Stoffes nach rückwärts bis zum letzten
Stiche geht, dicht an demselben durchsticht und auf der Unterseite des
Stoffes wieder
einige
Fäden vorwärts geht. Er gibt die festeste
Naht und wird daher hauptsächlich beim Wäschenähen angewendet. Mit überwendlichen
Stichen kann man nur entweder zwei Webekanten oder zwei gesäumte Schnittkanten verbinden. Man legt
beide
Kanten aufeinander und sticht, ein bis zwei
Fäden tief, durch beide hindurch. Bei der Hohlstichnaht werden einige Längsfäden
aus dem
Stoff gezogen und die stehen bleibenden Querfäden in
Gruppen von je zwei, drei oder mehr geteilt und durch Seitenstiche
befestigt.
Mit Stiel-, Fischgräten-,
Hexen- und
Kettenstich werden besonders Verschönerungs- oder Ziernähte ausgeführt.
Aus
Naht und
Saum zusammengesetzt sind die französische und die Kappnaht. Bei beiden werden erst zwei Schnittkanten durch
Steppstiche miteinander verbunden, dann beide Schnittkanten nach derselben Seite umgebogen, bei der französischen
Naht eingebogen
und mit
Steppstichen, bei der Kappnaht fest eingerollt und mit Saumstichen auf den einen Stoffteil genäht.
Vgl. Hillardt, Das Nähen (3. Aufl.,
Wien
[* 2] 1887).
(Retrakt,
Einstand, Geltung,Losung, Nähergeltung, Zugrecht), das einer
Person (dem Retrahenten oder Nähergelter)
zustehende
Recht, in den
Vertrag, welchen ein
Grundeigentümer mit einem Dritten über den Verkauf eines
Grundstücks an den
letztern abgeschlossen, dergestalt einzutreten, daß derKäufer dieses
Grundstück an jene
Person gegen
Erstattung des Kaufpreises abzutreten verbunden ist. Der älteste
Fall, in welchem das heutzutage fast gänzlich unpraktische
Näherrecht zur Anwendung kam, ist die sogen.
Erblosung (Retractus gentilitius), nämlich dasjenige Näherrecht, welches den gesetzlichen
Erben
des Verkäufers in Ansehung eines sogen. Erbguts zustand, d. h.
eines von den beiderseitigen Vorfahren ererbten
Gutes.
Diesem sind dann verschiedene
Arten des Näherrechts nachgebildet worden, so die
Mark- oder
Landlosung
(Territorialretrakt, Bürgerretrakt,
Retractus
ex jure incolatus), das Näherrecht der Gemeindeangehörigen für den
Fall, daß ein in der Gemeindeflur gelegenes
Grundstück
an ein Nichtgemeindemitglied verkauft worden;
ferner das dem Anlieger einesGrundstücks bei dessen Verkauf
an einen andern gegebene Nachbarnrecht
(Nachbarlosung, Retractus
ex jure vicinitatis);
das Ganerbenrecht
(Kondominalretrakt, Retractus
ex jure condominii), welches den Miteigentümern eines
Grundstücks in Ansehung ihrer
Anteile daran wechselseitig zustand;
endlich der dem Lehnsherrn und dessen
Agnaten bei
Veräußerungen
des Lehnsguts durch den
Vasallen eingeräumte Lehnsretrakt (Retractus feudalis).
In allen diesen
Fällen konnte aber das Näherrecht nur
vermöge eignen
Rechts geltend gemacht werden, eine
Zession desselben war nicht zulässig; auch konnte das
Näherrecht nur gegen Erstattung des Kaufpreises, der Kaufkosten und des etwanigen Aufwandes, welchen der
Käufer bereits auf das
Grundstück
gemacht, ausgeübt werden. Die Verzichtleistung des Nähergelters auf das Retraktsrecht, als welche auch das
Ausschlagen des
zum Verkauf angebotenen
Gutes oder die Einwilligung in dessen
Veräußerung
anzusehen war, hob dasselbe auf,
und ebenso erlosch es nach gemeinem
Recht, wenn der Retraktberechtigte, nachdem er die geschehene
Veräußerung des
Grundstücks
erfahren, binnen Jahr und
Tag, d. h. binnen einer
Frist von 1 Jahr, 6
Wochen und 3
Tagen, sein Näherrecht nicht geltend machte. Die moderne
Gesetzgebung hat das Näherrecht, welches nur zu oft zu prozessualischen Verwickelungen Veranlassung
gab, bis auf wenige Überreste beseitigt.
