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des materiellen Gebrauchs und zwar meist sowohl auf an der Oberfläche angebrachte Zeichnungen (Flächenverzierungen, Zeichenmuster) als auch auf körperliche Formen und Modelle. Geschützt wird die nicht mechanische Nachbildung und Vervielfältigung des Ganzen, insofern hierfür äußere Vorrichtungen angewandt werden. Man unterscheidet Geschmacksmuster und Nützlichkeitsmuster, je nachdem die angewendete Form eine ästhetische Wirkung oder einen praktischen Nutzeffekt gewährt.
Frankreich und Deutschland [* 2] (seit 1878 gemäß einer Entscheidung des Reichsoberhandelsgerichts) gewähren nur den Geschmacksmustern, England und Nordamerika [* 3] auch den Nützlichkeitsmustern einen Schutz. Flächenverzierungen sind stets Geschmacksmuster; Modelle können durch ihre Form sowohl eine äußere Leistung als auch die Befriedigung des Geschmacks bezwecken. Von den Kunstwerken unterscheiden sich die Muster und Modelle dadurch, daß erstere ausschließend den ästhetischen Zweck verfolgen, wogegen die Muster und Modelle vorwiegend einem Gebrauchszweck dienen und nur nebenbei den ästhetischen Farben- oder Formensinn befriedigen wollen.
Deshalb wird nach § 14 des Künstlergesetzes vom ein
Werk der bildenden
Kunst nicht als solches
geschützt, wenn es an einem
Werk der
Industrie nachgebildet wird. Es muß dann für dasselbe der Musters
chutz durch Eintragung in das
Musterregister erlangt werden. Die
Kunstindustrie genießt also
nur für die
Vervielfältigung reiner Kunstwerke den
Schutz des
Urheberrechts bis 30 Jahre nach dem
Tode des Künstlers, für die dekorativen Kunstgegenstände dagegen
nur den Musters
chutz auf die Dauer von höchstens 15
Jahren.
Der Musters
chutz steht dem
Urheber zu, und zwar gilt derjenige bis zum
Gegenbeweis als
Urheber, welcher das
Muster bei der zur
Führung
der
Musterregister bestimmten Behörde zur Eintragung angemeldet und niedergelegt hat. Bei
Mustern, welche von
angestellten Zeichnern in einer gewerblichen Anstalt im Auftrag des Eigentümers angefertigt werden, gilt der letztere, wenn
durch den
Vertrag nichts andres bestimmt ist, als
Urheber. Der Musters
chutz wird sowohl Ausländern als Inländern gewährt; er ist jedoch
dadurch bedingt, daß die nach dem geschützten
Muster hergestellten Erzeugnisse im Inland verfertigt sind.
Im
Ausland Wohnende müssen die Anmeldung bei dem
Reichsgericht in
Leipzig
[* 4] bewirken.
Die Anmeldung muß erfolgen, bevor ein nach dem Muster gefertigtes Erzeugnis verbreitet wird. Die Muster können offen oder versiegelt, einzeln oder in Paketen hinterlegt werden; doch darf ein Paket nicht mehr als 50 Muster enthalten. Die Eröffnung der versiegelten Muster erfolgt nach drei Jahren. Die Eintragungen in das Musterregister werden monatlich durch den »Deutschen Reichsanzeiger« bekannt gemacht. Jeder ist befugt, von dem Musterregister und von den nicht versiegelten Mustern Einsicht zu nehmen; dagegen kann niemand die Eröffnung eines versiegelten Pakets verlangen.
Dem gewerbtreibenden Publikum wird also eine Beschränkung auferlegt, ohne daß ihm bei versiegelten Paketen die Möglichkeit gegeben ist, den Gegenstand des Verbots der Nachbildung kennen zu lernen. Allerdings ist die offene Niederlegung der Muster mit den Interessen des Fabrikanten selten verträglich, da das gesetzliche Verbot der Nachbildung nicht gegen eine Ausbeutung der Arbeit des Erfinders schützt, welche den Thatbestand einer Nachbildung nicht enthält.
Besonders in der Textilindustrie wird das »Anempfinden« der
Muster mit
Recht beinahe ebensosehr gefürchtet wie die eigentliche
Nachahmung. Deshalb gestatten sämtliche
europäische Musters
chutzgesetze die versiegelte Niederlegung wenigstens für
das erste Jahr der
Schutzfrist. In
England und Rußland besteht jedoch die zweckmäßige Vorschrift, daß jedes
nach einem geschützten
Muster angefertigte
Fabrikat mit der Bezeichnung »Registriert« versehen sein muß; jeder
Käufer ist also hier darüber unterrichtet,
ob an der
Ware ein Musters
chutz besteht. Der Musterschutz wird nach der
Wahl des Anmeldenden auf 1-3
Jahre vom
Tag der Anmeldung an gewährt. Diese
Schutzfrist kann auf
Antrag des
Urhebers, welcher auch schon
gleich bei der Anmeldung gestellt werden kann, bis auf 15 Jahre verlängert werden. Die
Gebühren für jede Eintragung betragen 1 Mk.
für jedes der ersten drei Jahre, für jedes weitere Jahr bis zum 10. Jahr 2
Mk. und weiter bis zum 15. Jahr 3 Mk.
