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eingeführt werden, ebenso Holz [* 2] und Steinkohlen. Die Rinderzucht der Berge ist Alpenwirtschaft, im Unterland und im Val de Ruz mit Landbau verbunden. Bei Travers bildet der Asphalt ein Lager [* 3] von 6 m Mächtigkeit mit einem durchschnittlichen Bitumengehalt von 10 Proz. und soll sich unterirdisch über mehr als 20-30,000 qm erstrecken. In den Hochthälern findet sich viel Torf, bei Neuchâtel treffliche Bausteine (Neokom). Im Val de Travers betreibt man Fabrikation von Schokolade und Absinthextrakt (Export jährlich 150,000 Flaschen), in den Bergen [* 4] allgemein die Uhrmacherei (s. Chaux de Fonds).
Auch die Fabrikation von Chronometern hat eine ansehnliche Stellung errungen. Seit einigen Jahren befindet sich aber die Neuenburger Uhrmacherei, wie andre schweizerische Industriezweige, in einer Krisis, die hauptsächlich durch die in den Vereinigten Staaten [* 5] von Nordamerika, [* 6] dem Hauptabsatzland, eingetretenen Veränderungen bedingt ist. Während die Stadt Neuchâtel durch den Export von Wein und Käse zu einer nach schweizerischem Maßstab [* 7] beträchtlichen u. reichen Handelsstadt geworden ist, gibt es in den Hochthälern, besonders in La Chaux de Fonds und Le [* 8] Locle, aber auch in Le Pont, La Sagne, La Brévine etc. und selbst noch in dem abgelegenen Dorf Les Brenets, Firmen, die sich denjenigen der ersten schweizerischen Verkehrsplätze an die Seite stellen dürfen.
Nur einer zähen Ausdauer konnte es gelingen, die dem Großverkehr entrückten Hochthäler durch eine Eisenbahn mit den Thalsystemen zu verbinden. Als nämlich die Uferbahn Neuveville-Neuchâtel-Yverdon (ein Stück der den Boden- und Genfer See verbindenden Thallinie) das Vignoble durchzog, knüpfte nicht allein eine Linie durch das Val de Travers in Neuchâtel an, sondern auch der schwierige Bau des »Jura Industriel«, der über Le Locle nach Villers le Lac führt, mit Abzweigung ins Val St.-Imier. Über die Dampfschiffahrt auf dem See s. Neuenburger See. An Banken besitzt der Kanton [* 9] die 1854 gegründete Banque Cantonale Neuchâteloise mit 3 Mill. Frank eingezahltem Kapital und als Hypothekenbank den Crédit foncier de Neuchâtel (mit 8 Mill. Fr.), beide in Neuchâtel.
Das Schulwesen des Kantons Neuenburg [* 10] gehört zu den regenerierten und steigt von den Volksschulen, deren Besuch unentgeltlich und obligatorisch ist, zu verschiedenen höhern Lehranstalten auf, unter welchen das Gymnasium von Neuchâtel und die Industrieschule von La Chaux de Fonds und Le Locle den Charakter von Mittelschulen haben, während die 1866 neugegründete Akademie (in Neuchâtel), mit der auch die staatliche Lehrerbildungsanstalt verbunden ist, unter die Berufsschulen gehört.
Ein Privatseminar besteht in Peseux. Die öffentlichen Bibliotheken zählen 120,000 Bände, wovon 65,000 auf die Stadtbibliothek in Neuchâtel entfallen. Der Kanton besitzt 6 Rettungsanstalten, eine Zwangsarbeitsanstalt in Devens und eine Irrenanstalt in Préfargier. Klöster besitzt Neuenburg nicht. Die Katholiken gehören zur Diözese Lausanne-Genf (mit Bischofsitz in Freiburg). [* 11] Politisch zerfällt der Kanton in sechs Bezirke: Boudry, La Chaux de Fonds, Le Locle, Neuchâtel, Val de Ruz und Val de Travers.
Zufolge der gegenwärtigen Verfassung (vom später in einigen Paragraphen abgeändert) bildet der Kanton Neuenburg einen demokratischen Freistaat. Die Souveränität ruht in der Gesamtheit des Volkes. Die Verfassung garantiert die in den Schweizer Republiken üblichen Grundrechte. Die Legislative übt der Große Rat (Grand Conseil), der auf drei Jahre direkt vom Volke gewählt wird (je ein Mitglied auf 1000 Seelen), mit Wiederwählbarkeit. Wählbar ist jeder Wähler mit zurückgelegtem 25. Lebensjahr, ausgenommen die Geistlichen, die Staatsräte und die direkten Stellvertreter des Staatsrats in den Bezirken.
