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Ölkultur benutzt. Von Bedeutung ist auch der Anbau von Baumwolle und Krapp, die Seiden- und Viehzucht; unter den Industriezweigen die Baumwollmanufaktur, die Fabrikation von Hanf- und Leinengeweben, Seiden- und Schafwollwaren, Teigwaren (Maccaroni) und Lakritzensaft, die Korallenfischerei (von Torre del Greco aus), die Gerberei, Papierfabrikation, der Maschinen- und Schiffbau. Der Handel konzentriert sich hauptsächlich in der Stadt Neapel und in Castellammare. Die zahlreichen Häfen u. die von Neapel auslaufenden Eisenbahnen unterstützen den lebhaften Verkehr. Die Provinz zerfällt in die vier Kreise: Casoria, Castellammare, Neapel, Pozzuoli.
Vgl. Bettocchi, Forze produttive della provinzia di Napoli (Neap. 1874).
Die Stadt Neapel.
(Hierzu der Stadtplan und Karte der Umgebung).
Die gleichnamige Hauptstadt der Provinz, ehemalige Haupt- und Residenzstadt des Königreichs beider Sizilien, die volkreichste Stadt Italiens, liegt am Golf von Neapel teils am Fuß, teils an den Abhängen einer sanft zum Meer abfallenden Hügelreihe. Kap Miseno, Procida und Ischia bilden von der einen Seite, die Landzunge von Sorrent, welche mit dem Vorgebirge Campanella endigt, und die Insel Capri auf der andern Seite die natürliche Mauer, welche den herrlichen Golf gegen die Stürme des offenen Meers schützt.
Die Stadt lehnt sich westlich an die Hügel Posilipo und Vomero, nördlich an Capodimonte und Capo di Chino und breitet sich in ihrer größten Länge am Meer aus. Durch keine Mauern eingeschlossen, fließt Neapel mit den Hunderten von Landhäusern, welche außerhalb der Stadt zwischen Reben und Pinien liegen, und den umliegenden Ortschaften zusammen und bedeckt mit den Städten Portici, Resina, Torre del Greco, Torre dell' Annunziata und einigen Dörfern, die sich, den Fuß des Vesuvs entlang, in wenig unterbrochener Kette gegen O. zu anschließen, einen Küstenstrich von über 100 km. Die Lage der Stadt und ihre Umgebung, die üppige südliche Vegetation, endlich die gefährliche, immer drohende Hauptzierde der Gegend, der Vesuv, dessen Fuß 7 km von Neapel entfernt ist, vereinigen sich zu einem Gesamtbild von unnennbarem Zauber, mit welchem nur die Städtebilder von Lissabon und Konstantinopel verglichen werden können, und welches das stehende Wort: »Veder Napoli e poi morire« veranlaßt hat.
Die mittlere Temperatur Neapels ist 16,6° C., die Mittel der vier Jahreszeiten liegen nicht weit auseinander, und das Klima könnte daher ein sehr gutes genannt werden, wenn nicht die Temperaturunterschiede des Morgens und Abends oft sehr bedeutend wären, weil der Nordwest und die Australwinde freien Zutritt an der Küste und bis ins Innere der Stadt haben. Die hygieinischen Verhältnisse von Neapel waren bis auf die Gegenwart infolge der herrschenden Unreinlichkeit, des schlechten Trinkwassers etc. ungünstige; seitdem aber im J. 1884 die Choleraepidemie in Neapel so viele Opfer forderte, ist mancher Schritt zu Verbesserung der Zustände gethan worden. Die Regierung hat einen Betrag von 100 Mill. Lire zur Assanierung der Stadt bestimmt. Bereits im J. 1885 wurde eine neue Trinkwasserleitung (aus der Hochebene des Serino) eröffnet. Von fließenden Gewässern berührt nur das wasserarme Flüßchen Sebeto das Gebiet der Stadt in ihrem östlichsten Teil.
[Stadtteile, Straßen, Plätze.]
Neapel wird durch den Bergrücken, auf dessen Höhe das Kastell Sant' Elmo liegt, und der in der Felseninsel des Kastells dell' Ovo ins Meer ausläuft, mittendurch in zwei große Quartiere geteilt. Östlich liegt der ältere und größere Teil, mit dem Hafen und der Bucht, gegen den Vesuv; westlich dehnt sich der neuere, elegantere, mit dem herrlichen Spaziergang am Meer, nach der kleinern Bucht der Mergellina hin. Administrativ zerfällt die Stadt in zwölf Bezirke.
