Amtmann Br. in H. Nunmehr hat auch Württemberg [* 2] ein »Feldbereinigungsgesetz vom 30. März 1886«. Näheres in den Schriften von Zeeb, Die Feldbereinigung, ihr Zweck und ihre Ausführung (Eugen Ulmer, Stuttg. 1886), und Heberle, Die Feldbereinigung in Württemberg nach dem Gesetz vom (Osiandersche Buchhandlung, Tübing. 1886).
S. in
Lübeck,
[* 3] in
Dresden
[* 4] u. a. Die Grundzüge der geplanten
Alters- und
Invalidenversicherung für die deutschen
Arbeiter, welche
den Gegenstand der Beratung für verschiedene
Körperschaften (preußischer
Volkswirtschaftsrat, Berufsgeno
ssenschaftstag,
Zentralverband deutscher
Industriellen etc.) gebildet haben sind im wesentlichen folgende:
I. Umfang der Versicherung.
Sämtliche gegen Lohn arbeitende Personen des Arbeiterstandes, männliche wie weibliche, etwa 12 Mill. sollen dem Versicherungszwang unterworfen werden.
Alle im Privatdienst befindlichen Arbeiter, Gehilfen, Gesellen, Lehrlinge oder Dienstboten, welche gegen Lohn oder Gehalt beschäftigt werden, sodann Betriebsbeamte, Handlungsgehilfen und Lehrlinge, einschließlich der Gehilfen und Lehrlinge in Apotheken, deren Jahresverdienst 2000 Mk. nicht übersteigt, sowie die gegen Lohn oder Gehalt beschäftigten Personen der Schiffsbesatzung deutscher Seefahrzeuge sind versicherungspflichtig.
Auf Hausindustrielle kann die Versicherung durch Bundesratsbeschluß ausgedehnt werden.
II. Gegenstand der Versicherung.
Die zu gewährende Rente ist entweder Alters- oder Invalidenrente.
Altersversorgung erhält ohne Rücksicht auf seine Erwerbsfähigkeit derjenige Arbeiter, welcher das 70. Lebensjahr vollendet hat.
Invalidenversorgung wird ohne Rücksicht auf das Lebensalter demjenigen zu teil, welcher nachweislich dauernd völlig erwerbsunfähig ist.
Die Invalidenrente beträgt bei Männern 120 Mk. jährlich.
Sie steigt nach Ablauf [* 5] der ersten 15 Beitragsjahre für jedes weitere Beitragsjahr um je 4 Mk. jährlich bis zum Höchstbetrag von jährlich 250 Mk. Die Altersrente beträgt jährlich 120 Mk. Sie fällt hinweg, wenn dem Versicherten Invalidenrente gewährt wird.
Weibliche Personen erhalten ⅓ jener Beträge.
Die Renten werden durch die Post in monatlichen Raten gezahlt.
III. Versicherungsbeiträge.
Für männliche Arbeiter hat der Arbeitgeber für den Kopf und für den Arbeitstag zwei Pfennig aus eignen Mitteln zu zahlen.
Der gleiche Betrag entfällt auf den Arbeiter selbst, welchem dieser Beitrag durch den Arbeitgeber am Lohn zu kürzen ist.
Die Reichskasse zahlt den halben Betrag des vom Arbeitgeber abgeführten Beitrags, so daß also Arbeiter, Arbeitgeber und Reich je ⅓ der Kosten (6 Pfennig pro Arbeitstag) aufbringen.
Für weibliche Arbeiter ist ⅓ jener Versicherungsbeiträge zu entrichten.
Das Jahr wird zu 300 Arbeitstagen gerechnet.
IV. Wartezeit. Bei der Altersrente beträgt die Wartezeit 30 Beitragsjahre.
Die Invalidenrente wird bei dem Eintritt der Invalidität nach Ablauf einer fünfjährigen Beitragsfrist gewährt.
Ist die Erwerbsunfähigkeit nachweislich die Folge einer Krankheit, welche der Versicherte bei der Arbeit oder aus Veranlassung derselben sich zugezogen hat, so bedarf es der Zurücklegung einer Wartezeit nicht.
