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Südlich von den Jotunfjelden führt das innere Gebirgsplateau, auf dem sich mehrere hohe Gipfel erheben, den Namen Fillefjeld. Der Sognefjord selbst spaltet sich in viele Zweige, unter denen besonders der Näröfjord, der Fjärlandsfjord und der Lysterfjord eine großartige Natur zeigen.
Südlich vom Sognefjord liegt ein breites Gebirgsland, dessen mittlerer Teil aus der fruchtbaren Landschaft Voß besteht, und das im S. von dem großen Hardangerfjord begrenzt wird. Die Gegenden, welche diesen umgeben, führen den Namen Hardanger und haben ein ähnliches Gepräge wie Sogn. Innerhalb dieser Gegend erstreckt sich die große Hochebene, welche Hardangervidda genannt wird, im Norden [* 2] von dem Gletscher Hallingjökul und den Felswänden von Hallingskarven begrenzt.
Sie umfaßt 12-15,000 qkm. Im W. des Hardangerfjords auf der oben ebenen Fläche einer Halbinsel, an drei Seiten umgeben von dem Hardangerfjord und dessen Armen Sörfjord und Aakrefjord, bedeckt der 60 km lange, 12-46 km breite Gletscher Folgefonn ein Areal von 150 qkm, von der See einen majestätischen Anblick gewährend. Die höchsten Punkte desselben werden zu 1654 m angegeben; die untere Kante des ewigen Eises hat eine sehr verschiedene Höhe, 300-1000 m. Außerhalb aller dieser Fjorde erstreckt sich eine nur selten unterbrochene Inselreihe, die auch das südlich von Hardanger um die Zweige des Bömmelfjords herum gelegene Ryfylke beschützt.
Ryfylke ist im ganzen niedriger als Hardanger, besitzt aber im Lysefjord eins der wildesten Riffe der norwegischen Küste. Von dem Bömmelfjord ab ändert sich die Landschaft völlig. Die Inselreihe hört auf, und die Meereswellen walzen sich gegen das unbeschützte Vorland von Jäderen mit ihrer vollen Kraft. [* 3] Jäderen ist, ebenso wie das demnächst folgende Lister, eine lange, aber nicht breite Ebene, innerhalb deren sich wieder die Berge erheben, ohne jedoch eine große Höhe zu erreichen.
Die dazwischenliegenden Thäler sind von der Natur meistens nur karg ausgestattet; nur eins unter ihnen hat eine bedeutende Länge, das weit in die Gebirge hineinschneidende Sätersdal, das von dem großen Fluß Otteraaen durchströmt wird, der an den Gebirgen südlich von Hardangervidda seinen Ursprung hat. In diesen Gegenden liegt Lindesnäs, der südlichste Punkt des norwegischen Landes. Westlich von diesem fängt wieder die beschützende Inselreihe an, während die Gebirge noch lange ihre niedrige, kahle und wenig ansprechende Form behalten.
Man nennt diese Plateaus Heier; keins darunter erhebt sich höher als 1500 m. Allmählich geht dies niedrige Plateauland in die zerrissenen Gebirge von Thelemarken über, die einen verwickelte Komplex bilden, unter dem sich der Gausta als ein isolierter Kegel bis 1890 m erhebt. Zwischen den Bergen [* 4] ziehen sich in allen Richtungen große Thäler hin, die von Flüssen und Seen ausgefüllt sind. Der Maanelv, einer dieser Flüsse, [* 5] bildet den großen Wasserfall Rjukan, 245 m hoch.
Von Thelemarken folgen nun aufeinander fünf große Hauptthäler: die alle ihre Wasser dem langen, von niedrigen und fruchtbaren Gegenden umgebenen Christianiafjord zuführen oder doch in der Nähe dieses ausmünden und in diesem konvergieren. Zuerst kommt, von W. angefangen, Numedalen, dessen Fluß Laagen aus einem kleinen See auf Hardangervidda ausfließt, dann Hallingdalen, das ebenso an dieser Hochebene anfängt, und Valdres mit dem vom Fillefjeld kommenden Fluß Bägna, ferner Gudbrandsdalen und das an Schweden [* 6] grenzende Österdal, die beide vom Dovrefjeld ausgehen.
