Gifte, welche von außen in die Säftemasse und die
Organe gelangen oder im
Körper selbst durch gehemmte Hautthätigkeit oder
mangelhafte
Verdauung, die gewöhnlichen
Folgen von unzweckmäßiger Lebensweise und den Arzneikuren, entstehen und daselbst
zurückgehalten werden. Außerdem können höchstens noch geistige
Eindrücke und
VerletzungenKrankheit erzeugen.« Die Naturheilkunde kümmert
sich zugleich wenig um einzelne
Krankheiten; sie spricht gewöhnlich nur von einem »Kranksein«, einer
»Ungesundheit«, entstanden durch die obigen
Ursachen, oder unterscheidet nur eine akute oder hitzige und eine chronische oder
langwierige Krankheitsform.
Die Krankheitsvorgänge betrachtet sie als Heilsvorgänge, durch welche die den Lebensakt störenden
Stoffe unter den Zeichen
des
Fiebers, der
Entzündung, der
Gärung und
Fäulnis, d. h. durch Zersetzungsprozesse, unschädlich gemacht
werden. Auf diesem Weg ist die Naturheilkunde so weit gekommen, beispielsweise
Masern,
Pocken,
Scharlach für »von der
Natur für ein bestimmtes
Lebensalter eingesetzte Reinigungsprozesse zu erklären, deren Lebensgefährlichkeit erst durch das hinfällige Menschengeschlecht
sowie durch die Arzneiheilkunde selbst geschaffen worden sei«.
Die Behandlung richtet sich nur auf Vorschriften über die Lebensweise, die
Nahrung,
Bäder, gute
Luft,
Bewegung, dagegen nicht
auf örtliche
Leiden.
[* 2]
Alle diese Vorschriften werden nun auch von den
Ärzten, d. h. den Vertretern der
Medizin, gutgeheißen,
abgesehen etwa von den
Ausartungen der
Wasserheilanstalten, und die
Gefahr für denLaien, der sich der Naturheilkunde anvertraut,
liegt nur darin, daß weder der Kranke noch der Naturheilkünstler, der
Naturarzt, entscheiden kann, ob für den vorliegenden
Fall eine gute Allgemeinpflege ausreicht, oder ob dem Leidenden durch Vernachlässigung einer örtlichen Behandlung ein
bleibender Nachteil zugefügt wird. So ist es zu erklären, daß der Erfolg, dieser von den
Laien aller
Stände anerkannte Prüfstein, bei ähnlich erscheinenden
Leiden bald für, bald wider die Naturheilkunde spricht, und daß die
Diskussion
über den Wert oder Unwert der Heilmethode niemals im allgemeinen, sondern nur an den jedesmal vorliegenden einzelnen
Fällen
entschieden werden kann. Die eigentlichen Begründer dieser
Verfahren sind die beiden Landleute
VinzenzPrießnitz in
Gräfenberg (gest. und
Johann Schroth (gest. zu
Lindewiese in Österreichisch-Schlesien),
von denen ersterer vornehmlich die
Kaltwasserkuren (Hydropathie), letzterer die Anwendung der feuchten
Wärme
[* 3] und der diätetische
Methode eingeführt hat.
Die Naturheilkunde hat ihre Anhänger seither vorzugsweise unter den
Laien, zum weit geringern Teil unter naturwissenschaftlich
gebildeten
Ärzten gefunden. Sie hat es an
Agitation durch
Wort und
Schrift nicht fehlen lassen und sucht ihre
Lehre
[* 4] durch
Zeitschriften
und
Vereine zu verbreiten. Dabei ist sie in ein engeres
Verhältnis zum Vegetarismus getreten und verwirft auch die
Impfung.
[* 5]
Eine
Wunde heilt beispielsweise »von selbst« durch direkte
Verklebung oder
Bildung von
Granulationen; eine
Lungenentzündung heilt dadurch »von selbst«, daß das in den Lungenbläschen
ausgeschiedene
Exsudat sich wieder verflüssigt, dann ausgehustet oder durch die
Blut- und
Lymphgefäße wieder aufgesogen wird
etc. Die
Therapie besteht bei den verschiedensten
Krankheiten einzig und allein in einer Unterstützung dieses Naturheilungsprozesses.
Eine besondere »Naturheilkraft« (Selbsterhaltungstrieb) gibt es indessen
ebensowenig wie die sogen.
Lebenskraft (s. d.). Die Naturheilung findet auch, selbst wenn man
von den sogen. unheilbaren
Krankheiten absieht, bei weitem nicht in allen
Fällen statt. Die verschiedenartigsten
Krankheiten,
bei welchen das ärztliche Eingreifen erfolgreich zu wirken im stande ist, endigen, sich selbst überlassen,
mit der Zerstörung einzelner
Organe (organischen Fehlern) oder mit der Vernichtung des ganzen
Organismus
(Tod).
im allgemeinen ist ein Teil der
Philosophie (s. d.) und zwar des theoretischen Teils derselben, welcher
von dem, was ist
(Metaphysik; s. d.), im
Gegensatz zum praktischen, welcher von dem, was sein soll
(Ethik,
s. d.), handelt. Als solcher unterscheidet sie sich von dem andern Teil der theoretischen
Philosophie, der Geistesphilosophie (deren Gegenstand der
Geist, entweder der unendliche:
Theologie, oder der endliche:
Psychologie,
ist), dadurch, daß ihr Gegenstand die
Natur, von der (empirischen)
Naturwissenschaft, welche denselben
Gegenstand hat, dadurch, daß sie eben
Philosophie ist.
Wer daher (wie der
Materialismus) keinen von der
Natur unterschiedenen
Geist anerkennt, für den verwandelt sich die ganze theoretische
Philosophie in bloße Naturphilosophie; wer (wie der Empirismus) auch die
Philosophie für eine Erfahrungswissenschaft erklärt, für den
besteht zwischen Naturphilosophie und
Naturwissenschaft kein wirklicher, sondern höchstens ein Namensunterschied. In
ersterm
Sinn machen
Systeme, welche überhaupt eine
Metaphysik behandeln, von derselben Anwendung auf die
Natur
(Metaphysik der
Natur, Naturphilosophie); in letzterm
Sinn will bisweilen, da sie auf die Bezeichnung als
Philosophie selten Wert zu legen pflegt, empirische
Naturwissenschaft für Naturphilosophie gelten
(Häckel).
Folge des erstern Umstandes ist, daß die
Gegensätze der philosophischen
Schulen hinsichtlich der allgemeinen
Metaphysik
(Monismus,
Monadismus, Alleinheits-, Allvielheitslehre),
Folge des letztern, daß die
Gegensätze der empirischen
Physik
(Dynamismus,
Atomismus)
auf die Naturphilosophie
übertragen werden. Im engern
Sinn wird unter Naturphilosophie jene Gestalt der
PhilosophieSchellings (s. d.) verstanden, welche
in dessen ersten
Schriften enthalten und von ihm später als negative im
Gegensatz zu seiner schließlichen positiven oder
Offenbarungsphilosophie bezeichnet worden ist. Vgl.
Schaller, Geschichte
¶
mehr
der Naturphilosophie von Baco von Verulam bis auf unsre Zeit (Leipz. 1841-46, 2 Bde.);
Wundt, Über den Einfluß der Philosophie auf die Erfahrungswissenschaften (das. 1876); Fr. Schultze, Philosophie der Naturwissenschaft
(das. 1881-82, 2 Bde.).