(lat.), bei den Römern eine höhern Beamten zugeordnete Gerichtsperson; im Mittelalter Gehilfe, Schreiber etc.
der kaiserlichen Grafen; dann (Offiziarius, Offiziatus) Name der von den Bischöfen angestellten Beamten, welche seit etwa 1150 dem
Archidiakonus (s. d.) in der Gerichtsbarkeit Konkurrenz machen sollten und als officiales principiales oder officiales speciales
seit etwa 1300 die Jurisdiktion des Bischofs in den ihm vorbehaltenen Fällen ausübten, auch während seiner
Abwesenheit sämtliche Geschäfte des Bischofs führten;
überhaupt s. v. w. Beamter;
Offizialien, Arbeiten, welche die Beamten
als solche (ex officio) zu verrichten haben;
Offizialsache, Dienstsache, im Gegensatz zur Parteisache;
Offizialanwalt, der
Sachwalter, welcher einer Partei, die das Armenrecht (s. d.) erlangt hat, von Amts wegen bestellt wird.
(neulat.), Geschäftskreis, Bezirk, Amtslokal eines Offizials, besonders die bischöfliche Gerichtsbehörde,
welche insbesondere seit dem Tridentinum Klagesachen, zumal Ehestreitsachen, in erster Instanz behandelt unter Ausschluß
einer konkurrierenden Gerichtsbarkeit des Papstes. Es bildet einen Teil des bischöflichen Ordinariats.
(lat.), das von einer Behörde Ausgehende, also s. v. w.
amtlich;
z. B. eine offizielle Nachricht, eine offizielle Zeitung. Wo eine Behörde nicht geradezu amtlich auftreten will,
aber doch so, daß den von ihr veranlaßten Kundgebungen oder Vorschlägen ein größeres Gewicht als den von Privatpersonen
ausgehenden beigelegt werden soll, nennt man eine solche Art des Verfahrens offiziös;
z. B. eine offiziöse
(halbamtliche) Zeitung, offiziöse Korrespondenzen, offiziöse Artikel.
Gesamtname der militärischen Vorgesetzten vom Leutnant aufwärts bis zum Feldmarschall, während die Vorgesetzten
vom Feldwebel abwärts die Klasse der Unteroffiziere bilden. Die Gesamtheit der Offiziere der Armee, eines Truppenteils, einer
Waffe wie der ganzen Armee etc., heißt ein Offizierkorps. Man unterscheidet Truppenoffiziere, die Regimentern
angehören, und nichtregimentierte, von erstern Frontoffiziere, die in der Truppe Dienst thun, und aus der Truppe abkommandierte
Offiziere.
Der Charge nach zerfallen die Offiziere in folgende Rangklassen: a) in der Armee:
1) die Generale und zwar Feldmarschall, General der Infanterie oder Kavallerie, Generalleutnant, Generalmajor;
2) die Stabsoffiziere und zwar Oberst, Oberstleutnant, Major;
3) die Hauptleute und Rittmeister;
4) die Subalternoffiziere und zwar Premier- (Ober-) und Sekondeleutnants; b) in der Marine:
1) die Admirale und zwar Admiral, Vize- und Konteradmiral;
2) die Stabsoffiziere und zwar Kapitän zur See (Oberst), Korvettenkapitän (Major);
3) Kapitänleutnant (Hauptmann);
4) Leutnant zur See (Premier-) und Unter- (Sekonde-) Leutnant. Generaloberst ist s. v. w. Feldmarschall. In Österreich ist Feldmarschallleutnant
s. v. w. Generalleutnant, Feldzeugmeister s. v. w. General der Infanterie oder Kavallerie; in der österreichischen Marine hat
der Linienschiffskapitän den Rang als Oberst, der Fregattenkapitän den als Oberstleutnant, der Korvettenkapitän den als Major,
der Linienschiffsleutnant den als Hauptmann und der Linienschiffsfähnrich den als Premierleutnant.
Jede Charge hat ihre besondern Rangabzeichen, s. Abzeichen. Ergänzung des Offizierkorps: a) der Armee, geschieht teils aus den
Zöglingen der Kadettenanstalten (etwa 42
Proz.), teils aus freiwillig als Offizieravantageure
auf Beförderung zum Offizier eingetretenen jungen Leuten. Hierzu ist das Abiturientenzeugnis
eines deutschen Gymnasiums oder Realgymnasiums oder bei Reife für die Prima die Ablegung der Prüfung zum Portepeefähnrich vor der
Obermilitärexaminations-Kommission erforderlich. Zu letzterer meldet sie der Truppenteil an, bei dem sie nachher eintreten
wollen.
