England. Als sein jüngster Sohn,
Johann ohne Land, nach dem
Tod seiner
Brüder,
Richards I. und
Gottfrieds vonBretagne, des letztern
Sohn
Arthur aus dem
Besitz des Herzogtums Normandie verdrängte und ermorden ließ, erhob der französische König
PhilippAugust auf
dasselbe als auf ein französisches
Lehen Anspruch und eroberte es 1204. Die hierauf folgenden
Kämpfe
zwischen
England und
Frankreich endeten damit, daß
Heinrich III. 1259 die Normandie förmlich an
Ludwig den
Heiligen von
Frankreich abtrat.
Am gab
Ludwig X. der Normandie einen Freiheitsbrief
(Charte normande,
Ch. aux Normands), wonach das Herzogtum seine eigne
Gerichtsbarkeit und Rechtsverfassung behalten sollte.
Eduard III. von
England eroberte die Normandie 1346,
Heinrich V. 1417 bis 1419; doch ward sie schon 1450 von
Karl VII. wieder für
Frankreich
gewonnen, bei dem sie seitdem verblieb. In der ersten Zeit des
Besitzes hießen die Thronerben von
FrankreichHerzöge von der
Normandie, welcher
Titel nachher durch den
TitelDauphin verdrängt wurde.
Vgl. Licquet,Histoire de la Normandie (Par.
1835, 2 Bde.);
KarlFriedrich Lebrecht,
Graf von, geb. zu
Stuttgart,
[* 8] trat 1799 in österreichischen, 1803 in
württembergischen Militärdienst und schwang sich in den
Feldzügen von 1806 und 1809 zum Obersten auf.
In dem russischen
Feldzug von 1812 befehligte er das Leib-Chevau-legers-Regiment und 1813 als
General eine
BrigadeReiterei, welche 17. Juni an dem
auf
Arrighis Befehl erfolgten hinterlistigen
Angriff auf die Lützowsche
Freischar beiKitzen teilnahm.
die germanische
Bevölkerung
[* 12]
Skandinaviens, vorzugsweise aber jene kühnen Seeräuberscharen,
welche von den skandinavischen
Küsten aus geraume Zeit die
Küsten des
Abendlandes heimsuchten und von den
Deutschen und
Franzosen
Normannen, von den Engländern
Dänen, von den
Iren Ostmannen genannt wurden. Die Veranlassungen zu jenen Raubzügen,
welche die normännischen »Wikingar«, d. h.
Krieger, wie sie sich selbst nannten, unter Anführern
(See- oder Heerkönigen) in kleinen
Schiffen über das
Meer unternahmen,
waren die
Unfruchtbarkeit der
Heimat, das
Erbrecht, welches die jüngern
Söhne auf Seeraub und
Heerfahrten anwies, dann auch
der angestammte
Wandertrieb der
Germanen, Lust nach Waffenruhm,
Abenteuern und
Beute, endlich auch Unzufriedenheit
mit der Begründung von Königsherrschaften in
Skandinavien.
Für ehrenvoll galten nur die
Fahrten unter der
Führung von Seekönigen, welche an
Kraft
[* 13] und
Abhärtung den
Gefährten vorangehen
mußten; »nur wer nie unter rauchgeschwärzten
Balken schlief, nie am häuslichenFeuer sein
Trinkhorn leerte,
glaubte Seekönig heißen zu dürfen«.
IhreSchiffe,
[* 14] die »schaumhalsigen Wellenrosse«, waren so klein, daß eine
Räuberschar oft 300-400 brauchte, und hatten nicht einmal ein
Verdeck. Dafür konnten sie mit ihnen die kleinsten
Flüsse
[* 15] befahren, sie auch über Land tragen. Sie kämpften auch zu Land auf erbeutetenPferden und erlernten
bald die Belagerungskunst. Anfangs zogen sie bloß im
Sommer aus; wenn der
Winter kam und ihr
Durst nach Thaten und
Beute gestillt
war, kehrten sie in die
Heimat zurück.
Bald begannen sie jedoch an den Mündungen der
Flüsse und auf
Inseln feste Niederlassungen
zu gründen, und zu größern Kriegsheeren vereinigt, wurden sie kühne Eroberer und
Gründer neuer
Reiche.
Schon zu
Karls d. Gr.
