sich ganz in seine
Schale zurückgezogen hat, so schließt es dieselbe, genau wie es die
Muscheln
[* 2] thun, durch die Zusammenziehung
zweier
Schließmuskeln, welche quer von
Schale zu
Schale gehen.
In dem innern
Bau weichen die Muschelkrebse nicht sehr von den
Blattfüßern
(s. d.) ab, sind aber einfacher organisiert. Ein
Herz ist nicht bei allen vorhanden, auch wird die
Atmung
nur in seltenen
Fällen von besondern
Kiemen, meist dagegen von der
Haut
[* 3] besorgt. Die
Geschlechter sind getrennt; Männchen und
Weibchen unterscheiden sich auch äußerlich, da erstere besondere Vorrichtungen zum Ergreifen und Festhalten der letztern
besitzen.
umgeben sind (daher
»Blattkiemer«). »Kopflose« (Acephala)
sind sie, da ihnen im
Gegensatz zu den höhern
Mollusken ein
Kopf, d. h. ein besonderer
Abschnitt des
Körpers
mit
Augen,
Mund,
Tastern etc., abgeht. Derjenige Teil der Muscheln, welcher die Hauptmasse der
Eingeweide
[* 8] birgt und darum als
Rumpf
bezeichnet werden könnte, liegt zu innerst. Von seinem obern
Rand aus erhebt sich die
Haut zu einer rechten und linken Falte,
dem
Mantel, bedeckt ihn auf den Seiten völlig und ragt unten noch über ihn hinaus, so daß ein
Raum entsteht,
in welchen die
Kiemen hereinragen (s.
Austern, Abbildung, S. 140). Vom
Mantel wird die
Schale abgesondert und zwar in der Art,
daß
Kalksalze zugleich mit einem organischen
Stoff (dem Konchiolin) sich auf der Außenfläche des
Mantels
ablagern und mit dem Wachstum des
Tiers gleichen
Schritt halten.
Der
Mantel selbst ist auf der innern Seite mit
Flimmern ausgestattet und trägt an seinem
Rande die
Drüsen zur Erzeugung der
Schalensubstanz und zur Färbung derselben sowie manchmal
Tentakeln und in einigen
Fällen auch eine Anzahl
Augen. Bei vielen
Muscheln legen sich die beiden Mantellappen mit ihren freien Rändern aneinander, jedoch bleiben noch zwei
Schlitze offen, von denen
der vordere zur Einfuhr, der hintere zur Ausfuhr des
Wassers dient. Durch jenen, die sogen. Atemöffnung, gelangt das frische
Wasser zu den
Kiemen und zugleich der in ihm enthaltene
Nahrungsstoff zum
Mund, während die
Exkremente, das
Sekret der
Nieren, die Geschlechtsprodukte und das verbrauchte
Wasser durch die Ausfuhr- oder Kloakenöffnung entleert werden.
In sehr vielen
Fällen sind aber die Mantelränder fast ganz miteinander verwachsen und stellen so einen
Sack dar, in welchem
außer jenen
Schlitzen auch noch eine Öffnung für den sogen.
Fuß (s. unten) bleibt.
Alsdann ist der
Mantel häufig in der
Richtung nach hinten so
weit verlängert, daß die
Atem- und Kloakenöffnung an das Ende
zweier kürzerer oder längerer
Röhren
[* 9]
(Siphons) zu liegen kommen. Verwachsen nun diese in ihrer ganzen
Ausdehnung
[* 10] miteinander
und werden sie im
Vergleich zurSchale sehr groß, so verändern sie die Gestalt des
Tiers derart, daß
es eher einem
Wurm
[* 11] als einer Muschel ähnlich sieht; so die
Bohrmuschel
(Teredo, s. Tafel
»Mollusken«). Was die
Schale betrifft,
so sind ihre beiden
Klappen selten vollkommen gleich, bisweilen auffallend unsymmetrisch
(Auster);
[* 12] die untere, größere erscheint
dann tief gewölbt, die obere, kleinere flach, deckelartig; meist schließen ihre Ränder fest aneinander,
können jedoch auch an verschiedenen
Stellen zum Durchtritt des
Fußes, des
Byssus, der
Siphons klaffen und selbst weit auseinander
stehen.
