
Wohlthätigkeitsanstalten | 489 | Finanzen | 497 |
Landwirtschaft | 489 | Wappen, Flagge | 497 |
Obst- und Weinbau | 490 | Geographisch-statist. Litteratur | 498 |
Forstwirtschaft | 490 | ||
Viehzucht | 490 | Geschichte | 503 |
Bodenbeschaffenheit.
Die Bodenbeschaffenheit des Kaiserstaats ist größtenteils gebirgig, denn über 75 Proz. der gesamten Oberfläche gehören dem Bergland an; doch gibt es auch weite Ebenen und Thäler, die dem Land eine große Mannigfaltigkeit verleihen. Eigentliche Gebirgsländer sind: Tirol, der südliche Teil von Österreich, ob und unter der Enns, Salzburg, Obersteiermark, Kärnten, Krain und das Küstenland;
in diesen Ländern sind auch die höchsten Berggipfel zu suchen.
Zwischen der schwäbisch-bayrischen Hochebene und der lombardisch-venezianischen Tiefebene, dann zwischen dem Donauthal und dem Adriatischen Meer liegt das Alpenland mit vielen Längen- und Querthälern, aber ohne größere Ebenen. Im NO. des Alpenlandes bildet ein Kranz der europäischen Mittelgebirge den Rand des Hochlandes Böhmen und die Abfälle Mährens gegen das Marchthal; im O. der March zieht sich das Karpathische Gebirge halbkreisförmig zwischen Mähren, Schlesien, Galizien und der Bukowina einerseits und Ungarn anderseits zum siebenbürgischen Hochland hin. Ein Nebengebirge der Alpen ist der Karst (s. d.), der sich um das Adriatische Meer herumzieht, durch ganz Dalmatien fortsetzt und in die benachbarten Provinzen Bosnien und die Herzegowina hinein erstreckt; auch das Bergland der Quarnerischen und dalmatischen Inseln gehört dem Karst an.
Der Anteil Österreichs an den Alpen ist der bedeutendste unter allen in das Alpengebiet hineinreichenden Staaten. Von den drei Hauptteilen der Alpen, den westlichen, mittlern und östlichen Alpen, erstreckt sich die östliche Zone der mittlern Alpen nach O., wogegen die Ostalpen fast vollständig auf österreichischem Boden liegen. Drei Hauptzüge (der mittlere der primogenen Formation, die äußern vorzugsweise der Kalkformation angehörig) ziehen in meist parallelen Reihen bis an die ungarische Grenze.
Die Mittelalpen breiten sich aus (nach der Senke des Reschenscheidecks 1491 m) in den Massivs der Ötzthaler und Stubaier Ferner (Kulminationspunkte: Wildspitz 3776 m, Zuckerhütel 3511 m), senken sich zum Brenner (1367 m), steigen wieder auf zu dem Stock der Tuxer Ferner (Olperer 3489 m) und den Zillerthaler Fernern (Hochfeiler 3506 m) und hängen durch die Birnluke (2672 m) mit den Stöcken der Hohen Tauern (Großglockner 3797 m) zusammen. Nächst der Arlscharte teilen sie sich in zwei Äste, von denen der nördliche, die Niedern Tauern (Hochgolling 2863 m), am Paltenthal zur Mur abbricht, der südliche (über den Hafnerspitz 3093 m), von tiefen Einschnitten durchbrochen, sich zu den Gruppen der Kärntnisch-Steirischen Alpen fortsetzt, die in einem Bogen von der Drau (Königstuhl 2331 m) über die Mur hinweg bis nach Österreich, sich erstrecken (Wechsel 1738 m). Ihnen liegt eine oft unterbrochene Gruppe von Voralpen vor (Schöckel 1437 m). Der Bacher (1546 m) an der Drau kann als eine Fortsetzung gelten.
Von der Doppelkette der Rätischen Alpen, die den Inn im Engadin auf beiden Seiten begleitet, gehört nur ein Teil des nördlichen Zugs mit den Gruppen der Silvretta, des Jamthaler Ferners (Piz Buin 3327 m) und des Rhätikon (Scesaplana 2968 m) Österreich, an. Die Ketten der Nordalpen durchziehen Vorarlberg (Rote Wand 2701 m, Arlbergpaß 1798 m), Nordtirol (Muttekopf 2754 m), umgeben das zu Bayern gehörige Berchtesgaden (Hochkönig 2940 m), das österreichisch-steirische Salzkammergut (Dachstein 2996 m), und ihre Gruppen erfüllen den Nordrand von Steiermark (Hochschwab 2278 m) und den Südrand von Österreich, (Schneeberg 2075 m) bis zum Semmering (980 m). Eine Reihe von Voralpen trennt die Nordalpen von der bayrischen Hochebene und dem niedern Bergland Österreichs; der letzte Ausläufer, der Wienerwald (Schöpfel 893 m), schließt mit dem Leopoldsberg (449 m) an der Donau bei Wien. Zu den Südalpen gehören: die Gruppen des Ortler (3905 m), des Adamello (3547 m) und der Presanella (3561 m), die westlichen Trientiner Alpen (Cima Tosa 3179 m) und jenseit der Etsch die Lessinischen oder östlichen Trientiner Alpen (Cima Duodici ^[richtig: Dodici] 2331 m), dann die Südtiroler Dolomitalpen (Marmolata 3494 m), die Karnischen Alpen (Paralba 2690 m), die Karawanken (Grintouz 2559 m), Steiner Alpen (Oistriza 2350 m) und die Julischen Alpen (Triglav oder Terglou 2864 m). Über die Alpen führen mehrere Pässe; unter den fahrbaren sind die wichtigsten: das Reschenscheideck (1491 m), der Brenner (1367 m), der Radstädter Tauern (1738 m), der Semmering (980 m), der Arlberg (1798 m), das Stilfser Joch (2756 m), der Tonale (1874 m), die Toblacher Heide (1205 m), der Sattel bei Saifnitz (768 m), der Predil (1162 m), der Loibl (1370 m). Der Karst schließt unmittelbar an die Südalpen an; er zeichnet sich durch zerrissene, mit Erdfällen (Dollinen) besäete Platten und großenteils wasserarme Mulden aus, ist reich an Höhlen (Adelsberger Grotte etc.) und die Region der unterirdischen Flußläufe (z. B. Poik-Unz-Laibach, Reka-Timavo etc.). Er zerfällt in viele Gruppen, die man zur Unterscheidung besonders benannt hat, z. B. den Krainischen Karst (Schneeberg 1796 m), den Liburnischen Karst (Risnjak 1526 m), die Große und Kleine Kapela (Bielolasica 1533 m), den Velebit (Svetobrdo 1753 m). Ganz Dalmatien gehört dem Karst an, von dem Monte Dinara (1811 m) bis zum Biokovo (1766 m) und Orjen (1898 m). An den Mittelgebirgen Zentraleuropas nimmt Österreich, teil durch jene Erhebungen, die das Hochland Böhmen umsäumen. Im NW. sind es das Fichtel- und Erzgebirge (Keilberg 1275 m), am Elbdurchbruch das Sandsteingebirge, dem das Lausitzer Gebirge folgt (Jeschken 1013 m); im NO. steigen das Iser- und das Riesengebirge auf (Schneekoppe 1605 m). Eine Doppelkette, von der die innere (Böhmische Kämme) Österreich, angehört, bildet den Übergang zu den Sudeten (Altvater 1487 m), die mit dem Odergebirge an der Wasserscheide zwischen Oder und Donau endigen. Die Südwestgrenze Böhmens bildet der Böhmerwald
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(Arber 1458 m); er geht in ein hohes Flachland über, das als Böhmisch-Mährische Höhe bis zu den Sudeten reicht (die höchsten Punkte übersteigen 700 m). Alle diese Mittelgebirge (überhaupt der ganze südliche Teil von Böhmen) sind aus Granit, Gneis und Glimmerschiefer aufgebaut, der die kuppenförmige Erhebungsform charakterisiert. Das zweite Hauptgebirge der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, die Karpathen, liegt größtenteils auf ungarischem Boden und gehört der österreichischen Reichshälfte nur als Grenzgebirge Mährens, Schlesiens, Galiziens und der Bukowina gegen Ungarn an.
Die Ebenen nehmen kaum ein Viertel der Oberfläche des Kaiserstaats ein. Die größte ist die galizische Ebene, welche sich mit dem von mäßigen Hügeln durchzogenen, welligen, aus Sand, Sandstein und Grobkalk bestehenden Tertiärland am Nordabhang der Karpathen ausdehnt. Mit dem weiten ungarischen Tiefland (und zwar der kleinen ungarischen Tiefebene) hängt die Ebene des Wiener Beckens mit dem Marchfeld und Steinfeld und weiter donauaufwärts das Tullner Feld zusammen. An der venezianischen Tiefebene partizipiert der Kaiserstaat nur mit einem kleinen Teil am Isonzo. Alle übrigen Ebenen an der Donau, Elbe, Mur etc. sind klein, zählen aber häufig zu den fruchtbarsten Gegenden.
Bewässerung.
Das Adriatische Meer bespült auf eine Länge von 1550 km die vielfach gegliederte österreichische Küste. Die lagunenreiche Küste Venedigs endigt am Isonzo, dann beginnen die Steilküsten des Karstes, die Istrien umsäumen, steil, zum Teil felsig, mit vielen Buchten, welche sichere Häfen bilden. Die dalmatische Küste, über 1100 km lang, ist teils sehr steil und zerrissen, teils durchaus unzugänglich; dagegen haben die vorgelagerten Inseln viele vortreffliche Ankerplätze.
Die größten Golfe sind die von Triest, Fiume (Quarnero) und die Bocche di Cattaro. Die wichtigsten Häfen sind an der illyrischen Küste die Bucht von Triest, Capo d'Istria, Pirano, Rovigno, der ausgezeichnete Kriegshafen Pola. Unter den 30 Quarnerischen Inseln haben Veglia, Cherso und Lussin Piccolo tiefe und geräumige Häfen. In Dalmatien sind wichtigere Häfen die von Zara, Sebenico, Spalato, Lesina, Curzola, Macarsca, Ragusa (Gravosa) und Cattaro. Der nördliche, kleinere Teil des Kaiserstaats gehört zum Gebiet der Nord- und Ostsee, der südliche und östliche, größere zu den Gebieten des Adriatischen und Schwarzen Meers.
Mit Ausnahme von Istrien, welches selbst an Küstenflüssen arm ist, und einiger andrer Distrikte in den Karstgegenden erfreuen sich alle Kronländer einer entsprechenden Anzahl von fließenden Gewässern, welche der Binnenschiffahrt eine Ausdehnung von etwa 3900 km schiffbarer Wasserstraßen bieten. Die Hauptflüsse sind: Donau, Dnjestr (Schwarzes Meer), Weichsel, Oder (Ostsee), Elbe, Rhein (Nordsee), Etsch (Adriatisches Meer). Das größte Flußgebiet innerhalb Österreichs und in noch höherm Maß in Ungarn hat die Donau, 43 Proz. des Gesamtflächeninhalts von Österreich,, das kleinste der Rhein und der Po (beide unter 1 Proz.), während auf die Elbe 17, auf die Weichsel 14, auf den Dnjestr 10, auf die Etsch 4, auf die Oder 2 Proz. entfallen.
Der Rhein bespült nur auf 41 km die Reichsgrenze (Vorarlberg); die Elbe führt die böhmischen Gewässer der Nordsee zu. Dem Südabhang des Riesengebirges entspringend, ist sie von Melnik an mit Schiffen (auch Dampfern) befahrbar. Ihre Länge in O. beträgt 370 km. Ihre Nebenflüsse sind in Österreich, rechts die Iser, links die vereinigte Adler, die Moldau (von Budweis ab schiffbar) mit den Zuflüssen Luschniz, Sazawa, Wottawa und Beraun, außerdem die Eger und die Biela. Die Oder entspringt in den Sudeten in Mähren, nimmt rechts die Ostrawiza und Olsa, links die Oppa auf, welche zum Teil die Grenze gegen Preußen bildet, und tritt nach 93 km langem Lauf in Österreich, nach Preußen über.
Die Weichsel entspringt ebenfalls in Mähren, in den schlesischen Bieskiden, ist Grenzfluß gegen Preußen und Rußland, nimmt in Österreich, rechts den Dunajec (mit dem Poprad), die Wisloka und den San auf, links die Przemza. Ihr Lauf in Österreich, beträgt 386 km, wovon 303 km schiffbar sind. Sie tritt nach Rußland über, wo sie aus Österreich, noch den Bug empfängt. Der Dnjestr, am Nordabhang der Karpathen in Galizien entspringend, tritt nach 468 km langem (wovon 406 km schiffbar), vielfach gekrümmtem Lauf durch dies Kronland ebenfalls nach Rußland über, nachdem er rechts den Stryj, die Swica, Lomnica und Bistrica, links den Sered und Zbrucz (Podhorce) aufgenommen und auf eine Strecke die Grenze gegen Rußland gebildet.
Die Etsch, aus dem Ötzthaler Fernerstock entspringend, ist von Bozen ab schiffbar und hat eine Länge von 223 km bis zum Ausfluß aus Tirol. Ihre Nebenflüsse sind: Passer, Eisack, Avisio, Noce. Unter den Küstenflüssen, welche in den nordwestlichen Teil des Adriatischen Meers fallen, ist nur der Isonzo von Bedeutung. Von den dalmatischen Küstenflüssen sind bemerkenswert: die Zermagna, Kerka, Cettina und Narenta. Die Donau bildet die wichtigste Wasserstraße für den Verkehr Österreichs, welches sie bei Passau betritt und nach einem 373 km langen, durchaus mit Dampfschiffen befahrbaren Lauf zwischen Hainburg und Theben verläßt.