Eintritt vom vollendeten 17. Lebensjahr an. Die Beförderung zum Portepeefähnrich erfolgt nach sechs Monaten auf Grund
eines von dem Chef und den Offizieren einer Kompanie, Batterie etc. ausgefüllten Dienstzeugnisses. Zöglinge der Kadettenanstalten
werden nach bestandener Fähnrichsprüfung als charakterisiert Portepeefähnriche in die Armee eingestellt, erhalten aber
auch erst ein Patent nach sechsmonatlicher Dienstzeit. Auch das Zeugnis der Reife zum Offizier kann nur durch eine gleiche Dienstzeit
als Fähnrich erworben werden. Die Prüfung dazu wird nach vorherigem Besuch einer Kriegsschule (auf dem
Weg der Privatvorbereitung von jungen Leuten, die ein Jahr an einer deutschen Universität studiert haben, auch ohne denselben)
vor der genannten Kommission abgelegt. Nach bestandene Prüfung, erlangter dienstlicher Qualifikation und Wahl durch das Offizierkorps
des Regiments erfolgt die Beförderung zum
b) In der Marine: das Seeoffizierkorps ergänzt sich aus den Seekadetten. Die Annahme als Kadett fordert das Abiturientenzeugnis
eines deutschen Gymnasiums oder Realgymnasiums oder das Reifezeugnis für die Prima und das Ablegen der Kadetteneintrittsprüfung
vor der Kadettenannahmekommission in Kiel. Die Anmeldung erfolgt bei der Admiralität im August oder September,
die Einstellung im April jedes Jahrs. Die Abiturienten dürfen höchstens 19, die andern höchstens 18 Jahre alt sein.
Die angestellten Kadetten werden auf sechs Monate an Bord des Kadettenschulschiffs eingeschifft, besuchen dann auf sechs Monate
die Marineschule und werden nach bestandene Seekadettenprüfung zu Seekadetten befördert. Es folgt ihre
Kommandierung auf das Seekadettenschulschiff, mit welchem sie eine etwa zweijährige Reise machen, worauf die erste Seeoffizierprüfung
abzulegen ist und die Beförderung zum Unterleutnant erfolgt, wenn der Betreffende ein günstiges Dienstzeugnis erhalten
und beim Seeoffizierkorps der Marinestation die Wahl bestanden hat. Nach sechs Monaten praktischen Dienstes werden die Unterleutnants
zum Offiziercötus der Marineschule kommandiert und haben dann die Seeoffizierberufsprüfung abzulegen.
Vgl. Allerhöchste
Verordnung über die Ergänzung des Seeoffizierkorps vom 24. März 1885 nebst Ausführungsbestimmungen (Berl.
1885).
Über die Erlangung der Qualifikation zum Reserveoffizier s. Freiwillige. Die Landwehroffiziere ergänzen sich, abgesehen von
den aus dem aktiven Dienst verabschiedeten Offizieren, aus den mit Qualifikationsattest zum Reserveoffizier
versehenen Mannschaften der Landwehr, die aus irgend welchen Gründen zum Reserveoffizier nicht befördert wurden, z. B. Feldwebeln,
welche mit dem Qualifikationsattest zum Landwehroffizier aus dem aktiven Dienst entlassen sind. Die Offiziere des Beurlaubtenstandes
sind den zur Ausübung der militärischen Kontrolle getroffenen Anordnungen unterworfen und haben die besondern
Ehrenpflichten ihres Standes als Offizier zu erfüllen. Im übrigen gelten für sie die allgemeinen Landesgesetze. Untersuchungführender
Offizier ist der hierzu besonders ernannte und vereidete Leutnant
mehr
eines Bataillons oder Kavallerieregiments, welcher in der niedern Gerichtsbarkeit die Stelle des Auditeurs (s. d.) bekleidet.
Offiziere à la suite eines Regiments tragen die Uniform des letztern, ohne zu dessen Etat zu gehören; sie befinden sich vielmehr
in etatmäßigen, durch den Reichsmilitäretat normierten Dienststellungen außerhalb ihres Regiments, z. B. an Schulen, Gewehrfabriken,
als Artillerieoffizier vom Platz etc. Ebenso werden Obersten, welche Generalsstellen erhalten,
à la suite des Regiments oder der Behörde (mit besonderer Uniform), z. B. Generalstab, gestellt, dem oder der sie bisher angehörten,
deren Uniform sie also weiter tragen. Zu den Offizieren à la suite der Armee werden die Offiziere gezählt, die
der Armee gewissermaßen nur als Ehrenmitglieder ohne Gehalt angehören, z. B. Fürsten, Hofchargen, Diplomaten etc. Aggregierte
Offiziere, s. Aggregieren.