Stets sind sie an der Rückenfläche durch ein horniges
Band
[* 13] verbunden, welches durch seine
Spannung die
Klappen zu öffnen
strebt, wogegen ineinander greifende
Zähne
[* 14] und
Gruben des obern Schalenrandes (das sogen.
Schloß) die feste
Verbindung derselben
befördern. Zu ihrem
Schluß dienen ein oder zwei starke
Muskeln,
[* 15] welche von
Klappe zu
Klappe quer durch das
Tier hindurchgehen.
Sie bestehen aus einer mehr sehnigen
Portion, die in ihrer
Wirkung dem Schalenband das
Gleichgewicht
[* 16] hält,
und einem stark muskulösen Teil, welcher das plötzliche Zuklappen der
Schale besorgt.
Auf der Innenfläche der letztern lassen sich die Ansatzstellen der
Muskeln stets deutlich erkennen, wie denn auch derjenige
Teil der Mantellappen, welcher den
Klappen anliegt, eine Grenzlinie auf ihnen hinterläßt. Vom untern Ende der die
Eingeweidemasse umhüllenden
Haut- oder Muskelschicht springt nach außen ein besonderer Teil, der
Fuß, hervor und kann meist
aus der
Schale weit herausgestreckt werden. Er dient als hauptsächliches Bewegungsorgan. Aus einer an ihm befindlichen
Furche
treten bei einzelnen Muscheln lange
Fäden einer seidenartigen
Substanz, des
Byssus (s. d.), hervor und werden mittels
des
Fußes entweder an die Gegenstände angeheftet, an denen sich die Muschel vor
Anker
[* 17] legt, oder sogar zu einer Art
Nest verwebt.
Von den innern
Organen besteht das
Nervensystem aus den drei typischen Ganglienpaaren, welche symmetrisch angeordnet sind,
und von denen das Oberschlundganglion verhältnismäßig wenig entwickelt ist. Paarige Gehörblasen liegen
unterhalb des
Schlundes;
Augen finden sich teils als einfache Pigmentflecke am Ende der Atemröhre, teils in viel höherer
Ausbildung am Mantelrand. Auch Tastorgane sind reichlich vorhanden. Die mit dem
Wasser in die Mantelhöhle gelangten
Nahrungsstoffe
werden durch den Wimperbesatz von zwei
Paar Hautlappen (sogen. Mundlappen) der Mundöffnung zugeführt und gelangen
ohne weiteres, da Kauwerkzeuge fehlen, in die kurze
Speiseröhre, von da in den kugeligen
Magen
[* 18] und in den langen
Darm,
[* 19] welcher
auf einer frei in den Mantelraum hineinragenden
Papille endet.
Das
Herz, welches in seine zwei
Vorkammern das von den
Kiemen kommende arterielle
Blut aufnimmt und durch eine vordere und
hintere
Aorta aus der
Kammer weiter befördert, liegt in der Mittellinie des
Rückens und wird vom
Darm durchbohrt; bei Arca
sind zwei dicht nebeneinander gelegene
Herzen vorhanden. Die
Arterien lösen sich in ein kompliziertes
System von Bluträumen
auf, welches die Kapillargefäße vertritt. Von diesen geht das
Blut teils sofort, teils nachdem es die
Nieren passiert hat, in die
Kiemen. Diese bilden in der
Regel zwei
PaarBlätter, welche hinter den Mundlappen entspringen und
längs der
¶
mehr
Seiten des Rumpfes nach hinten verlaufen. Sie sind von sehr zierlichem und kompliziertem Bau. Die Nieren, nach ihrem Entdecker
das Bojanussche Organ genannt, sind paarige Drüsen, welche einerseits mit dem Herzbeutel, anderseits mit der Außenwelt in Verbindung
stehen und nicht nur als Harnorgan funktionieren, sondern auch bei vielen Muscheln Eier und Samen
[* 21] entleeren helfen.
Die Geschlechtsorgane münden nämlich nur bei den höhern Muscheln selbständig auf einer besondern Papille aus, während sie bei
den niedern sich direkt in die Nieren öffnen.
Sie sind gleich diesen paarig und bestehen aus einer einfachen Keimdrüse. Diese ist nur selten noch ein völliges Zwitterorgan
und bereitet so Eier und Samen zugleich, zerfällt häufiger in einen männlichen und weiblichen Abschnitt,
ist jedoch bei der großen Mehrzahl der Muscheln entweder Eierstock oder Hode. Indessen auch die getrenntgeschlechtigen Tiere lassen
äußerlich nur selten, innerlich zur Laichzeit schon durch die Farbe der Eier, resp. des Samens, sonst aber lediglich
an der feinern Struktur der Keimdrüse ihr Geschlecht erkennen.