Das eigentliche Zentrum, das alte Neapel, ist eng gebaut und finster, von geradlinigen, gut gepflasterten, aber unreinlichen Straßen durchschnitten. Seit 1884 ist die Assanierung der ungesunden engen Stadtteile, der Durchbruch breiter Straßenzüge sowie die Anlage neuer Stadtteile (insbesondere auf der Anhöhe des Vomero) in Angriff genommen worden. Die größte und belebteste Straße ist die Strada di Roma (ehemals Toledostraße), 2¼ km lang, die Pulsader Neapels, welche mit der Piazza Cavour und dem Corso Garibaldi das eigentliche alte Neapel umschließt und weiter nördlich in die Strada nuova di Capodimonte ausläuft.
Sie zeichnet sich durch ansehnliche Gebäude, besuchte Kaufläden und Kaffeehäuser und einen fortwährenden lebhaften und lärmenden Verkehr von Fuhrwerken und Fußgängern aus. Zu den schönsten und beliebtesten Straßen gehören ferner die in neuer Zeit erweiterte, mit der Via di Roma parallel laufende Strada del Duomo, die Strada dei Tribunali, Santa Trinità, Medina, dann die neuen, breit angelegten Straßen Corso Garibaldi, Strada Foria und Carbonara. Die prächtigste Straße ist die an der Südseite des Quartiers Chiaja gelegene Riviera di Chiaja mit einer Reihe von Palästen nach dem Meer zu, der eigentliche Korso der Neapolitaner.
Zwischen dieser Straße und dem Meer liegt der öffentliche Lustgarten Neapels, die Villa nazionale, mit herrlichen Anlagen und Statuen und dem Aquarium. Gegen das Meer ist ein prächtiger Kai angelegt, welcher beim Kastell dell' Ovo vorüber zur volksbelebten Straße Santa Lucia fortgeführt ist. Im Gegensatz dazu ist die Küste der östlich gelegenen alten Stadt der Tummelplatz der Marinari, meist charakteristische Figuren mit ausdrucksvollen braunen Gesichtern, in malerischem Kostüm.
Doch ist auch hier in neuerer Zeit eine breite Kaistraße und eine Anlage, Villa del Popolo, hergestellt worden. Zu den schönsten Straßen gehört endlich noch der Corso Vittorio Emmanuele, welcher sich an den vom Kastell Sant' Elmo gegen die Stadt abfallenden Hügeln über 4 km weit hinzieht. Zu den ansehnlichsten Plätzen gehören: die Piazza del Plebiscito mit dem königlichen Schloß, der Kirche San Francesco di Paola und den Reiterstatuen Karls III. (von Canova) und Ferdinands I. (von Cali);
die Piazza del Municipio, ein hauptsächliches Verkehrszentrum, seit 1886 beträchtlich erweitert und reguliert, mit dem Munizipalpalast, der Börse und mehreren Theatern;
die Piazza del Mercato, wo Konradin von Schwaben und Friedrich von Baden 1268 hingerichtet wurden, mit der Markthalle und drei Brunnen.
Noch sind zu erwähnen: die Piazza de' Martiri mit der an die vier freiheitlichen Staatsumwälzungen von 1799, 1820, 1848 und 1860 erinnernden Denksäule und der Largo del Vasto, beide im Quartier Chiaja;
die Piazza Montoliveto mit der gleichnamigen Kirche und einer Marmorfontäne mit der Bronzestatue Karls II.;
die Piazza Dante, eine Erweiterung der Strada di Roma, mit der Statue Dantes und dem königlichen Gymnasium;
die Piazza Cavour mit hübschen Anlagen und dem Nationalmuseum.
[* ] ^[Abb.: Wappen von Neapel.]
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[Bauwerke.]
