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kommt mithin sehr viel auf den Geschmack desselben an. Dieser ist nun abhängig: a) von dem Verhältnis zwischen Säure, Zucker, [* 2] Gummi, Pektin etc.; denn indem die letztern Stoffe die Säure einhüllen, lassen sie selbst ein ungünstiges Verhältnis zwischen Säure und Zucker im Geschmack nicht erkennen; b) von der Feinheit des Aromas; c) vom Verhältnis zwischen löslichen Stoffen, unlöslichen Substanzen und Wasser. Von diesem Verhältnis ist namentlich das angenehme Gefühl abhängig, welches man beim Essen [* 3] des Obstes im Mund empfindet.
Das Obst zerfließt um so schöner im Mund, je ärmer es an Cellulose und Pektose ist, und die Güte des Obstes wächst daher mit dem Gehalt desselben an löslichen Substanzen. Durch die Kultur des Obstes nimmt der Zuckergehalt zu, der Gehalt an freier Säure und unlöslichen Substanzen ab (Wald- und Gartenhimbeere). Ein ähnliches Verhältnis zeigt sich zwischen schlechten und guten Jahrgängen desselben Obstes. Im Beerenobst findet sich durchschnittlich mehr freie Säure als im Stein- und Kernobst, und der saure Geschmack tritt um so entschiedener hervor, als das Beerenobst wenig Gummi und Pektin enthält.
Aufbewahrung, Obstverwertung.
Um das Obst möglichst lange und unverändert aufbewahren zu können, muß man es an trocknen Tagen und nicht in der Mittagshitze abnehmen; Sommerobst nimmt man am besten kurz vor der vollständigen Reife ab, weil es sonst sehr schnell verdirbt; Winterobst, welches erst auf dem Lager [* 4] genießbar wird, muß dagegen möglichst lange auf dem Baum bleiben und ganz besonders vor Verletzung geschützt werden. Zur Aufbewahrung dient eine frostfreie, kühle, luftige Obstkammer oder ein guter, nicht dumpfiger Keller; man legt das Obst auf trocknes Stroh, am besten so, daß sich die einzelnen Stücke nicht berühren und jedenfalls nicht drücken.
Einzelne verderbende Früchte müssen sofort entfernt werden. Hartes, nicht beschädigtes Obst kann man in Mieten aufbewahren, oder man schichtet es auch mit gesiebter trockner Asche oder Sand in Fässer, die an einem trocknen Ort stehen müssen. Alles Obst, welches nicht in frischem Zustand verwendet werden soll, wird am besten getrocknet und gibt dann das Backobst (Dörrobst, Trockenobst), welches ca. 30 Proz. Wasser enthält und in seiner Zusammensetzung gewöhnlich nicht vollkommen reifem Obst entspricht, weil sehr allgemein Fallobst gebacken wird.
Bestes Backobst erhält man nur aus ganz reifem Obst Teiges und fleckiges, angestoßenes Obst gibt schlechte Ware. Rein saure und rein süße Früchte eignen sich nicht gut zum Dörren, die meisten Süßäpfel bleiben zäh und kochen sich lederartig; Äpfel müssen geschält und vom Kernhaus befreit werden, sind dann aber, am besten in Scheiben zerschnitten, sofort zu dörren; Pflaumen läßt man am Baum etwas welk werden. Lucas empfiehlt, beim Dörren anfangs eine Temperatur von 60-80° R. zu geben, bis sich das Obst ohne besondere Mühe mit einem Strohhalm durchbohren läßt, und dann bei 45-50° R. weiter zu dörren. Zu langsames Dörren und niedrige Temperatur geben saures Obst. Niemals darf das Obst im Ofen erkalten, es muß heiß ausgeschüttet werden und einige Tage an der Luft liegen.
Mehrmaliges Dörren und schnelles Erkalten befördern gewöhnlich die Süßigkeit.
Beim Dörren darf das Obst nicht in hoher
Schicht liegen und muß lebhaftem Luftwechsel ausgesetzt sein. Man benutzt deshalb vorteilhaft besondere
Darröfen, auch (transportable) Obstdarren
, in welchen das Obst auf
Horden liegt. Die schönsten
Resultate erhält man mit den
amerikanischen Obstdarren
, welche z. B. die fast weißen
Ringäpfel liefern. Eine von
Uslar modifizierte Obstdarre
für mäßigen
Betrieb zeigt beistehende
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Figur. A ist ein
Füllofen mit
Mantel B u. äußerer Umhüllung C. Zwischen
B und
C steigt die
Luft auf, erwärmt sich u. setzt die horizontal liegende Flügelscheibe D in
Bewegung, so daß eine vollkommen
gleichmäßig Verteilung der
Wärme
[* 5] erzielt wird. E ist das Ofenrohr.
