Schießpulver
[* 2] bei weitem, weil seine
Zersetzung in weit kürzerer Zeit verläuft. Das
Verhältnis der größten Pressungen bei
Explosionen im geschlossenen
Raum verhält sich etwa wie 100:8, und diesem
Verhältnis ist etwa die Sprengwirkung gegen sehr
feste
Substanzen proportional, während sich in weichen
Substanzen
(Erde) das Kraftverhältnis zu gunsten desSchießpulver
ändert. Am auffälligsten aber ist das Übergewicht des Nitroglycerins bei Sprengungen mit offen liegenden
Ladungen. Nitroglycerin wurde 1847 von
Sobrero entdeckt und 1862 von dem
Schweden
[* 3] E.
Nobel als Sprengmittel empfohlen
(NobelschesSprengöl) und fand bald weite Verbreitung.
Vielfache Unglücksfälle bei der
Darstellung und Handhabung des
Öls
[* 4] führten zu verschiedenen
Vorschlägen,
das
Präparat für den
Transport und die
Aufbewahrung unexplodierbar zu machen; auch wurde empfohlen, es am Gebrauchsort jedesmal
frisch in kleinen,
nur für einen
Tag ausreichenden
Quantitäten herzustellen. Es wurde aber vollständig aufgegeben, als
Nobel 1864 entdeckte,
daß es, mit porösen
Körpern gemischt,
Explosivstoffe gibt, welche alle Vorzüge des Nitroglycerins besitzen,
aber viel weniger gefährlich sind.
Diese neuen
Explosivstoffe sind die
Dynamite. Man benutzt zur Herstellung des
Dynamits gewöhnlich
Kieselgur, welche 3 Teile
Nitroglycerin aufnimmt. Es bildet eine graubraune, geruchlose, fette, teigartige
Masse vom spez. Gew. 1,6, explodiert nicht durch
Stoß, verbrennt im offenen
Raum oder in der üblichenVerpackung ohne
Explosion und zeichnet sich vor
Schießpulver
durch große Arbeitsersparnis, große
Beschleunigung der
Arbeit und Ersparnis von Sprengmaterialkosten aus.
Dynamit ist viermal teurer, leistet aber achtmal mehr als
Schießpulver. Man benutzt es in geleimten Papierpatronen und entzündet
es mittels
Zündschnur und eines auf diese aufgeschobenen und festgekniffenen Patentzündhütchens. Dies versenkt
man 3
cm tief in das
Dynamit, drückt dann letzteres fest an und schließt die
Patrone mit einem Papierstöpsel. Der Besatz
wird aus losem
Sand hergestellt. Gefrorne Dynamitpatronen sind in der Handhabung sehr gefährlich und explodieren oft beim
Herabfallen.
Indem man die
Kieselgur durch andre poröse
Körper ersetzte, hat man mehrere
Sorten von
Dynamit hergestellt
und unter Zusatz andrer
Substanzen zahlreiche Sprengmaterialien erhalten. So ist der
Lithofrakteur dem
Dynamit ähnlich zusammengesetzt;
Sebastin, Serranin scheinen dualinähnliche Mischungen zu sein etc. Eine eigentümlich zubereitete
Kollodiumwolle (in
Äther lösliche
Schießbaumwolle) löst sich in Nitroglycerin und bildet eine gelatine- oder gummiartige
Masse, welche
gegen
Wasser und mechanische
Impulse sehr unempfindlich ist und eine Sprengkraft besitzt, welche die des besten
Dynamits und
der komprimierten
Schießbaumwolle sehr bedeutend übertrifft.
Dies
Präparat kommt als
Sprenggelatine zur
Anwendung. Löst man weniger als 7-8 Proz.
Schießbaumwolle in Nitroglycerin, so entsteht ein
Sirup, der viel weniger poröses
Pulver braucht,
um eine pulverige
Masse zu liefern. Auf diese
Weise kann man
Dynamite herstellen, die das Nitroglycerin im
Wasser und unter
Druck fester halten als das Kieselgurdynamit und in ihrer Wirkungsart sich beliebig modifizieren lassen, so daß man
neben der starken brisanten auch eine schiebende
Wirkung erreichen kann.
Die Gelatinedynamite dürften daher das Kieselgurdynamit
mehr und mehr verdrängen. Nitroglycerin dient auch als
Arzneimittel gegen
Migräne, hysterische
Krämpfe,
Schwindel, manche Herzkrankheiten,
Nierenleiden etc.
Vgl.
Sprengstoffe und die dort angegebene Litteratur.
Letztere liefern unter Einwirkung reduzierender
SubstanzenAlkohole und
Ammoniak; in den eigentlichen Nitrokörpern dagegen
wird die
Gruppe NO2 durch NH2 ersetzt, und so entsteht z. B. aus
Nitrobenzol C6H5NO2 das
Anilin C6N5NH2 . Viele Nitrokörper sind ausgezeichnet durch die Heftigkeit, mit welcher
sie explodieren
(Nitrocellulose oder
Schießbaumwolle,
Nitroglycerin,
Nitromannit etc.), andre wie
Nitrobenzol, Nitronaphthalin
etc., haben große Bedeutung für die Farbenindustrie gewonnen.
kompliziert zusammengesetzte
Verbindungen, welche auf verschiedene
Weise aus Cyanverbindungen entstehen.
Aus gelber Blutlaugensalzlösung, die mit rauchender
Salpetersäure behandelt, dann mit
Soda neutralisiert und durch
Kristallisation
von dem gebildeten salpetersauren
Kali befreit wurde, kristallisiert Natriumnitroprussid in rubinroten,
luftbeständigen
Kristallen.
Auch die daraus zu gewinnende Nitroprussidwasserstoffsäure bildet dunkelrote
Kristalle.
[* 8]
Wahrheit von dieser selbst, die Theologie teils vom Buchstabenglauben zu befreien, teils den naturalistischen Neigungen der
Zeit entgegenzuwirken; so in seinen Schriften: »De revelatione religionis externa eademque publica« (Leipz. 1808);
»De discrimine
revelationis imperatoriae et didacticae« (Wittenb. 1830, 2 Bde.).
Vgl. Hoppe, Denkmal des verewigten Nitzsch (Halle 1832).
2) KarlImmanuel, protest. Theolog, Sohn des vorigen, geb. zu
Borna, habilitierte sich 1810 in Wittenberg, ward 1811 Diakonus an der Schloßkirche und wirkte seit 1817 auch an dem von seinem
Vater geleiteten Predigerseminar. 1820 ward er Propst in Kemberg, und 1822 folgte er einem Ruf als Professor und
Universitätsprediger nachBonn.
[* 15] 1843 zum Oberkonsistorialrat ernannt, wirkte er auf der preußischen Generalsynode von 1846,
ging 1847 als Professor, Universitätsprediger und Mitglied des Oberkirchenrats nach Berlin,
[* 16] wo er 1855 auch Propstan St. Nikolai
wurde und, seit zwei Jahren im Ruhestand, starb.
Nitzsch war der persönlich bedeutendste Vertreter der sogen. positiven evangelischen
Union und hat auch ein »Urkundenbuch« (Bonn 1853) derselben herausgegeben.
Nach seinem Tod erschienen aus seinem Nachlaß: »Geschichte des deutschen Volkes bis zum AugsburgerReligionsfrieden« (hrsg. von Matthäi, Leipz. 1883 bis 1885, 3 Bde.)
und »Geschichte der römischen Republik« (hrsg. von Thouret, das. 1884-85, 2 Bde.).