Übrigens können auch, wie bei der Auster, die Individuen eine Zeitlang als Männchen und darauf als Weibchen fungieren.
Die Befruchtung
[* 22] erfolgt gewöhnlich im Mantelraum, in welchem auch die Eier später noch längere Zeit verbleiben. In ähnlicher
Weise bilden vielfach die Kiemenblätter die Brutstätte für die Embryonen. Die ins Freie gelangten Larven
der Meeresmuscheln schwimmen mit einem großen Wimpersegel umher, welches später sich zu den Mundlappen rückbildet, und
haben noch eine bedeutende Metamorphose durchzumachen. Die jungen Teich- und Flußmuscheln leben parasitisch an Fischen.
Die Muscheln sind ausnahmslos Bewohner des Wassers, zu vier Fünftel des Meers. In letzterm sind manche Arten
an bestimmte Tiefen gebunden, während andre nur die Strandzone bevölkern und sich mittels ihres Byssus zuweilen so hoch
anheften, daß sie nur zur Flutzeit unter Wasser sind. Einzelne Arten sind in vertikaler wie in horizontaler Richtung überall
verbreitet. Meist leben sie frei und kriechen dann mit Hilfe ihres Fußes mehr oder weniger geschickt umher
oder schnellen sich mit demselben vom Boden auf, schießen auch wohl durch den Rückstoß des plötzlich aus der Kloake entleerten
Wassers fort oder bewegen sich durch rasches Auf- und Zuklappen der Schale, gewissermaßen fliegend, oft über größere Flächen
hinweg.
Man kann im allgemeinen annehmen, daß die Formen ohne Siphons die ältern sind; ihre Zahl wird in jüngern Formationen im Verhältnis
zu den mit Siphons versehenen geringer. Die Süßwassermuscheln erlangen in der Tertiärformation
[* 23] eine
bedeutendere Entwickelung, kulminieren aber erst in der Gegenwart. Von den etwa 14,000 beschriebenen Arten sind 8-9000 fossil.
Unter den letztern sind die einmuskeligen die zahlreichsten, während von lebenden Formen die meisten mit Siphons versehene
Zweimuskler sind.
Man teilt die Muscheltiere nach dem Vorhandensein oder Fehlen der Siphons,
der Zahl der Schließmuskeln
etc. in eine große Anzahl Familien ein, von denen die hauptsächlichsten hier kurz genannt werden mögen. Die Ostreidae oder
Austern mit nur einem Schließmuskel, sehr kleinem oder auch gänzlich verkümmertem Fuß und meist sehr ungleichen Schalenklappen
enthalten die wichtige GattungOstrea (Auster, s. d.), die ausgestorbenen Exogyra (s.
Tafel »Kreideformation«)
[* 24] und Gryphaea
[* 25] (s. Tafel »Juraformation I«).
Alle bisher genannten Gruppen entbehren der Siphons, während die folgenden sie zum Teil in ansehnlicher Länge besitzen. Zu
den Chamidae gehört die fossile Gattung Diceras (s. Tafel »Juraformation I«); nahe verwandt sind die Tridacnidae oder Riesenmuscheln
(s. d.),
Crassatella (s. Tafel »Tertiärformation I«) und Cardita
(s. Tafel »Triasformation«) zu nennen. Bewohner des Süßwassers sind die Cycladidae. Die Myacidae oder Klaffmuscheln haben
ihren Namen von dem Umstand, daß die Schalen an beiden Enden offen stehen; sie graben sich so tief in Schlamm
und Sand ein, daß nur die langen Siphons herausragen. Zu ihnen gehören Solen (Messerscheide, s. d.), Mya, Panopaea etc. Als
die am weitesten, allerdings nur sehr einseitig entwickelten Muscheln können die Tubicolidae und Pholadidae betrachtet
werden, die sich zum Teil in Holz
[* 29] und Stein tief einbohren (s. Bohrmuscheln) und auf den ersten Blick kaum
noch für Muscheln gehalten werden.
Vgl. Cuvier, L'histoire et l'anatomie des Mollusques (Par. 1817);