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Museum, beide zu Leiden, [* 2] etc. Im Buchhandel haben die Niederlande [* 3] in den ersten Jahrhunderten nach Erfindung der Buchdruckerkunst eine bedeutende Rolle gespielt. Die Preßfreiheit hat von jeher daselbst bestanden; die Tagespresse hat seit der Abschaffung der Zeitungsstempelsteuer (1869) qualitativ und quantitativ eine höhere Stufe erreicht. Man zählt wenigstens 400 Buchdruckereien und 800 Buchhandlungen, wovon ein Drittel Verlagsgeschäfte sind. Hauptsitz des Buchhandels ist Amsterdam. [* 4]
Der Wert der zum Verbrauch eingeführten Bücher betrug 1882: 1,698,027 Gulden (1866: 838,537), der aus dem freien Verkehr ausgeführten: 642,747 (1866: 537,386 Guld.). Die Medizinalpolizei wird geübt von 13 Medizinalkommissionen, je 2 in den Provinzen Süd- und Nordholland und einer in jeder der übrigen 9 Provinzen. Von Wohlthätigkeitsanstalten unterscheidet man vier Arten: Staats-, Provinzial- und Gemeindeanstalten;
Anstalten der kirchlichen Vereine;
Anstalten von Privatpersonen und besonderer nicht kirchlicher Vereine;
Anstalten gemischten Charakters.
Hervorstechende Züge des niederländischen Volkscharakters sind: Liebe zur Freiheit, Beharrlichkeit, Gastfreundschaft, Mildthätigkeit, Ehrlichkeit, Treue und Ordnungsliebe in Geschäften, welch letztern Tugenden die Nation ihren guten Ruf in der Handelswelt verdankt;
ferner Arbeitsamkeit, Sparsamkeit, Reinlichkeit und Einfachheit.
Das holländische Phlegma besteht eigentlich mehr in der Langsamkeit, womit der Niederländer einen Entschluß faßt und sich an eine Unternehmung wagt. Es wird in den Niederlanden nur eine Sprache [* 5] gesprochen, die niederländische, ein Zweig der altgermanischen, in den einzelnen Provinzen jedoch in verschiedenen Dialekten; nur die Bauern in Friesland sprechen noch einen Dialekt des Altfriesischen, der zwischen dem Angelsächsischen und Niederländischen die Mitte hält. Wenige Nationen lernen so schnell fremde Sprachen wie die Niederländer; fast alle Gebildeten sprechen französisch, deutsch und englisch.
Ackerbau und Viehzucht.
Wiewohl in den Niederlanden die Landwirtschaft mit Fleiß und Sorgfalt betrieben wird, so reicht die Bodenproduktion doch nicht zur Ernährung der Bevölkerung [* 6] hin, was seinen Grund besonders darin hat, daß (1885) 34,6 Proz. der Gesamtfläche zur Viehzucht [* 7] verwendet werden, auch ein beträchtlicher Teil derselben mit Flachs, Hanf, Tabak, [* 8] Blumen etc. bebaut wird. Das Ackerland beträgt nur 26,1 Proz., die Obst- und Gemüsegärten 0,8 Proz., die Waldungen 6,9 Proz. des Areals.
Die fruchtbarsten Gegenden sind die mit alluvialem Boden. Weizen wird am meisten in Zeeland, Südholland, Limburg [* 9] und im südlichen Teil des Gelderlands, Roggen in Groningen, Drenthe, Nordbrabant, Gelderland, Overyssel und Limburg, Buchweizen in Drenthe, Gelderland, Utrecht [* 10] und Nordbrabant gebaut. Die besten Kartoffeln liefern die zeeländischen und südholländischen Inseln, die Betuwe, die Veluwe und der Bommeler Waard in Gelderland, Friesland und sehr schmackhafte, aber sehr wenige und kleine der Dünenboden. 1885 waren mit Feldfrüchten und Handelsgewächsen 860,137 Hektar bebaut.