Von Passau bis Wien treten häufige Verengerungen des Flußbettes ein, und auf jede Verengerung folgt ein Becken, welche im weitern Lauf in Ungarn an Größe noch zunehmen. Engen sind bei Passau, bei Grein (Strudel, nicht mehr gefährlich), bei Aggsbach und beim Leopoldsberg, endlich beim Austritt aus Österreich, vor Preßburg; Becken bei Linz, Tulln und Wien. In Österreich, hat die Donau meist starkes Gefälle. Bei Passau hat sie 274 m, bei Hainburg nur 131 m Seehöhe. Ihr Gefälle beträgt demnach im Lauf durch Österreich, 143 m, auf der viel längern Strecke in Ungarn dagegen nur 93 m. In Österreich, und bis zur Mündung wird sie von Dampfschiffen befahren.
Ihre schiffbaren Nebenflüsse in O. sind links: die March (mit der Thaya und deren Zuflüssen), der Sereth und Pruth, letztere beide außerhalb Österreichs in die Donau mündend;
rechts: der Inn, die Traun, Enns, Leitha, Raab, Drau (mit der Mur) und Save (mit Kulpa), letztere drei gleichfalls nur mit ihrem Oberlauf Österreich, angehörend.
Die Seen liegen größtenteils im Alpengebiet, die meisten im Salzkammergut und in Kärnten (der Hallstätter, Traun-, St. Wolfgang-, Mond- und Attersee in Österreich ob der Enns, der Waller und Zeller See in Salzburg, der Achen- und Plansee in Tirol, der Millstädter, Ossiacher und Wörther See in Kärnten, der Veldes- und Zirknitzer See in Krain). Die Länder des böhmisch-mährischen Gebirgssystems haben keine nennenswerte Seen. Mit Ausnahme des Gardasees und des Bodensees, an welchen Tirol und Vorarlberg kleine Anteile haben, gehören alle dem Donaugebiet an. Merkwürdig sind die Karstseen (namentlich der Zirknitzer See) wegen ihres periodisch wechselnden Wasserstandes. In Böhmen sind zahlreiche Teiche (der Rosenberger, Wittingauer u. a.). Die einst sehr ausgedehnten Sümpfe (jetzt noch zumeist in Dalmatien und
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Galizien) sind durch stellenweise Regulierung der Flußläufe und Kanalisierung sehr geschmälert worden. Die Torfgründe (bei Laibach u. a. O.) liefern ein stets mehr benutztes Brennmaterial.
Sehr reich ist Österreich, an Mineralquellen. Hiervon sind als Heilquellen am bekanntesten: die alkalischen Mineralwässer oder Säuerlinge von Bilin, Liebwerda und Gießhübel in Böhmen, Luhatschowitz in Mähren, Gleichenberg in Steiermark;
die Glaubersalzwässer von Karlsbad und Marienbad in Böhmen, Rohitsch in Steiermark, Krynica in Galizien;
die Eisenquellen von Franzensbad in Böhmen, Pyrawarth in Niederösterreich;
die Kochsalzwasser oder Solen von Ischl und Hall (jodhaltig) in Oberösterreich, Aussee in Steiermark, Hall in Tirol;
die Bitterwässer von Püllna, Saidschütz und Sedlitz in Böhmen;
die Schwefelquelle von Baden bei Wien.
Indifferente Heilquellen sind die Thermen von Gastein in Salzburg, Römerbad und Dobelbad in Steiermark, Teplitz-Schönau und Johannisbad in Böhmen.
Klima.
Was die klimatischen Verhältnisse Österreichs anlangt, so liegt das Land in der gemäßigten Zone und hat im allgemeinen ein mildes, dem Pflanzen- und Tierleben zuträgliches Klima, wovon nur die Hochgebirgsgegenden eine Ausnahme machen. Die kontinentale Lage, die Ausbreitung gegen O., vorzüglich aber der Wechsel in der Bodenerhebung bewirken eine große Verschiedenheit in der mittlern Jahrestemperatur. In der wärmern Zone (Südtirol, Küstenland, Dalmatien), wo der Herbstregen vorherrscht, stellt sich dieselbe auf +11° C.;
im Hochgebirge (Alpen, Karpathen) sinkt sie je nach der Höhe auf +7½ bis +5° C., und die Regenmenge steigt von 79 bis 158 cm;
im hercynisch-sudetischen Gebiet haben die Randgebirge feuchtes, kühles und gleichmäßiges Klima, das Binnenland dagegen vielfachen, aber mäßigen Wechsel der Temperatur (Durchschnitt 8° C.) und Feuchtigkeit;
im Donauthal findet man von W. nach O. +8 und +9° C., je mehr gegen O., desto spärlicher der Regen und desto schneller der Temperaturwechsel.
Die Amplitude (d. h. der Unterschied zwischen dem höchsten und tiefsten Stande des Thermometers) wächst mit dem Vorrücken in das kontinentale Klima (in Graz 53°, in Lemberg 66° C.). Im allgemeinen betrachtet, läuft die Isotherme von 15° durch den Norden von Dalmatien;
jene von 13° über Meran in Tirol und Laibach;
die von 11° über Kremsmünster in Oberösterreich und den Semmering;
die von 10° geht von Karlsbad über Olmütz nach dem Südabhang der Karpathen;
die von 9° durchschneidet das Stufenland der Sudeten und geht mitten durch Galizien.
Die Küstenstriche sind mit Ausnahme der periodischen kalten Stürme aus NO. (Bora) geringern Temperaturschwankungen ausgesetzt als die Binnenländer. Für jeden Grad wechselnder Polhöhe vermindert sich im allgemeinen die mittlere Jahreswärme um 0,44°; der Wärmeunterschied zwischen dem äußersten Westen und Osten beträgt durchschnittlich 1°. In vertikaler Richtung mindert sich im O. die Jahreswärme um 1°, wenn man sich um etwa 220 m über die Meeresfläche erhebt.
Die Schneegrenze findet sich in den Alpen durchschnittlich bei 2800 m, in den Karpathen schon bei 2600 m. Zwischen 42 und 46° nördl. Br. herrscht kurzer Winter mit wenig Schnee und Eis; es gedeihen neben allen Getreidearten auch der Maulbeer- und der Ölbaum, Reis, Mais, Wein, Feigen, hier und da auch andre Südfrüchte. Von 46-50° nördl. Br. herrscht längerer, strengerer Winter; noch gedeihen alle Getreidegattungen und Mais in Fülle, in einigen Gegenden sehr gute Wein- und Obstsorten.
Über den 50.° nördl. Br. hinaus, wohin Nordböhmen, ein Teil von Schlesien und Galizien reichen, ist der Getreidebau minder ergiebig, stärker der Anbau von Flachs und Hanf, dagegen kein Mais- und kein Weinbau (letzterer nur vereinzelt im Elbethal). Die Regenmenge ist am größten in den Alpenländern und im Böhmerwald, am geringsten im Donauthal, in Böhmen, Mähren und Galizien. Gewitter gibt es am wenigsten in Schlesien (11-15), ihre Zahl und Heftigkeit nimmt gegen S. zu; die häufigsten sind in den Alpengegenden.
Hagel ist am häufigsten in Tirol, Südsteiermark und Unterkrain. Unter den Winden ist der feuchte Westwind vorherrschend; häufig im Bereich einiger Alpenthäler und überhaupt im SW. der Monarchie ist der ermattende Scirocco (in Tirol »warmer Wind«, wohl auch »Föhn« genannt), der im Frühling den Schnee auf den Alpen rasch schmelzt und dadurch häufige Lawinenstürze und Überschwemmungen verursacht. Auf dem Karstplateau wütet der furchtbar tobende Nordostwind (Bora).
Mittlere Jahreswärme einiger der bedeutendern Städte Österreichs in Graden nach Celsius:
Ragusa | +16.8 | Prag | +9.4 | Lemberg | +8.0 |
Pola | +15.0 | Graz | +9.2 | Krakau | +7.9 |
Zara | +14.8 | Brünn | +8.9 | Klagenfurt | +7.5 |
Triest | +14.2 | Troppau | +8.8 | Gastein | +6.1 |
Trient | +12.6 | Linz | +8.5 | Heiligenblut | +5.3 |
Wien | +9.7 | Czernowitz | +8.1 | ||
Laibach | +9.4 | Salzburg | +8.0 |
Areal und Bevölkerung.
Die nachstehende Tabelle enthält die Bestandteile (Kronländer) von Österreich,, deren Größe und Bevölkerung (nach der Zählung vom
Kronländer | QKilom. | QMeil. | Bevölkerung | auf 1 QKil. |
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Niederösterreich | 19768 | 359.02 | 2330621 | 118 |
Oberösterreich | 11982 | 217.61 | 759620 | 63 |
Salzburg | 7154 | 129.93 | 163570 | 23 |
Steiermark | 22355 | 405.99 | 1213597 | 54 |
Kärnten | 10328 | 187.56 | 348730 | 34 |
Krain | 10033 | 182.20 | 481243 | 48 |
Küstenland (Görz u. Gradisca, Triest mit Gebiet, Istrien) | 7967 | 144.69 | 647934 | 81 |
Tirol u. Vorarlberg | 29293 | 531.99 | 912549 | 31 |
Böhmen | 51942 | 943.32 | 5560819 | 107 |
Mähren | 22224 | 403.61 | 2153407 | 97 |
Schlesien | 5147 | 93.48 | 565475 | 110 |
Galizien | 78508 | 1425.79 | 5958907 | 76 |
Bukowina | 10452 | 189.81 | 571671 | 55 |
Dalmatien | 12831 | 233.03 | 476101 | 37 |
Österr. im ganzen: | 299984 | 5448.03 | 22144244 | 74 |
Das Territorium Österreichs erfuhr in den letzten Jahren eine Veränderung durch die im J. 1878 auf Grund des Berliner Vertrags erfolgte Einverleibung des Gebiets von Spizza, 35,9 qkm, welches mit dem Königreich Dalmatien vereinigt wurde. Nach den Ergebnissen der Grundsteuerregulierung umfaßte Österreich, 1884: 300,024 qkm, und seine Bevölkerung wurde Ende 1886 auf 23,233,111 Seelen berechnet.
Die Zunahme der Bevölkerung Österreichs, welche sich aus der jüngsten Zählung gegen die vorhergehende vom ergibt, beträgt im ganzen 1,734,054 Seelen oder 8,5 Proz.; sie ist geringer als die Zunahme in dem vorhergegangenen Zählungsintervall 1857-69, da sich selbige für diesen Zeitraum auf 2,172,128 Seelen oder 11,9 Proz. belief. Im jährlichen Durchschnitt beziffert sich nämlich der Zuwachs 1857-69 mit 0,94, 1869-80
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dagegen nur mit 0,74 Proz. Was die einzelnen Länder und ihre Bevölkerungsvermehrung von 1869 bis 1880 betrifft, so steht Niederösterreich in erster Reihe (Zunahme 17 Proz.), dessen Hauptstadt mit den umliegenden ganz ungewöhnlich rasch sich entwickelten Vororten eine starke Anziehungskraft auf die Bewohner andrer Kronländer ausübt und hauptsächlich durch Zuzug, weniger durch Propagation der Bevölkerung an Volkszahl gewinnt. Im österreichisch-illyrischen Küstenland macht sich ein ähnlicher Einfluß der großen Handelsstadt Triest geltend.
Die wirtschaftlich hoch entwickelten Sudetenländer Böhmen, Mähren, Schlesien zeigen im ganzen gegen die Periode 1857-69 eine Verlangsamung der Volksvermehrung, wenn auch einzelne geographische Rayons, wie die Umgebung von Prag, das Kohlen- und Industrierevier von Aussig, Teplitz, Brüx, die Marchebene Mährens, ein ungewöhnlich rasches Anwachsen der Bevölkerung gerade in jüngster Zeit aufweisen. Dagegen fehlt es auch nicht an Gegenden mit abnehmender Volkszahl, so einzelne Ackerbaudistrikte im SO. Böhmens, das böhmisch-mährische Grenzplateau, einzelne Alpengegenden (infolge des Niederganges der kleinen Eisengewerke, des Rückganges der Südtiroler Seidenzucht und des Weinbaues daselbst).
Durch Auswanderung verlor Österreich, in dem Zeitraum 1875-84 nach den Ausweisen der politischen Behörden 82,624 Personen (in Wirklichkeit wegen der heimlichen Auswanderung noch mehr); am stärksten war die Emigration in den Jahren 1875 mit 10,012, dann wieder 1880 mit 10,145 und 1881 mit 13,341 Personen, seit dem letztern Jahr beträgt sie wieder jährlich ca. 7000. Der Hauptanteil fällt auf Böhmen mit 43,871 und auf Tirol mit 15,871 Personen (im ganzen Zeitraum). Im erstern Kronland sind es hauptsächlich die tschechischen Ackerbaudistrikte, im letztern Kronland die italienischen Bezirke, welche das Hauptkontingent zur Auswanderung stellen.