Der Musters
chutz erstreckt sich auf die Anwendung des
Musters in allen
Zweigen der
Industrie; doch können Flächenmuster
durch plastische Erzeugnisse und
Modelle durch Flächenerzeugnisse ohne
Genehmigung des Musterberechtigten nachgeahmt werden.
Innerhalb dieser beiden Hauptgattungen dagegen umfaßt das Musterrecht alle möglichen
Arten der Ausführung. Eine verbotene
Nachbildung liegt auch dann vor, wenn die
Nachahmung in andern
Farben oder
Dimensionen oder mit einzelnen
gleichgültigen Veränderungen ausgeführt ist; dagegen ist die freie Benutzung einzelner
Motive zur Herstellung eines neuen,
wirklich originalen
Musters nicht verboten. Die
Strafen der verbotenen
Nachbildung sind dieselben, welche durch das
Gesetz vom gegen
den
Nachdruck (s. d.) angedroht sind. Auch das
Verfahren bei der Verfolgung des
Vergehens und die
Verjährung
desselben richten sich nach den durch das erwähnte
Gesetz gegen den
Nachdruck gegebenen
Regeln. Bis Ende 1886 waren 581,164
Muster angemeldet.
In
England, wo früher verschiedene
Gesetze für
Muster zur
Verzierung und für
Nützlichkeitsmuster galten, wurde durch das
Patent-,
Muster- und Markenschutzgesetz vom der Musters
chutz auf alle
Arten von Warenmustern ausgedehnt. Das
Urheberrecht steht
dem Erfinder zu, sofern er das
Muster nicht gegen Bezahlung für einen Dritten angefertigt hat. Das
Muster wird bei dem
Patentamt
in
London
[* 5] registriert, ohne daß der Eintragung eine
Prüfung über die
Berechtigung des Antragstellers
vorhergeht. Dagegen steht dem wirklichen
Urheber die
Klage auf Löschung der unberechtigten Eintragung oder auf
Übertragung
derselben auf seinen
Namen zu. Das
Musterregister selbst wird nach Warenklassen geführt; dasselbe
Muster kann für mehrere
Klassen eingetragen werden.
Außer in
Deutschland,
Frankreich und
Großbritannien
[* 6] hat der auch in
Österreich
[* 7] (1858), Rußland (1864),
Belgien
[* 8] und den
Vereinigten Staaten
[* 9] Eingang gefunden. In
Belgien gilt das französische
Dekret von 1806; in den
Vereinigten Staaten
ist der Musters
chutz durch das Patentgesetz vom geregelt.
Alle diese
Gesetzgebungen schreiben die
Hinterlegung des
Musters als
Bedingung für den Musterschutz vor. Die Geheimhaltung des hinterlegten
Musters ist in
Österreich und Rußland für
ein Jahr zugelassen. In
England ist die Einsicht der eingetragenen
Muster Dritten erst nach
Ablauf
[* 10] des fünfjährigen Musterschutzes
gestattet. Doch kann jeder unter Vorlegung der mit dem Eintragungsvermerk versehenen
Ware sich beim
Patentamt darüber unterrichten,
ob und für welche Warenklassen die Eintragung besteht. In
Frankreich findet unbedingte Geheimhaltung
der hinterlegten
Muster statt. Die Dauer des Musterschutzes ist in
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Frankreich unbegrenzt; sie beträgt in Nordamerika höchstens 14, in Rußland 10 und in Österreich höchstens 3 Jahre. In England begründet die Eintragung für die Dauer von fünf Jahren das ausschließliche Recht zur Anwendung des Musters in den Warenklassen, für welche es eingetragen ist. In England und in Österreich wird nur die wissentliche und betrügerische Nachahmung gestraft, während Frankreich auch ohne solche Verschuldung die Konfiskation eintreten läßt.
Eine gegenseitige Anerkennung des in einem Staat erworbenen Musterrechts, wie solche durch die Litterarkonventionen zwischen den wichtigern Kulturstaaten für das Urheberrecht an Schriften und Kunstwerken gesichert ist, findet nicht statt. Dagegen sichern die zwischen Deutschland, Frankreich, England, Österreich und Belgien abgeschlossenen Handelsverträge den Bürgern dieser Staaten das Recht, in jedem einzelnen Staate den Musterschutz unter denselben Bedingungen wie die Inländer zu erwerben.
Vgl. Klostermann, Das Urheberrecht an Schrift- und Kunstwerken, Mustern und Modellen (Berl. 1876);
Derselbe, Die Patentgesetzgebung aller Länder nebst den Gesetzen über und Markenschutz (2. Aufl., das. 1876);
Dambach, Das Musterschutzgesetz vom erläutert (das. 1876);
Landgraf, Musterrecht und Musterschutz (Leipz. 1875).