Versicherten, welche sich die Arbeitsunfähigkeit nachweislich mit Vorsatz oder durch schuldhafte Beteiligung bei Schlägereien oder Raufhändeln oder durch geschlechtliche Ausschweifungen zugezogen haben, steht ein Anspruch auf Invalidenrente nicht zu.
Aus Billigkeitsrücksichten kann jedoch in diesen Fällen und ebenso vor Ablauf der gesetzlichen Wartezeit ein Teil der Rente gewährt werden.
Durch Übergangsbestimmungen soll für ältere Arbeiter, welche bei dem Inkrafttreten des Gesetzes in Betracht kommen, die Möglichkeit gegeben werden, nach zurückgelegtem 70. Lebensjahr auch bei kürzerer Wartezeit die Altersrente zu erlangen.
V. Abzüge an der Rente.
Denjenigen Personen, für welche im Lauf eines Kalenderjahrs für weniger als 300 Arbeitstage Beiträge oder gar keine Beiträge geleistet sind, ist die Rente bei deren Feststellung nur nach dem Werte der thatsächlich geleisteten Beiträge zu gewähren.
Diese Kürzung der Rente tritt nicht ein, soweit der Ausfall durch freiwillige Nachzahlung der ausgefallenen Beiträge für Arbeitgeber und Arbeiter nebst Zinsen und Zinseszinsen gedeckt wird.
Auch hat eine mit Erwerbsunfähigkeit verbundene Krankheit nach Beginn einer regelmäßigen Beschäftigung die Kürzung der Rente und die Verpflichtung zur Nachzahlung der Beiträge nicht zur Folge.
VI. Kontrolle der Versicherten.
Jeder Arbeiter erhält bei dem Eintritt in die Versicherung ein Quittungsbuch, auf dessen Titelblatt Name, Geburtsort und -Jahr und der Wohnort des Inhabers verzeichnet sind.
In das Quittungsbuch hat der Arbeitgeber bei jeder Lohnzahlung den entsprechenden Betrag von Versicherungsmarken einzukleben.
Die eingeklebten Marken sind zu entwerten.
Ist ein Quittungsbuch mit Marken gefüllt, so wird dem Inhaber ein neues Buch ausgehändigt, in welches die Endzahlen des frühern Quittungsbuchs in beglaubigter Form vorgetragen sind.
Die geschlossenen Quittungsbücher sind bei der Gemeindebehörde des Herkunftsortes aufzubewahren.
Eintragungen in die Bücher, welche ein Urteil über die Führung oder Arbeitsleistung des Inhabers oder andrer Personen enthalten, sind unstatthaft.
VII. Verwaltung. Die Berufsgenossenschaften für die Unfallversicherung sollen mit der Verwaltung der Alters- und Invalidenversicherung betraut werden.
Für jede Berufsgenossenschaft wird eine besondere Versicherungsanstalt mit Vertrauensmännern eingerichtet.
Für diejenigen Arbeiter, welche einer Berufsgenossenschaft nicht angehören, treten an deren Stelle die weitern Kommunalverbände.
Die Witwen- und Waisenversorgung für den Arbeiterstand ist vorerst noch nicht in Angriff genommen.
Die eigentliche Gesetzesvorlage über die Alters- und Invalidenversorgung wird dem Reichstag jedenfalls noch in dieser Session zugehen, der sie aber schwerlich noch in der gegenwärtigen Sitzungsperiode wird erledigen können.
Franz Schmittmann in Breslau. [* 6]
Das Abzahlungsgeschäft oder Teilzahlungsgeschäft, über welches Sie nähere Auskunft wünschen, ist einmal ¶
ein Kauf, bez. Verkauf auf Kredit mit Ratenzahlung, Vorbehalt des Eigentums bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises und einer Verfallklausel des Inhalts, daß die einmal geleisteten Zahlungen auf jeden Fall dem Verkäufer verfallen sein sollen, dann der gewerbsmäßige Betrieb solcher Abzahlungsgeschäfte (Warenabzahlungsgeschäfte, Warenkreditbazare etc.).