Die böhmischen Auswanderer gehen meist über Bremen und Hamburg nach Nordamerika, die welsche Emigration wendet sich im Anschluß an die auch in Norditalien in großen Proportionen auftretende Auswanderung über italienische und französische Häfen nach Mittel- und Südamerika. Die Volksdichtigkeit beziffert sich nach der letzten Volkszählung mit 74 Einw. auf 1 qkm (1869 war sie 67). Die Kronländer reihen sich in dieser Beziehung folgendermaßen aneinander:
Niederösterreich | 118 | Einw. | Bukowina | 55 | Einw. |
Schlesien | 110 | " | Steiermark | 54 | " |
Böhmen | 107 | " | Krain | 48 | " |
Mähren | 97 | " | Dalmatien | 37 | " |
Küstenland | 81 | " | Kärnten | 34 | " |
Galizien | 76 | " | Tirol u. Vorarlberg | 31 | " |
Oberösterreich | 63 | " | Salzburg | 23 | " |
Noch auffallender werden die Unterschiede, wenn man die Bezirke vergleicht. Hiernach kommt die dichteste Bevölkerung (von den Stadtgebieten abgesehen) auf die Bezirkshauptmannschaften des nördlichen Böhmen (Rumburg 366, Gablonz 272, Schluckenau 256 Einw. auf 1 qkm), die dünnste im Alpengebiet auf die Bezirkshauptmannschaften Zell (12), Tamsweg und Landeck (13 Einw. auf 1 qkm).
Dem Geschlecht nach wurden beim letzten Zensus 10,819,737 männliche und 11,324,507 weibliche Personen gezählt, was einen weiblichen Überschuß von 504,770 ergibt, so daß auf 1000 männliche Individuen 1047 weibliche kommen. Bei der vorhergehenden Zählung (1869) war dieses Verhältnis 1000:1041; es hat sich demnach in der Periode 1869-80 die weibliche Bevölkerung stärker vermehrt als die männliche. Unter den einzelnen Kronländern zeigen die Sudetenländer (Schlesien, Mähren, Böhmen) und Krain den höchsten Überschuß weiblicher Bevölkerung (1077-1109 weibliche Einwohner auf 1000 männliche), wogegen in Dalmatien und dem Küstenland sogar das männliche Geschlecht überwiegt. Hinsichtlich des Zivilstandes setzt sich die anwesende Bevölkerung Österreichs im J. 1880 in Prozenten folgendermaßen zusammen:
Zivilstand | männlich | weiblich |
---|---|---|
Ledige | 61.51 | 57.71 |
Verheiratete | 35.54 | 34.16 |
Verwitwete | 2.91 | 8.08 |
Geschiedene | 0.04 | 0.05 |
Die Bewegung der Bevölkerung, welche sich aus den Daten über die jährlichen Trauungen, Geburten und Sterbefälle ergibt, ist in Österreich, hinsichtlich der Trauungsziffer und des allgemeinen Geburtenverhältnisses eine sehr günstige zu nennen. Schattenseiten in der Bevölkerungsbewegung Österreichs bilden dagegen die zahlreichen unehelichen Geburten und die hohe Sterblichkeitsziffer, insbesondere die sehr bedeutende Kindersterblichkeit. Es kommen nämlich im Jahresdurchschnitt auf 1000 Einwohner 8 Trauungen (nur Serbien, Ungarn, das Deutsche Reich und Rußland weisen noch günstigere Ziffern auf), 39 Lebendgeborne und gegen 31 Sterbefälle.
Unter 1000 Geburten sind durchschnittlich 136 uneheliche, eine Ziffer, die nur von wenigen Ländern Europas, wie Bayern, Mecklenburg, Portugal, noch überboten wird, in einigen österreichischen Kronländern aber noch viel höher ist, so in Salzburg, Steiermark und Niederösterreich mit 300, in Kärnten sogar mit 440 unehelichen Geburten unter 1000. Die bis zum fünften Lebensjahr Gestorbenen betragen die Hälfte aller Gestorbenen. Die Zahl der Wohnorte in Österreich, wurde bei der Zählung im J. 1880 mit 55,341 festgestellt, welche 2,995,577 bewohnte Häuser umfaßten.
Hiernach kamen ein Wohnort auf 5,4 qkm, auf einen Ort kamen 54 Häuser und 400 Einw., und je ein Haus war von mehr als 7 Personen bewohnt. Die angeführten Ortschaften bilden zusammen 27,434 Ortsgemeinden. Von diesen hatten mehr als 10,000 Einw. 110 Gemeinden, 5-10,000 Einw. 197 und 2-5000 Einw. 1431 Gemeinden; zusammen daher über 2000 Einw. 1738 Gemeinden, welche insgesamt 8,507,259 Einw. oder 38,4 Proz. der Bevölkerung Österreichs zahlten. Die in größern Ortschaften konzentrierte städtische Bevölkerung macht demnach in Österreich, keinen verhältnismäßig großen Teil der Gesamtbevölkerung aus. Die volkreichsten Städte waren nach der letzten Volkszählung: Wien, Prag, Triest, Lemberg, Graz, Brünn, Krakau, Czernowitz, Linz und Pilsen. Zwischen 20,000 und 30,000 Einw. hatten 29 Gemeinden.
Nationalität.
(Hierzu die »Ethnographische Karte von Österreich-Ungarn«.)
Unter allen Staaten Europas (Rußland ausgenommen) hat keiner eine Bevölkerung, welche aus mehr Nationalitäten bestände als die Österreich-Ungarns. Die drei Hauptvölker Europas, Deutsche, Slawen und Romanen, bilden auch die Hauptstämme Österreichs, während jenseit der Leitha als vierter und dort auch herrschender Stamm die Magyaren hinzukommen. Der Zahl nach überwiegt in Österreich, allerdings die slawische Nation. Dieselbe zerfällt aber in sechs nicht bloß mundartlich, sondern auch kulturell und historisch unterschieden Stämme, welche der gemeinsamen Schriftsprache entbehren und daher als ebenso viele Völker angesehen werden müssen. Derjenige Stamm, welchem der erste Platz in Österreich, gebührt, kann nur der deutsche sein und zwar wegen seiner relativen Majorität über alle andern Stämme,
Maßstab 1:5.000.000
Die Hauptstädte der Kronländer und Provinzen sind unterstrichen.
Deutsche
Nord-Slaven.
Czechen
Mährer
Slovaken
Polen
Ruthenen
Süd-Slaven.
Slovenen
Kroaten
Serben
Bulgaren
Romanen.
Italiener
Rumänen
Magyaren
Zum Artikel »Österreich, Kaisertum«.
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wegen seiner historischen Bedeutung für die Heranbildung und Entwickelung des Reichs, wegen seiner alle andern Nationen Österreichs überragenden Kulturentwickelung und endlich auch deshalb, weil die deutsche Bevölkerung die einzige ist, welche sich über sämtliche Länder Österreichs verbreitet. In Hauptmassen zusammengenommen, gehören die Nordabhänge der Alpen, das Donauland, dann die Gebirgsstrecken des Böhmerwaldes, des Erz-, Riesen- und Sudetengebirges den Deutschen an, welche auch in vielen Sprachinseln in das slawische Gebiet hinübergreifen.
Die Deutschen zählen 7,2 (mit Hinzurechnung der Israeliten sogar über 8) Mill. Von den slawischen Völkerschaften bewohnen die Tschechen den mittlern und südöstlichen Teil Böhmens, den größern Teil Mährens (mit Ausnahme des deutschen Anteils im S. und N.) und einen Teil Schlesiens (südöstlich von Troppau und westlich von Teschen);
die Polen den ehemaligen Kreis Teschen in Schlesien und Westgalizien;
die Ruthenen Ostgalizien und einen Teil der Bukowina;
die Slowenen Krain und die angrenzenden Teile von Kärnten, Görz, Istrien, das Territorium von Triest und Südsteiermark;
die Kroaten und Serben Istrien, die Quarnerischen Inseln und Dalmatien.
Von den romanischen Volksstämmen sind die Westromanen (Italiener nebst Ladinern und Friaulern) in Südtirol, Görz-Gradisca, Triest und an den Küsten von Istrien sowie in den meisten Städten Dalmatiens seßhaft; die Rumänen wohnen in der Bukowina. Die Verbreitung der Israeliten ist sehr ungleich. In den Alpenländern, wo bis in die jüngste Zeit Anordnungen gegen ihr Seßhaftwerden bestanden, ist ihre Zahl höchst unbedeutend. Sehr zahlreich und in fortwährender Vermehrung durch Zuzug aus allen Ländern ist das israelitische Element in Wien und Umgebung, wo es eine große soziale Bedeutung erlangt hat.
Ähnliches gilt von Triest. Auch in Böhmen, Mähren und Schlesien befreite das Jahr 1848 die Israeliten von vielen Hemmnissen der Verbreitung und Niederlassung, so daß ihre Zahl in Schlesien 1,5, in Böhmen 1,7, in Mähren sogar 2,05 Proz. der Bevölkerung erreicht hat. Prag war von jeher ein Hauptsitz des böhmischen Judentums. Sehr stark sind die Juden in Galizien und der Bukowina verbreitet, wo sie in den meisten Bezirken über 5, in vielen über 10 (in Krakau und Czernowitz über 30) Proz. ausmachen. Übrigens haben sich die Juden meist, ausgenommen etwa einen Teil der galizischen Juden, Einer Sprache und Nationalität und zwar meist der deutschen angeschlossen. Folgende Tabelle zeigt das ungefähre Verhältnis der Nationalitäten Österreichs in Prozenten:
Deutsche | 35.0 | Proz. | Kroaten u. Serben | 2.6 | Proz. |
Tschechen | 23.5 | " | Italiener | 3.1 | " |
Ruthenen | 12.8 | " | Rumänen | 0.9 | " |
Polen | 12.3 | " | Israeliten | 4.5 | " |
Slowenen | 5.2 | " | übrige Nationen | 0.1 | " |
Die »übrigen Nationen« sind die an einzelnen Orten lebenden Magyaren (in der Bukowina), Albanesen (Borgo Erizzo in Dalmatien), Armenier (in Galizien und der Bukowina), Zigeuner u. a.
Religion.
Hinsichtlich der Religionsbekenntnisse überwiegen in Österreich, weitaus die Katholiken. Sie betragen nach der letzten Zählung 91,35 Proz. der Gesamtbevölkerung, darunter 79,90 des lateinischen, 11,44 des griechischen und 0,01 Proz. des armenischen Ritus. Noch größer ist der Prozentsatz der Katholiken in den Alpenländern, namentlich in Salzburg, Tirol und Krain. Die Griechisch-Katholischen erheben sich in Galizien bis zu 42 Proz. Auf die griechisch-nichtunierte (griechisch-orientalische) Kirche kommen 2,22 Proz. der Bevölkerung, welche sich hauptsächlich in der Bukowina und in Dalmatien befinden. Im erstern Land machen sie über 70 Proz. der Einwohnerzahl aus.
Die Evangelischen Augsburger Konfession betragen 1,31, Helvetischer Konfession 0,50 Proz.; in Schlesien steigen die Evangelischen auf 14, in Kärnten betragen sie 5 Proz. der Bevölkerung. Die Bekenner der Helvetischen Konfession finden sich meist in Böhmen und Mähren. Die Israeliten machen im ganzen 4,54 Proz. der Bevölkerung aus. Von ihrer Verteilung auf die einzelnen Länder war schon oben bei den Nationalitäten die Rede. Alle andern Bekenntnisse zählen nur 0,08 Proz. der österreichischen Bevölkerung zu ihren Anhängern.
Die Veränderungen, welche sich durch Übertritt von einem Religionsbekenntnis zu einem andern ergeben, sind im Vergleich zu den Gesamtziffern höchst unbedeutend; eine Änderung der relativen Zahlen wird daher hauptsächlich durch die verschiedene Propagation der Anhänger der einzelnen Religionsbekenntnisse hervorgerufen. In dieser Hinsicht läßt sich beim Rückblick auf etwa 50 Jahre bei den Israeliten und bei den Evangelischen eine stärkere Tendenz zur Zunahme als bei den übrigen Konfessionen, namentlich den Katholiken beider Riten, konstatieren.
Was das Kirchenwesen betrifft, so gibt es für die katholische Kirche 9 Erzbistümer: Wien, Salzburg, Görz, Prag, Olmütz, Lemberg (hier 3, vom lateinischen, griechischen und armenischen Ritus) und Zara, nebst 25 Bistümern. Außerdem üben bischöfliche Jurisdiktion aus: die Generalvikare zu Feldkirch und Teschen, für Heer und Flotte der apostolische Feldvikar in Wien. Die katholische Kirche zählt in Österreich, 17,150 mit der Seelsorge beschäftigte Geistliche, dann (in 890 Ordenshäusern) 6896 Mönche und 8727 Nonnen.
Der altkatholischen Kirche gehören zur Zeit 3 Gemeinden (Wien, Warnsdorf und Ried) mit 3 Pfarrern an. Für die griechisch-orientalische Kirche besteht eine Metropolie (Czernowitz), unter welcher 2 Bischöfe stehen. Die Kirche zählt außerdem 412 Seelsorger und 131 Mönche. Die evangelische Kirche hat in Österreich, die Presbyterial- und Synodalverfassung. Nach der Kirchenverfassung vom Jahr 1866 sind als Organe des Kirchenregiments eingeführt: für die Pfarrgemeinde das Presbyterium und die Gemeindevertretung, für das Seniorat der Senior mit dem Senioratsausschuß und die Senioratsversammlung, für die Superintendenz oder Diözese der Superintendent mit dem zugehörigen Ausschuß und der Versammlung, für die Gesamtheit der Superintendenzen der evangelische Oberkirchenrat in Wien (die oberste verwaltende Kirchenbehörde für beide Konfessionen) und die Generalsynode (die Vertretung der Gesamtgemeinde einer jeden Konfession, welche regelmäßig in jedem sechsten Jahr in Wien zusammentreten soll und namentlich die kirchliche Gesetzgebung behandelt). Die Augsburgische Konfession zählt 6 Superintendenzen mit 15 Senioraten, die Helvetische 4 Superintendenzen mit 7 Senioraten. Die Zahl der evangelischen Geistlichen beträgt 221.