Ein Offizier von der Armee gehört keinem Truppenteil an; entweder soll er in eine erst später frei werdende, oft höhere Kommandostelle
eintreten, oder verabschiedet werden; letzteres geschieht z. B. bei verdienten Offizieren,
um sie in den gesetzmäßigen Genuß der Pension ihrer jetzigen Charge treten zu lassen. Wenn ein Offizier vor
zurückgelegter zweijähriger Dienstzeit nicht als Invalide ausscheidet, so wird er mit dem gesetzlichen Vorbehalt aus dem
aktiven Dienst entlassen und ist dann bis zum Ablauf des siebenten Dienstjahrs in der Reserve, bis zum Ablauf
des zwölften zum Dienst in der Landwehr verpflichtet.
Wenn ein Offizier mit der gesetzlichen Pension zur Disposition (z. D.) gestellt wird, so scheidet er aus dem aktiven Dienste, steht
aber unter Kontrolle der Landwehrbehörden und kann durch Kabinettsorder in Dienststellungen, z. B.
als Landwehrbezirkskommandeur, Platzmajor etc., berufen werden und bezieht dann, unter Fortfall der
Pension, den Gehalt seiner Dienststelle. Der Offizier z. D. ist von der Zahlung der Kommunalsteuern befreit. Ein mit der gesetzlichen
Pension verabschiedeter Offizier (a. D.) scheidet zwar aus dem Militärverband gänzlich aus und steht nicht mehr unter Kontrolle
der Landwehrbehörden, gleichwohl haben sich diese über seine Verwendbarkeit im Fall der Mobilmachung
ein Urteil zu verschaffen; diese Offiziere haben deshalb die Pflicht, bei Zahlungsübertragung ihrer Pension auf eine andre
Kasse ihren neuen Wohnort der Landwehrbehörde anzuzeigen.
Alle aus dem aktiven Militärdienst ausgeschiedenen Offiziere sind der Militärgerichtsbarkeit unterworfen, die a. D. auch den
Ehrengerichten, wenn sie berechtigt sind, die Militäruniform zu tragen. Die Dienstentlassung ist ein unfreiwilliges
Ausscheiden aus dem Heer oder der Marine auf Antrag der Vorgesetzten, wenn das Verbleiben des Betreffenden im Dienst aus irgend
welchen Gründen nicht statthaft oder durch Gerichtsspruch gefordert wird. Wird durch letztern auf Verlust der bürgerlichen
Ehrenrechte und Zuchthausstrafe erkannt, so erfolgt die Entfernung aus dem Heer oder der Marine, welche nicht
nur den Verlust der Dienststelle, sondern auch aller durch den Militärdienst erworbenen Ansprüche, soweit diese gesetzlich
aberkannt werden können, sowie der Orden und Ehrenzeichen zur Folge hat und die Unfähigkeit zum Wiedereintritt in die Armee
oder Marine einschließt.
Geschichtliches. Die Bezeichnung der militärischen Führer mit dem Namen Offiziere tritt erst vereinzelt
im Anfang des 16. Jahrh. auf. Die Hinüberlegung zu einem Offizierstand im heutigen Sinn, wie er in der brandenburgisch-preußischen
Armee durch den Großen Kurfürsten begründet wurde, war
erst möglich mit der Einführung stehender Heere. Zwar mußte auch
er dem Gebrauch damaliger Zeit gemäß seine Heerführer hernehmen, wo er sie fand; aber er war doch ernstlich
bemüht, sich ein eignes Offizierkorps aus dem vaterländische Adel heranzubilden und demselben eine bestimmte Gliederung nach
Rangstufen zu geben. Es war damals in Deutschland Gebrauch der Obersten, sich einen Oberstwachtmeister für die Ordnung des innern
Dienstes im ganzen Regiment zu bestellen, welcher das Regiment in Schlachtordnung zu formieren hatte, und der deshalb beritten
war, während der Oberst des Fußvolkes zu Fuß vor der Fronte stand.
Als man nach dem Dreißigjährigen Krieg das Regiment in Bataillone zu teilen begann, deren jedes aus mehreren Kompanien bestand,
wurde dem Oberstwachtmeister (dem Regimentsverwalter, Regiments major) das Kommando eines Bataillons übertragen
und derselbe jetzt Major genannt. Die Ergänzung des Offizierkorps aus dem Adel blieb bis zu den Befreiungskriegen Norm und hatte
ihre geschichtliche Berechtigung. Ernannte z. B. Friedrich d. Gr. Bürgerliche für hervorragende Leistungen und militärische
Befähigung zu Offizieren, so war die Verleihung des Adels in der Regel damit verbunden; nur bei den Husaren,
der Artillerie und den Ingenieuren durften Bürgerliche als Offiziere dienen. Mit der Reorganisation des preußischen Heerwesens
1807-1808 hörte jene Beschränkung auf und wurde die wissenschaftliche Bildung und sittliche Qualität neben körperlicher
Geeignetheit maßgebend.