Stimmberechtigt ist (mit gewissen Ausnahmen) jeder Neuenburger mit dem vollendeten 20. Jahr, ebenso die im Kanton gebornen Schweizerbürger und endlich jeder Zugezogene drei Monate nach Abgabe seiner Papiere. Der Große Rat erläßt die Gesetze, beschließt die Steuern, Ausgaben, Anleihen etc., setzt das Budget und die Besoldung der Beamten fest, entscheidet Konflikte zwischen der exekutiven und richterlichen Gewalt etc. Die Exekutive ist einem auf drei Jahre gewählten Staatsrat (Conseil d'État) von sieben Mitgliedern, die jeweilig wieder wählbar sind, übertragen.
Das Präsidium desselben wird alljährlich vom Großen Rat neu bezeichnet. Die Staatsräte haben in der Legislative beratende Stimme. Die Rechtspflege üben teils Friedensrichter, teils Gerichte, erstere durch das Volk, letztere durch den Großen Rat auf je drei Jahre gewählt. Für die Strafrechtspflege ist die Jury vorgesehen. Den Gemeinden und Korporationen sind die Güter garantiert und deren Verwaltung überlassen; letztere steht aber unter der unmittelbaren Aufsicht des Staats.
Jede religiöse Genossenschaft bedarf zu ihrer Niederlassung die ausdrückliche und immer widerrufliche Erlaubnis des Großen Rats. Die dem rein demokratischen Wesen zusteuernde Revisionsbewegung, welche sich seit 1863 in einer Reihe der fortgeschrittenern Kantone Bahn brach, hat Neuenburg erst 1879 erobert; die Volksabstimmung vom 28. und 29. Juni hat die Einführung des fakultativen Referendums angenommen und dasselbe an den Willensausdruck von 3000 Wählern geknüpft.
Die Einnahmen des Staats betrugen 1886: 2,633,750 Frank, die Ausgaben 2,645,171 Fr., also Defizit 11,421 Fr. Unter den Einnahmen bilden den bedeutendsten Posten die Steuern mit 923,086 Fr.;
unter den Ausgaben, abgesehen von der Verzinsung u. Amortisation der Staatsschuld im Betrag von 777,801 Fr., steht obenan das Erziehungswesen mit 423,483 Fr. Ende 1886 war der Stand des neuenburg.
Staatsvermögens an Aktiven 19,294,375, an Passiven 15,683,756, also reines Vermögen 3,611,119 Fr.
[Geschichte.]
Das Grafenhaus von Neuenburg, ein altes burgundisches Adelsgeschlecht, dessen Stammsitz Fenis am Bieler See war, und von dem sich die Nebenlinien von Valengin, Nidau, Straßberg und Aarberg abgezweigt hatten, empfing seinen Namen von der 1072 durch Rudolf II. gegründeten Stadt Neuenburg. Durch das Aussterben der Zähringer (1218) wurden die Grafen von Neuenburg reichsunmittelbar, bis Graf Raoul die mächtigen Grafen von Châlons 1288 als Oberlehnsherren anerkannte. Nach dem Aussterben des alten Grafenhauses 1395 ging Neuenburg durch Erbschaft an einen Seitenverwandten, Konrad von Freiburg, 1457 an die Grafen von Hochberg und von diesen 1504 durch Heirat an den französischen Prinzen Ludwig von Orléans, [* 12] Herzog von Longueville, über.