Bildung und Unterricht; Wohlthätigkeit.
Die Bildung des Volkes in Österreich, ist bei der bunten Zusammensetzung desselben und bei den Rasseneigentümlichkeiten der einzelnen Stämme eine sehr verschiedene. Auf höchster Stufe stehen die Deutschen, welchen sich unter den slawischen Völkerschaften zunächst die Tschechen, von den andern Nationen aber die Italiener anreihen. Auf dem tiefsten Stande der
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Kultur und Vorbildung befinden sich die Ruthenen und Rumänen in Ostgalizien und der Bukowina, dann die slawischen Bewohner der Küstenländer Istrien und Dalmatien. Bei der letzten Zahlung vom Jahr 1880 ergab sich, daß 9,868,364 oder 44,56 Proz. des Lesens und Schreibens und 1,345,781 oder 6,08 Proz. bloß des Schreibens unkundig sind. Über die Durchschnittsziffer erhebt sich der Prozentsatz der Analphabeten in Dalmatien, Bukowina, Galizien, Küstenland, Krain und Kärnten; dagegen sinkt die Zahl der Analphabeten unter die Ziffer für ganz Österreich, in Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Böhmen, Mähren und Schlesien.
Die Unterrichtsanstalten Österreichs zerfallen in niedere, Mittel- und Hochschulen, dann in Fach- und Speziallehranstalten. Das Volksschulwesen wurde durch das Gesetz vom (teilweise abgeändert 1883) neu organisiert. Hiernach liegt die Errichtung von Volksschulen den Ortsgemeinden ob. Die Schulpflicht beginnt mit dem vollendeten 6. und dauert im allgemeinen bis zum vollendeten 14. (in einigen Ländern nur bis zum 12.) Lebensjahr. Die Kategorien der in Rede stehenden Lehranstalten sind: allgemeine Volksschulen und Bürgerschulen, welch letztere einen höhern Rang einnehmen und in vollem Umfang acht Klassen zählen. 1885 bestanden 16,440 öffentliche Volks- und Bürgerschulen mit 54,467 Lehrern und Lehrerinnen und 2,679,638 Schülern.
Auf 1000 schulpflichtige Kinder entfallen 868 schulbesuchende. Am geringsten ist der Schulbesuch in der Bukowina (338 Schulbesuchende auf 1000 Schulpflichtige), in Galizien (595), während im Küstenland (692), in Dalmatien (737) und in den übrigen Ländern der Schulbesuch ein befriedigender ist und in Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg sogar alle schulpflichtigen Kinder die Schule wirklich besuchen. Anstalten zur Heranbildung von Volksschullehrern bestehen 43, von Lehrerinnen 26. Zu den Mittelschulen gehören die Gymnasien, bestehend aus Ober- und Untergymnasien, jedes mit 4 einjährigen Klassen, die Realschulen, in Ober- und Unterrealschulen zerfallend, wovon die erstern aus 3, die letztern aus 4 Jahrgängen bestehen, und die Realgymnasien, welche die Stelle des Untergymnasiums oder der Unterrealschule vertreten und einen vierjährigen Kursus haben, öfters aber auch mit Obergymnasial- und Oberrealklassen versehen sind. Der Bestand solcher Lehranstalten ist:
Zahl | Lehrer | Schüler | |
---|---|---|---|
Gymnasien | 139 | 2781 | 43775 |
Realgymnasien | 33 | 656 | 9459 |
Realschulen | 80 | 1370 | 16327 |
An Hochschulen besitzt die Monarchie 8 vom Staat erhaltene Universitäten, nämlich zu Wien, Prag (2, eine deutsche und eine tschechischen Graz, Innsbruck, Krakau, Lemberg und Czernowitz. Jede Universität begreift in der Regel 4 Fakultäten: die theologische (katholisch, in Czernowitz griechisch-orientalisch), die rechts- und staatswissenschaftliche, die medizinische und die philosophische Fakultät. Ausnahmsweise fehlen den Universitäten in Lemberg und Czernowitz die medizinische, der tschechischen Universität in Prag die theologische Fakultät.
Dem Alter nach sind die ältesten Universitäten die zu Prag (1348), Krakau (1364) und Wien (1365), die jüngsten Czernowitz (1875) und die tschechische Universität zu Prag (1882). Insgesamt zählten die österreichischen Universitäten 1885: 1029 Lehrende (davon in Wien 326, Prag 264) und 12,069 Studierende (Wien 5122, Prag 3050). Technische Hochschulen gibt es 6, nämlich in Wien, Prag (2, eine deutsche und eine tschechische), Graz, Brünn und Lemberg, welche sich in 4 (die Wiener und Prager in 5) Abteilungen gliedern und zusammen 1885: 330 Lehrende und 2125 Studierende zählten, wovon der größte Anteil auf die Wiener Hochschule (95 Lehrer und 903 Studierende) entfällt.
Außerdem besitzt die Monarchie eine große Zahl von Fach- und Speziallehranstalten. Als solche bestehen für Theologie: das höhere Weltpriesterbildungsinstitut in Wien, die katholisch-theologischen Fakultäten in Salzburg und Olmütz, die 44 bischöflichen Lehranstalten und Klosterstudien;
die Klerikalschule in Zara für die griechisch-orientalische Theologie;
die evangelisch-theologische Fakultät in Wien.
Für die Rechts- und Staatswissenschaften besteht die orientalische Akademie in Wien. Zur Gruppe der Spezialschulen für Medizin und Chirurgie gehören die 14 Hebammenlehranstalten und die 5 Lehranstalten für Tierheilkunde und Hufbeschlag. Für Handel, Gewerbe und Schiffahrt bestehen: die Handelsakademien in Wien, Linz, Graz, Triest (für Handel und Nautik), Prag (2, eine deutsche und eine tschechische), Chrudim und 60 andre Handelslehranstalten, 17 Fachschulen für gewerbliche Hauptgruppen (die Kunstgewerbeschulen zu Wien und Lemberg, 9 Staatsgewerbeschulen und 6 verschiedene Lehranstalten), ferner 354 Zeichenschule, allgemeine und fachliche Fortbildungsschulen und 104 Fachschulen für einzelne gewerbliche Zweige, dann 3 nautische Schulen (Frequenz der Handelsschule 8390, der Gewerbeschulen 45,773, der nautischen Schulen 79 Schüler); für Land- und Forstwirtschaft bestehen: die Hochschule für Bodenkultur in Wien, an mittlern Lehranstalten 11 für Landwirtschaft, 3 für Forstwirtschaft und eine önologisch-pomologische Lehranstalt, dann 66 niedere Lehranstalten (Gesamtfrequenz der landwirtschaftlichen Lehranstalten 2510 Schüler).
Für Bergbau und Hüttenwesen bestehen: die Bergakademien zu Leoben und Přibram und 5 Bergschulen (Frequenz 286 Schüler);
für Künste die Akademie der bildenden Künste in Wien, die Kunstschule in Krakau, dann 217 Gesang- und Musikschulen etc.;
für militärische Ausbildung und zwar für Offiziere die Kriegsschule (als Vorschule für den Generalstab), der höhere Artillerie- und Geniekurs, der Stabsoffiziers-, der Intendanz- und der militärärztliche Kurs, alle in Wien;
zur Heranbildung von Offizieren die Militärakademie in Wiener-Neustadt, die technische Militärakademie in Wien;
zur Vorbereitung für die Akademien die Militäroberrealschule in Weißkirchen und die Militärunterrealschule zu St. Pölten.
Lehranstalten für Mädchen gibt es außer den Lehrerinnenbildungsanstalten noch wenige; hierher gehören die privaten und klösterlichen Lehr- und Erziehungsanstalten und Pensionate, dann die 312 weiblichen Arbeitsschulen.
Unter den gelehrten Gesellschaften nimmt den ersten Rang die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien ein, welcher sich die Gesellschaften der Wissenschaften in Prag und Krakau anreihen. Daran schließen sich die verschiedenen Vereine für Fachwissenschaften, für Landeskunde etc. Hervorragende wissenschaftliche Institute sind: die Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus, die geologische Reichsanstalt, das militärgeographische Institut, sämtlich zu Wien, dann die Sternwarten, unter welchen die der Wiener Universität den ersten Rang einnimmt. An wissenschaftlichen und Kunstsammlungen ist Österreich, sehr reich, die hauptsächlichsten befinden sich in Wien. Unter den
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Bibliotheken, welche sich in Hofbibliotheken, Studienbibliotheken, Bibliotheken der Stifter und Klöster, von Anstalten und Behörden, Vereinen und Korporationen, endlich Bibliotheken von Privatpersonen gliedern, ist die reichste die Hofbibliothek in Wien mit 420,000 Bänden; über 50,000 Bände haben außerdem noch 21 Bibliotheken. Naturwissenschaftliche Sammlungen in größerm oder geringerm Umfang haben alle Hoch- und Mittelschulen; die größten Institute dieser Art sind das naturhistorische Hofmuseum, die anatomischen Sammlungen der Universität und der ehemaligen Josephsakademie in Wien, die geognostische Sammlung der geologischen Reichsanstalt u. a. Mit archäologischen und Kunstsammlungen ist Wien reich versehen; auch in mehreren Provinzstädten befinden sich Landesmuseen.
Größere, dem Publikum zugängliche Gemäldegalerien besitzt Österreich, 12, unter welchen die des kunsthistorischen Hofmuseums (ehemalige Belvederegalerie) die hervorragendste ist. In Wien befindet sich auch die große Kupferstichsammlung Albertina. Von bedeutendem Einfluß ist die periodische Presse, welche (1885) durch 1641 Zeitungen vertreten ist. Hiervon erscheinen 744 in Niederösterreich, nächstdem 328 in Böhmen. Nach Sprachen erscheinen in der ganzen Monarchie 1071 in deutscher, 225 in tschechischer, 108 in polnischer, 95 in italienischer die übrigen in slowenischer, ruthenischer, hebräischer und andern Sprachen. Politische Blätter sind 494, Tagesblätter 108 periodische Druckschriften.
An Wohlthätigkeitsanstalten besitzt Österreich, 10,702 Armeninstitute, welche jährlich 270,000 Arme unterstützen, ferner 1538 Versorgungsanstalten mit 36,800 Verpflegten, 137 Waisenhäuser mit 7880 Kindern, 23 Krippen, 371 Kindergärten und 329 Kinderbewahranstalten mit zusammen 86,000 Kindern, 171 öffentliche Krankenhäuser, welche eigne Fonds besitzen, deren Abgänge jedoch aus dem Staatsschatz gedeckt werden, und 366 private Krankenhäuser, zusammen mit jährlich 278,000 verpflegten Kranken, 21 öffentliche Irrenhäuser (außerdem 5 private, insgesamt mit 11,500 Pfleglingen).
Das Vermögen dieser Institute besteht meist aus wohlthätigen Stiftungen; reichen deren Zinsen nicht aus, so erhalten sie Zuschüsse von den Gemeinden. Außerdem bestehen in Österreich, 18 Gebäranstalten mit über 16,000 verpflegten Müttern und 15,000 Kindern, 14 Findelanstalten mit 12,000 in der Anstalt, 36,000 auswärts verpflegten Kindern, 16 Taubstummenanstalten mit 1300 Taubstummen, 10 Blindeninstitute mit 600 Blinden. Doch reichen die letzterwähnten Humanitätsanstalten für die große Zahl der Pflegebedürftigen bei weitem nicht aus. Zu den Wohlthätigkeitsanstalten lassen sich noch rechnen die zahlreichen Versorgungsanstalten gegen Einzahlung (Witwen- und Waisenkassen, Pensionsfonds u. a.), die Volksküchen, Suppenanstalten, Asyle etc.
Land- und Forstwirtschaft. Bergbau.
Der landwirtschaftliche Betrieb bildet in Österreich,, wenn auch die gewerbliche Thätigkeit sich in den letzten Jahrzehnten ansehnlich entwickelt hat, doch in überwiegende Maß die Hauptbeschäftigung der Bewohner. Nach der letzten Volkszählung vom kamen auf die Berufsgruppe der Land- und Forstwirtschaft 13,025,099, dagegen auf jene der Industrie nebst Bergbau, Handel und Transportwesen nur 7,083,739 Personen. Was die österreichische Agrarverfassung betrifft, so besaßen Tirol, Dalmatien und ein Teil des österreichisch-illyrischen Küstenlandes bereits seit alter Zeit die Freiheit des Grundeigentums.