Vgl. außer den Lehrbüchern des deutschen
PrivatrechtsWalch, Das Näherrecht (3. Aufl.,
Jena
[* 3] 1795).
eine
Maschine
[* 9] zur Herstellung von
Nähten auf mechanischem Weg zum Zusammennähen
von
Stoffen wie auch zur Hervorbringung von
Verzierungen auf der Stoffoberfläche. Bei allen in
Gebrauch
befindlichen Nähmaschinen erfolgt die Stichbildung durch eine kräftige
Nadel mit nahe an der
Spitze befindlichem
Öhr, indem
diese den zu nähenden
Stoff von
oben nach unten durchsticht, nach Erreichung einer gewissen tiefsten
Stellung sich wieder hebt
und dadurch, daß der
Faden
[* 10] in dem Stichloch eine
Reibung
[* 11] erleidet und zurückgehalten wird, die
Bildung
einer
Schleife oder
Schlinge veranlaßt (Textfig. 1), welche, durch eine
Spitze oder einen
Haken erfaßt, zu weitern, je nach
der zu erzeugenden Stichart und dem Maschinensystem verschiedenen
Operationen zurückgehalten wird.
Die Auf- u. Abwärtsbewegung der
Nadel vermittelt ein vertikaler
Schieber, der über der Nähstelle in einemArm,
gewöhnlich durch eine Schlitzkurbel, die gesetzmäßige
Bewegung erhält.
Drei Sticharten haben sich für Maschinennähte
allein praktisch erwiesen: der Doppelsteppstich, der
Ketten- oder Tamburierstich und der Knotenstich. Die Anwendung andrer,
meist weniger einfacher
Stiche ist entweder auf den
Versuch beschränkt geblieben, oder hat
nur für gewisse Spezialzwecke Benutzung
erfahren.
Letzteres gilt in gewissem
Sinn selbst von dem Knotenstich, welcher jetzt fast ausschließlich
zu Ziernähten gebraucht wird.
Der Doppelsteppstich (Textfig. 2) ist nach dem gleichartigen Aussehen der
Naht benannt, welche auf beiden Seiten des
Stoffes
als eine schöne Steppnaht
erscheint. Derselbe vereinigt die Vorzüge großer Einfachheit, Festigkeit
[* 14] und Elastizität mit geringem Fadenverbrauch, welcher
nur ungefähr das 2½fache der Nahtlänge beträgt. Er ist deshalb auch längst als der vorzüglichste Nähmaschinenstich
anerkannt und weitaus am meisten in Gebrauch gekommen. Die Herstellung dieses Stiches erfolgt immer mittels zweier Fäden, eines
Oberfadens und eines Unterfadens, und zwar in der Weise, daß durch die Schlinge
[* 13]
(Fig. 1), welche sich
unterhalb des Stoffes gebildet hat, der aufgespulte Unterfaden hindurchgeführt wird und beim Anziehen der Schlinge des Oberfadens
das vollständige Zurückgehen desselben hindert, wodurch die aus
[* 13]
Fig. 2 ersichtliche Kreuzung des Ober- und Unterfadens in der
Mitte des Stoffes bewirkt wird. Die Art und Weise, wie das Hindurchführen des Unterfadens durch die Schlinge
geschieht, bildet den charakteristischen Unterschied der verschiedenen den Doppelsteppstich nähenden Maschinensysteme. Der
nächstliegende Gedanke war der, den Unterfaden, auf einer kleinen Spule aufgewickelt, in ein Schiffchen (s. Tafel,
[* 13]
Fig. 3)
zu legen und dieses wie nach Art der Weberschütze durch die Schlinge des Oberfadens hindurchzuschießen.
Schon die ersten von Erfolg gekrönten Nähmaschinen benutzten dieses Prinzip, und noch heute haben die Schiffchenmaschinen,
welche zuerst von der Singerschen Nähmaschinenfabrik in New York so vollkommen konstruiert wurden, daß die Singer-Nähmaschine typisch
geworden ist, die weiteste Verbreitung, insbesondere auch deshalb, weil dieses System sich sowohl für
leichte als schwere Näharbeit, z. B. in Leder, Filz u. dgl., eignet. Zur Bildung des Stiches gelangt hierbei die Nadel zunächst,
den Stoff durchdringend, bis in ihre tiefste Stellung, macht dann zur Bildung der Schlinge eine kurze Aufwärtsbewegung, verharrt
in dieser Stellung, um das Schiffchen passieren zu lassen, und steigt endlich rasch in die höchste Stellung,
um nach sofortiger Vorrückung des Stoffes um die Stichlänge das Spiel von neuem zu beginnen.
Damit das Schiffchen durch die Schleife schlüpfen kann, darf dasselbe bei seiner Bewegung nicht mit andern Maschinenteilen
fest verbunden sein; es liegt vielmehr lose in dem Schiffchenkorb, welcher auf verschiedene Weise, am
einfachsten mittels Kurbel
[* 15] und Schubstange (s. Tafel,
[* 13]
Fig. 4), hin und her bewegt wird.