Alle diese Thäler haben große Ähnlichkeit; [* 7] sie ziehen sich von der Wasserscheide zunächst als eine kleine Furche zwischen den umgebenden Gebirgen hin, weiten sich dann mehr und mehr aus, bis endlich, je mehr sie sich der Küste nähern, die Berge fast verschwinden und der Thalcharakter allmählich sich verliert. Diese östlichen Thäler, deren Natur von den westlichen Gegenden völlig verschieden ist, werden insgesamt unter dem Namen das östenfjeldske Norwegen (das östlich von den Gebirgen liegende) zusammengefaßt und bilden mit den westlichern Landschaften bis nach Lindesnäs (früher bis zur Ostgrenze Jäderens) das söndenfjeldske Norwegen. Die übrigen Teile (ursprünglich nur von Jäderen aus) wurden in alten Zeiten unter dem Namen des nordenfjeldsken Norwegen verstanden, dessen südlichere Landschaften (von Statt aus) jetzt jedoch gewöhnlich das westenfjeldske Norwegen genannt werden.
Diese Einteilung ist in den Naturverhältnissen begründet, wie auch die Teilung des Landes durch die überall auftretenden Gebirgsmassen eine große Verschiedenartigkeit der Sitten und des Charakters der Einwohner zur Folge hat. Im söndenfjeldsken Norwegen haben die Flüsse, unter denen der Glommen in Österdalen der größte ist, eine bedeutende Länge und bilden oftmals große Seen, die aber meistens mehr als Erweiterungen der Flüsse zu betrachten sind. So hat der größte aller Seen im östlichen Norwegen, Mjösen, der die Gewässer des aus dem Gudbrandsdal kommenden Laagen aufnimmt und sie wieder durch den Vormen dem Glommen zuführt, obschon er über 100 km lang ist, nur ein Areal von 364 qkm. Seine Ufer sind zum Teil niedrig und fruchtbar, besonders das südöstliche, wo sich die Ebenen von Hedemarken weithin ausdehnen. Diese Flüsse bilden auch mehrere Wasserfälle, z. B. der Glommen den 20 m hohen Sarpfoß, welche alle wasserreich, aber nicht so hoch sind wie die in Thelemarken und den westlichen Gegenden, wo Wasserfälle von 150-190 m nicht selten sind (Vettisfoß in Sogn, Wöringfoß und Ringedalsfoß in Hardanger). Dieser Reichtum an Wasserfällen bietet eine der eigentümlichen Schönheiten der norwegischen Landschaften.
Die klimatischen Verhältnisse Norwegens sind im Vergleich mit denen der übrigen Länder derselben Breite [* 8] außerordentlich günstig. Die Küste von Lindesnäs bis Statt hat eine mittlere Jahrestemperatur von + 7° C., und noch am Nordkap beträgt diese +2° C., bei Christiania [* 9] + 5,2° C. Die höchste Temperatur, die in Christiania beobachtet worden, ist +32° C. An der Westküste ist die Regenmenge sehr groß; am nördlichen Abhang des Jostedalsbräen beträgt sie sogar 2 m, in Christiania dagegen 538 mm, im nördlichsten Gudbrandsdal sogar nur 363 mm. Von Fruchtbäumen gedeihen Apfelbäume bis 65° 10' nördl. Br., Birnbäume bis 63° 52', Pflaumenbäume bis 64°, Kirschbäume bis 63° 35', Walnußbäume bis 63° 35' etc.
Areal und Bevölkerung.
