Stoffes nach rückwärts bis zum letzten Stiche geht, dicht an demselben durchsticht und auf der Unterseite des Stoffes wieder
einige Fäden vorwärts geht. Er gibt die festeste Naht und wird daher hauptsächlich beim Wäschenähen angewendet. Mit überwendlichen
Stichen kann man nur entweder zwei Webekanten oder zwei gesäumte Schnittkanten verbinden. Man legt
beide Kanten aufeinander und sticht, ein bis zwei Fäden tief, durch beide hindurch. Bei der Hohlstichnaht werden einige Längsfäden
aus dem Stoff gezogen und die stehen bleibenden Querfäden in Gruppen von je zwei, drei oder mehr geteilt und durch Seitenstiche
befestigt.
Mit Stiel-, Fischgräten-, Hexen- und Kettenstich werden besonders Verschönerungs- oder Ziernähte ausgeführt.
Aus Naht und Saum zusammengesetzt sind die französische und die Kappnaht. Bei beiden werden erst zwei Schnittkanten durch
Steppstiche miteinander verbunden, dann beide Schnittkanten nach derselben Seite umgebogen, bei der französischen Naht eingebogen
und mit Steppstichen, bei der Kappnaht fest eingerollt und mit Saumstichen auf den einen Stoffteil genäht.
(Retrakt, Einstand, Geltung, Losung, Nähergeltung, Zugrecht), das einer Person (dem Retrahenten oder Nähergelter)
zustehende Recht, in den Vertrag, welchen ein Grundeigentümer mit einem Dritten über den Verkauf eines Grundstücks an den
letztern abgeschlossen, dergestalt einzutreten, daß der Käufer dieses Grundstück an jene Person gegen
Erstattung des Kaufpreises abzutreten verbunden ist. Der älteste Fall, in welchem das heutzutage fast gänzlich unpraktische
Näherrecht zur Anwendung kam, ist die sogen. Erblosung (Retractus gentilitius), nämlich dasjenige Näherrecht, welches den gesetzlichen Erben
des Verkäufers in Ansehung eines sogen. Erbguts zustand, d. h.
eines von den beiderseitigen Vorfahren ererbten Gutes.
Diesem sind dann verschiedene Arten des Näherrechts nachgebildet worden, so die Mark- oder Landlosung (Territorialretrakt, Bürgerretrakt,
Retractus ex jure incolatus), das Näherrecht der Gemeindeangehörigen für den Fall, daß ein in der Gemeindeflur gelegenes Grundstück
an ein Nichtgemeindemitglied verkauft worden;
ferner das dem Anlieger eines Grundstücks bei dessen Verkauf
an einen andern gegebene Nachbarnrecht (Nachbarlosung, Retractus ex jure vicinitatis);
das Gespilderecht (Teillosung, Jus congrui),
d. h. das Näherrecht des Besitzers einer Liegenschaft in Ansehung von Grundstücken, welche früher mit der erstern zu einem Ganzen
vereinigt waren;
das Ganerbenrecht (Kondominalretrakt, Retractus ex jure condominii), welches den Miteigentümern eines
Grundstücks in Ansehung ihrer Anteile daran wechselseitig zustand;
endlich der dem Lehnsherrn und dessen Agnaten bei Veräußerungen
des Lehnsguts durch den Vasallen eingeräumte Lehnsretrakt (Retractus feudalis).
In allen diesen Fällen konnte aber das Näherrecht nur
vermöge eignen Rechts geltend gemacht werden, eine Zession desselben war nicht zulässig; auch konnte das
Näherrecht nur gegen Erstattung des Kaufpreises, der Kaufkosten und des etwanigen Aufwandes, welchen der Käufer bereits auf das Grundstück
gemacht, ausgeübt werden. Die Verzichtleistung des Nähergelters auf das Retraktsrecht, als welche auch das Ausschlagen des
zum Verkauf angebotenen Gutes oder die Einwilligung in dessen Veräußerung
anzusehen war, hob dasselbe auf,
und ebenso erlosch es nach gemeinem Recht, wenn der Retraktberechtigte, nachdem er die geschehene Veräußerung des Grundstücks
erfahren, binnen Jahr und Tag, d. h. binnen einer Frist von 1 Jahr, 6 Wochen und 3 Tagen, sein Näherrecht nicht geltend machte. Die moderne
Gesetzgebung hat das Näherrecht, welches nur zu oft zu prozessualischen Verwickelungen Veranlassung
gab, bis auf wenige Überreste beseitigt.