Von den Gebäuden Neapels haben nur wenige eine architektonische Bedeutung. Außerordentlich zahlreich sind die Kirchen, etwa 350 an der Zahl, darunter auch eine evangelische. Die größte und reichste Kirche ist der Dom des heil. Januarius (San Gennaro), im Stadtteil San Lorenzo, von König Karl II. neben der alten Kathedrale Santa Restituta, welche jetzt nur eine große Kapelle des Doms bildet, 1299 angelegt und nach dem Erdbeben von 1456 wie auch später vielfach restauriert. Er hat ein imposantes gotisches Mittelportal, ist dreischiffig und enthält zahlreiche Grabdenkmäler (von Papst Innocenz IV. u. a.), einen gotischen Bischofstuhl von 1342, ein altes Taufbecken von ägyptischem Basalt auf Porphyrbasament, schöne Gemälde und mehrere reichverzierte Kapellen, darunter die Cappella del Tesoro, ein prächtiger Kuppelbau mit farbigen Marmorsäulen, silbernen Heiligenstatuen, wertvollen Gemälden, dem in Silber und Gold gefaßten Haupte des Schutzpatrons und einem silbernen Tabernakel mit dem wunderthätigen Blute des Heiligen.
Dem Portal der Kathedrale gegenüber liegt die Kirche San Filippo Neri, eins der glänzendsten Gotteshäuser Neapels. Nicht weit davon befinden sich die Kirchen San Paolo Maggiore, an der Stelle eines römischen Dioskurentempels, mit zwei von der antiken Vorhalle stehen gebliebenen Säulen und den Torsi des Kastor und Pollux, gegenüber San Lorenzo, im italienischen Stil restauriert. In den weiter südlich gegen den Hafen zu gelegenen Straßen der innern Stadt stehen die Kirchen: Sant' Angelo a Nilo, mit dem 1458 errichteten Grabdenkmal des Gründers, Kardinals Rinaldo Brancaccio;
San Domenico Maggiore, ein großer gotischer Bau (1255), in neuester Zeit stark modernisiert;
Santa Chiara (1310 gegründet), mit ausgezeichneten Reliefs aus dem 14. Jahrh.;
Montoliveto, mit schönen Skulpturen und Grabmälern;
San Giovanni Pappacoda, in überladenem gotischen Stil;
San Severino, mit ehemaligem Benediktinerkloster, in dem das große Reichsarchiv sich befindet, mit schönen Fresken im Kreuzgang und einer Kapelle mit den Grabmälern der drei Brüder Sanseverini;
das schöne Kirchlein Santa Maria l'Incoronata, mit Fresken im Kreuzgewölbe aus der Schule Giottos, die sieben Sakramente darstellend;
San Giacomo degli Spagnuoli, dreischiffig, vom Vizekönig Peter von Toledo 1540 dem Hauptapostel der Spanier geweiht, mit bemerkenswertem Grabmal des Gründers, und die bereits erwähnte, 1816-31 erbaute Kirche San Francesco di Paola, eine Nachahmung des römischen Pantheons.
Außerhalb der alten Stadt liegen die Kirchen: San Giovanni a Carbonara, nördlich vom Dom (1343 gegründet), mit den Denkmälern des Königs Ladislaus, des Giov. Caracciolo, Ferd. Sanseverino u. a. sowie der schönen Altarkapelle der Mirabolli;
Santa Maria del Carmine, im östlichen Teil der Stadt, nahe dem Hafen, mit den Grabmälern Konradins von Schwaben (die Statue von Thorwaldsen modelliert) und Friedrichs von Baden und dem größten Glockenturm der Stadt;
San Gennaro de' Poveri, mit Armenhaus und den Katakomben des heil. Januarius, d. h. dem unterirdischen, in Tuff ausgehauenen Friedhof der altchristlichen Gemeinde Neapels mit geräumigen Stollengängen in drei Stockwerken, die durch Treppen miteinander verbunden sind (vgl. Schultze, Die Katakomben von San Gennaro de' Poveri, Jena 1877);
endlich unterhalb des Kastells Sant' Elmo die mit schönen Gemälden ausgestattete Kirche San Martino, mit dem gleichnamigen ehemaligen Kloster, in welchem gegenwärtig ein Anhang zum Nationalmuseum untergebracht ist, und von wo man eine der herrlichsten Aussichten auf Stadt und Umgebung genießt.