Teilweise ist in diesen Ländern das italienische Kolonensystem verbreitet. In den übrigen Ländern wurde die Leibeigenschaft unter der Regierung des Kaisers Joseph II. aufgehoben und an ihre Stelle ein gemäßigtes Unterthanenverhältnis gesetzt, welches jedoch nebst allen aus demselben entspringende gutsherrlichen Rechten und bäuerlichen Lasten im Jahr 1848 beseitigt wurde (teilweise gegen Entschädigung aus den Grundentlastungsfonds). Die sonstigen frühern Beschränkungen, welche in Bezug auf den Erwerb unbeweglicher Güter bestanden, fielen durch die in demselben Jahr sowie durch das Staatsgrundgesetz vom ausgesprochene Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.
Die verschiedenartige den Landwirtschaftsbetrieb belästigenden Dienstbarkeiten, als Holzungsrechte, Weiderechte auf fremdem Grund, Feldservitute etc., wurden infolge des Patents vom reguliert und großenteils abgelöst. Rücksichtlich der Größe des Grundbesitzes herrscht im allgemeinen eine ziemlich weit gehende Zerstückelung des Bodens, indem auf einen Grundbesitzer nur 5,8 Hektar Grundfläche kommen. Am weitesten ist die Zerstückelung im Küstenland (3,5 Hektar auf einen Grundbesitzer), Galizien (3,9) und Mähren (4,1) geführt; Niederösterreich, Böhmen, Schlesien, Krain, Bukowina und Dalmatien stehen in der Mitte, wogegen Oberösterreich, Steiermark, Tirol und Vorarlberg, endlich Kärnten (13 Hektar) und Salzburg (20,6 Hektar) verhältnismäßig den größten Grundbesitz aufweisen.
Förderungsmittel der Landwirtschaft sind die landwirtschaftlichen Vereine, welche in den letzten Jahren in lebhafterm Aufschwung sind und (1884) in der Zahl von 704 (328 in Böhmen, mit dem Landeskulturrat als Zentralorgan, 115 in Niederösterreich etc.) bestehen, die landwirtschaftlichen Lehranstalten, von welchen bereits die Rede war, die Anstalten für den landwirtschaftlichen und Bodenkredit und die Versicherungsanstalten gegen Feuer- und Hagelgefahr sowie gegen Viehunfälle.
Der Boden ist im allgemeinen fruchtbar, obwohl hierin vielfache Abstufungen unter den einzelnen Kronländern vorkommen, welche von der geographischen Lage, der vertikalen Erhebung, der Temperatur, der Menge des Niederschlag etc. abhängen. Von je 100 Hektar der Oberfläche Österreichs sind 94,29 produktiv. Zwischen dem unproduktiven Boden der westlichen Länder und jenem des Ostens herrscht übrigens ein wesentlicher Unterschied. Im W. ist durch Fleiß und Anstrengung der ganze anbaufähige Boden wirklich auch angebaut, die noch vorhandenen unproduktiven Flächen können somit thatsächlich nicht in produktive verwandelt werden; im O. können bei genügenden wohlfeilern Arbeitskräften und durch eine rationelle Bewirtschaftung noch viele Strecken in produktive verwandelt werden, welche zur Zeit ihren Platz unter den unproduktiven einnehmen. Nach Kulturarten verteilt sich der landwirtschaftlich benutzte Boden folgendermaßen:
Hektar | Proz. vom Gesamtareal | |
---|---|---|
Ackerland | 10636872 | 35.45 |
Wiesen | 3078172 | 10.26 |
Gärten | 372060 | 1.23 |
Weingärten | 248326 | 0.83 |
Hutweiden | 2663908 | 8.88 |
Alpen | 1399780 | 4.67 |
Waldungen | 9777414 | 32.59 |
Seen, Sümpfe und Teiche | 114124 | 0.38 |
Produktive Fläche: | 28290656 | 94.29 |
Unproduktive Fläche | 1711782 | 5.71 |
Zusammen: | 30002438 | 100.00 |
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Von den einzelnen Ländern sind an Ackerland am reichsten Mähren, Böhmen und Schlesien mit ungefähr der Hälfte, am ärmsten sind Salzburg und Tirol, ersteres mit 10, letzteres mit 6 Proz. des Gesamtflächeninhalts. Auf der höchsten Stufe befindet sich der Ackerbau im allgemeinen in den nordwestlichen Ländern, wo Bodenlage und Klima, Dichtigkeit der Bevölkerung und Rührigkeit derselben, günstige Bodenverteilung, Vorliebe der Bewohner für den Ackerbau von jeher der Agrikultur eine hervorragende Stellung sicherten.
Die am meisten verbreitete Bewirtschaftungsmethode in Österreich, ist die Dreifelderwirtschaft; doch besteht sie nur in wenigen Kronländern rein, weil zumeist der Futterbau in die Körnerwirtschaft hineingezogen wird und durchschnittlich kaum die Hälfte der Brache unbenutzt bleibt. Die Fruchtwechselwirtschaft wird hauptsächlich in Tirol, Steiermark, Krain, dem Küstenland, ziemlich häufig aber auch in den übrigen Kronländern betrieben, die Eggartenwirtschaft in den höher gelegenen Gegenden, namentlich der Alpenländer. In Mähren kommt vielfach die Drieschfelder-, in Steiermark die Brandwirtschaft vor. Die freie Wirtschaft wird in einem Teil von Tirol, Untersteiermark und Krain auf kleinen Besitzungen planmäßig betrieben. Das Erträgnis in den wichtigsten landwirtschaftlichen Produkten beträgt in Österreich, bei einer Mittelernte:
Ertrag Mill. Hektol. | Tausende metr. Ztr. | ||
---|---|---|---|
Weizen | 14.5 | Flachs | 425.0 |
Roggen | 26.1 | Hanf | 249.0 |
Gerste | 16.5 | Zuckerrüben | 42000.0 |
Hafer | 33.4 | Tabak | 40.0 |
Mais | 5.8 | Hopfen | 67.0 |
Buchweizen, Hirse | 3.7 | Olivenöl | 140.0 |
Zusammen Getreide: | 100.0 | ||
Mill. Hektol. | Mill. Hektol. | ||
Hülsenfrüchte | 2.5 | Wein | 3.3 |
Kartoffeln | 88.3 |
Die reichsten Getreideländer sind Böhmen, Mähren, Galizien und Niederösterreich. An Hülsenfrüchten werden insbesondere in den nördlichen Provinzen große Mengen gewonnen, wo auch Kartoffeln, Flachs und Hanf vorzüglich gedeihen. Zuckerrüben werden in großem Maßstab, namentlich in Böhmen und Mähren, dann auch in Schlesien, Niederösterreich und Galizien, angebaut. Gemüse und Küchengewächse werden meist als Feldfrüchte, hier und da auch gartenmäßig angebaut und in nicht unbedeutender Menge ausgeführt.
Futtergewächse, insbesondere Klee und Futterrüben, haben die meisten Kronländer in ausreichender Menge. Der Wiesenbau ergibt durchschnittlich 100 Mill. metr. Ztr. Heu; daneben spielt das Weideland, namentlich in Galizien, Dalmatien und den Alpenländern, eine große Rolle. Von der Gesamternte des Hopfens produziert Böhmen über ⅘; berühmt ist der Hopfen aus der Umgegend von Saaz. Der Rapsbau ist in Böhmen, Galizien, Mähren und Oberösterreich ein einträglicher Zweig der Bodenkultur (Jahresertrag 600,000 hl). Der Tabaksbau unterliegt im ganzen Reich als Staatsmonopol den gesetzlichen Beschränkungen (kaiserliche Patent vom Sein Anbau ist in den österreichischen Ländern auf Galizien, die Bukowina und die südtirolischen Bezirke Roveredo und Riva beschränkt.
Der Obstbau, obwohl absolut bedeutend (jährlicher Ertrag ca. 7 Mill. metr. Ztr.), könnte doch in jeder Beziehung noch gesteigert werden. Die Menge des gewonnenen gemeinen Obstes deckt hinlänglich den Bedarf und liefert in der Regel noch so viel für den Export, daß damit der für die Zufuhr von Südfrüchten verausgabte Wert gedeckt werden kann. Die Kultivierung edler Obstsorten in größerm Maßstab wird besonders in der Umgebung von Bozen, der Anbau von Südfrüchten in einigen Gegenden Südtirols (bei Arco und an den Ufern des Gardasees), im Küstenland und in Dalmatien betrieben. In Oberösterreich, Steiermark und Kärnten wird Obstmost, in Böhmen und Mähren Zwetschenmus (Powidel), in Dalmatien aus Steinweichseln der Maraskino bereitet. Große Mengen Obst werden in frischem oder gedörrtem Zustand exportiert. Der Weinbau wird in den meisten Kronländern, insbesondere aber in Dalmatien, Niederösterreich, Steiermark und dem Küstenland, betrieben. Am meisten süß, aber wenig haltbar sind die dalmatischen, minder süß, jedoch mit den Jahren an Güte zunehmend die deutschen Weine. Die Kultur des Öl- und Maulbeerbaums beschränkt sich auf Dalmatien, das Küstenland und Südtirol.
Ungemein reich ist die Monarchie an Waldungen, welche mehr als ein Drittel der produktiven Bodenfläche einnehmen, besonders in den Alpenländern. Die Staats- und Fondsforsten haben eine Ausdehnung von 898,000 Hektar und befinden sich hauptsächlich in der Bukowina, in Galizien, Salzburg und Tirol. Seit einem Jahrhundert schon verwendet der Staat eine große Sorgfalt auf die Forstkultur. Das durchschnittliche Jahreserträgnis an Brenn- und Bauholz ist auf 27 Mill. cbm berechnet, welches Erträgnis nicht nur den inländischen Bedarf vollständig deckt, sondern auch bedeutende Mengen für den Absatz nach dem Ausland (Masten, Faßdauben, Sägewaren etc.) liefert. Holzmangel zeigt sich vorzugsweise in Dalmatien, welches zwar eine ziemliche Waldfläche, aber fast nur Niederwald mit unansehnlicher Bepflanzung besitzt. Ein gleiches Verhältnis findet sich in Istrien und einem Teil der galizischen Hochebene. Außer dem Erträgnis an Holz sind auch die Nebennutzungen der Wälder (die Eichelung, Pottasche, Holzkohle, Harz, Teer, Lohe, Sumach, Terpentin u. a.) beachtenswert.
Trotz der von der Natur gebotenen günstigen Vorbedingungen hat die Viehzucht in Österreich, bis jetzt noch nicht jenen Standpunkt erreicht, daß sie als genügend für den Bedarf des Reichs anzusehen wäre. In einigen Kronländern, insbesondere im Alpengebiet, ist dieselbe allerdings blühend, hier und da sogar vortrefflich; dagegen ist sie in andern gänzlich vernachlässigt. Nach der letzten Zählung (1880) betrug der Viehstand in Österreich,:.
Stück | |
---|---|
Pferde | 1463282 |
Esel und Maultiere | 49618 |
Rindvieh | 8584077 |
Schafe | 3841340 |
Ziegen | 1006675 |
Schweine | 2721541 |
Vorzügliche Pferde schweren (norischen) Schlags werden in Salzburg, Obersteiermark und Kärnten gezüchtet. Zur Hebung der Pferdezucht bestehen 2 Hofgestüte, ein Staatsgestüt (Radautz) und 5 Hengstedepots. Die Rindviehzucht ist in den Alpenländern, wo sie durch die Sennwirtschaft begünstigt wird, ausgezeichnet. Dort finden sich auch die schönsten Rassen; die am reichsten mit Weideland versehenen Kronländer Dalmatien und das Küstenland dagegen genügen weder durch entsprechenden Stand noch durch Qualität des Viehs. Die Schafzucht ist in den letzten Jahrzehnten sehr gesunken (1869 gab es noch über 5 Mill. Schafe); edle Rassen werden in Mähren und Schlesien, Böhmen, Nieder- und Oberösterreich gezüchtet. Die Ziegenzucht ist meist auf die gebirgigen Gegenden beschränkt und namentlich in Dalmatien stark vertreten. Von großer Wichtigkeit ist die Zucht
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des Borstenviehs, welche in den Alpenländern, aber auch in den industriereichen Ländern (Mästung mit Fabrikabfällen) stark betrieben wird. An Viehzuchtprodukten ergeben sich jährlich (abgesehen von Fleisch, Häuten und Knochen) ca. 43 Mill. hl Milch, 625,000 metr. Ztr. Butter, 650,000 metr. Ztr. Käse und 50,000 metr. Ztr. Wolle. Die Zahl der Bienenstöcke belief sich 1880 auf 926,312, welche einen Ertrag von 33,000 metr. Ztr. Honig und 4000 metr. Ztr. Wachs lieferten. Die jährliche Erzeugungsmenge an Seidenkokons, hauptsächlich in Südtirol, dann im Küstenland, beträgt durchschnittlich 20,000 metr. Ztr.
Zu den landwirtschaftlichen Nebenbeschäftigungen gehören die Jagd und die Fischerei. Erstere brachte 1881 zum Abschuß: an Raubwild 46,500 Stück Haarwild (hauptsächlich Füchse, Iltisse und Marder, dann Dachse und Fischotter, endlich auch, in den Karpathen, Wölfe, Luchse und Bären) und 111,000 Stück Federwild (namentlich Habichte, Falken, Sperber, dann Eulen, Uhus und Adler);
ferner an Nutzwild 1,117,000 Stück Haarwild (meist Hasen, dann Rehe, Kaninchen, Rotwild, Gemsen, Schwarzwild, Damwild und Murmeltiere) und 1,070,000 Stück Federwild (Rebhühner, Fasanen, Wachteln, Wildenten, Schnepfen, Hasel-, Birk- und Auerwild, Stein- und Schneehühner, Wildgänse).