Vgl. außer den Lehrbüchern des deutschen Privatrechts Walch, Das Näherrecht (3. Aufl.,
Jena 1795).
die im Nahegebiet, in den Kreisen Kreuznach und Meisenheim und im Fürstentum Birkenfeld, auf Kalkboden oder
fettem Thonschiefer, im ganzen auf etwa 2400 Hektar erzeugten Weine, kommen aus den bessern Lagen als rheinhessische,
aus den geringern als Moselverschnittweine in den Handel. Der Rebsatz ist Riesling mit Österreicher und Elbling, ferner Traminer
und Ruländer. Bei Kreuznach wird auch aus Spätburgundern etwas roter Wein erzogen. Die Weine verdanken der Sorgfalt und Intelligenz,
mit welcher man allgemein verfährt, ihren guten Ruf und erzielen Preise wie die des Rheingaus. Die Produktion
beträgt etwa 60,000 hl. Vorzüglichste Gewächse: Kreuznach (Schloß Kautzenberg, Belz, Kalenberg, Brückes), Münster am Stein,
Norheim, Sarmsheim, Bretzenheim, Langenlonsheim, Heddesheim, Münster bei Bingen, Weiler bei Bingen, Winzenheim, Monzingen, Laubenheim
(sehr oft verwechselt mit dem rheinhessischen Laubenheim).
eine Maschine zur Herstellung von Nähten auf mechanischem Weg zum Zusammennähen
von Stoffen wie auch zur Hervorbringung von Verzierungen auf der Stoffoberfläche. Bei allen in Gebrauch
befindlichen Nähmaschinen erfolgt die Stichbildung durch eine kräftige Nadel mit nahe an der Spitze befindlichem Öhr, indem
diese den zu nähenden Stoff von oben nach unten durchsticht, nach Erreichung einer gewissen tiefsten Stellung sich wieder hebt
und dadurch, daß der Faden in dem Stichloch eine Reibung erleidet und zurückgehalten wird, die Bildung
einer Schleife oder Schlinge veranlaßt (Textfig. 1), welche, durch eine Spitze oder einen Haken erfaßt, zu weitern, je nach
der zu erzeugenden Stichart und dem Maschinensystem verschiedenen Operationen zurückgehalten wird.
Die Auf- u. Abwärtsbewegung der Nadel vermittelt ein vertikaler Schieber, der über der Nähstelle in einem Arm,
gewöhnlich durch eine Schlitzkurbel, die gesetzmäßige Bewegung erhält. Drei Sticharten haben sich für Maschinennähte
allein praktisch erwiesen: der Doppelsteppstich, der Ketten- oder Tamburierstich und der Knotenstich. Die Anwendung andrer,
meist weniger einfacher Stiche ist entweder auf den Versuch beschränkt geblieben, oder hat nur für gewisse Spezialzwecke Benutzung
erfahren. Letzteres gilt in gewissem Sinn selbst von dem Knotenstich, welcher jetzt fast ausschließlich
zu Ziernähten gebraucht wird.
Der Doppelsteppstich (Textfig. 2) ist nach dem gleichartigen Aussehen der Naht benannt, welche auf beiden Seiten des Stoffes
als eine schöne Steppnaht
[* ]
Fig. 18. Nähmaschine, System Wheeler-Wilson, ohne Platte.