Unter den weltlichen Gebäuden Neapels steht obenan das königliche Residenzschloß an der Piazza del Plebiscito (1600 von Fontana erbaut), ein großartiges Gebäude mit zwei Säulenreihen übereinander, welche einen weiten Hof einschließen, einer schönen Treppe und reichen Repräsentationssälen, mit Gemälde- und Waffensammlung. An das Schloß stoßen südlich die Kaserne der Marinesoldaten und das Arsenal mit dem dazugehörigen Hafenbassin (Darsena).
Ein Kolossalbau ist ferner der Munizipalpalast, der einen Raum von 56,000 qm einnimmt, mit den Statuen Rogers I. und Friedrichs II. im Vestibül. Bemerkenswerte Gebäude innerhalb der Stadt sind noch: das Nationalmuseum (s. unten) und demselben gegenüber die Galleria Napoli, ein moderner Bazar, der Palazzo Gravina (jetzt Post- und Telegraphenamt), die Palazzi Maddaloni (jetzt Nationalbank), Angri, Sant' Angelo, Ottajano und das Theater San Carlo (von 1737), lange als das schönste und größte Theater berühmt, mit 192 in sechs Reihen aufsteigenden Logen. Im nordöstlichen Teil der Stadt liegt das Reale Albergo de' Poveri, ein ungeheures, 1751 begonnenes Armenhaus, und nördlich, bereits außerhalb der Stadt, von schönen Anlagen umgeben, der Palazzo reale di Capodimonte, ein Renaissancebau mit Gemälde- und Waffensammlung. Neapel besitzt fünf Kastelle, welche jedoch ihre Bedeutung als Befestigungswerke großenteils eingebüßt haben.
Das wichtigste derselben ist das die Stadt überragende Castello Sant' Elmo aus dem Jahr 1535, welches durch seine Gefängnisse für politische Gefangene eine traurige Berühmtheit erlangt hat und eine überaus schöne Aussicht bietet. Die übrigen sind: das Castello Nuovo am Hafen, 1277 von Karl I. angelegt, früher königlicher Palast, jetzt Kaserne, mit dem 1470 erbauten schönen Triumphbogen König Alfonsos I. von Aragonien, im Innern mit Kirche und Waffensälen;
das schon erwähnte Castello dell' Ovo, welches, die Südspitze Neapels bildend, auf einer Insel im Meer liegt und durch einen 200 m langen Steindamm mit dem Land verbunden ist (gegenwärtig Kaserne und Militärgefängnis);
das Castello Capuano, angeblich schon im 12. Jahrh. erbaut, seit dem 16. Jahrh. Justizgebäude, mit dem östlich gelegenen, 1484-95 errichteten schönen Renaissancethor, der Porta Capuana;
endlich das Castello del Carmine, das 1647 nach dem Volksaufstand an der Südseite des Hafens erbaut wurde.
Die Wohnhäuser sind gewöhnlich 5-6 Stockwerke hoch, aus vulkanischem Tuff mit Puzzolanmörtel gebaut und weiß angestrichen; die Dächer, fast durchweg platt, dienen oft als reizende Gärtchen. Die hohen Fenster haben größtenteils Balkone mit Baldachinen. Unter den Friedhöfen ist der Campo santo nuovo einer der schönsten der Erde, entzückend durch seine herrliche Lage und Aussicht sowie durch die schöne architektonische Ausschmückung. In der Nähe liegt auch der protestantische Friedhof.
[Bevölkerung.]
Die Bevölkerung beträgt in der eigentlichen Stadt (1881) 463,172, im Gemeindegebiet 494,314 Einw. und hat sich seit 1861 um 45,000 Einw. (d. h. um 10 Proz.) vermehrt. Das Volk von Neapel gilt als leidenschaftlich und vergnügungslustig; es charakterisiert sich aber auch durch Genügsamkeit, Gewandtheit, Sinn für Dichtung und Kunst. Der Bildungsstand der untern Volksschichten ist allerdings infolge der jahrhundertelangen Vernachlässigung ein geringer, doch wird unter den neuen staatlichen Verhältnissen für die Hebung der Volksbildung viel gethan.
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[Erwerbszweige.]
