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ausschweifenden Leben. 1661 vermählte er sich mit Henriette von England; doch war die Ehe keine glückliche, und als Henriette 1670 plötzlich starb, traf ihren Gemahl der Verdacht der Vergiftung. Am verband er sich in zweiter Ehe mit der Prinzessin Elisabeth Charlotte von der Pfalz (s. Elisabeth 3). Von 1672 an nahm er an mehreren niederländischen Feldzügen teil; 1677 besiegte er den Prinzen von Oranien bei Mont Cassel. Hierauf von seinem Bruder aus Eifersucht zurückgerufen, widmete er sich fortan nur den Zerstreuungen des Hoflebens und starb in dem von ihm neuerbauten Schloß von St.-Cloud. Aus seiner ersten Ehe hinterließ er zwei Töchter: Maria Luise, Mademoiselle d'O., geb. 1662, verheiratet an Karl II. von Spanien, [* 2] starb 1689, und Anna Maria, Mademoiselle von Valois, geb. 1669, heiratete den Herzog Viktor Amadeus von Savoyen, starb 1728;
aus seiner zweiten Ehe drei Kinder: Alexander Ludwig, Herzog von Valois, geb. 1673, gest. 1676;
Philipp, Herzog von Chartres (s. unten), und Elisabeth Charlotte, Prinzessin von Chartres, geb. 1676, heiratete den Herzog Karl Leopold von Lothringen, starb 1744.
Sein Nachfolger im Besitz des Herzogtums Orléans, [* 3] Philipp II., bis dahin Herzog von Chartres, geb. zu St.-Cloud, zeigte große geistige Anlagen und bekundete, 17 Jahre alt, bei der Belagerung von Mons, [* 4] dann in den Schlachten [* 5] von Steenkerken und Neerwinden hohen persönlichen Mut. Durch den deshalb auf ihn eifersüchtigen Ludwig XIV. aber vom Heer abberufen, überließ er sich nun zügellosen Ausschweifungen. Im spanischen Erbfolgekrieg erhielt er 1706 den Oberbefehl in Italien, [* 6] wo er gegen den Prinzen Eugen die Schlacht bei Turin [* 7] verlor. 1707 bekam er das Kommando in Spanien, unterwarf die Provinzen Valencia [* 8] und Aragonien, drang in Katalonien ein und erstürmte Lerida. 1708 eroberte er Denia und Alicante, zwang Tortona zur Kapitulation und zog in Madrid [* 9] ein.
Ludwig XIV. ernannte ihn in seinem Testament zum Präsidenten der Regentschaft. Nach des Königs Tod (1715) ließ er sich aber vom Parlament als Regent mit voller königlicher Gewalt anerkennen. Er änderte das Regierungssystem, beraubte die Jesuiten ihrer Macht, entließ einen Teil des Heers und tilgte 400 Mill. Livres Staatsschulden. In der auswärtigen Politik näherte er sich England und widersetzte sich der Eroberungspolitik Spaniens unter Alberoni. Doch begünstigte er den verderblichen Aktienschwindel und gab nebst seinem frühern Lehrer, dem sittenlosen Kardinal Dubois, dem Hof [* 10] und dem Lande das Beispiel schamloser Verderbtheit und Zügellosigkeit. Um sich der Regierungsbürde gänzlich zu entledigen, beeilte sich Orléans, den König schon krönen zu lassen, und legte die Regentschaft nieder, ließ sich aber nach Dubois' Tod (10. Aug.) bewegen, an dessen Stelle als erster Minister einzutreten. Er starb jedoch schon
Vgl. »Vie du duc d'O.« (Par. 1737, 2 Bde.);
Piossens, Mémoires de la régence (das. 1749, 5 Bde.);
Capefigue, Philipp d'O., régent de France (das. 1838, 2 Bde.).