Nachdem das Land schon durch ein »ewiges Burgrecht« des Grafen und der Stadt mit Bern [* 13] (1406) und durch ähnliche Bündnisse mit Solothurn [* 14] (1369), Freiburg (1495) und Luzern [* 15] (1501) an die Eidgenossen gekettet worden war, besetzten es diese 1512 infolge des Kriegs, den sie mit Frankreich um Mailand [* 16] führten, u. regierten es als gemeine Vogtei bis 1529, wo sie es der Herzogin von Longueville zurückstellten. Unter dem Schutz Berns, das eine Art schiedsrichterlicher Gewalt über Neuenburg ausübte, führte Farel 1530 die Reformation ein. 1584 fiel Valengin an Neuenburg. Im Westfälischen Frieden wurde Neuenburg als souveränes, im Schirm der Eidgenossenschaft ¶
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stehendes Fürstentum anerkannt. Als das Erlöschen des Hauses Longueville in Aussicht stand, erhoben 15 Prätendenten Ansprüche auf Neuenburg, darunter der Prinz von Conti, der Günstling und Vetter Ludwigs XIV. Allein auf Betreiben des Kanzlers Montmollin, der Neuenburg nicht zur französischen Provinz herabsinken lassen wollte, machte Wilhelm III. von Oranien im Frieden von Ryswyk das verschollene, aber nie aufgegebene Oberlehnsrecht des Hauses Châlons geltend, dessen Erben die Oranier waren, und übertrug seine Ansprüche auf König Friedrich I. von Preußen; [* 18] den Sohn der Prinzessin Luise von Oranien.
Nach dem Tod Maries, der Herzogin von Nemours (1695 bis 1707), mit welcher die vierte Dynastie erlosch, entschieden sich die Landstände von Neuenburg (bestehend aus den vier Räten als Repräsentanten des Adels, den vier Kastellanen als Stellvertreter der Geistlichkeit und den vier Ministeralien, den Bürgermeistern von Neuenburg, als Vertreter des dritten Standes), ermutigt von Bern, für die Rechtmäßigkeit der Ansprüche des Königs von Preußen, der bei der Huldigung die Rechte und Privilegien des Fürstentums sowie die alten Bündnisse mit den Eidgenossen bestätigte und im Frieden von Utrecht [* 19] auch von Ludwig XIV. als Fürst von Neuenburg anerkannt wurde.
Die Einführung der Helvetischen Republik 1798 löste das Verhältnis Neuenburgs zur Schweiz, [* 20] und Friedrich Wilhelm III. trat es 1806 an Napoleon I. ab, welcher es 30. März als ein Vasallenfürstentum an den Marschall Berthier verlieh. Berthier, der sein Fürstentum nie besucht hatte, verzichtete nach dem ersten Pariser Frieden durch Vertrag vom gegen eine lebenslängliche Rente von 34,000 Thlr. darauf zu gunsten des Königs von Preußen. Nach der von letzterm bestimmt abgegebenen Erklärung, daß Neuenburg ein unveräußerlicher, unteilbarer und von der preußischen Monarchie völlig abgesonderter Staat sei, wurde es als 21. Kanton in die Eidgenossenschaft aufgenommen, ein Verhältnis, das die Sanktion des Wiener Kongresses empfing. 1830 regte sich auch in Neuenburg der Wunsch nach freisinniger Umgestaltung der Verfassung, und der König willfahrte demselben, indem er durch den Generalmajor v. Pfuel die alten Landstände in einen »gesetzgebenden Rat« umwandeln ließ, in welchen der Fürst 10, das Volk aber die übrigen Abgeordneten, auf 500 Seelen einen, wählen sollte.