Die Zahl der Bewohner hat sich in den letzten 50 Jahren ungemein stark vermehrt; sie betrug 1815: 885,431, 1825 aber bereits 1,490,047 Personen, während die Zählung vom eine ortsanwesende Bevölkerung [* 10] von 1,806,900 und eine Wohnbevölkerung von 1,818,853 Seelen ergab. Für 1880 berechnete man die Bevölkerung auf 1,913,000 Seelen. Areal (nach Strelbitsky, die offizielle Arealangabe beträgt dagegen 322,968 qkm) u. Bevölkerung verteilen sich auf die 20 Ämter Norwegens in folgender Weise: ¶
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Ämter | Areal in | Ortsanwesende Bevölkerung | ||
---|---|---|---|---|
QKil. | in QM. | 1875 | auf 1 QKil. | |
Christiania (Stadt) | 10.2 | 0.2 | 76054 | - |
Akershus | 5372.3 | 97.6 | 116365 | 21 |
Smaalenene | 4109.8 | 74.7 | 107804 | 26 |
Hedemarken | 26316.3 | 477.9 | 120618 | 5 |
Christiansamt | 26851.8 | 487.7 | 115814 | 4 |
Buskerud | 14867.9 | 270.0 | 102186 | 7 |
Jarlsberg und Laurvik | 2358.6 | 42.9 | 87506 | 37 |
Bratsberg | 15136.7 | 274.9 | 83171 | 5 |
Nedenäs | 10219.3 | 185.6 | 73415 | 7 |
Lister und Mandal | 6397.9 | 116.2 | 75121 | 12 |
Stavanger | 9278.7 | 168.5 | 110965 | 12 |
Söndre Bergenhus | 15120.3 | 274.6 | 119303 | 8 |
Bergen (Stadt) | 1.0 | - | 33830 | - |
Nordre Bergenhus | 18378.1 | 333.8 | 86208 | 5 |
Romsdal | 14709.3 | 267.1 | 117220 | 8 |
Söndre Trondhjem (Drontheim) | 18921.1 | 343.7 | 116804 | 6 |
Nordre Trondhjem (Drontheim) | 23115.0 | 419.8 | 82271 | 3 |
Nordland | 42401.4 | 770.1 | 104151 | 2 |
Tromsö | 24569.6 | 446.2 | 54019 | 2 |
Finnmarken | 47287.1 | 858.8 | 24075 | 0.5 |
Zusammen: | 325422.1 | 5910.3 | 1806900 | 5.5 |
Die Auswanderung ist von 3206 Personen im Jahr 1877 auf (1886) 15,158 gestiegen, doch war sie in den Jahren 1880-83 noch erheblich stärker. Die durchschnittliche Dichtigkeit beträgt noch nicht 6 Seelen auf das QKilometer, sie ist am stärksten in den Ämtern am Christianiafjord (Jarlsberg-Laurvik 37, Smaalenene 26 auf 1 qkm), am schwächsten in Finnmarken (0,5 auf 1 qkm). Die jährliche Zunahme beträgt etwa ⅔ Proz. Das weibliche Geschlecht überwiegt an Zahl, indem auf 100 Männer 103,6 Frauen kommen.
Die Hauptmasse der Nation (98,5 Proz.), die Norweger (Nordmänd), sind gleicher Abstammung mit den Schweden und Dänen. Sie haben eine mittlere Statur, ein langes, volles Gesicht, [* 12] einen starken Knochenbau, sind mäßig, arbeitsam, kühn, entschlossen, ehrlich, dienstfertig, gastfrei, lieben ihr Vaterland und sind stolz auf ihre Freiheit; sie sind vortreffliche Schützen und gute Soldaten, aber noch bessere Seeleute und vielleicht die besten Lotsen der Welt. Vor allem sind die Bewohner der Küste tüchtige Fischer.
Die Masse der Bevölkerung bilden die Landleute; diese sind entweder Gutsbesitzer (Selveiere) oder Pachter (Leiländinger, Bygselmänd, Forpagtere) und wohnen auf vereinzelten Höfen, nie in Dörfern zusammen. Kein Bauer hat einen Familiennamen, sondern er erhält bei der Taufe nur einen Taufnamen, den er dem Namen seines Vaters (im Genitiv) mit angehängtem »sen« oder »son« (»Sohn«) vorsetzt, z. B. Karl Persson bedeutet Karl, der Sohn des Peter. Diesem fügen sie aber immer den Namen des Hofs hinzu, wo sie leben.
Stolz und Biederkeit zeichnen die bäuerliche Bevölkerung aus; jedermann wird mit »Du« angeredet. Das Gefühl der Freiheit und Unabhängigkeit sowie die demokratische Verfassung des Landes erzeugen eine lebhafte Beteiligung an den öffentlichen Angelegenheiten. Die alten, nach den Landesteilen sehr verschiedenen Nationaltrachten sind jetzt nur noch spärlich zu sehen. Die städtische Bevölkerung unterscheidet sich kaum von der in andern Ländern. Die Schriftsprache stimmt fast ganz mit der dänischen überein; dagegen nähert sich die Sprache [* 13] der Landleute, besonders in entlegenern Gegenden, noch in hohem Grade dem Altnorwegischen.