Aus seiner Ehe mit Mademoiselle Blois, natürlicher Tochter Ludwigs XIV. von der Montespan, hinterließ Philipp sieben Kinder: Maria Luise Elisabeth, geb. 1695, vermählt mit dem Herzog von Berri, später im geheimen mit dem Obersten Riom, ihrem Vater an Sittenlosigkeit ähnlich, starb 1719;
Luise Adelaide, [* 11] Mademoiselle de Chartres, geb. 1698, Äbtissin von Chelles, berühmt als eifrige Jansenistin, starb 1743;
Charlotte Aglaë, Mademoiselle de Valois, geb. 1700, Gemahlin des Prinzen Franz Este von Modena, starb 1761;
Luise Elisabeth, Mademoiselle de Montpensier, geb. 1709, verheiratet an den Prinzen von Asturien, nachmaligen König Ferdinand VI. von Spanien, starb 1742 in Paris; [* 12]
Philippine Elisabeth, geb. 1714, starb 1734;
Luise Diana, geb. 1716, verheiratet an den Prinzen Ludwig von Bourbon-Conti, starb 1736. Die Gräfin von Argenton gebar ihm außerdem drei Kinder, von denen aber nur eins anerkannt wurde: Johann Philipp, Chevalier d'O., der als Großprior von Frankreich starb.
Herzog von Orléans wurde nach Philipps II. Tod sein Sohn Ludwig, geb. zu Versailles. [* 13] Derselbe vermählte sich 1724 mit der Prinzessin Auguste Maria von Baden [* 14] und zog sich nach deren Tod (1726) in die Abtei Ste.-Geneviève zurück, wo er sich gelehrten Studien widmete und starb. Ihm folgte sein Sohn Ludwig Philipp, geb. während des Vaters Lebzeiten Herzog von Chartres. Er widmete sich dem Kriegsdienst, nahm 1742-44 an den Feldzügen in den Niederlanden teil und ward 1744 Generalleutnant, 1752 Gouverneur der Dauphiné. Nach dem Tod seiner Gemahlin, der Prinzessin Luise Henriette von Bourbon-Conti (1759), zog er sich auf sein Landgut zu Bagnolet zurück; wo er seine Zeit im Umgang mit Künstlern und Gelehrten und mit Theateraufführungen hinbrachte. Er war wohlthätig und vorurteilsfrei und der erste in Frankreich, der seine Kinder impfen ließ. 1773 verheiratet er sich mit der Frau von Montesson. Er starb
Sein Sohn Ludwig Philipp Joseph, geb. zu St.-Cloud, erhielt zuerst den Titel eines Herzogs von Montpensier und 1752 den eines Herzogs von Chartres. Er zeichnete sich als Jüngling ebensosehr durch ein schönes Äußere wie durch glückliche Geistesanlagen aus, denen nur die Willenskraft fehlte, ergab sich aber früh zügellosen Ausschweifungen. Selbst seine Vermählung mit der Prinzessin Luise Maria Adelaide von Bourbon-Penthièvre (1769) änderte seinen wüsten Lebenswandel nicht. 1778 zeichnete er sich in der Seeschlacht bei Ouessant aus, ohne jedoch die gewünschte Admiralswürde zu erlangen. Um auch im politischen Leben eine Rolle zu spielen, setzte er 1785 nach dem Tod seines Vaters die in der Familie Orléans gleichsam erblich gewordene Opposition gegen den Hof fort. 1787 mußte er wegen seiner oppositionellen Haltung auf der Notabelnversammlung eine Zeitlang den Hof meiden.
Beim Ausbruch der französischen Revolution in Crépy zum Abgeordneten gewählt, betrieb er beim Zusammentritt der Generalstaaten sogleich die Konstituierung derselben zur Nationalversammlung, trat zum dritten Stand über und ließ die im Juli 1789 zu Paris beginnenden Aufstände durch Agenten und Geld unterstützen, da er den geheimen Plan verfolgte, sich mit Hilfe der Revolution selbst auf den Thron [* 15] zu schwingen. Vom Hof beschuldigt, den Aufstand der Pariser Weiber 5. und 6. Okt. hervorgerufen zu haben, ward er unter dem Vorwand einer diplomatischen Sendung nach England verwiesen und kehrte erst, nachdem er freigesprochen, im Juli 1790 zurück, doch nur, um seine Umtriebe von neuem zu beginnen. Nachdem ein Versöhnungsversuch an dem Mißtrauen Ludwigs XVI. und des Hofs gescheitert, warf er sich nun ganz den Revolutionsmännern in die Arme. Er trat in den Jakobinerklub, legte sich den Namen Philipp Egalité bei, wurde von der Stadt Paris zugleich mit Danton, Robespierre u. a. als Deputierter in den Nationalkonvent gewählt und nahm seinen Platz unter der ¶
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Partei des Bergs ein. Zur Entrüstung seiner eignen Parteigenossen stimmte er 1793 für Ludwigs XVI. Tod. Nun wurde er jedoch, des Strebens nach der Königskrone verdächtigt, verhaftet und vom Revolutionstribunal zu Paris trotz seiner geschickten Verteidigung zum Tod verurteilt und guillotiniert.