Ein Versuch der Republikaner, durch einen Aufstand die völlige Trennung von Preußen zu erzwingen (13. Sept.), wurde durch eidgenössische Truppen unterdrückt und ein zweiter vom 17. Dez. durch Pfuel erstickt und hart bestraft. 1834 brachte Neuenburg sogar den Vorschlag an die Tagsatzung, daß das Fürstentum aus dem Bund austreten und nur an der der Schweiz garantierten Neutralität teilhaben solle, wurde aber von der Tagsatzung damit zurückgewiesen und vom König desavouiert. Zugleich schloß es sich den reaktionären Kantonen aufs engste an, und wenn es nicht förmlich am Sonderbund teilnahm, so stimmte es doch mit demselben auf der Tagsatzung und weigerte sich, sein Kontingent zum eidgenössische Heer stoßen zu lassen, das ihn auflösen sollte. Dafür wurde Neuenburg nach Beendigung des Feldzugs zur Erlegung von 300,000 Frank verpflichtet, die zu einem Pensionsfonds der in eidgenössischem Dienst Verwundeten verwendet werden sollten. Das Jahr 1848 führte indes einen Umschwung aller Verhältnisse herbei. Unmittelbar nach der Februarrevolution brach in Locle ein republikanischer Aufstand aus (28. Febr.); eine Volksversammlung in La Chaux de Fonds wählte eine provisorische Regierung, worauf etwa 1400 bewaffnete Republikaner nach Neuenburg marschierten, ohne Widerstand Besitz vom Schloß nahmen, den Staatsrat entsetzten und die widerspenstigen Mitglieder desselben gefangen nahmen (1. März). Die provisorische Regierung, welche alsbald die Wahl eines Verfassungsrats anordnete, wurde von der eidgenössischen Tagsatzung sofort anerkannt. Das Berliner [* 21] Kabinett begnügte sich mit einem Protest gegen das Geschehene, und der König entband die gefangenen Staatsräte des Eides der Treue, während ein Verfassungsrat eine republikanische Verfassung entwarf, welche 30. April mit 5800 gegen 4400 Stimmen angenommen und von der Tagsatzung gewährleistet wurde. Die schweizerischen Bundesbehörden versäumten es jedoch, rechtzeitig den König von Preußen zum vollständigen Verzicht auf seine Rechte zu bewegen; im Londoner Protokoll ließ sich derselbe seine Ansprüche auf Neuenburg von den Mächten anerkennen; eine kleine Minderheit bewahrte dem entthronten Fürsten die alte Treue und sann auf Umsturz der neuen Ordnung.
Das Haupt derselben, Graf von Pourtalès-Steiger, von seiner Partei zum militärischen Chef eines revolutionären Ausschusses ernannt, gab 1856 kurz nach der Heimkehr von einer Reise nach Berlin [* 22] »im Namen des Königs« den Befehl zum Losschlagen. In der Nacht vom 2. auf den 3. Sept. wurden gleichzeitig Locle und Neuchâtel überrascht, die Regierung gefangen gesetzt und die königliche Fahne angepflanzt. Aber alsbald erhoben sich die Republikaner, erstürmten am Morgen des 4. Sept. das Schloß in Neuenburg, befreiten die verhafteten Staatsräte und nahmen 530 Royalisten gefangen.
Der schweizerische Bundesrat beschloß, die Urheber des Aufstandes gerichtlich zu verfolgen; allein Preußen, unterstützt von den Mächten, verlangte sofortige Freilassung aller Gefangenen, welche die Schweiz als unvereinbar mit ihrer Ehre verweigerte. Schon wurde von beiden Seiten zum Kriege gerüstet, und nach Verwerfung des von Preußen gestellten Ultimatums schien der Ausbruch der Feindseligkeit unvermeidlich, als durch die Vermittelung Napoleons III. ein Vergleich zu stande kam, wonach die Eidgenossenschaft die gefangenen Royalisten freiließ, resp. des Landes verwies, worauf der König von Preußen im Pariser Vertrag vom für sich und seine Nachfolger unter Vorbehalt des Titels auf seine Rechte an Neuenburg verzichtete und selbst eine anfänglich verlangte Entschädigung von 1 Mill. Frank fallen ließ.
Seitdem erfreute sich der Kanton unter der Herrschaft der Radikalen eines zwar bewegten, aber stets in gesetzlichen Formen verlaufenden politischen Lebens. 1858 (21. Nov.) wurde die Verfassung, jedoch nicht wesentlich, modifiziert. 1873 wurde die von orthodoxer Seite angestrebte Trennung von Kirche und Staat mit Überlassung des Kirchenvermögens an erstere vom Volk verworfen, ebenso merkwürdigerweise die vom Großen Rat beantragte Einführung des Referendums. Dagegen wurde partielle Revision der Verfassung durch einen Verfassungsrat beschlossen, mittels welcher das Stimm- und Wahlrecht in kantonalen Angelegenheiten auf sämtliche im Kanton niedergelassenen Schweizer Bürger ausgedehnt wurde (30. Nov. d. J.). Die vom Volk angenommene Partialrevision führte das fakultative Referendum in die Verfassung ein. Von geringerer Bedeutung war die beschlossene Partialrevision.
Vgl. Chambrier, Histoire de Neuchâtel et Valengin jusqu'à l'avènement de la maison de Prusse (Neuenb. 1840);
Matile, Monuments de l'histoire de Neuchâtel (das. 1844-48);
Boyve, Annaler historiques du Comté de ¶