mehr
erscheint. Derselbe vereinigt die Vorzüge großer Einfachheit, Festigkeit und Elastizität mit geringem Fadenverbrauch, welcher
nur ungefähr das 2½fache der Nahtlänge beträgt. Er ist deshalb auch längst als der vorzüglichste Nähmaschinenstich
anerkannt und weitaus am meisten in Gebrauch gekommen. Die Herstellung dieses Stiches erfolgt immer mittels zweier Fäden, eines
Oberfadens und eines Unterfadens, und zwar in der Weise, daß durch die Schlinge
[* ]
(Fig. 1), welche sich
unterhalb des Stoffes gebildet hat, der aufgespulte Unterfaden hindurchgeführt wird und beim Anziehen der Schlinge des Oberfadens
das vollständige Zurückgehen desselben hindert, wodurch die aus
[* ]
Fig. 2 ersichtliche Kreuzung des Ober- und Unterfadens in der
Mitte des Stoffes bewirkt wird. Die Art und Weise, wie das Hindurchführen des Unterfadens durch die Schlinge
geschieht, bildet den charakteristischen Unterschied der verschiedenen den Doppelsteppstich nähenden Maschinensysteme. Der
nächstliegende Gedanke war der, den Unterfaden, auf einer kleinen Spule aufgewickelt, in ein Schiffchen (s. Tafel,
[* ]
Fig. 3)
zu legen und dieses wie nach Art der Weberschütze durch die Schlinge des Oberfadens hindurchzuschießen.
Schon die ersten von Erfolg gekrönten Nähmaschinen benutzten dieses Prinzip, und noch heute haben die Schiffchenmaschinen,
welche zuerst von der Singerschen Nähmaschinenfabrik in New York so vollkommen konstruiert wurden, daß die Singer-Nähmaschine typisch
geworden ist, die weiteste Verbreitung, insbesondere auch deshalb, weil dieses System sich sowohl für
leichte als schwere Näharbeit, z. B. in Leder, Filz u. dgl., eignet. Zur Bildung des Stiches gelangt hierbei die Nadel zunächst,
den Stoff durchdringend, bis in ihre tiefste Stellung, macht dann zur Bildung der Schlinge eine kurze Aufwärtsbewegung, verharrt
in dieser Stellung, um das Schiffchen passieren zu lassen, und steigt endlich rasch in die höchste Stellung,
um nach sofortiger Vorrückung des Stoffes um die Stichlänge das Spiel von neuem zu beginnen.
Damit das Schiffchen durch die Schleife schlüpfen kann, darf dasselbe bei seiner Bewegung nicht mit andern Maschinenteilen
fest verbunden sein; es liegt vielmehr lose in dem Schiffchenkorb, welcher auf verschiedene Weise, am
einfachsten mittels Kurbel und Schubstange (s. Tafel,
[* ]
Fig. 4), hin und her bewegt wird.
Man erkennt hier in h den Schiffchenkorb mit dem Schiffchen s, das an der vertikalen Wand hin- und hergeht, wenn der Korb zwischen
den Gleitschienen m, durch die Schubstange g von der Kurbel k angetrieben, hin- und hergleitet. - Statt
des Schiffchens dient ebenfalls außerordentlich häufig zum Durchbringen des zweiten Fadens durch die Schleife der sogen. Greifer,
eine Erfindung des Amerikaners Wilson, der mit Wheeler zusammen hierauf das Wheeler-Wilson-Nähmaschinensystem oder Greifersystem
begründete. Der Unterfaden ist hier auf einer aus zwei gebogenen Stahlplatten bestehenden Spule
[* ]
(Fig.
5) aufgewickelt, welche, mit etwas Spielraum in einem Lager liegend, keine ausgesprochene Bewegung macht, sondern sich nur
nach Maßgabe des
Fadenverbrauchs etwas drehen kann, während ein rotierender Haken, Greifer, auch wohl rotierendes Schiffchen
genannt
[* ]
(Fig. 6), die Schlinge des Oberfadens, welche sich unterhalb des Stoffes gebildet hat, erfaßt
und in höchst eigentümlicher Weise so bewegt und ausdehnt, daß sie über die ruhende Spule hinweggeführt wird, was offenbar
denselben Erfolg hat, als wäre die Spule durch die Schlinge geführt worden. Zur Veranschaulichung dieses Vorganges dienen
die Figuren 6-9. In der ersten Stellung
[* ]
(Fig. 6) dringt soeben die Spitze d des Greifers e durch die Schlinge
und verhindert sie, der aufwärts steigenden Nadel zu folgen. Im Innern des Greifers liegt die Spule a
[* ]
(Fig. 7), welche in
[* ]
Fig. 6 zur bessern Darstellung der Form des Greifers herausgenommen ist.