Die Ernte [* 11] lieferte 1885: 2,233,000 hl Weizen, 4,079,000 hl Roggen, 1,829,000 hl Gerste, [* 12] 4,595,000 hl Hafer, [* 13] 464,000 hl Buchweizen, 733,000 hl Bohnen, 415,000 hl Erbsen, ca. 24 Mill. hl Kartoffeln. Während die Hauptgattungen von Cerealien und Hülsenfrüchten in allen Provinzen gebaut werden, beschränkt sich der Anbau von Krapp (1885: 1,210,000 kg), der jährlich stark abnimmt, auf Nordbrabant, Nord- u. Südholland und Zeeland, der Zichorie (28½ Mill. kg) auf Friesland, Groningen, Limburg und Nordbrabant, des Hanfs auf Nordbrabant, Südholland, Utrecht und Limburg, des Hopfens (183,000 kg) auf einige Gegenden in Gelderland und Nordbrabant, des Tabaks (2,7 Mill. kg) auf Gelderland und Utrecht (Valburg, Wageningen, Amersfoort und Rhenen), des Spelzes auf Nordbrabant, Südholland und Limburg, des Flachses hauptsächlich auf Nordbrabant, Süd- und Nordholland, Zeeland und Friesland, der Ölsamenpflanzen auf Groningen, Friesland, Nord- und Südholland, Nordbrabant und die Betuwe.
Unter den Spezereisamen werden Feldkümmel, Koriander und Anis in Nordholland und Friesland, Kanariensame in Nordbrabant und Friesland am meisten gebaut. Bohnen werden besonders in Groningen, Friesland, Südholland und Zeeland gezogen. Die Wiesen und Heuländereien nehmen (1885) 1,137,749 Hektar ein (am bedeutendsten sind sie in Friesland, Nord- und Südholland und Gelderland). Unter den Futterkräutern sind, außer Gras und Heu, hervorzuheben roter und weißer Klee und Rüben, die auch zur Zuckerfabrikation benutzt werden.
Der Ackerspargel wird gewöhnlich als zweite Frucht nach dem Roggen gesäet. Im allgemeinen hat die Landwirtschaft in den Niederlanden in neuerer Zeit einen bedeutenden Aufschwung genommen, besonders infolge des vortrefflichen Kanal- und Trockenlegungssystems. Ein bisheriges Haupthindernis für den noch raschern Aufschwung der Landwirtschaft, der Zehnte, ist zufolge des Gesetzes von 1872 beinahe verschwunden; 1883 wurden für 52,857 Gulden, 1884 für 72,881 und 1885 für 52,634 Guld. abgelöst.
Der Gartenbau blüht besonders in Süd- und Nordholland, Utrecht und einem Teil von Gelderland, neuerdings auch in Friesland und Nordbrabant. Obst, namentlich Kirschen, Äpfel und Birnen, gedeihen am besten in Gelderland, Utrecht, Südholland und Limburg, Erdbeeren in dem Westland und der Gegend von Boskoop (Südholland), bei Aalsmeer (Nordholland) und bei Breda (Nordbrabant). Die Blumenzucht in Nord- und Südholland, namentlich in der Gegend von Haarlem [* 14] und Noordwijk, ist seit Jahrhunderten berühmt; neuerlich legt man sich mit gutem Erfolg auch in der Gegend von Utrecht, Arnheim und Breda auf dieselbe.
Eine der wichtigsten Quellen des Naturreichtums bildet die Viehzucht. Ende 1885 zählte man 269,100 Pferde, [* 15] 1,510,100 Stück Rindvieh, 774,100 Schafe, [* 16] 158,900 Ziegen, 442,000 Schweine. [* 17] Von den Pferden stehen die gekreuzten Butjadinger und Gelderner Rassen am höchsten im Preis. Auch in Südholland und Overyssel hat die Pferdezucht [* 18] in den letzten Jahren sehr zugenommen. Gute und starke Zugpferde liefert Friesland, gute Ackerpferde Zeeland. Die Rindviehzucht hat in den letzten Jahren infolge der Ausfuhr nach England, Deutschland [* 19] und Frankreich sehr zugenommen, sowohl an Zahl als, durch Rassenkreuzung, an Wert.
Das Rindvieh wird viel mit englischen Rassen gekreuzt, in den übrigen Provinzen mit den Rassen Nord- und Südhollands, wo das fetteste und schwerste Vieh gezogen wird. Die Schafzucht wird am meisten betrieben auf der Insel Texel und auf dem Heideboden von Friesland, Drenthe und der Veluwe (Gelderland). Ziegen werden am meisten in den Provinzen Nordbrabant, Limburg und Gelderland gehalten; die Zahl derselben war 1853-85 von 99,500 auf 158,900 Stück gestiegen. Die Schweinezucht ist in Gelderland, Nordbrabant und Limburg am bedeutendsten. Hühner- und Taubenzucht ist ¶
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allgemein verbreitet. Bienenzucht, [* 21] auf dem Buchweizen- und Heideboden betrieben, bildet zwar nirgends einen Haupterwerbszweig, doch schätzt man den Wert der gesamten Bienenstöcke auf 1,541,257 Gulden.
