mehr
er starb. Sein Sohn Wilhelm VI. verlor 1806 die Abteien und sogar seine nassauischen Stammlande, da er sich weigerte, dem Rheinbund beizutreten, ward aber nach Napoleons I. Sturz 1815 als Wilhelm I. zum König der Vereinigten [* 2] Niederlande [* 3] erhoben und für die in Deutschland [* 4] verlornen Territorien mit dem Großherzogtum Luxemburg [* 5] entschädigt (s. Niederlande, Geschichte). Er starb 1843, nachdem er 1840 abgedankt hatte, und ihm folgte sein Sohn Wilhelm II. und diesem dessen Sohn, König Wilhelm III., mit welchem die oranische Linie im Mannesstamm aussterben wird. Ein vierter Sohn des oben genannten Johann VI. von Nassau-Dillenburg, Johann Ludwig, stiftete die neue Hadamarer Linie, stellte in seinem Lande die katholische Religion wieder her und wurde 1650 vom Kaiser in den Reichsfürstenstand erhoben. Als sein Enkel Franz Alexander 1711 ohne männliche Erben starb, fielen seine Besitzungen an die damals noch übrigen Linien Nassau-Dietz und Nassau-Dillenburg.
Die gemeinsame Regierung der Fürsten Friedrich August von Nassau-Usingen und Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg (1803-16) huldigte in mancher Hinsicht dem Fortschritt. So hoben dieselben die Leibeigenschaft 1808 auf, erließen 1811 ein auf dem Grundsatz gleichheitlicher Besteuerung beruhendes Steuergesetz und stellten die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, ihre Gleichberechtigung zu allen Ämtern gesetzlich fest. Ihrem Land gaben sie 1. und zuerst von allen deutschen Fürsten, eine landständische Verfassung.
Doch wurde die erste Landesversammlung erst von Herzog Wilhelm (1816-39) 1818 berufen und geriet mit der Regierung, an deren Spitze der dem Metternichschen System geneigte Minister v. Marschall stand, besonders wegen der Domänenfrage in Konflikt. Der Minister stellte die Domänen dem Patrimonialgut des herzoglichen Hauses gleich, behielt ihre Erträge als Zivilliste dem Herzog vor und verlangte sogar, daß die Staatssteuerkasse alljährlich einen Beitrag von 140,000 Gulden als Entschädigung für die durch Aufhebung der Leibeigenschaft erlittene Einbuße an die herzogliche Domänenkasse zahle.
Schließlich bewilligten die Stände den Zuschuß bis 1820. Nach längern Zwistigkeiten während der 30er Jahre einigte sich endlich 1836 die Regierung mit den Ständen dahin, jene 140,000 Guld., zu 2,400,000 Guld. kapitalisiert, als 3proz. Domänenschuld auf das Land zu übernehmen, und 1837 wurden die Domänen für unveräußerlich erklärt. Am trat Nassau dem Deutschen Zollverein bei; 27. Juni ward im Haag [* 6] mit dem König der Niederlande ein Vertrag wegen Abtretung der agnatischen Ansprüche auf Luxemburg abgeschlossen, zufolge dessen Nassau 750,000 Guld. ausgezahlt erhielt.
Am starb der Herzog Wilhelm und hatte seinen Sohn Adolf (geb. zum Nachfolger. Dieser gab den Wünschen der durch die Februarrevolution erregten Bevölkerung [* 7] nach und vereinbarte mit einem nach einem neuen Wahlgesetz berufenen Landtag, der nur eine aus indirekten Wahlen hervorgegangene Kammer enthielt, eine neue Verfassung, welche publiziert wurde. Der Herzog erklärte bereits unterm seinen Beitritt zu dem Dreikönigsbündnis, wozu die Kammer die Genehmigung erteilte. 1851 brachte die Regierung ein neues Wahlgesetz bei der Kammer in Vorschlag, stieß jedoch auf Widerstand und schickte die Deputierten heim (2. April). Nun lenkte man in das reaktionäre Fahrwasser wieder ein. Die Regierung publizierte 27. Sept. den Bundesbeschluß wegen Aufhebung der Grundrechte, beseitigte 28. Nov. die Verfassung und erließ ein neues Wahlgesetz. Seitdem gab es wieder zwei Kammern. Im Dezember 1851 trat der Ministerpräsident v. Wintzingerode, der seit 1849 an der Spitze der Verwaltung gestanden hatte, zurück und hatte im Februar 1852 den Fürsten Sayn-Wittgenstein-Berleburg zum Nachfolger. Während in den 50er Jahren das konservative Element im Landtag überwog, errang zuerst 1863 die liberale Partei, welche die Wiederherstellung der Verfassung von 1849 als ihre Hauptaufgabe betrachtete, bei den Wahlen die Oberhand. Unmittelbar nach Eröffnung des Landtags wurde Werren zum Direktor der Landesregierung ernannt, doch bedeutete dies keinen Systemwechsel.