Die Fischerei wird als See-, Fluß- und Teichfischerei (letztere namentlich in Böhmen) betrieben. Die Seefischerei, welche für die Küstenstriche Dalmatiens und das Küstenland von wirtschaftlicher Bedeutung ist, beschäftigt ca. 11,000 Fischer mit 2800 Booten und 11,000 andre Personen und liefert einen Ertrag an Fischen, Schaltieren und Mollusken im Wert von 2½ Mill. Gulden.
Mannigfaltig sind die Produkte des Bergbaues, obwohl die vorhandenen Lagerstätte teilweise nicht gehörig ausgebeutet werden. Von Metallen wird Silber in Böhmen (Přibram), Quecksilber in Krain (Idria), Zinn in Böhmen, Zink in Galizien, Steiermark und Krain, Blei in Kärnten, Krain und Böhmen, Kupfer in Salzburg gewonnen. Der Bergbau auf Eisenerze und die Gewinnung von Roheisen sind in allen Ländern, mit Ausnahme von Oberösterreich, Dalmatien und dem österreichisch-illyrischen Küstenland, am stärksten aber in Steiermark, Kärnten, Böhmen und Mähren vertreten.
Graphit wird meist in Böhmen, Mähren und Steiermark, Petroleum in Galizien gewonnen. Alle Länder, mit Ausnahme von Salzburg und der Bukowina, besitzen Kohlenlager; doch werden die größten Quantitäten von Stein- und Braunkohlen in Böhmen, Schlesien, Mähren und Steiermark produziert. Steinsalz wird aus unerschöpflichen Lagern in den Karpathen (namentlich zu Wieliczka und Bochnia in Galizien) zu Tage gefördert, während Sudsalz außerdem in den Alpen (Hallstatt, Ischl, Ebensee, Hallein, Aussee und Hall) bereitet wird. Seesalz liefern Istrien und Dalmatien. Im J. 1886 waren beim Bergbau, Hütten- und Salinenbetrieb 116,632 Arbeiter beschäftigt. Der Geldwert der Bergwerksprodukte belief sich ohne Rücksicht auf den Ertrag nutzbarer Steine u. Erdarten auf 87,4 Mill. Guld., wovon auf Steinkohlen 22,3, auf Braunkohlen 18,7, auf Salz 22,2 Mill. Guld. entfallen. Die Erzeugungsmengen betrugen im J. 1886:
Gold | Kilogr. | 17 | metr. Ztr. | |
Silber | " | 35697 | Braunstein | 92464 |
Roheisen | metr. Ztr. | 4853133 | Alaun | 18082 |
Kupfer | " " | 7448 | Graphit | 172674 |
Blei u. Glätte | " " | 111324 | Braunkohlen | 109313522 |
Zinn | " " | 418 | Steinkohlen | 74212776 |
Zink | " " | 38432 | Kochsalz | 2515997 |
Quecksilber | " " | 5413 | Industriesalz | 311020 |
Der Ertrag der Torfstiche belief sich 1885 auf 848,650 metr. Ztr. Schließlich muß auch der Steinbrüche gedacht werden, welche Marmor, Pflastersteine, Platten etc. liefern. Geognostisch-montanistische Vereine, montanistische Lehranstalten und vor allem die ausgezeichnete k. k. geologische Reichsanstalt zu Wien sind wichtige Förderungsmittel des Bergbaues. Bei den meisten Bergbauen sind die neuesten Fortschritte im Bergbaubetrieb in Anwendung gebracht; »Bruderladen« (Knappschaftskassen) sorgen für die Unterstützung verarmter und verunglückter Bergarbeiter.
Industrie.
Der Reichtum an mannigfaltigen Rohstoffen, Wasserkräften und Brennmaterial, das große Absatzgebiet in Österreich, und Ungarn sowie in den benachbarten südlichen und östlichen Ländern, verhältnismäßig billige Arbeitskräfte in der genügsamen, ziemlich dichten Bevölkerung, die Errichtung von zahlreichen Real- und Gewerbeschulen, Versuchsanstalten und Gewerbemuseen, die Gründung von Gewerbevereinen und Gewerbekammern, die Gesetzgebung über Erfindungsprivilegien, Muster- und Markenschutz, die Ausbreitung und Vervollkommnung der Verkehrswege und des gewerblichen Kreditwesens: dies alles zusammengenommen hat in Österreich, ein sehr rühriges Leben auf dem Feld industrieller Thätigkeit erzeugt.
Die Gewerbeordnung vom J. 1859, welche die alten Zunftprivilegien abschaffte und im allgemeinen das Prinzip der Gewerbefreiheit zur Geltung brachte, hat seither 1883 und 1885 Modifikationen erfahren, indem die sogen. handwerksmäßigen Gewerbe an einen Befähigungsnachweis gebunden wurden, ferner die Zwangsgenossenschaften eine neue eingehende Organisation erfuhren und ein Arbeiterschutzgesetz (mit: Sonntagsruhe und Normalarbeitstag) geschaffen wurde.
Zur Handhabung dieses Gesetzes wurden Gewerbeinspektoren bestellt. Nach deutschem Muster wird auch die Unfall- und Krankenversicherung der Arbeiter durchgeführt. Unbestritten hat die Industrie in Österreich, erfreuliche Fortschritte gemacht, welche den auf dem Gebiet der Landwirtschaft bemerkbaren Fortschritt weit überragen. Allerdings herrscht hierin unter den einzelnen Kronländern noch eine große Verschiedenheit. In Niederösterreich, Böhmen, Mähren, Schlesien, Vorarlberg ist das Fabrik- und Manufakturwesen bereits sehr blühend; in andern Kronländern sind größere Fabrikunternehmungen zwar noch selten, aber das gewöhnliche Handwerk oder Kleingewerbe ist für den Lokalbedarf in ausreichendem Umfang vertreten, was nur in Galizien, der Bukowina und Dalmatien weniger der Fall ist.
Die Hausindustrie ist auf vielen Gebieten noch von großer Bedeutung. Nach der Volkszählung vom J. 1880 gehörten dem Beruf der gewerblichen Industrie in ganz Österreich, 4,710,047 Personen, d. h. von je 1000 Personen der Gesamtbevölkerung 213 Personen, an, ein Verhältnis, das sich in Niederösterreich auf 371, in Böhmen auf 327, in Vorarlberg auf 283, in Schlesien auf 274, in Mähren auf 268 und in Oberösterreich auf 255 stellt. Den Glanzpunkt des österreichischen Gewerbfleißes bildet Leinen-, Woll-, Seiden-, Leder-, Gold-, Silber-, Eisen-, Stahl-, Glas- und Thonwarenfabrikation. Auch in den übrigen Zweigen der Textilindustrie, ferner in Holzwaren, Chemikalien, Maschinen, musikalischen Instrumenten, Bier, Branntwein, Zucker u. a. steht Österreich, auf hoher Stufe.
Unter den metallverarbeitenden Industrien ist der wichtigste Zweig die Eisenindustrie, für welche das Material in reichlichem Maß und vorzügliche Qualität vorhanden ist. Nach der letzten Erhebung
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(für 1880) waren bei der Erzeugung von raffiniertem Eisen und Stahl 140 Werke mit 16,625 Arbeitern beschäftigt; die Produktion belief sich auf 2,210,000 metr. Ztr. Schweiß- und Flußeisen und 1,100,000 metr. Ztr. Schweiß- und Flußstahl (hauptsächlich Bessemer- und Martinstahl). Die Hauptproduktionsländer sind Steiermark, Kärnten, Böhmen, Mähren, Schlesien und Niederösterreich. Mit der Schienenfabrikation befassen sich 14 Werke mit 2600 Arbeitern.
Eisen- und Stahlblech und Draht, dann Eisengußwaren werden gleichfalls vorwiegend in den genannten Produktionsländern von zahlreichen Werken mit etwa 12,600 Arbeitern hergestellt. Die Verfertigung von Eisenwaren ist einer der wichtigsten österreichischen Industriezweige und wird am stärksten in Nieder- und Oberösterreich, Steiermark und Böhmen betrieben; höchst mannigfaltig ist sie besonders in den niederösterreichischen Bezirken Waidhofen a. d. Ybbs und Scheibbs, im oberösterreichischen Bezirk Steyr und im tirolischen Stubaier Thal.
Eine der ersten Stellen nimmt die altberühmte Sensenindustrie der Alpenländer ein, deren Erzeugnisse guten Absatz nach dem Osten und Südosten Europas finden und sich einschließlich der böhmischen Produktion auf jährlich 8 Mill. Stück Sensen und Strohmesser und etwa 1,3 Mill. Sicheln belaufen. Den Hauptanteil hieran haben Steiermark und Oberösterreich, sodann Niederösterreich. Messer- und Schneidewaren werden in größern Mengen in Wien, Steyr, Karlsbad und Nixdorf in Böhmen, Waffen in Wien, Steyr und Letten in Oberösterreich (große Fabrik mit 4000 Arbeitern), Ferlach in Kärnten, Weipert und Prag in Böhmen erzeugt.
Die Verfertigung von Werkzeugen wird in Wien, Scheibbs, Steyr und Altendorf (Kärnten), jene von Schlosserwaren und eisernen Möbeln in Wien fabrikmäßig oder in beträchtlicher Ausdehnung gepflegt. Feuerfeste Kassen und Schränke bilden eine weltberühmte Spezialität der Wiener Industrie. Mit der Produktion von Nägeln, Drahtstiften, Schrauben und Nieten beschäftigen sich mehrere Fabriken und viele Kleingewerbe in Niederösterreich (besonders in Neunkirchen), in Böhmen (Horzowitz), Oberösterreich und Krain.
Die Fabrikation von Nadeln ist auf die Orte Hainburg (Niederösterreich), Fügen (Tirol) und Karlsbad (Böhmen), jene von Stahlfedern auf Wien beschränkt. Die Erzeugung von blechernem Kochgeschirr hat ihren Hauptsitz in Brünn, nächstdem in Wien, während sich die Herstellung von gußeisernem Geschirr von alters her in einigen böhmischen und schlesischen Orten eingebürgert hat. Schließlich muß noch die Erzeugung von Blechlöffeln und Blechspiegeln im Erzgebirge genannt werden, welche sich in Neudeck und Platten konzentriert.
Die Erzeugung von Kupfer-, Blei- und Zinnwaren bietet nichts Bemerkenswertes. Die Gold- und Silberwarenindustrie blüht vorzugsweise in Wien, in geringerm Grad in Prag. Die Fabrikation von Metalllegierungen ist in Niederösterreich von Wichtigkeit, wo Wien durch die Verfertigung von Lampen, Bronze- und Chinasilberwaren berühmt ist und eine bedeutende Pakfong- und Nickelfabrik in Berndorf besteht. Mit der Erzeugung von leonischen Waren befassen sich nur die Etablissements in Mannersdorf (Niederösterreich) und Stanz (Tirol).
Der Maschinenbau, welcher in der Erzeugung von Dampfmaschinen und Dampfkesseln, in der Fabrikation von Eisenbahnmaterial, sodann den Einrichtungen für Bierbrauereien, Spiritusbrennereien, Zuckerfabriken und Mühlen und in der Präzisionsmechanik erfolgreich mit der ausländischen Konkurrenz kämpft, hat seinen Hauptsitz in Wien und Umgebung (auch Wiener-Neustadt), Prag, Brünn und Triest. Von Transportmitteln werden gewöhnliche Wagen hauptsächlich vom Kleingewerbe, Luxuswagen in den großen Städten, vorzugsweise in Wien, hergestellt.
Beachtenswert ist auch die mährische Wagenindustrie, die für einen bedeutenden Absatz arbeitet. Überhaupt deckt die einheimische Produktion nicht nur den innern Bedarf, sondern liefert auch Exportartikel. Mit der Fabrikation von Eisenbahnwaggons beschäftigen sich größere Etablissements in Wien, Prag und Marburg. Der Schiffbau ist durch die Qualität seiner Leistungen auch im Ausland vorteilhaft bekannt. Größere Werften für den Bau von Seeschiffen bestehen in Triest und Pola, für den Bau von Flußschiffen in Linz.
Die Erzeugung wissenschaftlicher Instrumente hat in Österreich, sehr große Fortschritte gemacht; jene der chirurgischen Instrumente und Apparate wird in Wien fabrikmäßig betrieben. In der Verfertigung von musikalischen Instrumenten behauptet Österreich, einen der ersten Plätze in Europa; für die Streich- und Blasinstrumente sind die wichtigsten Produktionsstätten Wien, Prag, Königgrätz und mehrere Orte im Erzgebirge (Graslitz, Schönbach), für die Klaviere, Zug- und Mundharmoniken die Residenzstadt Wien, welche auf diesem Gebiet exportiert.
Ein eigentümliche Zweig der oberösterreichischen Industrie ist die Erzeugung von Maultrommeln in Molln (Bezirk Kirchdorf). Die Uhrmacherei befaßt sich hauptsächlich mit der Verfertigung von Stock-, Pendel- und Turmuhren; Taschenuhren werden größtenteils importiert und von den einheimischen Industriellen repassiert oder repariert. Die Produktion von Holzuhren (sogen. Schwarzwälder Uhren) wird in Karlstein (Niederösterreich) in größerm Umfang ausgeübt.