Vgl. Montjoie, Conjuration d'O. (Par. 1793, 3 Bde.);
Ducoin, Philippe d'O.-Égalité (das. 1845);
Tournois, Histoire de Louis-Philippe-Jos.
d'O. et du parti d'O. dans ses rapports avec la Révolution française (das. 1840-43, 2 Bde.).
Seine Gemahlin hatte sich 1792 von ihm getrennt, da der Herzog sie seit langem vernachlässigte und ein intimes Verhältnis mit der Frau v. Genlis anknüpfte, ward aber 1794 ebenfalls ins Gefängnis nach Marseille [* 17] gebracht und erhielt erst 1795 ihre Freiheit und 1797 ihr Vermögen zurück. Sie starb in Paris. Aus ihrer Ehe entsprangen: Ludwig Philipp (s. Ludwig 37), der spätere König der Franzosen, welcher nach seines Vaters Tode den Titel eines Herzogs von Orléans annahm;
Anton Philipp, Herzog von Montpensier (s. d. 3);
Alfons Leodegar, Graf von Beaujolais, geb. 1779, gest. 1808 in Malta;
Maria Adelaide Eugenie Luise, Mademoiselle d'O., geb. gest. (s. Adelheid 2).
Der Ehe des Königs Ludwig Philipp von Orléans mit der Prinzessin Maria Amalie von Sizilien [* 18] entsprangen acht Kinder, von denen der älteste Sohn, Ferdinand, geb. zu Palermo, [* 19] bei seiner Geburt den Titel eines Herzogs von Chartres erhielt und nach seines Vaters Thronbesteigung (1830) Herzog von Orléans und Kronprinz von Frankreich wurde. 1831 und 1832 wohnte er den französischen Expeditionen in Belgien, [* 20] 1835-40 denen in Algerien [* 21] bei und beschäftigte sich hierauf vorzugsweise mit der Organisation und Musterung der Truppen; die Einrichtung der Jäger von Vincennes (Chasseurs d'O.) ist sein Werk.
Künste und Wissenschaften fanden in ihm einen freigebigen Beschützer. Er fand seinen Tod auf dem Weg von Paris nach Neuilly durch einen Sprung aus seinem Kabriolett, dessen Pferde [* 22] durchgingen. Der Verlust dieses liebenswürdigen, freisinnigen Prinzen, welcher eine große Popularität genoß, war für das Haus Orléans ein schwerer Schlag.
Vgl. Mendelssohn, Ferdinand Philipp, Herzog von Orléans (Altenb. 1842).
Aus seiner Ehe mit der Prinzessin Helene von Mecklenburg-Schwerin, geb. gest. (s. Helene 1), entsprangen: Ludwig Philipp, Graf von Paris, nach dem Tod seines Vaters bis 1848 der präsumtive Thronerbe, zu dessen gunsten Ludwig Philipp vergeblich dem Thron entsagte, geb. und Robert, Herzog von Chartres, geb. Der erstere, welcher seit 1864 mit einer Tochter seines Oheims, des Herzogs von Montpensier, vermählt ist und zwei Söhne (der ältere, Prinz Ludwig Philipp Robert, geb. führt den Titel eines Herzogs von Orléans) und drei Töchter hat, ist seit 1850 Haupt der Familie. Er wurde nebst seinem Bruder in Deutschland [* 23] (Eisenach) [* 24] erzogen und nahm dann im Heer der Union am amerikanischen Bürgerkrieg teil, über welchen er ein tüchtiges Werk (»Histoire de la guerre civile en Amérique«, 1875-88, Bd. 1-7) veröffentlichte; ferner schrieb er: »Les associations ouvrières (trades-unions) en Angleterre« (7. Aufl. 1884) und »De la situation des ouvriers en Angleterre« (1873).