Dem Wortsinn nach ist eigentlich jeder Kauf auf Kredit mit Ratenzahlung ein Abzahlungsgeschäft, doch wird dieses Wort in neuester Zeit in der obigen ganz speziellen Bedeutung genommen.
Nach positivem Recht geht nämlich beim Kreditkauf, ebenso wie beim Barkauf, das Eigentum an dem Gegenstand regelmäßig mit dessen Übergabe auf den Käufer über.
Will sich also beim Kreditkauf der Verkäufer bis zur vollständigen Abzahlung des Kaufpreises das Eigentum vorbehalten, so muß er dies ausdrücklich mit dem Käufer vereinbaren und kann dann, sobald der Käufer auch nur mit einer Rate im Rückstand bleibt, die Sache zurücknehmen;
ist nun dem Vertrag auch noch die oben erwähnte Verfallklausel hinzugefügt, so braucht der Verkäufer, auch wenn er den Gegenstand wieder zurücknimmt, die bereits geleisteten Beträge nicht mehr herauszugeben, sie sind zu seinen gunsten verfallen. An und für sich kann jede Ware, auch Wertpapiere, Gegenstand eines Abzahlungsgeschäfts sein, am häufigsten aber werden Maschinen (namentlich Nähmaschinen), [* 8] musikalische Instrumente (namentlich Klaviere) auf Abzahlung verkauft;
ferner Möbel, [* 9] Betten (überhaupt Hauseinrichtungsgegenstände), Kleider, Stiefel, Hüte, Schirme, Uhren, [* 10] Öldruckbilder etc. Gewerbsmäßig betrieben wird das Abzahlungsgeschäft nur bezüglich der letztgenannten Artikel (des täglichen Gebrauchs) und zwar in den sogen. Warenabzahlungsgeschäften oder Warenkreditbazaren, die sich übrigens oft unter Bezeichnungen wie: Ausstattungsgeschäft, Warenbazar etc. verbergen.
Beim Abschluß des Abzahlungsgeschäfts muß der Käufer gewöhnlich einen Vertrag unterschreiben, der außer andern, weniger wesentlichen, die obigen wesentlichen Bestimmungen enthält, ferner wird ihm ein Quittungsformular (in Form einer Karte oder eines Büchelchens, sogen. Kontrabuch) ausgehändigt, in welchem die Zahlungen quittiert werden, und das ebenfalls die Vertragsbedingungen enthält.
Der Vertrag selbst ist entweder ein eigentlicher Kaufvertrag oder ein Mietvertrag (fälschlich oft als Leihvertrag bezeichnet).
In letzterm wird vereinbart, daß z. B. das Geschäft X eine Ware dem Y gegen einen monatlichen (oder wöchentlichen) Mietzins (fälschlich Leihgebühr) vermietet (leiht), daß bei Nichtentrichtung des Mietzinses der Vertrag aufgehoben sein soll, daß dagegen, wenn die Summe der geleisteten Mietzinsen eine bestimmte Höhe (die Höhe des Abzahlungskaufpreises) erreichen wird, der Mietgegenstand in das Eigentum des Mieters übergehen soll, also analoge Bedingungen wie beim Kaufvertrag.
Der Mietvertrag ist hauptsächlich in norddeutschen und aus Norddeutschland stammenden Geschäften üblich (wohl hauptsächlich wegen der ungünstigen Behandlung des Eigentumsvorbehalts beim Kauf durch das preußische Landrecht).
Das Abzahlungssystem stammt aus England und Nordamerika [* 11] und wurde in Deutschland [* 12] zuerst beim Verkauf von Nähmaschinen angewendet. In Deutschland wurde das erste eigentliche Warenabzahlungsgeschäft 1854 in Hamburg [* 13] errichtet, von wo sich diese Geschäfte rasch über ganz Deutschland ausbreiteten und stark vermehrten.
