Held einer
Dichtung aus dem
Kreis
[* 2] der deutschen
Heldensage, deren
Inhalt in kurzem folgender ist. Ortnit, König von
Lamparten
(Lombardei), erfährt durch seinen Oheim, den Reußenkönig
Elias, von der schönen Tochter des Heidenkönigs von
Montabaur, der jedoch jedem Bewerber das
Haupt abschlägt. Ortnit beschließt, die
Jungfrau zu erwerben. Mit
Hilfe seines
Vaters, des
ZwergsAlberich, gelingt es ihm, die Königstochter zu entführen, die in der
Taufe den
Namen Sydrat empfängt.
Der heidnische König sendet aus
Rache den
Jäger Velle mit zwei jungen
Drachen in Ortnits Land, wo dieselben heranwachsen und
große Verwüstungen anrichten; Ortnit selbst zieht gegen sie aus und verliert im
Kampf mit ihnen das
Leben.
Die
Dichtung weist durch
Anspielungen auf morgenländische Ereignisse auf die Zeit von 1225 bis 1226 als Abfassungszeit in
ihrer ursprünglichen Gestalt, wovon wir jedoch nur spätere Umarbeitungen besitzen. Die meisten
Texte verbinden den Ortnit mit
dem
Wolfdietrich (s. d.), der als eine Art Fortsetzung hier
angereiht wird, indem
Wolfdietrich den
Tod Ortnits rächt. Herausgegeben ward die
Dichtung von
Mone (Berl. 1821), von
Ettmüller(Zürich
[* 3] 1838), am besten von
Amelung im
»DeutschenHeldenbuch«, Bd. 3 (Berl.
1871).
[* 7] die Ermittelung der
Länge und
Breite
[* 8] eines
Punktes auf der
Erde, geschieht durch
Messung von Gestirnshöhen und deren
Abständen voneinander (Monddistanzen).
[* 9] Dies astronomische
Besteck gibt die zuverlässigsten
Resultate. Daneben wendet man zur
See auch die trigonometrische Berechnung der
Länge und
Breite aus der seit der letzten Ortsbestimmung zurückgelegten
Distanz und dem gesteuerten
Kurs
(Gissen) an, erhält aber weniger sichere Ergebnisse, weil es nicht möglich
ist, die
Fahrt des
Schiffs genau zu messen und stets in gerader
Linie zu steuern.
Dem entsprechend sind die
Werkzeuge,
[* 13] welche die Ortsbewegungen vermitteln, eingerichtet. Landbewohnende
Tiere besitzen kleinere
Bewegungsflächen als
Amphibien, letztere kleinere als
Fische
[* 14] und diese wieder kleinere als
Insekten,
[* 15]
Fledermäuse und
Vögel.
[* 16] Die
Mittel, deren sich die
Tiere bei der Ortsbewegung
[* 17] bedienen, sind im wesentlichen dieselben, deren wir
uns bei der künstlichen Fortbewegung von
Lasten bedienen; es sind deshalb lauter mechanische
Fragen, welche bei der Ortsbewegung
in Betracht kommen, und dieselben haben Bezug auf die verschiedenen
Klassen von
Hebeln, die
Schwerkraft, die
Rolle, das
Pendel,
[* 18] das
spezifische Gewicht, den
Widerstand fester, halbfester und flüssigerKörper etc. Weiteres s. unter
Gehen,
Laufen,
Schwimmen und
Fliegen.
Die
Methoden zum
Studium der Ortsbewegung sind in der Neuzeit sehr vervollkommt worden. Zunächst hat J.
^[Etienne Jules]
Marey
(s. d.) ein
Verfahren gebracht, welches selbst die schnellsten
Gangarten exakt und völlig unabhängig von der
Individualität
des Beobachters zu verfolgen gestattet. Dieses
Verfahren ist ein graphisches und schildert uns die
Bewegung
in ihrer Abhängigkeit von der Zeit. Jede
Bewegung bedarf einer bestimmten Zeit, um alle
Phasen ihres Geschehens zu durchwandern.
Teilt man diese Zeit in
Intervalle, so wird jedem
Intervall eine gewisse
Intensität der
Bewegung entsprechen. Ist auf einem
in regelmäßige kleine
Quadrate geteilten
Bogen
[* 19] jeder
Abschnitt auf der horizontalen
Grundlinie ein bestimmtes
kleines Zeitintervall, während jeder
Abschnitt auf der
Vertikalen einer gewissen
Intensität der
Bewegung entspricht, so kann
man durch
Punkte die
Höhe, welche die Bewegungsintensität in jedem Zeitintervall anzeigt, bezeichnen, und man erhält dann
durch
Verbindung der so gewonnenenPunkte eine
Kurve, welche die Abhängigkeit der
Bewegung von der Zeit
graphisch darstellt.