Fischerei und Forstwirtschaft.
Die Fischerei beschäftigte und ernährte früher ca. 100,000 Menschen. Wiewohl jetzt andre Nationen, namentlich die Schotten und Norweger, bedeutende Konkurrenz machen, so behauptet doch der holländische Hering noch seinen alten Ruhm. Die große oder Salzheringsfischerei wurde 1886 mit 190 Schiffen und 272 Booten betrieben, von denen die größere Hälfte von Vlaardingen aus bemannt wurde, und lieferte einen Ertrag von 374,000 Ton. Salzheringen und 74 Mill. geräucherten Heringen.
Sie beginnt Ende Juni und endigt im November oder Dezember. Die kleine oder frische Heringsfischerei wird an der Küste der Nordsee von Scheveningen, Katwijk, Noordwijk und Egmond am See aus von August bis November oder Dezember betrieben. Der Wert der in der Nordsee gefangenen Heringe belief sich 1886 auf 4 Mill. Guld. Die Fischerei [* 22] mit Schleppnetzen, die besonders auf Schollen, Thunfische und Steinbutten gerichtet ist, brachte 1886: 321,104 Guld. ein. Die Fischerei mit Kabeljaunetzen und Angelschnuren auf Kabeljaus, Schell-, Kohl-, Kehl- und Lappfische etc. gab 1882 einen Ertrag von 30,011 Ton. im Wert von 30,124 Guld. Die Zuiderseefischerei bringt vornehmlich Bratheringe (1885: 13 Mill. Stück), Anchovis (85,000 Anker), [* 23] Butten (2 Mill.), Aale und Garneelen ein.
Die Muschelfischerei wird vornehmlich auf Texel und zu Egmond am See, der Austernfang (1886: 28 Mill. Stück, wovon die Hälfte nach England ausgeführt wurde) auf Texel und in Zeeland getrieben. Die binnenländische Süßwasserfischerei hat in den letzten drei Jahrzehnten infolge der vielen Austrocknungen zwar an Bedeutung verloren, liefert jedoch noch viele Lachse, Aale, Hechte, Barsche, Plötzen etc. Die Ausfuhr von Fischen nach Deutschland und Belgien [* 24] hat infolge des Eisenbahnverkehrs bedeutend zugenommen.
Was die Forstwirtschaft betrifft, so ist Gelderland diejenige Provinz, welche am meisten Bau- und Brennholz liefert, und wo sich auch einige Waldungen finden. Das meiste Schiffbauholz kommt teils von den Ostseeländern, teils auf großen Flößen den Rhein herab. 1884 betrug die Einfuhr an Schiffbau- und Zimmerholz 707,925 Ton., die Ausfuhr 198,054 T. Der Holzbestand nimmt in denjenigen Provinzen, wo, wie in Nord- und Südholland, infolge des steigenden Wertes der Produkte des Landbaues und der Viehzucht der Wald mehr und mehr in Ackerland und Wiesen verwandelt wird, mit jedem Jahr ab, während in andern Provinzen, wo, wie in Nordbrabant, Gelderland, Drenthe und Limburg, viel Heideboden kultiviert wird, die Holzanpflanzungen zunehmen. Die Jagd ist wegen den geringen Waldungen unbedeutend und beschränkt sich auf Hasen, Kaninchen, [* 25] Rebhühner, Schnepfen, Haselhühner, Enten, [* 26] Gänse etc. Rehe und Hirsche [* 27] finden sich noch in Gelderland und Overyssel, Fasanen ebendaselbst und in der Provinz Utrecht, Kaninchen hauptsächlich in den Dünen.
Bergbau und Industrie.
Wegen des Mangels an Holz [* 28] sind die Niederlande vornehmlich auf Steinkohlen und Torf als Brennmaterial angewiesen. Eigne Steinkohlen verbraucht nur Limburg, doch reicht die Produktion (in Kerkrade) für den Bedarf dieser Provinz bis jetzt bei weitem nicht aus. Die übrigen Provinzen beziehen ihren Bedarf an Steinkohlen meistens aus England (Newcastle), [* 29] Preußen [* 30] (von der Ruhr) und Belgien. Deshalb steht einer Einfuhr 1884 von 4¾ Mill. Ton. eine Ausfuhr von 863,211 T. gegenüber.
