Mit bewundernswerter Umsicht und Thätigkeit und doch in bescheidener Zurückhaltung führte er die schwierigen
Geschäfte des
Staats in den
Finanzen, auswärtigen und Kolonialangelegenheiten und wurde der zweite
Stifter des neuen, blühenden
Gemeinwesens. Er stand an der
Spitze der republikanischen
Partei, welche in den patrizischen
Magistraten der holländischen
Städte ihre Hauptstütze hatte, und bewirkte einerseits 1609 den
Abschluß des zweijährigen
Waffenstillstandes mit
Spanien, anderseits trat
er den religiösen Streitigkeiten der
Arminianer (s. d.) und
Gomaristen mit der vollen Staatssouveränität
Hollands gegenüber.
Hierdurch geriet er in Streit mit den
Generalstaaten und der Volksmeinung, welche seinen religiösen
Indifferentismus mißbilligten
und die
Entscheidung der
Frage einer von Oldenbarneveldt abgelehnten
Synode überweisen wollten. Hartnäckig setzte Oldenbarneveldt, auf
sein formales
Recht gestützt, an der
Spitze derStaaten von
Holland seinen
Widerstand gegen die
Generalstaaten, denen sich auch
der
Statthalter,
PrinzMoritz, anschloß, fort, bis er auf deren Befehl verhaftet und vor eine spezielle
Kommission von 24
Richtern, sämtlich erbitterten Feinden, gestellt wurde, welche ihn trotz seiner glänzenden
Verteidigung wegen
Störung der
Religion zum
Tod verurteilten. Da Oldenbarneveldt und seine
Angehörigen jedes Gnadengesuch ablehnten, ward
er im
Haag
[* 6] enthauptet. - Seine beiden
SöhneWilhelm und
René van Oldenbarneveldt, welche beim
Tod ihres
Vaters ihrer
Ämter für
verlustig erklärt wurden, verbanden sich insgeheim mit den
Arminianern, um den
Sturz ihres
Vaters zu rächen;
ja,
Wilhelm verschwor sich sogar gegen das
Leben des
Statthalters, wovon ihm
René vergeblich abzuraten suchte, der nur die
Entsetzung
desselben wünschte. Ihr
Plan ward aber entdeckt und
René gefänglich eingezogen und 1623 enthauptet, während der ältere
Bruder entkam.
Vgl.
Deventer, Gedenkstukken van J. v. Oldenbarneveldt
(Haag 1860-65, 3 Bde.);
Das Herzogtum Oldenburg und das
FürstentumLübeck gehören der norddeutschen Tiefebene an;
das
FürstentumBirkenfeld ist bergig. Das Hauptland wird nur im S. von einigen Hügelketten durchzogen, von denen die Dammerberge
sich bis 85 m ü. M. erheben. Das sonst ebene Land besteht meist aus
Geestland
(Heide-,
Sand- und Moorboden) und, besonders
an der
Jade und
Weser, aus fettem Marschboden. Vor den
Marschen dehnt sich ein nur durch die Strommündungen
und die
Betten der Küstenflüßchen durchbrochener Landstrich,
Watt oder
Plate genannt, aus, welcher von der
Flut größtenteils
überspült, bei tiefer
Ebbe aber teilweise trocken gelegt wird.
Künstliche Uferbauten, die sogen.
Deiche, welche sich auch landeinwärts längs der
Flüsse
[* 15] hinaufziehen, schützen die
Marschen
vor Überflutung. Hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit des
FürstentumsLübeck und
Birkenfeld verweisen
wir auf die betreffenden
Artikel. Das Hauptland ist gut bewässert. Die
Weser, Grenzfluß gegen
Bremen und
Hannover (an dessen
rechtem
Ufer nur das kleine
Amt Landwührden liegt), von
Brake an für große Seeschiffe fahrbar, empfängt in Oldenburg die schiffbare
Hunte, unter deren Zuflüssen die ebenfalls schiffbare Ollen und die
Lethe die bedeutendsten sind.
Die
Hase
[* 16] und die
Leda münden in die
Ems.
[* 17] Unter mehreren kleinen Küstenflüssen, welche durch in den
Deichen befindliche Entwässerungsschleusen
(Siele) in das
Meer abfließen, ist die
Jade der bedeutendste. Zahlreiche
Kanäle dienen zur
Entwässerung, zum geringen Teil
auch zur
Bewässerung des
Landes sowie zur
Schiffahrt. Unter den letztern verspricht von besonderer Bedeutung für die Aufschließung
der binnenländischen
Moore der freilich noch längere Zeit zu seiner Herstellung erfordernde
Hunte-Emskanal zu werden.
das
ZwischenahnerMeer, nordwestlich
von der Stadt Oldenburg, 3 km lang, fast 2 km breit, und das sogen.
GroßeMeer.