Gegenwärtig gibt es in Berlin [* 14] über 100 eigentliche Warenabzahlungsgeschäfte, in München [* 15] 17 (im J. 1878: 4), in Leipzig [* 16] 12, in Mannheim [* 17] 5. Der gegenwärtige Umfang des Abzahlungsgeschäfts überhaupt geht aus der Thatsache hervor, daß im Handelskammerbezirk Bielefeld [* 18] nahezu zwei Drittel aller Nähmaschinen auf Abzahlung gekauft werden.
Über die volkswirtschaftliche Berechtigung der Abzahlungsgeschäfte hat sich in den letzten Jahren ein lebhafter Streit entsponnen.
Vor allem hat man, und mit Recht, die Härte und ökonomische Unbilligkeit getadelt, welche darin liegt, daß ein vielleicht ganz schuldlos in augenblickliche Zahlungsunfähigkeit geratener Käufer die gekaufte Sache herausgeben muß und die bereits geleisteten Beträge, welche den Kaufpreis vielleicht nahezu erreicht haben, verlieren soll.
Dagegen hat sich durch die thatsächlichen Erhebungen die Meinung als ungerechtfertigt erwiesen, als ob die Abzahlungsgeschäfte gegen ihre Kunden inkulant seien, schon bei der ersten Zahlungsstockung die ihnen vertragsmäßig zustehenden Rechte aufs äußerste ausnützten, ja, daß die Abzahlungsgeschäfte bloß deshalb gegründet worden seien, um mittellose Leute (denn aus diesen rekrutiert sich der Natur der Sache nach das Kundenpublikum dieser Geschäfte) ausbeuten zu können.
Man hat ferner gesagt, daß die in die Augen springende Bequemlichkeit des Abzahlungssystems die unbemittelten Volksklassen dazu verleite, mit Hilfe des Kredits Ausgaben zu machen, welche sich durch ein dringendes Bedürfnis nicht rechtfertigen lassen.
Auch wird behauptet, daß die Abzahlungsgeschäfte, trotzdem sie durch Eigentumsvorbehalt etc. sich einigermaßen sicherstellen können, doch infolge des immerhin großen Risikos einen hohen Preis bei geringer Qualität der Ware berechnen müssen, um so mehr, da sie bestrebt seien, einen außergewöhnlichen Gewinn zu machen.
Dies ist thatsächlich richtig, hat aber seinen Grund nicht im Abzahlungssystem als solchem, sondern in dem Umstand, daß das Abzahlungsgeschäft sozusagen ein Monopol der unreellen Elemente in der Geschäftswelt ist, indem die reellen Kaufleute vor dem Kreditieren an unsichere Leute zurückschrecken, die unsoliden dagegen das Kreditsystem benutzen, um sich einen Absatz zu verschaffen, den sie sonst nicht hätten.
Allen diesen Nachteilen gegenüber muß man anderseits zugestehen, daß beim Handel mit Werkzeugen und Maschinen (z. B. Nähmaschinen) wenigstens das System der Abzahlung einen sehr schwerwiegenden Vorteil dadurch bietet, daß es arbeitsfähigen und arbeitslustigen, aber unbemittelten und deshalb sonst kreditlosen Leuten die einzige Möglichkeit gewährt, sich die nötigen Produktionsmittel auf dem Weg des Kredits zu verschaffen, weshalb man mit Recht das Abzahlungssystem als für Handwerker und Hausindustrielle unentbehrlich bezeichnet.
Die von den Gegnern der Abzahlungsgeschäfte zur Abhilfe empfohlenen Maßregeln beruhen teils auf Staats-, teils auf Selbsthilfe.
Die Staatshilfe wird in Anspruch genommen durch den Vorschlag, Eigentumsvorbehalt oder Verfallklausel oder beides für rechtsunwirksam zu erklären.
Aber abgesehen davon, daß es immerhin mißlich ist, eine so einschneidende Änderung des Zivilrechts um der Schädlichkeit einer einzelnen volkswirtschaftlichen Erscheinung willen vorzunehmen, würde eine solche gesetzliche Bestimmung das Abzahlungssystem nicht nur von seinen Auswüchsen befreien, sondern ganz unmöglich machen.
Andre möchten die Abzahlungsgeschäfte den gewerbepolizeilichen Beschränkungen unterworfen wissen, denen die ¶