Außer den Norwegern gibt es in den nördlichsten Teilen noch Finnen (hier Kväner genannt), die aus Finnland eingewandert sind und im höchsten Norden Ackerbau treiben, und Lappen (hier Finner genannt), welche teils von ihren Renntierherden leben, teils im Meer und in den Flüssen Fischerei [* 14] treiben. Die Zahl beider Volksstämme ist aber unbedeutend; 1875 betrug die kvänische Bevölkerung nur 7594, die finnische (lappische) 15,718 (darunter 1073 Nomaden). Außer diesen gab es 8396 Mischlinge und einige hundert umherstreifende »Fanter« oder Tataren, die als heimatlos bei der Volkszählung gar nicht berücksichtigt sind. In kirchlicher Hinsicht ist Norwegen jetzt in sechs Stifter eingeteilt, deren Grenzen [* 15] nicht immer mit denen der Ämter übereinstimmen.
Diese Stifter sind: Christiania, Hamar (von Christiania 1864 abgeschieden), Christianssand, Bergen, Drontheim und Tromsö. Jedem Stift steht ein Bischof vor, welcher die Oberaufsicht über die Geistlichkeit sowie über das Schul- und Armenwesen führt, auch mit dem Stiftsamtmann die Stiftsdirektion (s. unten) bildet. Unter den Bischöfen stehen die (83) Pröpste und unter diesen die Pastoren und die Kapläne, die den Pastoren bisweilen adjungiert sind. Die Pfarrhöfe sind größtenteils reichlich mit Äckern, Wiesen und Wäldern ausgestattet; Patronatsrechte sind nicht vorhanden. Die evangelisch-lutherische Lehre [* 16] bildet zwar die Staatsreligion, zu welcher sich die überwiegend große Mehrheit der Nation bekennt; doch herrscht jetzt unbegrenzte Religionsfreiheit. Man zählte 1875: 1,800,864 Lutheraner, 4891 Sektierer, 502 Katholiken, 34 Juden, 542 Mormonen etc.
Die Norweger stehen auf einer hohen Stufe der Bildung; fast jedermann kann wenigstens lesen und schreiben, und gelehrte Norweger gibt es in allen Fächern des Wissens; auch als Künstler zeichnen sie sich aus. Es gibt eine reichdotierte Universität in Christiania (gestiftet 1811), 20 gelehrte und Realschulen und 39 höhere Bürgerschulen. Die Anzahl der niedern Schulen betrug 1875 auf dem Land 6397 (1878: 6408) und in den Städten 123 mit 3942 Lehrern und Lehrerinnen.
Für die Bildung der Lehrer sorgen mehrere Seminare. Auch Fachschulen, Bibliotheken, Sammlungen, wissenschaftliche Vereine etc. sind vorhanden. Zeitungen und Zeitschriften erscheinen in Norwegen (1880) 240, davon 98 in Christiania. Die überwiegende Mehrzahl der Städte (Kaufstädte, Kjöbstäder), deren Gesamtzahl jetzt über 40 beträgt, liegt an geeigneten Stellen am Meer; ja, mit Ausnahme der beiden Bergstädte Kongsberg und Röraas, von denen letztere jedoch den Städten nicht beigezählt wird, gab es bis vor kurzem im Innern gar keine Städte; erst in den letzten Dezennien, seit der Anlage fahrbarer Wege und der Eröffnung regelmäßiger Dampfschiffahrten auf den größern Seen, sind in den Ämtern Hedemarken, Christians und Buskerud fünf Ortschaften (Kongsvinger, Hamar, Lillehammer, Gjövik und Hönefos) zu Kaufstädten erhoben worden.
Außer diesen Kaufstädten gibt es an der Küste, wo gute Häfen sind, 20 Ladestellen (Ladesteder), die ebenfalls mit zu den Städten gerechnet werden, sowie auch Strandstellen, Handelsplätze und Fischerdörfer, von denen viele sich nach und nach zu Städten erheben und dann von dem Storthing mit Stadtprivilegien versehen werden. Die gesamte städtische Bevölkerung betrug 1885: 433,000, nur 21 Proz. der gesamten Einwohnerschaft. Ende 1875 unterschied man hinsichtlich des Berufs:
Selbständige | Gehilfen u. Arbeiter | |
---|---|---|
beim Ackerbau thätig | 114688 | 71529 |
in Jagd und Fischerei thätig | 29908 | - |
in Bergbau u. Industrie thätig | 65348 | 63336 |
in Handel und Verkehr thätig | 18004 | 53399 |
als Tagelöhner | 33078 | |
als Dienstboten | 149052 |
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