Reicher an
Seen ist das
FürstentumLübeck, wo der
Plöner,
Eutiner, Diek- und Kellersee hervorzuheben sind. Das
Klima
[* 18] des Herzogtums ist gemäßigt und feucht; das ebene und waldarme
Land ist den
Stürmen sehr ausgesetzt. Die
Feuchtigkeit bewirkt, daß Graswuchs und
Laub im
Herbst auffallend
lange frisch bleiben, hat aber in den niedrig gelegenen
Marschen mit ihren zahlreichen, träge fließenden Wasserzügen vielfach
Wechselfieber¶
im Gefolge. In der Stadt Oldenburg war die Temperatur im kältesten Monat im Mittel -3,24,° im wärmsten +18,9,° in Jever -2,1° und
+19,66° C. Der Boden zerfällt seiner Beschaffenheit nach in Geest und Marsch. Die höher gelegene sandige, heidereiche Geest
ist im südlichen Teil des Landes am ausgedehntesten und erhebt sich zuweilen nicht unbedeutend über
die nahen Flüsse. Der Hümling, eine bis zu 63 m ansteigende, mit Heidekraut bewachsene Sandfläche, zieht sich vom Hannöverschen
ins Oldenburgische herein. Geest und Marsch sind von großen Mooren und moorigen Landstrichen mannigfach durchzogen. Fette Marschgegenden
sind besonders das Jeverland, westlich vom Jadebusen, und das Butjadingerland, östlich von demselben.
Mineralquellen besitzt das Land nicht, dagegen auf Wangeroog ein Seebad.
Die Bevölkerung
[* 22] des Großherzogtums betrug 1837: 262,171, Ende 1885 dagegen 341,525 Seelen, was in diesen 50 Jahren
eine Zunahme von 79,354 Köpfen oder jährlich 0,60 Proz. ergibt. Es ist dies eine außerordentlich
schwache Vermehrung, die teils in den regelmäßigen Abflüssen der ländlichen Bevölkerung in die benachbarten größern
Städte (Bremen, Bremerhaven, Wilhelmshaven, Hamburg,
[* 23] Lübeck), teils in einer lebhaften überseeischen Auswanderung,
die besonders aus dem südlichen Teil des Herzogtums dem oldenburgischen (kathol.) Münsterland,
stattfand, seinen Grund hat.
Bei obiger Zunahme ist noch zu berücksichtigen, daß seit 1855 die Bevölkerung des Staats durch die Erwerbung der einstigen
Herrschaft Kniphausen am Jadebusen und des vormaligen holsteinischen AmtesAhrensböck eine Erweiterung,
hingegen durch die Abtretung des heutigen preußischen Jadegebiets einen freilich sehr bescheidenen Abbruch erfahren hat.
Von der Gesamtbevölkerung kommen auf den Hauptbestandteil des Staats, das Herzogtum Oldenburg, 267,111 oder 78,2 Proz.,
auf das FürstentumLübeck 34,721 oder 10,2 Proz. u.
auf das FürstentumBirkenfeld 11,6 Proz. Die Dichtigkeit der Bevölkerung beträgt nur 53 Einw. auf 1 qkm.
Dies rührt besonders von dem überwiegend agrarischen, sehr lose besiedelten und mit wenig Städten besetzten Herzogtum Oldenburg her,
wo nur 50 Einw. auf 1 qkm kommen.
Innerhalb des Herzogtums ist die durchweg in Kultur genommene Marsch weit dichter als die vielfach sterile,
von großen unkultivierten Flächen noch durchzogene Geest bevölkert; namentlich die Münstersche Geest erweist sich mit nur 30 Einw.
auf 1 qkm sehr menschenarm. Von den beiden Fürstentümern fallen in Lübeck auf 1 qkm 64 und in dem vorherrschend industriellen
Birkenfeld 79 Köpfe. Die Bevölkerung lebt in 2841 einzelnen Wohnplätzen, d. h. außerordentlich
zerstreut.
Der Obstbau ist im Herzogtum Oldenburg und FürstentumLübeck von geringer Bedeutung. Etwas Wein wird im FürstentumBirkenfeld gebaut. Von großer Bedeutung im ganzen Großherzogtum ist die Viehzucht. Die Pferde,
[* 33] besonders der Marsch, sind durch
ihre Stärke
[* 34] ausgezeichnet (vgl. Hofmeister, Die Pferdezucht
[* 35] des Großherzogtums Oldenburg, Oldenb. 1885). Die Rindviehzucht
ist ebenfalls und in erster Linie in den mit fetten Weiden und Wiesen ausgestatteten Marschen und im FürstentumBirkenfeld von Bedeutung, die Schafzucht in den früher münsterschen Landesteilen, namentlich in den Ämtern Kloppenburg,
Friesoythe und Wildeshausen, wegen der ausgedehnten Heiden stark verbreitet; doch wird nur die unveredelte sogen. Heidschnucke
gezüchtet; ebenso findet Bienenzucht
[* 36] vornehmlich in den Heidegegenden statt. Einigen Ertrag gewährt die
Fischerei,
[* 37] von geringem Belang dagegen ist die Jagd. Das Herzogtum Oldenburg ist sehr holzarm; sein Forstboden beträgt 320 qkm (5,7
QM.), d. h. nicht mehr als 5,9
Proz. der Gesamtfläche, wogegen im FürstentumBirkenfeld der Waldbestand 199 qkm (3,5 QM.) oder bereits
39,5 Proz.
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