Chrysippos, später der Neuplatoniker Proklos u. a.; am meisten aber blühte sie in Alexandria, wo sie sich mit ägyptischen
Elementen so verschmolz, daß Orpheus auch in Ägypten als Begründer der Mystik galt. Die noch jetzt erhaltene Orphische Litteratur
umfaßt drei (noch bis um die Mitte des 18. Jahrh. für echt gehaltene)
Werke: die »Argonautica«, ein episches Gedicht mythologischen Inhalts, vielleicht im 4. Jahrh. n. Chr. entstanden (hrsg. von
Schneider, Jena 1803; deutsch von Voß, Heidelb. 1806);
88 Weihungslieder oder Hymnen, aus der Zeit der Neuplatoniker (deutsch
von Dietsch, Erlang. 1822), und die »Lithica«, Gedicht über die magischen Kräfte der Steine, wahrscheinlich aus
dem 4. Jahrh. n. Chr. (hrsg. von Tyrwhitt, Lond. 1781; von Abel, Berl. 1880).
Die besten Ausgaben sämtlicher Werke besorgten
G. Hermann (»Orphica«, Leipz. 1805) und Abel (»Orphica«, Prag 1885); die sorgfältigste Sammlung der zerstreuten Fragmente der
Orphischen Dichter Lobeck im »Aglaophamus« (Königsb. 1829, 2 Bde.).
Vgl. Bode, De Orpheo (Götting. 1824);
E. Gerhard, Orpheus und die Orphiker (in den Abhandlungen der Berliner Akademie
1859). -
Die Gestalt des Orpheus ging übrigens auch in die altchristliche Malerei über, wo er Christus darstellt, zumal die Verwandtschaft
mit dem »guten Hirten« nahelag und sein Hinabsteigen in die Unterwelt als Vorbild für Christi Höllenfahrt
galt. So z. B. in den Calixtus-Katakomben in Rom, wo Orpheus zwischen Lämmern erscheint, und in denen der Domitella, wo er mit der
Leier einen Löwen, Kamele und Vögel anlockt.
Vgl. Martigny, La représentation d'Orphée sur les monuments chrétiens (Par.
1857).
(spr. -mikele), ein am Orto San Micchiele in Florenz liegendes gotisches Bauwerk, welches
in der Zeit von 1336 bis 1367 erbaut wurde und bis 1558 als Kornmagazin diente. Es besteht aus einer Rundbogenhalle und zwei
Stockwerken darüber, welche in Nischen 14 Statuen von Ghiberti, Donatello, Verrocchio u. a. (von den Zünften gestiftet) enthalten.
Die untere Halle wurde von Orcagna zu einer der heil. Anna geweihten Kirche umgebaut.
Apparat, kompendiöser Apparat zur Analyse der Feuerungsgase.
Man fängt in einem Meßcylinder 100 ccm Rauchgase
über Glycerin auf und drängt das Gas durch das Glycerin nacheinander in mit Koksstückchen gefüllte Cylinder, in welchen durch
Natronlauge Kohlensäure, durch alkalische Pyrogallussäurelösung Sauerstoff und durch salzsäure Kupferchlorürlösung
Kohlenoxyd absorbiert wird.
Nachdem das Gas eine Minute in einem Kokscylinder verweilt hat, wird es in den Meßcylinder zurückgebracht
und die Volumverminderung gemessen.
(poln. Orsza), Kreisstadt im russ. Gouvernement Mohilew, an der Mündung der Orschitza in den Dnjepr und an der
Eisenbahn Moskau-Brest-Litowsk, hat 9 Kirchen (darunter 2 römisch-katholische), ein Kloster, mehrere Synagogen
und (1880) 5025 Einw. Die schon 1116 erwähnte Stadt spielte in den
Kriegen zwischen Rußland und Litauen als Festung eine wichtige Rolle.
(franz., spr. -ssellje, Archil), roter Farbstoff, welcher aus verschiedenen, den Gattungen Roccella, Usnea, Lecanora,
Variolaria angehörigen Flechten gewonnen wird. Diese Flechten wachsen an felsigen Küsten, besonders auf
den Azoren, Kanaren und Kapverdischen Inseln, an den Küsten von Portugal, Spanien, England, Südfrankreich, in Angola, Benguela,
auf St. Helena, Madagaskar, Sansibar, an der Küste von Mosambik und auf Ceylon; doch werden
auch in Schweden, im Thüringer Wald,
in der Rhön, im Jura, in den Pyrenäen und in Schottland ähnliche Flechten gesammelt, welche auf der Erde,
an Steinen und Rinden wachsen und als minder wertvolle Erdorseille in den Handel kommen.