Durch einen in den Figuren ebenfalls weggelassenen Vorsetzer, Brille genannt
[* ]
(Fig. 18 M), wird die Spule
vor dem Herausfallen gesichert. In
[* ]
Fig. 7 ist durch die Drehung des Greifers die Schlinge so weit mitgenommen, daß der Teil
b derselben, durch die Form des Greifers gezwungen, sich hinter die Spule gezogen hat, während der ursprünglich
hinter dem Greifer liegende Teil c durch die Nute e, in welche er sich bei der Drehung hineinlegt, nach vorn, also auch vor
die Spule geführt wird.
In der Stellung
[* ]
Fig. 8, in welcher die Schlinge schon zum größten Teil über die Spule hinweggezogen ist, macht es sich nötig,
die Schlinge durch ein Bürstchen f zurückzuhalten, bis die Stellung
[* ]
Fig. 6 des Greifers wieder eingetreten
ist, damit sie nicht ein zweites Mal von der Spitze des Greifers erfaßt und dann unfehlbar zerrissen werde. Diese Stellung
ist in
[* ]
Fig. 9 wieder eingetreten; die für den nächsten Stich gebildete Schlinge wird erfaßt und die
erste Schlinge zusammengezogen, indem sie den Faden zur Erweiterung der zweiten liefert. Die Nadel hat bei dieser Maschine eine
nach dem Kurbelgesetz geregelte Bewegung, welche von einem Exzenter abgeleitet ist. Sie sitzt gewöhnlich an einem kreisbogenförmig
schwingenden Hebel und muß daher selbst nach diesem Bogen gekrümmt sein. Die Wheeler u. Wilson-Maschine
hat als Familienmaschine sehr große Verbreitung gefunden und wird auch in Deutschland vielfach gebaut.
Der Kettenstich (Textfig. 10) gibt auf einer Seite des Stoffes eine Steppnaht, auf der andern hingegen eine kettenartige Verschlingung
der Stiche. Er wird nur mit einem einzigen Faden hergestellt, braucht aber trotzdem an Garn das 3½-4fache
der Nahtlänge. Die Kettennaht ist sehr elastisch und fest, kann jedoch, besonders wenn ein Fehlstich entstanden ist (s.
Fig. 10, a), leicht der ganzen Länge nach aufgetrennt werden, was dieser Naht wenig Sicherheit verleiht. Die Herstellung des
Kettenstichs erfolgt in der Weise, daß, nachdem sich unterhalb des Stoffes beim Zurückgehen der Nadel die
Schlinge gebildet hat (Textfig. 1), dieselbe durch ein schwingendes oder rotierendes Häkchen
zurückgehalten wird und bei der nächsten Abwärtsbewegung der Nadel eine solche Lage einnimmt, daß sie von derselben durchstochen
werden
muß. Bei dem nunmehr erfolgenden Anziehen der Schlinge wird dieselbe durch die Nadel und später durch die nächste Schlinge
verhindert, vollständig durch den Stoff zu schlüpfen. Die am weitesten verbreitete Maschine dieser Gattung ist die von Wilcox
u. Gibbs. Bei ihr ist ein rotierender Haken in Anwendung, welcher durch die
[* ]
Fig. 11-13 in verschiedenen
Stellungen dargestellt wird. In
[* ]
Fig. 11 faßt soeben der Haken die Schlinge, während die Nadel sich nach aufwärts bewegt. In
[* ]
Fig. 12 ist der Stoff um eine Stichlänge vorwärts geschoben, die Nadel beginnt wieder herabzugehen, und die Schlinge begibt
sich in die Lage, in welcher sie von der Nadel durchstochen werden kann. In
[* ]
Fig. 13 ist letzteres bereits
geschehen, und nach einer kurzen Drehung des Häkchens tritt wieder die Stellung
[* ]
Fig. 11 ein, in der die nächstfolgende Schlinge
erfaßt und unter gleichzeitigem Anziehen der vorigen Schlinge erweitert wird.