Der Volkscharakter erklärt es, daß auch die Gewerbthätigkeit der Stadt bisher keine große Bedeutung erlangt hat. Ihre vorzüglichsten Erzeugnisse sind: Baumwollwaren, Seiden-, Schafwoll- und gemischte Gewebe, Leder, Handschuhe und Schuhwaren, Papiertapeten, chemische Produkte, Lakritzensaft, Konfitüren und Maccaroni, Seife und Parfümerien, Wachszündkerzchen, Majolika, Töpferwaren, gemaltes Porzellan, Imitationen antiker Vasen, Kameen, Korallen- und Lavaarbeiten, Eisenwaren und Maschinen; für letztere Fabrikate bestehen sechs größere mechanische Werkstätten.
Auch befindet sich in Neapel eine große Tabaks- und Zigarrenfabrik. Wichtiger ist der Handel, bezüglich dessen Neapel den Mittelpunkt für ganz Süditalien bildet. Er wird durch eine Börse, Notenbank, zahlreiche Privatbanken, Versicherungs- und Handelsgesellschaften unterstützt. Von dem im O. der Stadt gelegenen Zentralbahnhof laufen Eisenbahnlinien nach Rom, Foggia, Avellino, Castellammare und über Salerno nach Tarent und Reggio aus. Von größter Bedeutung für den Verkehr Neapels ist der Handelshafen, welchen König Karl II. 1302 anlegen ließ, und der nördlich von der Immacolatella mit den Gebäuden des Sanitätsamtes und der Hafenpolizei, südlich vom Molo grande mit einem Leuchtturm und Batterien begrenzt wird.
Südlich vom Handelshafen liegt zwischen dem Molo grande und dem 390 m langen, 1596 errichteten Molo militare der Kriegshafen, welcher, 1826 zu Kriegszwecken bestimmt, 1853 in seiner gegenwärtigen Gestalt vollendet wurde und über 10 m Tiefe hat. 1885 sind im Handelshafen von Neapel 3891 beladene Schiffe mit 1,670,006 Ton. ein- und 2763 beladene Schiffe mit 1,428,910 T. ausgelaufen, so daß Neapel unter den italienischen Häfen nur dem von Genua nachsteht. Von dem Gesamtverkehr beladener Schiffe (6654 mit 3,098,916 T.) kommen auf Dampfer 3642 Schiffe mit 2,919170 T. und auf Segelschiffe 3012 Schiffe mit 179,746 T.; ferner auf die internationale Schiffahrt 719 Schiffe mit 665,676 T., auf die Küstenschiffahrt 5935 Fahrzeuge mit 2,433,240 T., auf die italienische Flagge 4988 Schiffe mit 1,429,493 T. und auf fremde Flaggen (hauptsächlich die englische und französische) 1666 Schiffe mit 1,669,423 T. Der durch die Schifffahrt vermittelte Warenverkehr belief sich 1885 auf 741,160 T. Die Hauptausfuhrartikel sind: Südfrüchte, Öl, Wein, Seide, Krapp, Teigwaren, Mineralien, während Kohlen, Holz, Eisen, Tabak, Reis, Getreide, Fische, Häute, Chemikalien, Kolonial- und Manufakturwaren eingeführt werden.
Der städtische Verkehr hat sich in neuester Zeit sehr gehoben. Omnibus- und Pferdebahnlinien durchziehen die Stadt; Dampftramways führen nach Aversa, Caivano und Pozzuoli; Dampfschiffe stellen die Verbindung mit den Inseln her. Von der großen Zahl der Wohlthätigkeitsanstalten sind erwähnenswert: das allgemeine Krankenhaus nebst zwei andern Spitälern, das große Findelhaus, das großartige, oben genannte Reale Albergo de' Poveri für Arme, Findlinge, Waisen, Lahme, Blinde und Taubstumme (zusammen für 2000 Personen), mit einer Taubstummen- und einer Musikschule, einem Hospiz für Weiber und einem Spital, welches zugleich ein anatomisches Kabinett und eine orthopädische Heilanstalt besitzt; außerdem zwei Waisenhäuser, ein großes Armenversorgungshaus, das deutsche und englische Hospital, 25 Konservatorien zur Erziehung armer Mädchen u. a. Neapel besitzt auch mehrere Mineralquellen, darunter die Schwefelquelle von Santa Lucia, sowie Seebadeanstalten.
[Bildungsanstalten, Behörden.]