Mareys graphischer
Apparat stellt einen mit einem Papiermantel versehenen stehenden
Cylinder dar, der durch ein Uhrwerk in gleichmäßige
Rotation gebracht wird. Dem
Cylinder liegen in verschiedenen
Höhen vier besonders konstruierte Schreibstifte an, welche
Hebel
[* 20] darstellen, die mittels des zur
Übertragung von
Bewegungen vielfach in der
Physiologie benutzten
Tambour
enregistreur in Thätigkeit gesetzt werden. Die Vorrichtung besteht aus einem mit einer Kautschukmembran verschlossenen Kästchen,
welches einen Luftbehälter bildet, der mit einem zweiten elastischen Luftbehälter mittels flexibler Kommunikationsröhren
in
Verbindung steht.
Dieser zweite Behälter wird derartig befestigt, daß seinInhalt durch die
Bewegung des zu untersuchenden
Teils komprimiert wird.
Hat sich aber in diesem Behälter die
Spannung der eingeschlossenen
Luft vermehrt, so wird sich auch
die
Spannung der Kautschukmembran des ersten Behälters erhöhen, diese treibt hierbei den mittels einer
Schraube genau eingestellten
Schreibstift in die
Höhe, und es werden die so erfolgenden
Exkursionen des
Stifts auf den mit gleichmäßiger
Geschwindigkeit vorbeigeführten Papiermantel aufgezeichnet. Bei seinen Untersuchungen über die Ortsbewegungen des
Pferdes
ließ
Marey einen
Reiter die mit den Schreibstiften versehene
Trommel tragen (vgl. Abbildung), während sich an den
Enden der
Extremitäten
Apparate befanden, welche die Aufgabe hatten, in gegebenenMomenten den
Inhalt der
Röhren
[* 21] zu komprimieren und auf diese
Weise ein
Heben der
Schreibfedern zu veranlassen.
¶
mehr
Marey hat auf diese Weise höchst beachtenswerte Resultate erzielt; so hat er z. B. die erste exakte Darstellung des Galopps gegeben,
und hinsichtlich des Trabes ermittelte er, daß beim gewöhnlichen Trab die Dauer des Auftretens durchschnittlich doppelt so
lange währt wie die Zeit, während welcher der Körper in der Luft schwebt.
Fast noch ehe es der eben beschriebenen graphischen Methode vergönnt war, in weitern Kreisen zur Anerkennung zu gelangen, wurde
sie in den Hintergrund gedrängt durch einen Erfolg des Amerikaners Muybridge. Dieser konstruierte einen elektrophotographischen
Apparat, der nach den Angaben seines Erfinders auch Bilder zu fixieren im stande ist, die nur 0,0005 Sekunde
bestanden haben. Unzweifelhaft wird dieser Apparat den Ausgangspunkt zu einer völligen Reform auf dem Gebiet der Lehre
[* 23] von
den Ortsbewegungen abgeben; denn er ermöglicht es, die Lageveränderung eines jeden Punktes der Körperoberfläche während
der Bewegung genau verfolgen zu können.
Hiermit soll freilich keineswegs gesagt sein, daß dieses Ziel durch die bisherigen Leistungen, so hervorragend
sie immer sind, bereits erreicht sei. Die bisherigen Untersuchungen haben sich hauptsächlich auf die Gangarten der Vierfüßler
und auf den Flug derVögel erstreckt. Letzterer hat bisher noch mangelhafte Ergebnisse geliefert, doch unterliegt es keinem
Zweifel, daß er sowohl als auch das Schwimmen dem neuen Verfahren zugänglich ist. Die bedeutendsten Leistungen
Muybridges beziehen sich auf die schnellern Gangarten des Pferdes, und er bediente sich hierbei einer Camera
[* 24] mit einem elektrischen
Verschluß, der ein blitzartig schnelles Öffnen und Schließen gestattete.
Eine größere Anzahl dieser Apparate befand sich in einer Reihe dicht nebeneinander aufgestellt und zwar
in regelmäßigen Abständen. In einer bestimmten Entfernung von dieser Reihe bewegte sich ein Pferd
[* 25] mit möglichst gleichmäßiger
Geschwindigkeit durch das Gesichtsfeld. Es wurde nun von diesem Tier eine unterbrochene Reihenfolge von Aufnahmen dergestalt
angefertigt, daß nach dem jedesmaligen Fortrücken des Körpers um wenige Zoll eine neue Aufnahme erfolgte. Da die
Abstände des Apparats gleich waren, und da weiterhin der Pferdekörper eine möglichst gleichmäßige Geschwindigkeit besaß,
so war der Künstler im stande, die einzelnen Aufnahmen durch annähernd gleiche Intervalle zu trennen.
Unzweifelhaft die bedeutendsten Leistungen Muybridges beziehen sich auf den Galopp
[* 26] (s. Laufen). Vorzügliche Aufnahmen von Tieren
in der Bewegung lieferte der Photograph Anschütz in Lissa.
[* 27] Seine Leistungen übertreffen diejenigen von
Marey und Muybridge bedeutend, und indem er seine Serienbilder auf einer stroboskopischen Scheibe
anbrachte, gelangte er zu
einer vollständigen Reproduktion der Bewegung in allen ihren charakteristischen Feinheiten, die bei langsamer Drehung der
Scheibe genau studiert werden können.
Vgl. Pettigrew, Die Ortsbewegung der Tiere (deutsch, Leipz. 1877).