Der Knotenstich wird durch zwei Fäden erzeugt, von denen der Oberfaden auf der einen Seite des Stoffes
eine Steppnaht bildet, während der Unterfaden sich um und durch die unterhalb des Stoffes gebildete Schlinge des Oberfadens
windet (Textfig. 14). Die Naht wird vorzugsweise auf der Nähmaschine von Grover u. Baker hergestellt und daher häufig Grover u. Baker-Naht
genannt. Der Fadenverbrauch beträgt das 4½-6fache der Nahtlänge. Wie die Kettennaht, so läßt sich
auch diese Naht auftrennen, wenn man an dem Ende a
[* ]
(Fig. 14) zieht. Dieser Übelstand und der starke Fadenverbrauch,
verbunden mit der beträchtlichen Komplikation der Maschine, schließen sie für die gewöhnliche Näharbeit aus, weshalb hier
auch auf die betreffenden Maschinen nicht näher eingegangen werden kann.
Die Spannung des Fadens ist auf die regelrechte Bildung der Schlinge und infolgedessen auf das Gelingen der ganzen Naht von großem
Einfluß. Es sind daher bei allen Nähmaschinen Vorkehrungen zu treffen, um dem Faden, welcher auf einem Röllchen aufgespult
zur Verwendung kommt, durch Einschaltung eines Widerstandes mehr oder weniger Spannung zu erteilen. Zu
diesem Zweck wird in der Regel der Faden zwischen zwei kreisförmigen Metallplatten s (s. Tafel,
[* ]
Fig. 17) hindurchgeleitet, welche
durch eine Feder stärker oder schwächer gegeneinander gepreßt werden können. Auch dem Unterfaden bei den Zweifadenmaschinen
muß eine gewisse Spannung erteilt werden, was bei den Schiffchenmaschinen dadurch erreicht wird, daß
der Faden durch eine Anzahl in der Schiffchenwand befindlicher Löcher geleitet wird, ehe er das Schiffchen
[* ]
(Fig. 3) verläßt,
bei den Wilsonschen Maschinen mit stehender Spule hingegen durch das in
[* ]
Fig. 8 angedeutete Bürstchen f.
Der Stoffrücker
[* ]
(Fig. 18 J), welcher dazu dient, den Stoff nach jedem Stich um dessen Länge automatisch
vorwärts zu schieben, besteht im wesentlichen aus einem unterhalb der Nähplatte liegenden und mittels einseitig stehender
Zähne, die durch einen Spalt der Platte hindurchreichen, auf den Stoff wirkenden Schlitten, welchem die zur Vorwärtsbewegung
des Stoffes nötige veränderliche Bewegung auf verschiedene Weise erteilt wird.
Als Beispiel sei hier nur eine der einfachsten Anordnungen, wie sie bei der Kettenstichmaschine von
Wilcox u. Gibbs ausgeführt
wird, mitgeteilt. In
[* ]
Fig. 15 ist a der Stoffrücker, welcher mit einem länglichen Loch zur Aufnahme des an der Haupttriebwelle
sitzenden Kurbelzapfens b versehen ist, der durch seine Drehung um die Wellenachse den Stoffrücker aufwärts,
abwärts und nach links bewegt, während die Rechtsbewegung durch eine hinter dem Stoffrücker liegende Feder bewirkt wird.
Diese letztere Bewegung, welche man gewissermaßen das Ausholen des Stoffrückers nennen könnte, da bei derselben die Zähne
nicht auf den Stoff wirken, wird durch eine exzentrische Scheibe c begrenzt und zwar je nach deren Stellung
früher oder später. Entsprechend wird dann auch bei der folgenden Linksbewegung, während deren die Kurbel den obern Bogen
beschreibt, also die Zähne des Stoffrückers in den Stoff eindrückt, der Weg kleiner oder größer ausfallen.
Die exzentrische Scheibe c dient also hier zur Stichstellung. Der Zapfen d bildet eine zweite Führung des
Stoffrückers. Der Stoffdrücker e kann bei allen Maschinen zum Einlegen und Ausnehmen der Näharbeit bequem gehoben und gesenkt
werden. Bei der Schiffchenmaschine erfolgt die Bewegung des Stoffrückers nach
[* ]
Figur 4 durch die Stange b c, welche bei a einen
viereckigen Rahmen besitzt, in dem sich der punktiert gezeichnete Exzenter dreht, so daß b c nicht nur hin- und hergeschoben,
sondern bei b auch gedreht wird.
