Hörnervenapparats (Menierescher Symptomenkomplex) wurde schwefelsaures
Chinin mit gutem Erfolg angewendet. Die Hörstörung
bei der Lokalisation der
Syphilis im
Labyrinth entwickelt sich meist sehr rasch und erreicht gewöhnlich einen sehr hohen
Grad.
Die
Wahrnehmung des Uhrtickens und der Stimmgabelschwingungen durch die Kopfknochen ist verringert oder ganz geschwunden.
Diese
Erscheinung im Zusammenhalt mit den andern Syphilissymptomen läßt bei rascher
Entwickelung der
Taubheit auf Labyrinthsyphilis schließen.
Heilung ist nur bei frischern
Fällen möglich. Die Quecksilberkur
(Schmierkur) erweist sich wirksamer als die Jodkur; auch
werden subkutane
Einspritzungen von salzsaurem Pilokarpin empfohlen. Die
Lähmungen
(Paresen und
Paralysen) des Hörnervenapparats
treten primär oder sekundär bei Erkrankungen des Mittelohrs oder des Zentralnervensystems auf. Die
Hörstörung ist bei längerer Krankheitsdauer fast immer unheilbar. Die Behandlung besteht vorzugsweise in der Anwendung
des konstanten elektrischen
Stroms, indem die
Anode mit dem
Ohr,
[* 2] die
Kathode mit der Handfläche oder dem
Nacken in Berührung
gebracht wird. Man bedient sich hierbei allmählich ansteigender
Ströme bis zum
Eintritt von
Schmerz und
Schwindel, worauf wieder der
Strom allmählich abgeschwächt wird.
Die betreffenden Kranken hören wohl das Gesprochene, sind aber nicht im stande, dasselbe zu verstehen, resp.
das
Wort mit der entsprechenden
Vorstellung zu verbinden.
Vgl. v.
Tröltsch, Lehrbuch der Ohrenheilkunde
(7. Aufl., Leipz. 1881);
Derselbe, Gesammelte Beiträge zur pathologischen
Anatomie des
Ohrs (das. 1883);
eine
Reihe subjektiver Gehörsempfindungen, welche, durch eine krankhafte Reizung des
Hörnervs bedingt,
als Sausen, Brausen, Zischen,
Pfeifen,
Klopfen, Brummen,
Rauschen, Knacken,
Zirpen etc. empfunden werden. Sie entstehen durch
Reizbarkeit des
Nervensystems infolge von erschöpfenden
Krankheiten, von
Blut- und Säfteverlusten, bei gastrischen Zuständen,
bei
Hirn- und Geisteskranken. Auch können sie durch Verabreichung großer
Dosen von
Chinin und durch heftige
Schallerschütterungen hervorgerufen werden. Am häufigsten aber ist das Ohrensausen ein begleitendes, oft lästiges
Symptom der
Ohrenkrankheiten. Die
Behandlung fällt mit jener des ursachlichen Grundübels zusammen. Es muß aber
vor der Anwendung
der in Unzahl gegen das Ohrensausen empfohlenen
Geheimmittel gewarnt werden, weil die Einträufelungen derselben
in den Gehörgang oft von schädlichen
Folgen begleitet sind.
(griech.
Otalgie), nervöser Ohrenschmerz (Neuralgia acustica s. auricularis), in seinem höchsten
Grad auch
Otagra genannt, eine in gesteigerter
Sensibilität des
Gehörs bei Verminderung des Hörvermögens bestehende
Krankheit, die ihren Sitz in den Empfindungsnerven der
Paukenhöhle hat. Sie äußert sich durch einen drückenden, reißenden,
stechenden
Schmerz im
Ohr, welcher paroxysmenweise plötzlich erscheint, mit einemmal verschwindet oder in einen andern Teil
des
Kopfes wandert. Während des Schmerzanfalls hat der Kranke ein Brausen, Sausen,Klingen in dem leidenden
Ohr, ist etwas schwerhörig und gegen
Geräusche empfindlich. Sehr häufig liegt dem Ohrenzwang
Erkältung zu
Grunde, weshalb auch energisches
Schwitzen des
Kopfes oder des ganzen
Körpers die beste Behandlung ist. Gegen die Krankheitserscheinungen sind
Morphium oder
Chloral zu empfehlen.
Oberamtsstadt im württemberg. Jagstkreis und Hauptort der dem
Fürsten von
Hohenlohe-Öhringen
gehörigen Standesherrschaft Öhringen (356 qkm oder 6½ QM.), an der
Ohrn und der
LinieHeilbronn-Krailsheim der Württembergischen
Staatsbahn, 231 m ü. M., hat ein schönes Residenzschloß des
Fürsten, ein berühmtes, 1034 errichtetes Chorherrenstift
(jetzt öffentliche
Bibliothek), eine stattliche
Kirche (mit merkwürdiger
Bildschnitzerei von Zedernholz aus dem 15. Jahrh.),
ein
Lyceum, 2
landwirtschaftliche Maschinen- und eine Schulbankfabrik und (1885) 3753 meist evang.