Man erkennt hier in h den Schiffchenkorb mit dem Schiffchen s, das an der vertikalen Wand hin- und hergeht, wenn der Korb zwischen
den Gleitschienen m, durch die Schubstange g von der Kurbel k angetrieben, hin- und hergleitet. - Statt
des Schiffchens dient ebenfalls außerordentlich häufig zum Durchbringen des zweiten Fadens durch die Schleife der sogen. Greifer,
eine Erfindung des Amerikaners Wilson, der mit Wheeler zusammen hierauf das Wheeler-Wilson-Nähmaschinensystem oder Greifersystem
begründete. Der Unterfaden ist hier auf einer aus zwei gebogenen Stahlplatten bestehenden Spule
[* 13]
(Fig.
5) aufgewickelt, welche, mit etwas Spielraum in einem Lager
[* 16] liegend, keine ausgesprochene Bewegung macht, sondern sich nur
nach Maßgabe des
Fadenverbrauchs etwas drehen kann, während ein rotierender Haken, Greifer, auch wohl rotierendes Schiffchen
genannt
[* 13]
(Fig. 6), die Schlinge des Oberfadens, welche sich unterhalb des Stoffes gebildet hat, erfaßt
und in höchst eigentümlicher Weise so bewegt und ausdehnt, daß sie über die ruhende Spule hinweggeführt wird, was offenbar
denselben Erfolg hat, als wäre die Spule durch die Schlinge geführt worden. Zur Veranschaulichung dieses Vorganges dienen
die Figuren 6-9. In der ersten Stellung
[* 13]
(Fig. 6) dringt soeben die Spitze d des Greifers e durch die Schlinge
und verhindert sie, der aufwärts steigenden Nadel zu folgen. Im Innern des Greifers liegt die Spule a
[* 13]
(Fig. 7), welche in
[* 13]
Fig. 6 zur bessern Darstellung der Form des Greifers herausgenommen ist.
Durch einen in den Figuren ebenfalls weggelassenen Vorsetzer, Brille
[* 17] genannt
[* 13]
(Fig. 18 M), wird die Spule
vor dem Herausfallen gesichert. In
[* 13]
Fig. 7 ist durch die Drehung des Greifers die Schlinge so weit mitgenommen, daß der Teil
b derselben, durch die Form des Greifers gezwungen, sich hinter die Spule gezogen hat, während der ursprünglich
hinter dem Greifer liegende Teil c durch die Nute e, in welche er sich bei der Drehung hineinlegt, nach vorn, also auch vor
die Spule geführt wird.
In der Stellung
[* 13]
Fig. 8, in welcher die Schlinge schon zum größten Teil über die Spule hinweggezogen ist, macht es sich nötig,
die Schlinge durch ein Bürstchen f zurückzuhalten, bis die Stellung
[* 13]
Fig. 6 des Greifers wieder eingetreten
ist, damit sie nicht ein zweites Mal von der Spitze des Greifers erfaßt und dann unfehlbar zerrissen werde. Diese Stellung
ist in
[* 13]
Fig. 9 wieder eingetreten; die für den nächsten Stich gebildete Schlinge wird erfaßt und die
erste Schlinge zusammengezogen, indem sie denFaden zur Erweiterung der zweiten liefert. Die Nadel hat bei dieser Maschine eine
nach dem Kurbelgesetz geregelte Bewegung, welche von einem Exzenter abgeleitet ist. Sie sitzt gewöhnlich an einem kreisbogenförmig
schwingenden Hebel
[* 18] und muß daher selbst nach diesem Bogen
[* 19] gekrümmt sein. Die Wheeler u. Wilson-Maschine
hat als Familienmaschine sehr große Verbreitung gefunden und wird auch in Deutschland
[* 20] vielfach gebaut.
Der Kettenstich (Textfig. 10) gibt auf einer Seite des Stoffes eine Steppnaht, auf der andern hingegen eine kettenartige Verschlingung
der Stiche. Er wird nur mit einem einzigen Faden hergestellt, braucht aber trotzdem an Garn das 3½-4fache
der Nahtlänge. Die Kettennaht ist sehr elastisch und fest, kann jedoch, besonders wenn ein Fehlstich entstanden ist (s.
Fig. 10, a), leicht der ganzen Länge nach aufgetrennt werden, was dieser Naht wenig Sicherheit verleiht. Die Herstellung des
Kettenstichs erfolgt in der Weise, daß, nachdem sich unterhalb des Stoffes beim Zurückgehen der Nadel die
Schlinge gebildet hat (Textfig. 1), dieselbe durch ein schwingendes oder rotierendes Häkchen
zurückgehalten wird und bei der nächsten Abwärtsbewegung der Nadel eine solche Lage einnimmt, daß sie von derselben durchstochen
werden