Bei c tritt diese Stange in einen Einschnitt des Stoffrückers ein, der hierdurch die passende Bewegung erhält und durch die
Feder f beim Rückgang vom Zeug fern gehalten wird. Die Stichlängenveränderung findet durch Verlegung
des Drehpunktes b statt, der zu dem Zweck an dem Schieber d sitzt, welcher von einem Knopf auf der obern Fläche der Nähplatte
verschoben und festgestellt wird. Auf Tafel »Nähmaschinen« sind zwei Nähmaschinen (System Singer und System Wheeler-Wilson) dargestellt,
welche sowohl in der Form als in der Einrichtung typisch geworden und geblieben sind.
[* ]
Fig. 4 und 16 zeigen die Singer-Maschine,
[* ]
Fig. 4 von unten,
[* ]
Fig. 16 von der Seite gesehen. Hier
erkennt man in P die Nähplatte, in A einen hohlen Arm zur Aufnahme einer Welle, welche, bei n durch das Zahnrad
m des Handrades H angetrieben, vermittelst eines exzentrischen Zapfens die Nadelstange s vertikal bewegt. Der Faden F wickelt
sich von der Spule G ab, wird vor der Platte x gespannt und in die Nadel N eingefädelt. Der Knopf p sitzt an dem Stichsteller
d
[* ]
(Fig. 4); u ist eine Vorrichtung zum Aufspulen der Schiffchenspule. Von der Achse des Handschwungrades
H wird durch ein Kegelräderpaar die Bewegung auf die vertikale Welle y
[* ]
(Fig. 4) übertragen. Da das Rad H eine Nute hat, so kann
die Maschine auch durch einen Fußtritt oder eine Transmissionsschnur angetrieben werden.
[* ]
Fig. 17 ist
die Seiten-,
[* ]
Fig. 18 die Vorderansicht mit abgenommener Nähplatte A einer Wheeler-Wilson-Nähmaschine. Der feste
Arm B trägt den Stoffdrücker d, der durch den Knopf k gehoben werden kann. Man sieht bei E E' E'' die Welle mit dem Greifer
G, bei D den Antriebsriemen vom Fußtritt, bei M die Brille zum Festhalten der Spule und bei J J den Stoffrücker,
welcher von einer mit der Welle sich drehenden
Scheibe E'' vorwärts geschoben und gehoben, von einer Feder zurückgezogen und von dem Stichsteller K gestellt wird. Der schwingende
Nadelhebel C endlich erhält seine Bewegung von dem Exzenter E' durch die Zugstange F. Der Nähfaden f läuft von der Rolle a
über das Röllchen b und durch die Spannscheiben s zu der Nadel. Zum Bewickeln der Greiferspule dient
der Dorn E.
Der Betrieb der Nähmaschinen erfolgt durch Handrad oder Fußtritt, in Fabriken von der Transmission. Besonders hierfür vorgeschlagene
Motoren (gespannte Federn, Gewichte, magnetelektrische und dergleichen Maschinen) haben allgemeine Anwendung bis jetzt nicht
gefunden. Den gewöhnlichen Nähmaschinen werden in der Regel noch andre Apparate beigegeben, z. B. Säumer,
Lineal, Wattierlineal, Soutachierapparat, Bandaufnäher, Bandeinfasser, Kräuselapparat u. a.,
und dadurch ihre Leistungen bedeutend erweitert, während anderseits auch besondere Handschuh- und Knopflochnähmaschinen
konstruiert worden sind.
Unter den Knopflochnähmaschinen zeichnet sich besonders die von J. Kallmeyer in Bremen erfundene durch große Einfachheit
und Güte der Arbeit aus. Durch das Ausheben eines Klinkwerkes kann sie sofort in eine gewöhnliche Doppelsteppstichmaschine
verwandelt werden. Spezialmaschinen für Schuhmacher und Sattler sind in der Regel Schiffchenmaschinen, die sich nicht nur
durch größere Stärke, sondern oft auch durch besondere Form einzelner Teile, namentlich durch einen langgestreckten Tisch
zum Aufstecken von Schäften u. dgl., auszeichnen.
[Geschichtliches.]