Zur Darstellung der Orseille, welche ursprünglich von den Florentinern geheimgehalten wurde, wird das Flechtenpulver mit Harn oder
Ammoniak angerührt und der Gärung überlassen. Aus dem Harn entwickelt sich Ammoniak, und dies wirkt gemeinsam
mit dem Sauerstoff der Luft auf die in den Flechten enthaltenen eigentümlichen Säuren (Lecanorsäure, Orseillesäure, Erythrinsäure,
Gyrophorsäure, Evernsäure, Usninsäure etc.) in der Art ein, daß Orcin entsteht, welches dann weiter in Orcein übergeht.
Letzteres ist der wesentliche Farbstoff der Orseille, die als steifer Brei in den Handel kommt. Sie bildet eine
rötliche Masse, riecht veilchenartig und schmeckt alkalisch. Persio (Persico, Cudbear, roter Indigo) ist ziemlich dasselbe Präparat
wie Orseille, nur reiner und getrocknet. Er wurde früher in Schottland aus den dortigen Flechten dargestellt, später aber in großer
Menge in Deutschland (Stuttgart), Frankreich und England fabriziert. Orseillepurpur (pourpre français) wird
erhalten, indem man die Flechten mit Ammoniak schnell extrahiert, den Auszug mit Salzsäure fällt, den ausgewaschenen Niederschlag
(wesentlich die genannten Flechtensäuren) in Ammoniak löst, die Lösung der Luft aussetzt, bis sie kirschrot geworden ist,
dann kocht und in flachen Gefäßen anhaltend auf 70-75° erhitzt.
Wird die purpurfarben gewordene Flüssigkeit mit Alaun oder Chlorcalcium gefällt, so erhält man den bläulich purpurfarbigen
Orseillelack, welcher beim Reiben Kupferglanz annimmt. Ein dem Orseillepurpur ähnliches Präparat ist Orseillekarmin. Man
benutzt alle diese Präparate zum Rot- und Violettfärben von Wolle und Seide, noch mehr mit andern Farbstoffen
zu braunen Nüancen, den Purpur auch in der Kattundruckerei. Durch die Anilinfarben hat die Orseille an Bedeutung sehr verloren.
Achille d', ital. Bildhauer, geb. 1845 zu Neapel, begann seine künstlerischen Studien im Reale Istituto seiner
Vaterstadt und gewann 1875 das für einen Aufenthalt in Rom ausgesetzte Stipendium. Nachdem er sich einige
Zeit in Rom aufgehalten, kehrte er nach Neapel zurück und modellierte daselbst die Statue des Salvator Rosa für das Reale Istituto.
Den ersten großen Erfolg errang er 1877 auf der nationalen Kunstausstellung in Neapel durch eine lebensgroße, in Gips modellierte
Gruppe: I parassiti, zwei römische Parasiten auf einer Bank.
Eine große Kraft der Charakteristik paarte sich hier mit einer bis ins geringste Detail gehenden naturalistischen Durchführung.
In den Bronzefiguren und -Gruppen: der Säemann, Proximus tuus (ein vor Erschöpfung zu Boden gestürzter Bauer), das Vöglein,
der lebensgroßen
[* ]
Figur eines Schaltiere und Muscheln sammelnden Knaben und der kleinen
[* ]
Figur eines Töpfe
und Stricke schleppenden Fischerknaben folgte er ebenfalls den Grundsätzen eines lebensvollen, aber gemäßigten Naturalismus.
(Ursini, franz. Ursins), berühmtes röm. Fürstengeschlecht,
Rival der Familie Colonna, Anhänger der guelfischen Partei und des Papsttums, das seinen Stammbaum auf den römischen Ritter Vipio
Ursinus zurückführt, teilte sich um 1200 durch die drei Söhne des Matthäus Rubeus Orsini in drei Linien,
von denen die jüngste, Orsini-Gravina, gestiftet
mehr
von Napoleon Orsini, noch gegenwärtig in Rom blüht und den Fürsten Philipp, geb. zum Haupt hat. Jener Matthäus Rubeus
oder Rossi war der erste, der als Präfekt von Rom 1154 gegen Kaiser Friedrich I. die Waffen ergriff, wofür ihm der Papst den Titel
»Vater des Vaterlandes« verlieh und ein mit Edelsteinen geziertes Stirnband schenkte, welches der im Orsinischen
Wappen befindlichen Binde die Entstehung gegeben haben soll. Johann Cajetan Orsini bestieg als Nikolaus III. 1277 den päpstlichen
Stuhl.