Die Unterrichtsanstalten der Stadt, unter dem Einfluß des Bourbonenregiments und der Geistlichkeit verkümmert und verfallen, werden seither von der italienischen Regierung gepflegt und gehoben. Die Universität, 1224 von Kaiser Friedrich II. gestiftet, hat vier Fakultäten, ein wertvolles mineralogisches und zoologisches Museum, zahlreiche Kabinette, einen im nordöstlichen Teil der Stadt befindlichen botanischen Garten, ein astronomisches und meteorologisches Observatorium, auf der höchsten Stelle des Capodimonte gelegen und mit trefflichen Apparaten versehen, sowie eine Bibliothek von 60,000 Bänden.
Die Frequenz der Universität ist die höchste in ganz Italien und beläuft sich bei einer Anzahl von 270 Lehrern auf 3300 Studierende. Außerdem besitzt die Stadt ein königliches medizinisch-chirurgisches Kollegium, ein Institut für die Handelsmarine, höhere Schulen für die Tierarzneikunde und Landwirtschaft, eine höhere Normalschule, eine Ingenieurschule, ein Seminar mit theologischer Lehranstalt, ein Gewerbeinstitut, 2 königliche Lyceen und Gymnasien, ein Konviktsgymnasium, 2 technische Schulen, eine Schule der schönen Künste, ein Musikkollegium, eine königliche Marineschule, ein Militärkollegium, 3 königliche Lehr- und Erziehungsinstitute für Mädchen und zahlreiche Elementar- und Privatschulen.
Außer der Farnesischen Nationalbibliothek mit 240,000 Bänden und 10,000 Manuskripten gibt es noch 5 andre öffentliche Bibliotheken: die Brancacciana mit 100,000 Bänden, die Universitätsbibliothek, die Stadtbibliothek, die Bibliothek San Giacomo und die ehemalige Klosterbibliothek Gerolimini;
auch haben verschiedene andre aufgehobene Klöster große Bücher- und Manuskriptensammlungen.
Unter den wissenschaftlichen Anstalten sind ferner zu erwähnen: die königliche Gesellschaft für Wissenschaft, Litteratur, Archäologie und schöne Künste, die Accademia Pontaniana, endlich die von Dohrn gegründete zoologische Station mit Seeaquarium und Laboratorium (vgl. Gierke, Die zoologische Station in Neapel, Kassel 1885). Unter den Kunstsammlungen nimmt weitaus den ersten Rang das Museum (Museo nazionale, ehemals Museo borbonico) ein. In dem weitläufigen Gebäude desselben auf der Piazza Cavour, das früher als Universitätsgebäude diente, 1790 zur Aufnahme der öffentlichen Sammlungen erweitert und 1816 mit den herrlichen Kunstwerken aus Rom ausgestattet wurde, die der König als Erbe der Farnese erwarb, befindet sich im Erdgeschoß und im obern Stockwerk in 17 Abteilungen eine Reihe wichtiger Sammlungen, welche das Museum zur umfangreichsten Kunstsammlung von Italien und in vieler Beziehung zu der bedeutendsten Europas erheben.
Das Museum enthält nämlich Sammlungen pompejanischer Fresken, Mosaiken (die der Alexanderschlacht, s. d.) und Wanddekorationen, eine Galerie der Inschriften, die beiden berühmten Marmorwerke: den Farnesischen Stier und den Farnesischen Herkules, sowie eine der vorzüglichsten Galerien antiker Marmorstatuen, eine Sammlung griechisch-römischer Bronzen, ägyptischer Altertümer und altchristlicher Inschriften, Papyrusrollen aus Herculaneum, eine Sammlung antiker Waffen, Glassachen, Terrakotten, kleiner Bronzegeräte, Kameen, Gemmen und Preziosen, griechisch-italienischer bemalter Vasen (etwa 4000), ferner Sammlungen von Renaissancearbeiten, Kupferstichen und Münzen, eine wertvolle Gemäldesammlung und die oben erwähnte Nationalbibliothek. Die Schätze der Ausgrabungen von Pompeji und Herculaneum geben dem Museum einen
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besondern originalen Wert. Für antike Wandmalerei und Bronzen ist es die wichtigste Sammlung; herrliche Objekte finden sich auch unter den Gemmen und Preziosen, und unter seinen Marmorstatuen besitzt das Museum einige der für die Kenntnis der Kunstentwickelung wichtigsten. Neapel hat außer einer Menge kleiner Winkel- und Puppen-Theater für Darstellungen im neapolitanischen Dialekt mit Pulcinell sechs größere, von denen das schon erwähnte San Carlo das Opernhaus, das Teatro de' Fiorentini das Schauspielhaus (andre sind: Mercadante, Sannazaro, Rossini) u. San Carlino das eigentliche Volkstheater ist.