Der Torfboden wird in regelmäßigen und unregelmäßigen eingeteilt, welch letzterer den Torf in geringerer Qualität und in kleinern Partien liefert. Es gehören hierzu die Torfmoore in Nordbrabant, Gelderland, Zeeland, in der Gegend von Amersfoort in der Provinz Utrecht, in einem Teil von Overyssel, in den Bezirken Alkmar und Hoorn in Nordholland und in einigen Teilen von Südholland. Der gesamte Torfboden lieferte 1864: 42 Mill. Ton. Seit dieser Zeit fehlen statistische Angaben, weil bald darauf die Steuer auf den Torf abgeschafft wurde.
Die Produktion hat sich indessen stark vermehrt; ⅚ der ganzen Torfproduktion kommen auf die vier nördlichen Provinzen des Landes, wo sich der hohe Torfboden befindet. An Metallen sind die Niederlande sehr arm; es gibt nur vier Schmelzöfen, zu Ulft, Kappel, Wisch (Terborg) in Gelderland und zu Deventer in Overyssel, die aus der Nachbarschaft bezogenes Eisenerz verarbeiten und jährlich ungefähr 3 Mill. kg Eisen [* 31] zu einem Wert von 200,000 Guld. produzieren. Das aus der Nachbarschaft von Hellendoorn (Overyssel) bezogene Eisenerz wird nach den Öfen [* 32] in Westfalen [* 33] versandt.
Hinsichtlich der industriellen Thätigkeit sind die statistischen Angaben unvollständig. Daß die Industrie im Steigen begriffen ist, beweist die zunehmende Anwendung von Dampfmaschinen. [* 34] Man zählte Ende 1853: 507 Dampfkessel, [* 35] Ende 1886 aber 4126, wobei die Lokomotiven nicht mitgerechnet sind. Die »Niederländische [* 36] Gesellschaft zur Beförderung der Industrie« macht sich durch Ausstellungen, Versendung von Proben, Prämienverleihungen etc. sehr verdient. Es besteht volle Gewerbefreiheit.
Hauptfabrikorte sind: Amsterdam, Haarlem, Rotterdam, [* 37] Schiedam, Leiden, Dordrecht, [* 38] Haag, [* 39] die Zaandörfer (Zaandam, Zaandijk, Wormerveer etc.), Hilversum im Gooiland (Nordholland), Utrecht, Amersfoort, die Städte und Dörfer in Twenthe (östlicher Teil von Overyssel), Tilburg, Herzogenbusch, Eindhoven und die Dörfer in der Langstraat (Nordbrabant), Maastricht, [* 40] Roermonde. Von 600-700 Schiffswerften beschäftigen sich ungefähr 150 mit dem Bau von Seeschiffen; die vorzüglichsten findet man in Feyenoord (Rotterdam), am Kinderdijk (Alblasserdam), Amsterdam, Helder, Vlissingen, Harlingen, Veendam.
Die große Zunahme der Anwendung von Dampfmaschinen in Fabriken und auf Schiffen hatte die Errichtung von Eisengießereien und Maschinenfabriken zur Folge, wovon die größten die in Amsterdam, Haag, Leiden, Delfshaven und die der Niederländischen Dampfschiffahrtsgesellschaft sind. Auch die Ziegelbrennerei, Papier- und Ölfabrikation, Reisschälerei, Zigarren-, Tabaks- und Krappfabrikation, Branntweinbrennerei (1885: 440 Brennereien, meist in Südholland), Likörfabrikation, Bierbrauerei [* 41] (530 Etablissements, meist in Nordbrabant), Zuckerraffinerie (12) und Rübenzuckerfabrikation (27, meist in Nordbrabant), Produktion von Salz, [* 42] Seife, Essig, ferner Lein- u. Baumwollweberei, Tapeten- u. Kutschenfabrikation, Gerberei u. Schuhfabrikation, Seidenmanufaktur, Gold- und Silberwarenfabrikation sind von großer Bedeutung. Besondern Ruf genießen die Niederländer auch als Mühlenbauer und Stellmacher, ja ihre hydraulischen Werkzeuge [* 43] und Bauten sind die vollendetsten der Welt.
Handel und Schiffahrt.
In betreff des Handels wurde seit 1850 eine liberale Politik befolgt. Nach dem am in Kraft [* 44] getretenen Gesetz betrugen die Eingangszölle ¶