Francesco Orsini ward 1417 zum ersten Grafen, sein Sohn Jacopo Orsini 1463 zum Herzog von Gravina und Beroald Orsini 1724 zum
deutschen Reichsfürsten und später zum Fürsten des päpstlichen Stuhls ernannt. Andre berühmte Glieder des Geschlechts waren:
Niccolò Orsini, Graf von Petigliano, geb. 1442, diente als General dem Haus Anjou in den Kriegen um Neapel, der Republik Siena, dem Papst
Sixtus IV., den Florentinern, endlich seit 1495 den Venezianern. Beim Ausbruch des Kriegs mit der Liga von Cambrai
als Generalkapitän an die Spitze der venezianischen Heere gestellt, eroberte er Padua und verteidigte es mit Erfolg gegen die
kaiserliche Armee. Er starb 1510 in Lunigo bei Vicenza. - Virginio Orsini, Herr von Bracciano, einer der ausgezeichneten Feldherren
Italiens, ergriff in dem Krieg des Papstes Sixtus IV. mit dem Herzog von Ferrara Partei für den Papst und siegte 1482 bei
Campo Morto über die Neapolitaner. In dem Krieg Neapels gegen die Franzosen stand er erst auf seiten der erstern, später (1496)
der letztern Macht, geriet aber bei der Kapitulation zu Atella mit seinem Bruder Paolo Orsini in neapolitanische
Gefangenschaft und starb 1497. - Paolo Giordano, geb. 1541, ward 1560 von Pius IV. zum Herzog von Bracciano erhoben, kommandierte 1566 des
Papstes Paul IV. Truppen, als die Türken Italiens Küsten bedrohten, und führte in dem Feldzug von 1571 das Kommando über die
gesamten italienischen Völker; starb 1585 in Salo am Gardasee. - Anna Maria, Fürstin Orsini, geb. 1643, Tochter
des Prinzen de la Trémoille, heiratete zuerst den Fürsten Talleyrand-Chalais, der 1670 starb, dann zu Rom 1675 den Herzog Orsini-Bracciano,
der 1698 starb.
Hierauf zur Oberhofmeisterin (camarera-mayor) der jungen Königin von Spanien, ersten Gemahlin Philipps
V., ernannt, beherrschte sie diese und durch sie den König und leitete die Regierung Spaniens. Nach dem Tode der Königin (1714)
empfahl sie Philipp als zweite Gemahlin Elisabeth Farnese in der Hoffnung, auch bei dieser ihren Einfluß zu behaupten, wurde
aber von derselben sofort aus Spanien verwiesen und starb 1722 in Rom.
Vgl. Combes, La princesse des Ursins
(Par. 1858). -
Der Herzog Pietro Francesco Orsini bestieg 1724 als Benedikt XIII. den päpstlichen Stuhl. Er hatte abermals einen Orsini, Lorenzo,
unter dem Namen Clemens XII. zum Nachfolger, der 1740 starb. - Von den Orsini leitet auch das deutsche Fürstenhaus
Rosenberg seinen Ursprung her und nennt sich Orsini und Rosenberg.
Felice, Graf von, durch ein Attentat auf Napoleon III. bekannt, geb. 1819 zu Meldola in der römischen Delegation
Forli, ward Rechtsanwalt, nahm an der Verschwörung der Brüder Bandiera 1844 teil und ward deshalb zu lebenslänglicher Galeerenstrafe
verurteilt, 1846 aber begnadigt. 1854 wiederum an Revolutionsversuchen in Italien beteiligt, flüchtete
er endlich nach England, wo er Sprachunterricht erteilte und Vorlesungen über italienische Litteratur hielt. Als Leiter eines
gegen das Leben Napoleons III., als Verräters an der italienischen
Sache, gerichteten Komplotts, welches das Attentat vom zu
Paris zur Folge hatte, ward er tags darauf verhaftet, vor Gericht gestellt und 13. März d. J. hingerichtet.