Als die Zweite Kammer sich 9. Aug. für die Wiederherstellung der Verfassung vom Dezember 1849 und des Wahlgesetzes vom April d. J. erklärte, wies die Regierung dies entschieden zurück und führte im Dezember die Auflösung des Landtags herbei. Bei den Neuwahlen zur Ersten und Zweiten Kammer Anfang 1865 errang die Opposition zwar den Sieg; doch gelang es den äußersten Anstrengungen der Regierung, ihre Partei um einige Stimmen zu verstärken. Die gouvernementale und klerikale Minderheit blieb aber bald aus den Sitzungen weg, so daß die Kammer beschlußunfähig ward. Wiederum schritt die Regierung zu einer Kammerauflösung, erreichte jedoch nur eine ansehnliche Verstärkung [* 8] der liberalen Elemente.
Jetzt endlich entschloß sich der Herzog, Werren zu entlassen und durch eine Persönlichkeit von gemäßigterer Gesinnung, Winter, zu ersetzen. Allein für die innere Verwaltung blieb Werrens Einfluß auch noch ferner entscheidend, während der Adjutant des Herzogs, General v. Zimiecki, die auswärtige Politik Nassaus im österreichischen Sinn leitete. Unter diesen Umständen war es nicht anders zu erwarten, als daß der Herzog von Nassau im Sommer 1866 zu den entschiedensten Anhängern Österreichs zählte.
Die österreichische Anfrage vom 16. März beantwortete er zustimmend und verfügte bereits 4. Mai die Mobilisierung seines Kontingents. Die Kammern wurden auf drei Wochen vertagt. Nachdem sie 5. Juni wieder zusammengetreten waren, erging an sie die Forderung eines außerordentlichen Kredits im Betrag von ca. 500,000 Guld. für Kriegszwecke. Gegen den Willen des Landtags stimmte die Regierung dem Bundesbeschluß vom 14. Juni zu und beantwortete die wiederholte Ablehnung der Kreditforderung (26. Juni und 6. Juli) mit einer Kammerauflösung. Mittlerweile war die Lage in Deutschland eine wesentlich andre geworden, die Schlacht von Königgrätz [* 9] vorüber und der Herzog von Nassau jeden Augenblick einer feindlichen Okkupation seines Landes gewärtig. Sein Kontingent, eine Brigade, ließ er zwischen der Wetterau und Nassau hin- und hermarschieren; dasselbe sollte eine Vereinigung mit dem 8. Bundesarmeekorps suchen, zugleich aber auch die Einfälle preußischer Landwehrbataillone abwehren. Später wurden die nassauischen Truppen bei Günzburg an der Donau konzentriert und erst 8. Sept. ihres Eides und Dienstes durch den Herzog entlassen. Bereits Anfang Juli erging an die Bewohner Nassaus eine Proklamation des Fürsten von Hohenzollern, [* 10] als des Generalgouverneurs von Rheinland und Westfalen, [* 11] und Teile des Herzogtums wurden durch die Preußen [* 12] besetzt. Der Herzog verließ 15. Juli nach dem Treffen von Aschaffenburg [* 13] seine Hauptstadt, um sich zur Armee, d. h. fürs erste nach Mainz [* 14] und dann nach Augsburg, [* 15] zu begeben. Wenige Tage ¶
mehr
darauf erschienen die Preußen in Wiesbaden [* 17] und Biebrich [* 18] und mit ihnen der bisherige Landrat von Wetzlar, [* 19] v. Diest, welcher zum Zivilkommissar für Nassau ernannt worden war. Die Bevölkerung brachte in ihrer überwiegenden Mehrzahl ihre Abneigung gegen die frühere Regierung zum Ausdruck. Am 3. Okt. verfügte ein Patent des Königs von Preußen die Annexion des ehemaligen Herzogtums Nassau. Dasselbe bildet seitdem mit Hessen-Homburg und Frankfurt [* 20] a. M. den Regierungsbezirk Wiesbaden in der neuen Provinz Hessen-Nassau 1867 erhielt Nassau ein besonderes Konsistorium, das vom preußischen Oberkirchenrat unabhängig bleiben sollte. Am schloß Preußen mit dem ehemaligen Herzog einen Abfindungsvertrag, in welchem derselbe für die Aufgabe seiner Ansprüche auf Nassau durch 15 Mill. Guld. nebst einigen Schlössern entschädigt wurde. Auch bleibt dem Herzog von Nassau für den Fall des Erlöschens der oranischen Linie (s. oben, S. 1020) die Anwartschaft auf Luxemburg.
Vgl. v. Witzleben, Geschichte und Genealogie des Fürstenhauses Nassau (Stuttg. 1855);
Hennes, Geschichte der Grafen von Nassau bis 1255 (Köln [* 21] 1843);
v. Schütz, Geschichte des Herzogtums Nassau (Wiesb. 1853);
Keller, Geschichte Nassaus (Bd. 1: »Von der Reformation bis zum Anfang des Dreißigjähr. Kriegs«, das. 1864; nicht fortgesetzt);
Schliephake, Geschichte von Nassau (fortgesetzt von Menzel, das. 1866-87, Bd. 1-7);
Derselbe, Von dem Ursprung des Hauses Nassau (das. 1857);
»Annalen des Vereins für nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung« (das. 1827-87, Bd. 1-20);
»Codex diplomaticus nassoicus«, bearbeitet von Sauer (das. 1885 ff.).