Vgl. Marquis de Flers, Le comte [* 25] de Paris (Par. 1887).
Die übrigen Söhne Ludwig Philipps sind: der Herzog von Nemours (s. d.), der Prinz von Joinville (s. d.), der Herzog von Aumale (s. d. 4) und der Herzog von Montpensier (s. d. 4). Seine älteste Tochter, Luise von Orléans, geb. vermählt 1832 mit Leopold I., König der Belgier, starb Die zweite Tochter, Maria von (s. Maria 22), geb. Gemahlin des Herzogs Alexander von Württemberg, [* 26] starb Die dritte Tochter, Klementine von Orléans, geb. war 1843-81 mit dem Prinzen August von Sachsen-Koburg-Gotha vermählt und ist Mutter des Fürsten Ferdinand von Bulgarien. [* 27]
Nach der Restauration der Bourbonen 1814 erhielt auch Ludwig Philipp, der damalige Herzog von Orléans, die immer noch ansehnlichen Trümmer seiner Familiengüter zurück. Dieselben bestanden aus Apanagegütern, die Ludwig XIV. zu gunsten seines Bruders, des Stifters der Familie, ausgesetzt hatte, und in Privatgütern. Die erstern fielen 1830, als Ludwig Philipp den Thron bestieg, an die Krone zurück und wurden durch das Gesetz vom zur Immobiliardotation der Zivilliste, nach der Februarrevolution von 1848 aber durch die Nationalversammlung zum Staatseigentum geschlagen.
Die Privatgüter der Familie ließ Ludwig Philipp vor seiner Thronbesteigung, damit sie nicht ebenfalls auf Grund des Gesetzes vom als Eigentum des Königs an die Krone fielen, durch eine gerichtliche Schenkungsakte auf seine Kinder übertragen und vermehrte sie durch spätere Schenkungen aus den Ersparnissen der Zivilliste ansehnlich. Obwohl die Nationalversammlung durch Dekret vom die Familie Orléans aus Frankreich verbannte, so lehnte sie doch die beantragte Konfiskation ihrer Güter ab. Diese verhängte erst der damalige Präsident der Republik, Prinz Ludwig Napoleon, und befahl deren Veräußerung zu gunsten öffentlicher Zwecke und des Fiskus.
Zugleich wurde den Mitgliedern der Familie Orléans verboten, in Frankreich Mobiliar- oder Immobiliarvermögen zu besitzen, und ihnen befohlen, dasselbe binnen einer bestimmten Frist zu verkaufen. Diese Dekrete erregten allgemeines Mißfallen, selbst unter den politischen Gegnern der Orléans. Die betroffenen Mitglieder der Familie Orléans einigten sich über einen Protest, welcher 28. Jan. dem Präsidenten der Republik überreicht wurde, und erhoben, als sich die Regierung im April des Schlosses Neuilly und der Domäne Monceaux bemächtigte, bei dem Seinetribunal Klage, wogegen der Seinepräfekt Protest gegen die Zuständigkeit des Gerichts einlegte, der am vom Staatsrat gebilligt wurde.
Die Orléans hielten sich während ihrer Verbannung in England meist von der Politik fern, während ihre Partei (s. Orléanisten) durch eine Fusion mit den Legitimisten die royalistischen Bestrebungen zu fördern suchte. Gleichwohl verfolgte die Regierung Napoleons III. gerade die Orléans mit kleinlichen Schikanen, wie namentlich beim Erscheinen des Buches des Herzogs von Aumale über die Prinzen von Condé. 1870 boten die Prinzen von der Regierung ihre Dienste [* 28] für den Krieg mit Deutschland an, wurden aber sowohl vom Kaiserreich als von der Republik zurückgewiesen. Nach dem Frieden kehrten sie nach Frankreich zurück. Ihre Aussichten für die Wiedererrichtung eines orléanistischen Königtums waren nicht ungünstig, da bei den Wahlen zur Nationalversammlung nicht bloß eine bedeutende Anzahl Orléanisten, sondern auch zwei Prinzen, der Herzog von Aumale und der Prinz von Joinville, gewählt worden waren. Indes hatten sie nicht den Mut, die Verantwortung für den ¶