Einwohner. -
Schon die
Römer
[* 7] hatten hier ein
Kastell (Vicus Aurelii), in dessen Trümmern man viele römische
Altertümer und
Inschriften gefunden hat; später kommt die Stadt als Hauptort des Ohrngaues vor. Seit 1806 steht Öhringen unter
württembergischer
Oberhoheit.
Vgl.
Keller, Vicus Aurelii oder Öhringen zur Zeit der
Römer
(Bonn
[* 8] 1872).
ein gegenwärtig besonders beim weiblichen
Geschlecht gebräuchlicher
Schmuck, der jedoch zuweilen auch von
Männern der untern Volksklasse
(Schiffern,
Hirten, Landleuten) getragen wird, weil man darin ein
Mittel
der Abwehrung von
Krankheiten zu besitzen glaubt. Bei den
Indern waren von alters her Ohrringe bei beiden Geschlechtern im
Gebrauch,
ebenso bei den Babyloniern,
Medern, Persern, Arabern,
Hebräern und bei den alten
Galliern und
Germanen.
Alle diese
Völker schrieben
den Ohrringen die
Kraft
[* 9] von
Amuletten zu und hielten sie für geeignet, Zaubertöne vom
Ohr fern zu halten,
daher die Ohrringe häufig mit geheimnisvollen
Charakteren versehen wurden. Bei manchen Urvölkern (Pampaindianern in
Brasilien,
[* 10] Macusi in
Guayana,
Sioux und
Dakota in
Nordamerika,
[* 11] Papuastämmen auf
Neuguinea etc.) sowie in Südindien und
Persien
[* 12] wird der
Akt des Ohrlöcherstechens am
Tag der Namengebung des
Kindes feierlich begangen; auch findet bei den Badaga
am Nilgirigebirge in
Indien am 30.
Tag nach der
Geburt, an welchem dem
Kinde die
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Auch befinden sich unter den südgermanischen Gräberfunden der ältern Eisenzeit (z. B. im römisch-germanischen Museum zu
Mainz)
[* 20] als Ohrschmuck dienende Gold- und Bronzeringe mit ungemein zierlichen Ornamenten, deren Geschmacksrichtung
auf etrurische Herkunft deutet. Bei den Griechen kamen die Ohrringe und Ohrgehänge nur als Schmuck des weiblichen Geschlechts vor.
Bei den Römern kannten die Matronen schon zu Coriolans Zeit die Ausschmückung der Ohren; das männliche Geschlecht verachtete
in der frühern Zeit dieselbe als weichlich. Ohrringe und Ohrgehänge von Bronze, Gold
[* 21] und Silber, mit edlen Steinen
besetzt, sind in Griechenland,
[* 22] Kleinasien, in der Krim
[* 23] und in Italien
[* 24] (Pompeji,
[* 25] Etrurien) in großer Zahl gefunden worden.
Die Griechen gaben den Ohrringen eine edle, künstlerische Form, oft solche von menschlichen und Tierfiguren (Schlangen).
[* 26] Am gewöhnlichsten war die noch heute übliche Form der Bommel. In der römischen Kaiserzeit hatte man
bereits Ohrgehänge, die ganz aus edlen Steinen oder aus einer großen oder mehreren kleinen Perlen bestanden. Altrömische
und etruskische Ohrgehänge werden jetzt nach dem Vorgang von Castellani in Rom
[* 27] überall nachgebildet. Die Sklaven trugen
in dem durchbohrten Ohr einen Ring, entweder weil sie diese Sitte aus ihrer Heimat mitbrachten, oder als
Abzeichen der Sklaverei.
Sowohl im Mittelalter als in unsrer Zeit hat die Mode das Tragen der Ohrringe unter den zivilisierten Völkern beim männlichen Geschlecht,
die Italiener und Franzosen etwa ausgenommen, größtenteils verbannt; beim weiblichen dagegen wird auf die Kostbarkeit, Feinheit
und Zierlichkeit dieses Schmuckes nach wie vor ein besonderer Wert gelegt, wobei sowohl Gold und Silber
als edle Steine, Perlen, Korallen, geschnittene Steine, Muschelkameen etc. bevorzugt werden. Seit dem Aufschwung der Kunstindustrie
werden so ziemlich alle Muster der Vergangenheit und des volkstümlichen Schmuckes (nordisches und italienisches Gold- und Silberfiligran,
Emailschmuck der Renaissance, orientalischer Münzenschmuck etc.) nachgebildet. Im Orient und bei den Völkern,
bei denen sich noch die sogen. Nationaltracht erhalten hat (Schweden,
[* 28] Norwegern, Holländern, Bretonen, Russen, Schweizern, Italienern,
Ungarn)
[* 29] wird mit Ohrringen ein großer Luxus getrieben. Vgl. Schmuck (nebst Tafel).