Die ersten Versuche, Nähmaschinen zu konstruieren, datieren bereits auf dem Anfang dieses Jahrhunderts;
doch scheiterten dieselben, wie z. B. die der Engländer Stone u. Henderson 1804, an dem einschränkenden Gedanken, die Bewegungen
bei dem Handnähen möglichst treu durch eine mechanische Hand nachzuahmen, und auch der Wiener Schneidermeister Madersperger,
welcher seit 1807 an dem Problem arbeitete, erzielte einen gewissen Erfolg erst 1814, nachdem er jene
drückende Fessel abgeworfen und zur Stichbildung ein Prinzip angenommen hatte, welches mit dem heutigen bereits im wesentlichen
übereinstimmte.
Einige Verbreitung fand 1829 die Nähmaschine von Thimonnier, eine Kettenstichmaschine, welche von der heutigen noch
sehr abweicht. In Amerika beschäftigte sich zuerst Hunt mit der Aufgabe; er erhielt 1834 ein Patent auf
eine Nähmaschine, welche jedoch noch zu unvollkommen war, um einer Verbreitung fähig zu sein. Von größerer Bedeutung
ist die Erfindung des Elias Howe, dessen Maschine, mit Schiffchen arbeitend, den sogen. Doppelsteppstich nähte und eine Maximalleistung
von 300 Stichen pro Minute gestattete.
Obgleich er 1846 ein Patent darauf erhielt, gelang es ihm doch nicht, irgend jemand für die Erfindung, deren Brauchbarkeit
jetzt außer Zweifel stand, zu interessieren, und er verkaufte seine Maschine an einen gewissen Thomas mit der Erlaubnis, sie
nachbauen zu dürfen. Dieser bürgerte die Nähmaschine mit Erfolg in England ein, und während Howe in seinen Diensten
bemüht war, die Maschine noch wesentlich zu verbessern, begannen auch in Amerika mehrere Fabrikanten dieselbe nachzubauen
und ihr eine rasche Verbreitung zu verschaffen.
Erst auf dem Rechtsweg vermochte Howe nach seiner Rückkehr diese Ausbeuter seines Gedankens sich steuerpflichtig
zu machen und sich dadurch aus bitterer Not zu befreien. Von den amerikanischen Fabrikanten brachte namentlich Singer von Anfang
an bedeutende Verbesserungen an der Howeschen Maschine
an, und seine Fabrik schwang sich durch vorzügliche Herstellung und
fortgesetzte Vervollkommnungen der Konstruktion bald zur größten Nähmaschinenfabrik der Welt empor. 1874 betrug die
Produktion der Singer Manufacturing Company in New York 249,852 Stück.
Nach der Howeschen Erfindung wurden alsbald überall Nähmaschinenfabriken gegründet, und eine Verbesserung folgte der andern,
so daß es vollständig gerechtfertigt erscheint, wenn man Howe als den eigentlich bahnbrechenden Geist auf diesem Gebiet betrachtet.
Während sich nun in Amerika die Nähmaschine rasch in Fabrik und Haus Eingang verschaffte, so daß schon im J. 1863 etwa
drei Viertel aller Näharbeit in New York auf Maschinen angefertigt wurden, folgte Europa nur langsam nach, und noch indem zuletzt
genannten Jahr wurden in Deutschland nur in kleinen Werkstätten wenige Nähmaschinen gebaut, welche die Konkurrenz mit
den nordamerikanischen nicht aushalten konnten.
In dem genannten Jahr errichteten Pollack u. Schmidt die erste deutsche Nähmaschinenfabrik in Hamburg, welcher bald andre groß
angelegte Fabriken in allen größern deutschen Städten folgten. Gegenwärtig ist auch bei uns die Nähmaschinenindustrie
hoch entwickelt und liefert zum Teil bessere Maschinen als Amerika, wenn auch von dort noch viele Maschinen
nach Deutschland eingeführt werden. Die Gesamtproduktion der Vereinigten Staaten bezifferte sich 1875 auf 528,695 Stück, davon
fast die Hälfte (249,852) Singersche und 103,740 Stück nach Wheeler u. Wilsons System.
Vgl. Herzberg, Die Nähmaschine, ihr Bau und ihre
Benutzung (Berl. 1863);
Richard, Die Nähmaschine (2. Aufl., Hannov.
1880).