Die Fabrikation keramischer Produkte hat in den letzten Dezennien quantitativ und qualitativ hervorragende Erfolge aufzuweisen. Die Porzellanindustrie, wenngleich nur auf Böhmen, wo 26 Fabriken (1880 mit 4896 Arbeitern) bestehen, beschränkt, ist in hohem Grad entwickelt; ihr Hauptsitz ist die Umgebung von Karlsbad, wo sich der erforderliche Rohstoff (Kaolin) in vorzüglicher Qualität findet, mit 15 Fabriken, welche auch hinsichtlich der Produktionsmenge präponderieren.
An der Fabrikation gewöhnlicher Thonwaren, von Steingut, Fayence, Majolika, beteiligen sich in hervorragender Weise Mähren (wichtigster Produktionsort Znaim), Böhmen (Budweis u. a.), Niederösterreich und Schlesien. Die Erzeugung von Siderolithwaren ist eine Spezialität der nordböhmischen Industrie (an der untern Elbe), jene von Terrakotten hat eine Wichtigkeit in Wien und Umgebung, jene von feuerfesten Thonwaren und von Steinzeug wird in mehreren Fabriken Niederösterreichs, Böhmens und Mährens betrieben.
Die Ziegelfabrikation hat besonders in der Umgebung von Wien große Dimensionen erlangt. Alten, bewährten Rufs erfreut sich die österreichische Glasindustrie, welche mehr als 30,000 Arbeiter beschäftigt. An der Produktion beteiligen sich fast alle Länder; indes entfallen auf Böhmen die größte Zahl der Etablissements und die vorzüglichsten Erzeugnisse. Den Glanzpunkt der österreichischen Glasindustrie bildet die Erzeugung von Kristallglas, das durch Formenschönheit und Reinheit am Weltmarkt tonangebend geworden ist und vorzüglich in der Umgegend von Haida und Steinschönau erzeugt, bez. der Raffination unterzogen wird. Die Tafel- und Spiegelglasproduktion ist am bedeutendsten im Pilsener
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Handelskammerbezirk in Böhmen. Die Erzeugung von Perlen, Knöpfen und andern Glaskurzwaren nahm in der Gablonzer Gegend, getragen von der Moderichtung, einen außerordentlichen Aufschwung und steht mit der dortigen Gürtlerei in inniger Verbindung; sie arbeitet großenteils für den Export. Von den Industrien in Steinen haben sich insbesondere jene stark entwickelt, deren Fabrikate das Baugewerbe konsumiert, so das Steinmetzhandwerk, die Fabrikation gewöhnlichen Mauerkalks (in großen Etablissements vor allem in Wien und Prag konzentriert), hydraulischer Kalke und Zemente, welche gegenwärtig in vorzüglicher Qualität erzeugt werden, vor allem in den Alpenländern Niederösterreich, Steiermark, Salzburg und Tirol, außerdem in Böhmen und im Küstenland.
Juwelierarbeiten werden in Wien, Granatschmucksachen in Prag in höchst geschmackvoller Weise verfertigt. Wien erzeugt auch Imitationen von Edelsteinen in ausgezeichneter Qualität. Die Bearbeitung des Marmors zu Kugeln, Galanteriewaren etc. kommt in größerer Ausdehnung in Salzburg und Wien vor. Die chemische Industrie Österreichs steht jener andrer Staaten, insbesondere Deutschlands, nach; doch müssen die Fortschritte, die sie in den letzten Dezennien machte, mit Rücksicht auf die zu bekämpfenden Schwierigkeiten als bedeutende anerkannt werden.
Chemikalien im engern Sinn werden fabrikmäßig hauptsächlich in Böhmen, ferner in Niederösterreich und Schlesien in solchen Mengen erzeugt, daß nicht nur der inländische Bedarf gedeckt, sondern davon auch, insbesondere was Schwefel-, Salpeter- und Salzsäure betrifft, ausgeführt wird. Pottasche und Weinstein liefern Untersteiermark und das Küstenland. Von Farbewaren werden in vorzüglicher Qualität Ultramarin und Chromgrün in Niederösterreich und Böhmen, Bleiweiß in Kärnten, Zinkweiß in Galizien und Schlesien, Zinnober in Idria (Krain), Alizarin in Königsberg (Böhmen) etc. produziert. Im allgemeinen hat jedoch die Anilinindustrie bisher in Österreich, nicht festen Fuß gefaßt.
Kerzen und Seife werden in Wien und vielen andern Orten fabrikmäßig und vom Kleingewerbe auch für den Export erzeugt. Die Raffinierung von Petroleum und Erdwachs bildet in Galizien, Wien, Triest etc. eine aufblühende Industrie. Ein sehr umfangreicher und wichtiger Industriezweig ist für Österreich, die Zündhölzchenfabrikation; sie arbeitet für den Export und hat den höchsten Standpunkt in Böhmen, Mähren, Steiermark und Niederösterreich erlangt. Für pharmazeutische Präparate und Parfümeriewaren bildet Wien den Mittelpunkt des fabrikmäßigen Betriebs.
Die Stärkegewinnung wird vorzugsweise in Böhmen von einer großen Anzahl von Fabriken betrieben. Spodium und Superphosphate werden, unterstützt durch den großen Bedarf der Zuckerfabrikation und der Landwirtschaft, namentlich in Böhmen und Niederösterreich dargestellt. Wichtigere chemische Produkte sind noch Öl (insbesondere Rapsöl), ätherische und Schmieröle, Wagenfett, Albumin, Firnisse und Lacke, ferner Schießpulver, Sprengmittel und Leuchtgas.
Die Industrie in Holzwaren ist bei dem großen Holzreichtum des Staatsgebiets sehr belangvoll und liefert Exportartikel. Tischler- und Drechslerwaren werden in den Hauptstädten, in besonderer Vollendung aber in Wien verfertigt; die dortigen Erzeugnisse, besonders Möbel, Holzgalanteriewaren, Meerschaum-, Bernstein-, Horn- und Perlmutterwaren, sind im In- und Ausland sehr geschätzt. Ein wichtiger Exportartikel sind die Möbel aus gebogenem Holz. Die Verfertigung von Schnitzwaren aus Holz, Horn, Bein (Spielwaren u. a.) ist gleichfalls in Wien von Bedeutung und gehört im böhmischen Erzgebirge, im Bezirk Grulich, im Salzkammergut und im Grödner Thal in Tirol einer emsigen Hausindustrie an. Stroh-, Bast-, Rohr- und Korbflechtwaren werden in größern Quantitäten in Wien und andern größern Städten, im nördlichen Böhmen und in Tirol erzeugt.
Für die fabrikmäßige Verfertigung von Korbwaren ist Koritschan in Mähren, für die Verfertigung ordinärer Strohhüte der Ort Domzale in Krain der Hauptsitz. Ein eigentümlicher Erwerbszweig ist die Sparteriewarenerzeugung, welche im Schluckenauer und Rumburger Bezirk (Böhmen) über 2000 Menschen beschäftigt und ihre Produkte, als Tischdecken, Fenstervorleger, Mützen, Hüte etc., großenteils jenseit des Ozeans absetzt. Die Erzeugung von Papier ist in jüngster Zeit auf eine sehr hohe Stufe der Entwickelung gelangt und liefert gegenwärtig bedeutende Quantitäten für die wesentlich gesteigerte inländische Konsumtion sowie für den Export, namentlich nach dem Orient.
Bei dem fühlbaren Mangel an Hadern und der fortwährenden Verteurung dieses Artikels haben Surrogate, insbesondere Stroh- und Holzstoff (Cellulose), vielfache Anwendung in der Papierfabrikation gefunden. Es bestehen im ganzen 188 Maschinenpapierfabriken mit zusammen 232 Papiermaschinen, die meisten in Böhmen (60), Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark. Fabriken für Holzstoff, Strohstoff und Cellulose bestehen gegen 200. Buntpapiere aller Gattungen werden größtenteils zu Wien erzeugt.
Zigarrettenpapier und Papiertapeten liefert außer Wien die böhmische Fabrikation; nicht minder ist Wien ein Hauptsitz der Produktion von Spielkarten, Buchbinder-, Papp- und Kartonagearbeiten. Mit der Anfertigung von Papiermachéwaren sind viele Personen im Gablonzer und Teplitzer Bezirk Böhmens beschäftigt. Von den zur Lederindustrie gehörigen Gewerbszweigen ist die Gerberei eine der verbreiteten Industrien, welche jedoch in ihren Erzeugnissen noch nicht dem einheimischen Bedarf genügt, obschon verschiedene fabrikmäßig produzierte Waren in der Qualität nichts zu wünschen übriglassen.
Sie ist am bedeutendsten in Mähren, Niederösterreich, Böhmen und Görz. Die Fabrikation von Schuhwaren exportiert namhafte Mengen nach dem Ausland und wird in Wien, dem Hauptausgangspunkt für den Export, Prag und an mehreren andern Orten in Böhmen, Mähren und Steiermark fabrikmäßig betrieben. Die österreichische Handschuhfabrikation hat, seitdem der Maschinenschnitt in den österreichischen Fabriken eingeführt wurde, einen großen Aufschwung genommen, so daß jetzt das bessere Wiener und Prager Fabrikat mustergültig für Lammlederhandschuhe ist. Nicht ganz gleichen Schritt hat mit dieser Entwickelung dagegen die österreichische Lederfärberei gehalten. In Sattler-, Riemer-, Täschner- und Ledergalanteriewaren hat Wien einen ehrenvollen Ruf auf dem Weltmarkt und günstige Exportbeziehungen errungen.
Die Seidenindustrie umfaßt die Produktion von Rohseide, ca. 100,000 kg, welches Quantum zum größern Teil in Südtirol gewonnen und auch dort versponnen wird. Für die Erzeugung von Chappe bestehen zwei größere Etablissements in der Grafschaft Görz. Einen hervorragenden Rang nimmt Österreich, in der Erzeugung von Seidenwaren, hauptsächlich von glatten Seidenstoffen und Seidenbändern, ein; im Dienste dieser Industrie sind 5600 Handwebstühle und 1100 mechanische Webstühle thätig. Dieselben sind größtenteils in den Händen von Wiener Firmen, welche jedoch den Erzeugungsort (wegen der hohen
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Arbeitslöhne in Wien) vielfach auf das flache Land von Niederösterreich sowie nach Mähren und Böhmen verlegt haben. Außerdem bestehen Seidenwebereien in Tirol. Einer der ältesten und hervorragendsten Zweige der gewerblichen Thätigkeit Österreichs ist die Schafwollindustrie. Die mechanische Spinnerei wird für Streichgarn vorzugsweise in Mähren (hauptsächlich in Brünn mit Umgebung) und Böhmen (vorwiegend im Reichenberger Handelskammerbezirk), ferner in Schlesien (Bielitz und Jägerndorf) und dem angrenzenden Teil von Galizien (Biala), für Kammgarn in Niederösterreich (Vöslau und Möllersdorf), Böhmen (6 Etablissements), Mähren (Brünn) und Schlesien (Bielitz) betrieben.
Die Gesamtzahl der Feinspindeln beläuft sich auf 635,685, wovon 459,685 auf Streichgarn (200,100 in Mähren) und 176,000 auf Kammgarn entfallen. Die Erzeugung von Streichgarngeweben (Tuch, Modestoffe etc.), mit 3620 mechanischen und 17,361 Handwebstühlen, hat ihre Hauptsitze in Brünn, Iglau und Neutitschein in Mähren, Reichenberg und Umgebung in Böhmen, Bielitz und Jägerndorf in Schlesien und Biala in Galizien. Die Fabrikation von Geweben aus Kammgarn (Merinos, Tibets, Kasimirs, Orléans etc.) hat ihren Hauptsitz in Nordböhmen, wo mehrere großartig betriebene Etablissements bestehen.
Die Erzeugung von gemischten Geweben ist im Ascher Bezirk, in Aussig und Warnsdorf in Böhmen, außerdem in Niederösterreich und Schlesien vertreten. Die Shawlserzeugung ist eine Spezialität der Wiener Industrie. Teppiche werden in Wien, dann in Oberösterreich (Kleinmünchen) und in Böhmen (Maffersdorf) erzeugt. Die Gesamtzahl der für Kammgarn- und gemischte Webwaren thätigen Stühle beträgt 21,366 (davon 7913 mechanische). Eine große Entwickelung hat in Österreich, die Baumwollindustrie genommen.
Die Hauptsitze der Baumwollspinnerei, welche Ende 1884: 2,062,000 Feinspindeln beschäftigte, sind: Böhmen (insbesondere der nördliche und nordöstliche Teil) mit 1,079,100, Niederösterreich mit 404,200, Vorarlberg mit 211,100, Oberösterreich mit 121,400 und Tirol mit 84,500 Spindeln;
außerdem befinden sich vereinzelte Spinnereien in Steiermark, Görz, Krain, Mähren und Schlesien.
Die Baumwollzwirnerei wird als selbständiger Industriezweig in Haratitz und Kamnitz in Böhmen, außerdem als Nebenbeschäftigung der Spinnerei betrieben. Die Zahl der in Betrieb stehenden Kraftstühle beträgt etwa 40,000, welche sich in erster Reihe auf Böhmen, dann auf Vorarlberg, Niederösterreich, Tirol, Mähren und Schlesien, endlich vereinzelt auf die übrigen Länder verteilen. Die Handweberei tritt in Österreich, zum größten Teil als Lohnweberei auf und beschäftigt 61,500 Webstühle.