Neapel ist Sitz zahlreicher Behörden, wie der Präfektur, des Erzbistums, eines Kassationshofs, Appellhofs, Zivil- und Korrektionstribunals, Handels- und Militärtribunals, einer Quästur, Finanzintendanz, Post- und Telegraphendirektion, eines Hauptzoll- und Seesanitätsamtes, Generalkommandos, Marinekommandos, einer Handels- und Gewerbekammer, eines deutschen Konsuls etc.
[Umgebung.]
Die Glanzpunkte der Umgebung Neapels (s. Karte) bilden im W. der Bergrücken Posilipo (s. d.) mit den beiden Tunnels u. dem Grab des Vergil, darunter am Meeresufer der herrliche Küstenstrich Mergellina mit der neuen Straße, die Gegend von Pozzuoli (s. d.) mit dem See von Agnano, der Hundsgrotte, dem Krater von Astroni, der Solfatara, dem Monte Nuovo, den Ruinen von Cumä und Bajä, im NW. das ehemalige Kloster Camaldoli mit seiner weltberühmten Aussicht, im N. Caserta mit dem königlichen Schloß, im O. der Vesuv, Herculaneum und Pompeji, Castellammare und Sorrent, endlich die Inseln Capri und Ischia.
[Geschichte.]
Neapel ist das alte Neapolis (»Neustadt«),
eine griechische Kolonie in Kompanien, 6 röm. Meilen von dem ältern Paläopolis (Altstadt) gelegen, welch letzteres auf dem heutigen Monte Posilipo zu suchen ist. Dort ließen sich nach Strabon die chalkidischen Kolonisten aus dem nahen Kyme (Cumä) zuerst nieder und gründeten erst später, durch Chalkidier und Athener verstärkt, die »neue Stadt«, welche mit Paläopolis eine Zeitlang Eine Gemeinde Parthenope bildete. Obwohl von den Samnitern erobert, bewahrte Neapolis doch seinen griechischen Charakter, seine altgriechischen Spiele und Wettkämpfe, seine Einteilung in Phratrien bis in die spätesten Zeiten, und noch aus dem 7. Jahrh. n. Chr. haben sich griechische Inschriften von Neapel erhalten.
Während Paläopolis einen Krieg mit den Römern begann und nach der römischen Eroberung 326 v. Chr. aus der Geschichte verschwand, schloß Neapel ein Bündnis mit den Römern, die der Stadt als civitas foederata ihre eigentümliche Verfassung ließen. Neapel stieg rasch zu hoher Blüte, leistete Rom durch seine Flotte wesentliche Dienste und war der herrlichen Gegend und der daselbst blühenden griechischen Kunst und Wissenschaft wegen ein Lieblingsaufenthalt gebildeter und vornehmer Römer, wie des Vergil, Claudius, Nero, Statius u. a. Die Stadt hatte, wenn sie auch neben Tarent die größte Seestadt Unteritaliens war, nicht denselben Umfang wie das heutige Neapel, das erst im Mittelalter als Residenz der normännischen Könige seine dermalige Größe und Bedeutsamkeit erhielt. 536 ward Neapel den Goten durch Belisar entrissen, gehörte dann zum byzantinischen Reich, war aber unter eignen Herzögen fast selbständig und wurde 1148 von den Normannen erobert. Über die weitere Geschichte s. Sizilien, Königreich beider.
Vgl. Heß, Der Golf von Neapel, seine klassischen Denkmale etc. (Leipz. 1876);
Wyl, Spaziergänge in Neapel etc. (Zürich 1877);
Capasso, Sulla circoscrizione e sulla populazione della città di Napoli, 1300-1809 (Neapel 1882);
de Balzo, Napoli e i Napolitani (Mail. 1884);
Kleinpaul, Neapel und seine Umgebung (Leipz. 1884);
Gsell Fels, Unteritalien (in »Meyers Reisebücher«, 1888).