Zeiten suchten sie die
Küsten des
Frankenreichs heim; der berühmte Normannenheld Ragnar Lodbrok, der in
England in einer Schlangengrube endete, war ein Zeitgenosse
Karls, der zum
Schutz der
Küsten seines
ReichsBefestigungen anlegen
und eineFlotte erbauen ließ. Besonders aber wurden die
Niederlande
[* 16] und
Frankreich nach seinem
Tod von den
Raubzügen der Normannen betroffen, und zwar drangen dieselben auf ihren leichten, flachen Fahrzeugen die
Flüsse hinauf tief in
das
Innere des
Landes ein, plünderten
Städte und
Dörfer aus und schleppten deren Bewohner als Sklaven mit sich
fort oder mordeten sie. Die innern Zwistigkeiten im fränkischen
Reich und die
Schwäche der karolingischen
Könige, namentlich
Karls des
Kahlen, erleichterte ihnen ihre
Unternehmungen. Unter diesem faßten sie zuerst an verschiedenen
Stellen in
Frankreich
festen
Fuß, auf der
InselOissel an der Seinemündung, auf
Noirmoutier an der Loiremündung, und unternahmen
von beiden
Punkten aus nach allen
Richtungen hin Beutezüge; dreimal eroberten sie
Paris
[* 17] (845, 857, 861),
¶
Karl erkaufte 886 ihren Abzug durch Geld und Gebietsabtretung. Hierdurch nur zu neuen Unternehmungen angelockt,
erlitten sie erst durch Arnulf bei Löwen
[* 29] an der Dyle eine Niederlage (891), die wenigstens Deutschland vor ihren seinen Raubzügen
sicherstellte. Um so schlimmer hausten sie nun in Frankreich. Seit 900 drang eine Schar Normannen unter einem Häuptling, Rollo (Rolf)
aus Möre in Norwegen,
[* 30] auf der Seine zu wiederholten Malen bis Paris vor und setzte sich in Rouen fest. Um
sich vor ihnen zu sichern, vermählte Karl der Einfältige 912 seine Tochter Gisela mit Rollo und überließ diesem zugleich
das Gebiet der untern Seine zur Niederlassung (s. Normandie), nachdem derselbe den Lehnseid geleistet und mit
dem Christentum den NamenRobert angenommen hatte. Fortan dienten die Normannen als eine starke Schutzwehr gegen feindliche Angriffe
und nahmen sehr rasch französische Sprache und Sitten an.
Vgl. Depping, Histoire des expéditions maritimes des Normands et
leur établissement en France au X. siècle (2. Aufl., Par. 1843).
Länger als Frankreich hatte England von den Raubzügen der Normannen zu leiden. Nach dem Tode des angelsächsischen
KönigsEgbert (836) setzten sie sich in Northumberland und Mercia fest, und ihre Macht wuchs durch neue Ankömmlinge aus der
Heimat zu einer für die Unabhängigkeit der Sachsen
[* 31] sehr gefährlichen Höhe empor. Die Tapferkeit und Weisheit
des KönigsAlfred d. Gr. (871-901) beseitigte dies Übergewicht der fremden Eindringlinge, doch
brachen dieselben unter seinen Nachfolgern von neuem herein.
Der dänische König Sven entriß nach der großen Niedermetzelung der Normannen in England in der St. Bricciusnacht dem
angelsächsischen König Ethelred (978-1016) den größten Teil des Landes, und Svens Sohn Knut d. Gr.,
der schon König von Dänemark
[* 32] und Norwegen war, ward nach der Ermordung des KönigsEdmund Eisenseite (1016) alleiniger Herrscher
von England. Nach seinem Tod 1035 ward von der NationEthelreds Sohn Eduard der Bekenner auf den Thron
[* 33] von England erhoben.
Dieser aber, welcher keinen Leibeserben hatte, ernannte den ihm befreundeten und verwandten HerzogWilhelm von
der Normandie, einen Nachkommen Rollos, zu seinem Nachfolger, der 1066 mit 60,000 normännischen Kriegern in England landete,
den von den Angelsachsen auf den Thron erhobenen König Harald bei Hastings14. Okt. besiegte und England der Herrschaft der französischen
Normannen unterwarf. Die Sachsen traf das Los der Knechtschaft, bis im Lauf der Zeit beide Völker in eins verschmolzen.
Vgl. Wheaton, History of the Northmen from the earliest times to the conquest of England (Lond. 1831);
Durch Zuzug aus der Heimat verstärkten sie sich, und namentlich unter den zehn Söhnen Tancreds von Hauteville
dehnten sie ihre kriegerischen Unternehmungen aus. 1038 verbanden sie sich mit den Griechen, um den Sarazenen die InselSizilien
[* 38] zu entreißen. Durch ihre ritterliche Tapferkeit gelang es ihnen, die Sarazenen zu überwinden; als aber die Griechen ihren
tapfern Bundesgenossen allen Anteil an der Beute verweigerten, bemächtigten sich diese mit Waffengewalt
Apuliens (1040-1043) und teilten es als erobertes Land unter sich, wobei sie den tapfern Wilhelm Eisenarm zum Grafen von Apulien
erwählten.
und früh hatten sie sich die das Baltische Meer umwohnenden
Völker, Finnen, Esthen, Slawen, zinspflichtig gemacht. Sie wurden hier »Eidgenossen«, Varinger
(Waräger), genannt. Die slawischen Stämme im Südosten des FinnischenMeerbusens, unter sich uneins, beschlossen im 9. Jahrh.,
sich freiwillig unter die Herrschaft der Normannen zu stellen. Sie schickten eine Botschaft an die Waräger-Russen und luden sie ein,
über sie zu gebieten. Die Russen, unter Führung der drei BrüderRurik, Sineus und Truwor, folgten dem
Ruf, und nach dem Tod seiner Brüder wurde Rurik (gest. 879), der seinen Sitz in Nowgorod (Holmgard) aufschlug, der alleinige
Gebieter des neuen, »Rußland« genannten Reichs, über welches seine Nachkommen 700 Jahre geherrscht haben. Die
Varinger bildeten den bevorzugten Kriegsstand, der sich durch neue Zuzüge aus der Heimat immer wieder verstärkte, die Chasaren
unterwarf, Kiew
[* 40] (Kiänugard) eroberte und bereits 865, auf 200 Ruderbooten den Dnjepr¶