Ihre Hauptsitze sind: Böhmen (44,800 Stühle, insbesondere in den nördlichen Landstrichen), Mähren, Schlesien, Österreich unter der Enns. Die Flachsspinnerei beschäftigte 1880: 326,854 Spindeln und wird am stärksten in Böhmen, wo insbesondere die Stadt Trautenau ein Zentrum der Flachsspinnerei bildet, sodann in Schlesien und im nördlichen Mähren betrieben. Die Leinweberei wird noch immer zumeist als Handweberei und zwar als landwirtschaftliche Nebenbeschäftigung in Böhmen, Mähren und Schlesien, besonders in den Thälern des Riesengebirges und der Sudeten, dann als Hausweberei in den Karpathen Galiziens und der Bukowina betrieben.
Eigentliche Leinwandfabriken, mit 1000 Kraftstühlen, bestehen hauptsächlich nur in Mähren und Schlesien. Von den ungefähr 40,000 gewerbsmäßig gehenden Handwebstühlen kommen 22,000 auf den Reichenberger Handelskammerbezirk in Böhmen. In feinen Geweben steht die Leinweberei im nördlichen Böhmen (Rumburg, Georgswalde) und Mähren (Schönberg) auf sehr hoher Stufe. Segeltuch wird am meisten in Mähren (Brünn und Sternberg), Seile und Tauwerk werden besonders in Triest und Fiume, Zwirne vorwiegend in Böhmen (Bezirk Rumburg) und Schlesien (Bezirk Freudenthal) verfertigt.
Die Hanfspinnerei ist in Österreich, nicht von großer Bedeutung; für die Erzeugung von Jutegarn und Jutegeweben (19,000 Spindeln, 1200 mechanische Webstühle) bestehen zwei größere Fabriken bei Wien und mehrere Unternehmungen in Böhmen, Mähren und Schlesien. Von Wichtigkeit ist für alle erwähnten Zweige der Textilindustrie die Appreturthätigkeit. Von den hierher gehörigen Erwerbsarten ist eine der bedeutendsten die Baumwolldruckerei, welche in wenigen, aber umfangreichen Etablissements (in Böhmen, Niederösterreich und Vorarlberg) konzentriert ist.
Die Baumwollfärberei, die Bleicherei und Appretur haben in Niederösterreich, Vorarlberg, Böhmen und Mähren ihren Hauptsitz; für die Garnfärberei, insbesondere in Türkischrot, bestehen einige Fabriken in Vorarlberg, Böhmen, Mähren, Schlesien, Kärnten und im Küstenland. Der Schafwolldruck ist, abgesehen von mehreren Etablissements in Niederösterreich, im nördlichen Böhmen mit der dortigen Stoffweberei vereinigt. Die Leinenbleicherei ist in den Gegenden des Riesengebirges und der Sudeten, die Appretur (Färberei und Druckerei) von Seidenwaren fast ausschließlich in Wien und Umgebung vereinigt.
Andre Zweige der Textilindustrie und der Bekleidungs- und Putzindustrie sind: die Wirkwarenerzeugung, welche im nördlichen Böhmen und im Ascher Gebiet eine große Bedeutung erlangt hat und dort sowohl vom Kleingewerbe als auch fabrikmäßig, großenteils auf Rundstühlen, außerdem in Niederösterreich, in Mähren und Schlesien vielfach noch auf den alten Wirkstühlen und vom Kleingewerbe für den Lokalbedarf betrieben wird;
die Fabrikation von orientalischen Kappen (Fes), welche hauptsächlich in Böhmen (Strakonitz), aber auch in Niederösterreich, Mähren und Schlesien vertreten ist und auf dem levantischen Markt dominiert (jährlich 6-8 Mill. Stück);
die Spitzenklöppelei, welche seit drei Jahrhunderten im böhmischen Erzgebirge heimisch ist und dort ungefähr 15,000 Personen beschäftigt, daneben auch in geringerm Maß in Krain (Idria) und Tirol betrieben wird;
die Maschinenspitzenerzeugung in Wien und Lettowitz (Mähren);
die Weißstickerei, welche den hervorragendsten Zweig der Hausindustrie in Vorarlberg bildet und dort durch Vermittler für Schweizer Unternehmer thätig ist, außerdem auch im böhmischen Erzgebirge Eingang gefunden hat;
die Maschinenstickerei in Graslitz, Bärringen u. a. O. des böhmischen Erzgebirges;
die Kunststickerei, Fabrikation von Posamentierwaren, Weiß-, Bett- und Wäschwaren, Korvetten, Krawatten, Sonnen- und Regenschirmen, künstlichen Blumen und Schmuckfedern, Wachstuch, Gummiwebwaren, sämtlich mit dem Hauptsitz Wien, teilweise auch in Prag u. a. O., so im Bezirk Rumburg in Böhmen die Erzeugung von Knopf- und Posamentierwaren, in Klattau die Fabrikation von Wäsche;
die Kleiderfabrikation, welche namentlich in Männerkleidern große Ausdehnung und auch in Bezug auf Geschmack und Billigkeit der Fabrikate einen befriedigende Stand erlangt hat, jährlich große Quantitäten exportiert und namentlich in Wien, dann auch, jedoch meist im Dienste der
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Wiener Konfektionshäuser, in Prag, Proßnitz etc. von großen, fabrikmäßig eingerichteten Unternehmungen betrieben wird; die Hutindustrie, welche in Wien, Prag und Neutitschein konzentriert ist und gleichfalls ansehnliche Mengen exportiert.
In Verbindung mit dem Ackerbau als der Haupterwerbsart der Bevölkerung von Österreich, steht eine sehr entwickelte Industrie in Nahrungs- und Genußmitteln. Für die Erzeugung von Mahlprodukten gibt es in Österreich, über 31,500 Mühlen, von welchen ca. 350 mit Dampfkraft betrieben werden. Einen bedeutenden Aufschwung hat die Rübenzuckererzeugung genommen. Es bestanden 1885 in Österreich, 214 Rübenzuckerfabriken, davon in Böhmen 150, in Mähren 51, in Schlesien 9, in Niederösterreich 3 und in Galizien eine.
Dieselben verarbeiteten zusammen 41 Mill. metr. Ztr. Rüben und decken mit ihrer Produktion nicht nur den gesamten einheimischen Bedarf, sondern liefern auch ein bedeutendes Quantum für den Export in das Ausland. Die Erzeugung von Zichorie, Feigenkaffee und andern Kaffeesurrogaten beschäftigt in Österreich, 90 Unternehmungen, darunter 35 Fabriken; für die Erzeugung von Schokolade und Konditorwaren sind Wien und Nordböhmen die Hauptplätze. Die Bierproduktion hat in der Monarchie eine sehr hohe Stufe erlangt und liefert ein auch im Ausland sehr beliebtes Getränk.
Die Zahl der Brauereien hat zwar von Jahr zu Jahr eine Verminderung erfahren; doch fällt diese Reduktion auf die kleinen ländlichen Unternehmungen, welche gegenüber der Konkurrenz der Fabriketablissements einen immer schwieriger Stand haben. 1885 gab es in Österreich, 1902 Bierbrauereien, von welchen auf Böhmen 797, auf Oberösterreich 239, auf Galizien 174, auf Mähren 172, auf Tirol 149, auf Kärnten 95, auf Niederösterreich 81 entfallen. Die Gesamtproduktion belief sich 1885 auf 12,5 Mill. hl. Die Branntweinbrennerei wird in Österreich, sehr umfangreich, zum größten Teil aber als landwirtschaftliche Nebenbeschäftigung betrieben.
Die Zahl der Unternehmungen betrug 1885: 37,586. Größere Brennereien haben hauptsächlich in Galizien und der Bukowina, Böhmen, Mähren und Schlesien ihren Standort, während die kleinen Brennereien sich meistens in den Alpenländern befinden. Rosoglio und Liköre werden in größern Mengen in Galizien, Mähren, Schlesien, Böhmen, Niederösterreich und Dalmatien (Maraskino), moussierende Weine von fabrikmäßigen Unternehmungen in Niederösterreich und Steiermark erzeugt. Die Produktion von Met ist nur in Galizien von einigem Belang; jene von Essig wird in allen Ländern, zumeist durch Kleingewerbe, betrieben. Die Fabrikation von Tabak ist, wie der Anbau desselben, Gegenstand eines Staatsmonopols. Es bestehen 28 Ärarialfabriken für Tabak und Zigarren, meistens großartige Etablissements, welche zusammen über 25,000 Personen beschäftigen u. jährlich ca. 320,000 metr. Ztr. Tabaksfabrikate erzeugen.
Handel und Verkehr.
Der österreichische Handel ist verhältnismäßig ansehnlich und zwar sowohl der Verkehr zwischen den einzelnen Ländern und Handelsplätzen als der mit dem Ausland. In Bezug auf den letztern bildet Österreich, mit Ungarn ein einheitliches Handels- und Zollgebiet (s. Österreich.-Ungar. Monarchie). Noch weit mehr als der Außenhandel ist der Binnenhandel Landhandel u. wird durch das ziemlich reich entwickelte Eisenbahnnetz und durch die schiffbaren Flüsse vermittelt; zum geringern Teil ist er auch Seehandel zwischen den an der adriatischen Küste gelegenen Provinzen. In sämtlichen 109 österreichischen Seehäfen liefen 1886: 40,166 beladene Schiffe mit 5,233,218 Ton. ein. Hiervon kommen auf Triest, den Haupthafen Österreichs, der zugleich die Rolle eines internationalen Stapelplatzes hat, 5381 Schiffe mit 994,087 T., darunter 2228 Dampfer mit 858,372 T.; die Gesamtmenge der in Triest zur See eingeführten Waren betrug 1886: 5,3, jene der Ausfuhr zur See 6,8 Mill. metr. Ztr. Andre wichtige Häfen mit Angabe der 1886 beladen eingelaufenen Schiffe und ihres Tonnengehalts sind:
Schiffe | Tonnen | |
---|---|---|
Spalato | 1814 | 286366 |
Pola | 1790 | 265156 |
Zara | 1087 | 254057 |
Rovigno | 2163 | 225405 |
Sebenico | 1123 | 198755 |
Der Stand der Handelsflotte, welche in Österreich, und Ungarn eine und dieselbe Flagge führt und nach gleichen gesetzlichen Normen behandelt wird, betrug Anfang 1887 in Österreich,: 9252 Fahrzeuge mit 240,810 T. und 27,586 Mann Equipage, darunter 128 Dampfer mit 85,685 T. und 23,598 Pferdekräften. Die Einwohner des Küstenlandes und Dalmatiens liefern die besten Seeleute, und die Verläßlichkeit und Ehrlichkeit der österreichischen Kapitäne hat ihnen im Ausland hohes Vertrauen gewonnen.
Die wichtigste Seeschiffahrtsunternehmung ist die Dampfschiffahrtsgesellschaft des Österreichisch-Ungarischen Lloyd; dieselbe verfügt über 85 Schiffe mit 116,461 T., die jährlich auf 1600 Fahrten über 300,000 Reisende und 5½ Mill. metr. Ztr. Güter befördern. Die Dampfer des Österreichischen Lloyd verkehren auf ihren regelmäßigen Fahrten an den adriatischen Küsten, in der Levante, im Schwarzen Meer und auf der untern Donau, im Griechischen Archipel, im Roten Meer und nach Indien. Die österreichische Flagge weht auch in den Häfen Süd- und Nordamerikas, Chinas und Japans.
Was die Verkehrsmittel und zwar zunächst die Straßen betrifft, so werden die wichtigsten Linien vom Staat unterhalten und heißen Reichs- oder Ärarialstraßen; andre bauen und unterhalten die einzelnen Kronländer, Bezirke oder Gemeinden (Landes-, Bezirks-, Gemeindestraßen). Die Gesamtlänge aller (gebauten) Straßen beträgt 96,040 km, wovon 15,336 km auf Ärarialstraßen kommen. Die Wasserstraßen haben eine Ausdehnung von 3900 km, wovon 1311 mit Dampfschiffen befahren werden.
Die Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft verfügt über 189 Dampfboote (17,144 Pferdekräfte) und 741 Schleppschiffe, die jährlich 1,8 Mill. Reisende und über 15 Mill. metr. Ztr. Waren befördern. Dampfschiffahrtslinien bestehen außerdem auf der Elbe von der Vereinigung mit der Moldau bis zur sächsischen Grenze und teilweise auch auf diesem Nebenfluß, dann auf dem Boden- und Gardasee, dem Hallstätter, Atter-, Traun-, St. Wolfgang-, Mond- und Wörther See in den Alpen. Wichtige Wasserstraßen sind ferner die Etsch, der Dnjestr und die Weichsel.
Die Eisenbahnen hatten in Österreich, Ende 1886 eine Länge von 13,656 km. Hiervon sind 5058 km im Staatsbetrieb, die übrigen im Privatbetrieb (5 gemeinsame, 42 österreichische Eisenbahngesellschaften). Die erste Lokomotivbahn wurde in Österreich, 1837 eröffnet (die Pferdeeisenbahn Linz-Budweis wurde schon 1828 dem Betrieb übergeben und war die erste Eisenbahn auf dem europäischen Kontinent); seitdem fiel die regste Eisenbahnthätigkeit in die Jahre 1867-74, während von da an die private Bauthätigkeit beinahe gänzlich ins Stocken geraten ist. Auf den sämtlichen Bahnen Österreichs werden jährlich ca. 50 Mill. Passagiere und über 500 Mill. metr. Ztr. Güter befördert.