Über dem Ofen wird ein viereckiges Gestell angebracht, welches zur Führung der einzuschiebenden Horden G mit Winkeleisen F und Bandeisen H versehen ist. Die flachen Horden haben einen Boden aus verzinktem Eisendrahtgeflecht und besitzen vier kleine Häkchen I, an denen die Ketten K zum Aufziehen der Horden befestigt werden. Die geschälten und vom Kernhaus befreiten Äpfel werden in 5-7 mm dicke Scheiben geschnitten und diese nebeneinander auf eine Horde gelegt, welche man sofort auf den Ofen stellt.
Ist nach 6-8 Minuten eine zweite Horde gefüllt, so hebt man die erste Horde mit der Kette und schiebt die zweite unter. Nach weitern 6-8 Minuten wird die dritte Horde unter die zweite geschoben u. s. f., bis 18 Horden auf dem Ofen stehen. Dann liest man auf der obersten Horde das hinreichend getrocknete Obst aus und schiebt die Horde wieder unten ein, so daß sie allmählich wieder emporrückt. Birnen, welche nur in zwei Hälften zerschnitten werden, trocknen langsamer. In 12 Stunden verbrennt man für etwa 20-25 Pf. Koks und erhält 7,5-10 kg Backobst.
Schnitte aus reifen Äpfeln verändern nur wenig ihre Farbe, wenn sie sofort nach dem Schälen und Schneiden auf die Horden gebracht werden. Auf einem ähnlichen Apparat wird das nordamerikanische Aldenobst hergestellt. Für Pflaumen eignet sich dieser Apparat nicht, da dieselben ein langsameres Trocknen verlangen. Die Prunellen erhält man aus geschälten sehr feinen Pflaumen. Man bewahrt das Backobst in Kasten oder Säcken an einem trocknen Ort auf oder verpackt es flach gedrückt in Schachteln oder Blechkasten. Obst wird auch in verschiedener Art eingemacht, entweder nur mit Zucker zum Teil in Blechbüchsen [* 6] und Gläsern nach Appertschem Verfahren oder mit Rum, Kognak, Senf.
Besonders feine Obstsorten werden kandiert, so daß sie sich, stark mit Zucker imprägniert, trocken aufbewahren lassen. Für häusliche Zwecke kocht man zerriebene Äpfel, Birnen, Pflaumen und Kirschen zu Mus ein, und in obstreichern Gegenden bilden Pflaumen- und Kirschenmus nicht unbedeutende Handelsartikel. In Westfalen [* 7] dagegen ist das Kraut (Apfelkraut, Birnkraut, Seim, Apfelbutter, Obsthonig, Obstgelee) ein noch viel gebräuchlicheres Präparat. Die Fruchtsäfte werden eingekocht, auf Sirupe, Liköre, Obstwein, Obstbranntwein und Obstessig verarbeitet. Unreifes
[* 1]
^[Abb.:
Uslars Obstdarre]
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mehr
und gefallenes Obst ist, gekocht und mit anderm Futter gemengt, ein treffliches Nahrungsmittel [* 9] für Schweine [* 10] und Rindvieh; aus unreifen Äpfeln kann man Stärkemehl auf gewöhnliche Weise gewinnen. Obst wird in rohem, gekochtem und getrocknetem Zustand genossen. Rohes Obst wird bei uns in der Masse der Bevölkerung [* 11] meist als Zuspeise zu Brot [* 12] genossen. Feines Obst ziert als Nachtisch die Tafel der Wohlhabenden, u. es wird damit von jeher ein großer Luxus, namentlich in den großen Städten, bei uns aber sehr viel weniger als in Frankreich, getrieben.
Schon bei den Griechen und Römern fehlte Obst, namentlich Oliven, Weintrauben und Feigen, niemals beim Nachtisch, wurde auch zum Frühstück, dann aber meist in getrocknetem Zustand genossen. In Paris [* 13] und Petersburg [* 14] zahlt man gegenwärtig für Obst, Pfirsiche, Birnen, auch feine Äpfel in besonders schönen Exemplaren, sehr hohe Preise. Solche Exemplare werden selbst vermietet, um bei Diners als Schaustücke in den Fruchtschalen zu dienen.
Vgl. Lucas, Anleitung zum Obstdörren (5. Aufl., Stuttg. 1881);
Fischer, Handbuch der Obstkultur und Obstverwertung (Leipz. 1886);
Lämmerhirt, Die Obstverwertung (Berl. 1885);
Böttner, Lehre [* 15] der Obstkultur und Obstverwertung (Oranienburg 1885-86, 3 Bde.);
Gaerdt, Die Aufbewahrung frischen Obstes etc. (Frankf. a. O. 1886).